„Höre, Tochter, sieh her und neige dein Ohr…“ (Ps 45,11)

Der 45. Psalm ist überschrieben als „Lied zur Hochzeit des Königs“. In der Sprache der Brautmystik, ähnlich wie auch im Hohenlied, wird das sehnsuchtsvolle Warten von Braut und Bräutigam aufeinander in einer poetischen und sinnlichen Sprache umschrieben. Das Verhältnis zwischen Gott und seiner Braut Israel wird wie in einem Ehebund als Bund ewiger Treue charakterisiert. In Psalm 45 erfüllt sich nun gewissermaßen die Verheißung aus Hosea 2,21-22: „Ich verlobe dich mir auf ewig; ich verlobe dich mir um den Brautpreis von Gerechtigkeit und Recht, von Liebe und Erbarmen, ich verlobe dich mir um den Brautpreis der Treue.“

Der Bräutigam des Psalms ist der Messias, dessen Zepter die Gerechtigkeit ist und der von Gott her gesalbt ist wie kein irdischer König je zuvor. Für die Kirche ist jetzt die Zeit des sehnsuchtsvollen Erwartens des Bräutigams. Bis es am Ende der Zeiten heißen wird: „Der Geist und die Braut aber sagen: Komm!“ (Offb 22,17) und wir eingeladen sind zum himmlischen Hochzeitsmahl, das nie mehr endet (vgl. das Gleichnis vom königlichen Hochzeitsmahl in Mt 22).

In dem Psalmwort an die Braut „neige dein Ohr“ klingt für mich als Echo auch das Wort aus dem Prolog der Benediktusregel mit: „Neige das Ohr deines Herzens…“

Sehnsuchtsvoll dürfen wir den Messias als Bräutigam erwarten und das Ohr unseres Herzens sensibel dafür machen, wenn er an die Tür unseres Herzens klopft: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn einer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten und Mahl mit ihm halten und er mit mir.“ (Offb 3.20)

Br. Vincent Grunwald OSB

Impuls zu Dan 8,1-27

Doch die Vision bedrückte mich, und ich verstand sie nicht. (Dan 8,27)

Es ist tröstlich, was der Seher Daniel am Ende seiner zweiten großen Vision von sich selbst sagt. Wenn selbst er nicht versteht, was er gesehen hat, wenn ihm diese Vision von einem, der „aussieht wie ein Mann“ (vgl. Dan 8,15), erklärt werden muss, um wie viel weniger verstehen wir die Vision vom Widder und dem Ziegenbock, vom Kampf der bestialischen Wesen, von dem hier lang und breit die Rede ist.

Könnte es nicht sein, dass es uns in diesen Tagen ganz ähnlich ergeht wie Daniel? Wir sind wegen der chaotischen Situation von Pandemie und Krankheit bedrückt, wir verstehen nicht, was das alles soll, wir können uns nicht ausmalen, wohin es uns noch führen will. Dann kann hilfreich sein, was Daniel vorher von sich sagt: „Dann stand ich auf und versah wieder meinen Dienst beim König.“

Aufstehen und seinen alltäglichen Dienst tun. Sich nicht gehen lassen, sondern weiter behutsam Schritte im Alltag gehen. Das, was ich nicht verstehe, annehmen, nicht darüber nachgrübeln, sondern das tun, was ich tun kann, um es mir selbst und anderen halbwegs erträglich zu machen. Das könnte ein Weg sein, der uns aus der Krise führen kann.

P. Maurus Runge OSB

Impuls zu Dan 7,16-28

Der heutige Text aus dem Buch Daniel schildert wieder die Vision des Daniel. In erschreckenden, schwer zu deutenden Bildern geht er der Frage nach, wer letztlich den Sieg im Kampf um Himmel und Erde davonträgt: die unmenschlichen Kräfte des Bösen – oder die menschlichen Kräfte des Guten. Und in diesen apokalyptischen Beschreibungen findet sich dann der Satz: „Aber das Reich und die Macht und die Gewalt über die Königreiche unter dem ganzen Himmel wird dem Volk der Heiligen des Höchsten gegeben werden, dessen Reich ewig ist, und alle Mächte werden ihm dienen und gehorchen!“ Welch hoffnungsvolles Ende! In all dem Chaos, in dem vielen Unmenschlichen und Bösen, was dem Menschen in diesem Leben begegnet (vgl. Vision des Daniel) wird der Gott des Lebens den Sieg davontragen! Diese Hoffnung wird Daniel in seiner Vision ins Herz gepflanzt. Können wir solch eine Botschaft nicht auch heute brauchen – im Jahr 2021, dem zweiten Jahr der Corona-Pandemie, in dem uns auch viel Chaotisches, Lebensfeindliches und vielleicht auch Böses begegnet. Wo auch wir vielleicht die Frage stellen, wie dass denn alles weitergehen soll? „Ich glaube, das bleibt jetzt immer so!“ Nein, der, dessen Reich ewig ist, der lebensspendende Gott, wird die Oberhand behalten! „Alle Mächte werden ihm dienen und gehorchen!“ Alle! Träufeln wir diese Botschaft wie Medizin in unsere Herzen – damit langsam wieder das Leben, das Licht in uns die Oberhand gewinnen kann. Und wir das hoffen können, was wir in einem Osterlied singen: „Das Leben hat besiegt den Tod!“ Auch heute!

P. Jonas Wiemann OSB

Darüber war ich, Daniel, im Geist bekümmert, und was mir vor Augen stand, erschreckte mich. (Dan 7,15 – ganze Lesung: Dan 7,1-15)

„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“ Dieses geflügelte Wort wird dem nüchternen Politiker Helmut Schmidt zugeschrieben. Er wollte damit wohl ausdrücken, dass es in der Politik meistens nicht so sehr um große Visionen geht, sondern um alltägliche Entscheidungen, die mit viel Sinn für die Realität der Menschen gefällt werden müssen. Ob in der Politik wirklich kein Raum für Visionen ist, darüber kann man sicherlich streiten. Vielleicht ist das politische Hin und Her, was wir in diesen Tagen der Pandemie erleben, eine Folge des Verlustes größerer Visionen und des alleinigen Schielens auf Umfragewerte.

Um Visionen geht es im zweiten Teil des Danielbuches, beginnend mit dem 7. Kapitel, das wir heute beginnen zu lesen. Es ist hilfreich, sich vor Augen zu stellen, wie diese gewöhnungsbedürftigen Beschreibungen zu verstehen sind. Nicht als historische Tatsachenbeschreibungen, die die Wirklichkeit so zeigen, wie sie ist. Auch nicht als genaue Vorhersage der Zukunft. Wer so denkt, der sollte tatsächlich zum Arzt gehen.

Nein, es geht bei den Visionen des Daniel nicht um eine Beschreibung der Zukunft, sondern eher um ein Aushalten einer oft freud- und perspektivlosen Gegenwart. Zu der Zeit, in der das Buch Daniel entstanden ist, war das Volk Israel Spielball vieler großer Weltmächte, die aufeinander folgten und deren politische Herrscher die Menschen tyrannisierten – einen Anklang dafür bieten die Erzählungen im ersten Teil des Danielbuches (Dan 1-6). Was Daniel den Menschen in seinen Visionen zu sehen gibt bzw. was sich ihm zeigt – denn genau das meint der Begriff der Vision – ist eine andere Perspektive, ein hoffnungsvoller Blick in die Zukunft. Die großen Weltreiche und ihre Gewaltherrscher – symbolisiert in den wilden Tieren und monströsen Bestien – haben nicht das letzte Wort. Es wird irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft ein Retter, ein Messias, erscheinen, einer, der Gericht hält und Gerechtigkeit wiederherstellt, Gerechtigkeit mit den Opfern der Geschichte. Das ist die Hoffnungsperspektive, die hinter den Visionen Daniels steht. Übrigens trifft hier dann doch der Satz von Helmut Schmidt zu – denn die Visionen, die Daniel sieht, sind nicht gerade dazu angetan, seine Stimmung zu heben, ja, sie deprimieren und erschöpfen ihn zutiefst. Da kann (ärztliche) Begleitung wirklich nicht schaden…

P. Maurus Runge OSB

So wurde Daniel aus der Grube herausgeholt; man fand an ihm nicht die geringste Verletzung, denn er hatte seinem Gott vertraut. (Dan 6,24 – ganze Lesung: Dan 6,1-29)

Diese Textstelle bei Daniel 6,24 berührt mich. Aus der Grube herausgeholt. Das ist für mich ein Bild der Auferstehung. Wie Daniel aus der Grube herausgeholt wird, so werden auch wir nicht im Tod verbleiben. Wir sind wie Daniel aufgerufen, auf den lebendigen Gott zu vertrauen. Gottvertrauen ist natürlich in diesen Zeiten eine Zumutung. Menschen leiden, Menschen versterben. Täglich. Ich kann keine allgemeine Aussage treffen, warum Gott das Leid zulässt. Mein Gottvertrauen ist mehr ein Trotzdem Glauben. Ich verstehe nicht; Ich weiß nicht, warum – und trotzdem glaube ich. Es gibt bei mir hinter allem Leid noch eine tiefere Schicht, die nach dem lebendigen Gott fragt und sucht und vertraut. Zu erklären ist das eigentlich nicht. Was ich aber spüre ist, dass dann mein Gottvertrauen in die Heilung führt. Hinter allem Leid, hinter aller Ungerechtigkeit gibt es für mich den lebendigen Gott. Hinter dem Tod wartet auf uns die Auferstehung.

Br. Benjamin Altemeier OSB

23b Du hast die Götter aus Gold und Silber, aus Bronze, Eisen, Holz und Stein gepriesen, die weder sehen noch hören können und keinen Verstand haben. Aber den Gott, der deinen Lebensatem in seiner Hand hat und dem all deine Wege gehören, den hast du nicht verherrlicht.
24 Darum hat er diese Hand geschickt und diese Schrift geschrieben.
25 Das Geschriebene lautet aber: Mene mene tekel u-parsin.
26 Diese Worte bedeuten: Mene: Gezählt hat Gott die Tage deiner Herrschaft und macht ihr ein Ende.
27 Tekel: Gewogen wurdest du auf der Waage und zu leicht befunden.
28 Peres: Geteilt wird dein Reich und den Medern und Persern gegeben.
29 Da befahl Belschazzar, Daniel in Purpur zu kleiden und ihm eine goldene Kette um den Hals zu legen, und er ließ verkünden, dass Daniel als der Dritte im Reich herrschen sollte.
30 Aber noch in derselben Nacht wurde Belschazzar, der König der Chaldäer, getötet.

(Dan 5,23b-30; Gesamttext des Tages: Dan 5,1-30)

Das „Menetekel“ ist sprichwörtlich geworden. Es steht für eine unheilverkündende Warnung, einen Mahnruf oder ein Vorzeichen für ein drohendes Unheil. Im heutigen Bibeltext eine sehr konkrete Botschaft an König Belschazzar. Die lange Vorgeschichte zu den letzten, dramatischen Versen macht ja auch deutlich, was hinter der Warnung steckt.

Aber ist das „Menetekel“ nicht viel tiefer gehend, viel allgemeiner – ja, mich betreffend?

„Den unberechenbaren Tod täglich vor Augen haben,“ mahnt der Hl. Benedikt in unserer Ordensregel (RB 4,47). Als junger Mönch konnte ich damit nichts anfangen. Was soll das? Verstanden habe ich es nach einem schweren Autounfall, als der Mensch am anderen Ende der Notrufsäule nur fragte: „Und Sie leben noch?!“

Ja, ich lebte noch und lebe heute noch. Und lebe seit der Zeit viel bewusster. Nicht aus Angst vor dem Tod, sondern um der Chance zum Leben willen. HEUTE lebe ich – weiß ich, was morgen ist?! Heute kann ich die Chance nutzen, mein Leben zu gestalten, Liebe zu leben und weiterzugeben, die Freiheit, die Gott mir geschenkt hat, zu nutzen. HEUTE. (In Klammern: vielleicht auch ein klein wenig, um nicht „ausgezählt“ oder als „zu leicht“ empfunden zu werden …)

Ich kann es nicht glauben, Gott,
dass mein Leben einmal zu Ende sein soll.
Dass ich nicht mehr atme,
nicht mehr gehe, staune, genieße. 

Jede Stunde kann meine letzte sein.
Kann ich daran denken?
Was will ich noch tun?
Wem noch etwas sagen?
Was noch möglich machen? 

Ob ich es nicht schon heute tue, Gott?
Du schenkst mir einen neuen Tag.
Danke, Gott!

(Guido Hügen OSB in: Wegzeichen. Ein Gebetbuch für den Weg)

P. Guido Hügen OSB

Impuls zu Dan 3,1-30

Nebukadnezzar beabsichtigt, die Einheit seines Reiches dadurch zu festigen, dass er den Einwohnern, die ihm untergeben sind, vorschreibt, welches Gottesbild sie zu haben und zu verehren haben. Er möchte also die Menschen zur Einheit führen. Abgesehen davon, dass er es tut, um seine eigene Macht zu untermauern, ist das eigentlich ein hehres Ziel, aber eine echte Einheit kann es (in dieser Welt) faktisch (noch) nicht geben, zumal er dem Volk seine eigene Idee der Einheit aufzwingen möchte.

Er ist also äußerst intolerant gegenüber denen, die sich seiner Meinung nicht beugen und er möchte Vielfalt – Pluralismus – nicht akzeptieren. Alle, die nicht für ihn und seine Meinung stehen, sieht er als Feinde.

Schadrach, Meschach und Abed-Nego stehen vielmehr zu dem, an das sie glauben. Und sie vertreten ihre Überzeugung mit vollem Eifer, ganz unabhängig davon, ob Gott sie tatsächlich aus dem Feuer retten wird: Sie machen ihren Glauben nicht an einem Wunder fest, sondern an ihrer Überzeugung. So steht für sie die Treue zu Gott im Vordergrund. Denn sie sind im Glauben überzeugt, dass sie tatsächlich wissen, was Gott von ihnen verlangt, der ihnen selbst seine Gebote gegeben hat. Sie vertreten ihre Überzeugung so gut sie können.

Ihre Standhaftigkeit und der Wille Gottes bewirken schließlich, dass auch Nebukadnezzar die Wahrheit wenigstens ein Stück weit erkennt. Und zudem ist es Gott selbst, der entscheidet, was recht oder unrecht ist. Er gibt das Gelingen, wo es ihm gefällt!

Liebe*r Leser*in, ich sehe in dem Text vom heutigen Tag eine Einladung an uns, den Pluralismus auszuhalten, den es ja auch in unserer Kirche gibt. Das mag negativ klingen, so als ob ich einen negativen Blick auf den Pluralismus hätte, aber das meine ich gar nicht! Ganz im Gegenteil!

Dieses Aushalten von Spannungen, von unterschiedlichen Überzeugungen, ist in unserer heutigen Welt und in unserer heutigen kirchlichen Realität wichtiger denn je! Denn im Beispiel des Blicks auf die Kirche gilt: Wenngleich es ein kirchliches Lehramt gibt, gibt es doch viele Menschen, die sich heute nicht in allen Belangen mit diesem Lehramt und seinen Lehrmeinungen identifizieren können. Es wäre wohl falsch, so zu tun, als ob dies anders wäre, als ob bestimmte Menschen – diejenigen, die das Sagen haben – ganz genau wüssten, was Gott will, ohne dass sie dies vernünftig begründen könnten. Oft sind Sachverhalte ja gar nicht so klar! Dies gilt gerade dort, wo derzeit Spannungen bestehen! So hoffe ich, dass wir uns in Toleranz üben können, im Vertrauen darauf, dass Gott auch in unserer Zeit das Gelingen gibt, wo er es für richtig hält!

  • Wofür stehe ich innerkirchlich oder innergesellschaftlich?
  • Sehne ich mich auf eine Weise nach Einheit, die diese bereits im Diesseits zu verwirklichen beabsichtigt? Welcher Preis müsste dafür in Kauf genommen werden?

Br. Josef Ellendorff OSB

Über der heutigen Betrachtung steht der Psalm 67, welcher überschrieben ist (Lutherübersetzung): GOTTES SEGEN ÜBER ALLE WELT.
Ich halte das für eine sehr beruhigende und kraftvolle Überschrift. Benötigen wir doch gerade in diesen Tagen und Wochen immer wieder neu den Zuspruch von Hoffnung und Leben, von Gutheißung und Zukunft.
In diesem Psalm kommt das Wort „segne uns“ vielfach vor. Der Beter bittet Gott um seinen Segen, seinen Beistand, seine Nähe.
„Gott sei uns gnädig und segne uns“. Mich berühren diese Psalmworte immer neu, da sie mir verdeutlichen, welches Vertrauen Menschen ihrem Gott nahegebracht haben. Was sie schon alles durch den Segen Gottes an Gutem erfahren und geschenkt bekommen haben. Großartig! Eine Einladung auch für jede und jeden von uns persönlich.

Segen und Segnen sind im AT und NT zentrale Begriffe.
Segen meint: Kraft, Fruchtbarkeit, gelingendes Leben, hilfeschaffende Kraft des segnenden Schöpfergottes…
Segnen meint: Gut reden von, loben, preisen und rühmen…

Wenn wir ehrlich sind, tragen wir alle diese Sehnsucht nach Kraft und gelingendem Leben in uns.
In der seelsorglichen Begleitung und in Exerzitienkursen spüre ich eine große Aufmerksamkeit im Blick auf „GESEGNET WERDEN“ und „GESEGNET SEIN“.

Vielleicht nutzen Sie heute den Tag, um sich der Segensfülle bewusst zu werden, die über Ihrem Leben ausgegossen ist.
Sie sind: GELIEBTE TOCHTER / SOHN GOTTES!
Sie sind: GELIEBTE SCHÖPFUNG!
Im Schöpfungsbericht heißt es: ES IST ALLES SEHR GUT!

Mit dem Segen steht die Dankbarkeit in enger Verbindung. Wer Gutheißung erfahren hat, aus welchem Grund auch immer, wird dafür dankbar sein.
Grund zur Dankbarkeit besteht im Kleinen und im Großen. Allein unser Leben ist Geschenk und alles, was uns zum täglichen Leben zur Verfügung steht.
Somit können wir frohgemut den Vers 6 zufügen: ES DANKEN DIR, GOTT, DIE VÖLKER, ES DANKEN DIR ALLE VÖLKER.

Der Vierte Ostersonntag ist in der katholischen Tradition der GUTE-HIRTE-SONNTAG und zugleich Welttag der Geistlichen Berufungen.
Und so schreibt Papst Franziskus in seiner Botschaft zum heutigen Tag: „JA“ zum Herrn zu sagen, der immer überrascht und nie enttäuscht!

Ich wünsche Ihnen für heute ein frohes  und empfängliches Herz:
GEH UNTER DER GNADE;
GEH MIT GOTTES SEGEN;
GEH IN SEINEM FRIEDEN…

Ihr
+ Aloysius Althaus OSB

Impuls zu Dan 2,24-49: Wie ein Traum wird es sein…

Puh, Gott sei Dank, war das nur ein Traum!
Vielleicht geht es Ihnen auch immer wieder mal so, dass Sie aufwachen und froh sind, dass dies eben, was Sie da erlebt haben, nur ein Traum war. Wir Menschen träumen im Schlaf ja so manche Dinge und manchmal erwische ich mich, wie ich mich frage: Was hatte denn dieser Traum jetzt für mich zu bedeuten?
König Nebukadnezar im heutigen Textabschnitt aus dem Buch Daniel (Dan 2,24-49) geht es da ähnlich. Er hatte einen erschreckenden Traum, aber der enthielt nicht nur eine Botschaft für ihn, sondern für alle Menschen. Da er ihn selbst nicht deuten konnte, wollte er, dass die Weisen seines Reiches ihm helfen. Aber auch die waren eher hilflos als hilfreich. Bis auf Daniel, denn er deutet den Traum des Königs und öffnete ihm die Augen. Er machte ihm klar, dass er zwar über das stärkste Reich der damaligen Welt herrschte und nach dem Sieg über Ägypten scheinbar als unbesiegbar galt, aber dass eben sein Reich doch nur von begrenzter Dauer sei. Und er, der mächtige König, nur ein kleines Rädchen in der Geschichte der Zeit. Und Daniel unterstrich, dass nur Gott allein der Gott Israels, der souveräne Herrscher über die ganze Welt ist.

So zeigte Gott damals dem mächtigen König Nebukadnezar, dass er trotz seiner gefühlten Macht in allem Gott unterstand und dass sein Reich eben nicht ewig bestehen würde. Und alle Menschen und so auch König Nebukadnezar sollten Gott anerkennen und Gottes Reich bejahen, anstatt nur an ihr eigenes Reich zu denken. König Nebukadnezar reagierte damals sehr eindrücklich, indem er sich vor Daniel niederwarf und befahl, man sollte ihm Speiseopfer und Räucheropfer darbringen. Und zu Daniel sagte der König: Es gibt keinen Zweifel, euer Gott ist ein
Gott über alle Götter und ein Herr über alle Könige, der Geheimnisse offenbaren kann, wie du das Geheimnis meines Traumes mir geoffenbart hast.
Leider hielt diese Einsicht des Königs Nebukadnezars nicht lange so an, er zog keine dauerhaften Konsequenzen und er unterstellte sich auch nicht Gottes Herrschaft.

Ob die anderen Menschen da konsequenter waren?

Und wie sieht es bei uns aus?
Wird alles zum Albtraum?

Oder ist es, wie Lothar Zenetti es einmal beschrieben hat: „Wie ein Traum wird es sein, wenn der Herr uns befreit zu uns selbst und zum Glück seiner kommenden Welt“.

Einen guten Tag
wünscht Ihnen
P. Cornelius Wanner OSB

Über Nebukadnezars Traum (Dan 2,1-23)

Ein König träumt. Dies ist der Dreh- und Angelpunkt der folgenden neunundvierzig Verse (Die zweite Hälfte folgt in der Leseordnung erst morgen).

Was heißt es, dass er träumt? Träume sind in der Hebräischen Bibel durchaus bekannt. Der Patriarch Josef träumt und wird dafür verspottet und nach Ägypten verkauft. Der Patriarch Jakob träumt und erkennt darin die Verbindung zu JHWH. Dies sind nur zwei Beispiele. Hier träumt jetzt – nicht weiter ungewöhnlich, weil auch der Pharao einen wahrsagenden Traum hat – ein heidnischer König und möchte sich den Traum deuten lassen.

Traum als Verbindung zum Göttlichen? Heute, für uns moderne Menschen doch etwas weit hergeholt. Andere Kultur, andere Zeit, anderes Weltbild. Ja, stimmt und das muss auch immer berücksichtigt werden. Darum ist die Erforschung der kulturellen Umwelt so wichtig und darf nicht vernachlässigt werden. Wir dürfen aber auch nicht einfach das, was da im Wortlaut steht, unhinterfragt und nicht kritisch reflektiert übernehmen. Das geschieht leider viel zu oft. Selbst höchste Stellen in Rom sind nicht immer vor einem solchen Fehler gefeit, wie man in der aktuellen Diskussionslandschaft leicht feststellen kann.

Aber muss es deswegen gleich alles als überholt abgeschrieben werden?

Der Begründer der Psychoanalyse, der Wiener Sigmund Freud hat 1900 ein Werk veröffentlicht, das sich mit Träumen beschäftigt: „Die Traumdeutung“. In seiner Zeit innovativ, eröffnete es die psychologische Erforschung von Träumen. Sein Freund und Kollege Carl Gustav Jung wandelte seine Gedanken ab und entwickelte – das führte dann auch zum Bruch zwischen beiden – seine eigene, Freud widersprechende Theorie der analytischen Psychologie. Wir sehen: Auch in der Moderne verlor das Thema nicht an Brisanz. Wo ist hier der Unterschied? Er liegt darin, woher die „Botschaften“ kommen. Sind es „Botschaften“ des Göttlichen oder „Botschaften“ des Unterbewussten, die sich Raum schaffen?

Immer noch besteht die Brisanz, wie ich mit solchen Texten umgehe.

  1. Nehme ich alles wortwörtlich?
  2. Versuche ich in alles einen wissenschaftlich belegbaren Kern hineinzudeuten – und sei es auch nur, indem ich ihn mit der Brechstange hineinpresse und damit den Text als literarisches Ganzes zerbreche?
  3. Schreibe ich es einfach als Mythos ab?

Alle drei Wege werden dem Text nicht gerecht.
Es geht, wie immer um einen Mittelweg, den es einzuhalten gilt.

  1. Ich darf nicht alles als Tatsachenbericht nehmen, denn es ist gelebte Erfahrung, die berichtet wird, keine Dokumentation, wie Filmaufnahmen.
  2. Ich darf den Text nicht so verbiegen, dass er seine Intention verliert – Das würde den Autoren nicht gerecht werden. Auch darf ich nicht das hinein quetschen, was ich als wissenschaftlich belegt erachte: Vielleicht ist es morgen schon überholt.
  3. Ich darf nicht alles als Mythos abtun, denn manchmal kann der Mensch die différance, die Differänz (Derrida) nur so ausdrücken.

Einen Text wahrnehmen, wie er ist – Das ist die Aufgabe. Eintreten in einen Dialog mit dem von Menschen in einer anderen Zeit geschriebenen Text: Das wahrnehmen, was mich irritiert, und das, was mich anspricht. Das wahrnehmen, was ich in genau diesem Augenblick als Botschaft wahrnehme, die mir der Autor vermitteln will. Alles kann sich wenig später geändert haben, aber vielleicht schlägt es in mir eine Saite an, die nachklingt. Vielleicht muss ich nicht verzweifelt raten, wie die Deuter im heutigen Abschnitt, sondern mir wird – wie Daniel – das klar, was vielleicht gar nicht ausgesprochen wurde. Das ist ein verborgener Traum, den es zu erraten gilt, um ihn dann zu deuten. Vielleicht ist es das, was Joseph von Eichendorff meinte, als er schrieb:

„Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.“

Br. Symeon Müller OSB