Dass das Leben im Kloster und das Leben als Pilger keine Gegensätze sind, sondern zuinnerst zusammengehören, davon konnten sich die Besucherinnen und Besucher überzeugen, die am Abend des 9. Juli 2024 zum ersten Sommererlebnisabend um 20.00 Uhr in die Abteikirche gekommen waren. Dort wurde die Ausstellung „Pilgerwege im Sauerland“des Sauerländer Heimatbundes in Verbindung mit den Jakobusfreunden Paderborn eröffnet, die bis zum 24. August im Foyer der OASE zu Gast ist. Ebenso wurde die Abtei Königsmünster in einer kleinen Feierstunde als offizielle Pilgerherberge zertifiziert.
Abt Cosmas Hoffmann OSB betonte in seinem Grußwort, dass sowohl Mönche als auch Pilger auf ein Ziel hin unterwegs seien. Das zeige sich auch daran, dass das lateinische Wort für Pilger, „peregrinus“, einen festen Ort in der Benediktsregel habe. Von jeher haben die Klöster den Pilgern Gastfreundschaft geleistet.
Im Anschluss berichtete Michael Kronauge, Vorsitzender des Sauerländer Heimatbundes, vom Werden der Ausstellung. Sie sei „untrennbar mit den Namen Herbert und Annemarie Schmoranzer verbunden“, die sich schon seit den 1980er Jahren mit der heimischen Wegeforschung befasst und die geschichtsträchtigen Kulturwege des Sauerlandes akribisch erforscht haben. „Die ersten Überlegungen einer Ausstellung liegen fast zehn Jahre zurück“, so Kronauge. In Wormbach, einer der ältesten Urpfarreien der hiesigen Region, sei die Idee eines Pilgermuseums entstanden, um die alte Dorfschule vor dem Abriss zu bewahren. Der Ort „liegt an zentraler Stelle des Pilgerweges, der Heidenstraße, die über 500 km von Leipzig bis Köln führt“. Die Verantwortlichen im Ort haben den Sauerländer Heimatbund kontaktiert mit der Idee, eine Wanderausstellung ins Leben zu rufen. Nach vielen Gesprächen mit Kulturschaffenden und Museumsexperten und mit tatkräftiger Unterstützung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) und der Jakobusgesellschaft Rheinland-Pfalz-Saarland, in der schon eine ähnliche Ausstellung existierte, konnte das Projekt realisiert werden. Die Ausstellung „möchte den Menschen in der Region, Gästen und Pilgerinteressierten das gemeinsame kulturelle Erbe des Pilgerns näherbringen“ und den Sinn des Pilgerns früher und heute vermitteln. Denn Pilgern habe in allen Religionen Tradition.
Heino von Groote, Vorsitzender der Jakobusfreunde Paderborn, skizzierte dann den Inhalt der Ausstellung, die neben der regionalen auch eine europäische Dimension habe. Durch das dichte Wegenetz der Pilgerwege nach Santiago de Compostela sei eine kulturelle Verflechtung entstanden, die mittlerweile zum Kulturerbe Europas gehört – Europa sei auf Pilgerschaft geboren. Der Weg des Pilgerns beginne vor der eigenen Haustür, im Mittelalter gab es keine eigenen Pilgerwege, die Pilger haben die Handelswege benutzt. Hier konnten die Pilger dabei helfen, die Wagen der Händler zu schieben und erhielten im Gegenzug Schutz. Der mittelalterliche Ruf „Ultreya! Dem Ziel entgegen“ müsse aber nicht unbedingt nach Spanien führen, denn Pilgerwege gebe es auch in Deutschland, und mit dem neu gestalteten Klosterweg im Sauerland sogar auch einen besonders schönen.
Schließlich eröffnete Bruder Anno Schütte OSB dem Publikum in einem Impuls die geistliche Dimension des Pilgerns. Er ging zunächst vom „natürlich-körperlichen Tun des Pilgerns“ aus, dem Gehen, das dessen innere Mitte eröffne: „Pilgern ist vor allem Gehen – einfach Gehen. Das tun wir mit jedem Schritt in unserem Alltag.“ Wie eng Gehen und Leben zusammenhängen, offenbare unsere Sprache: Wir fragen: „Wie geht es dir?“, wenn wir uns nach dem Befinden eines Menschen erkundigen, sprechen von einem Vor-Gang, dem „Lebens-Weg“ und dem „Heim-Gang“ eines Menschen. In einer Zeit, in der viele Menschen sich zu wenig bewegen oder „im Auto, in Bus und Bahn, im Flugzeug durch und um die Welt rasen“, könnte das Pilgern neu unsere Sinne schärfen, die perfekt für das Geh-Tempo entwickelt seien. Bruder Anno zitierte in diesem Zusammenhang Goethe, der einmal sagte: „Du warst nur dort wirklich, wo du zu Fuß warst.“ Christliches Pilgern folgt dabei seinem Gründer, dem „Wander-Prediger“ Jesus von Nazareth. Sein gesamtes öffentliches Leben vollziehe sich als „geografischer Geh-Weg von Nazareth nach Jerusalem“, und auch auf seinem Leidens-Weg, seinem Kreuz-Weg bleibe Jesus bis zum Ende ein Gehender. Schon im einfachen Bewegungsablauf des Gehens stecke die österliche Botschaft: „Mit jedem Schritt heben wir unsere Füße nacheinander himmelwärts an. Dem äußeren Himmel entspricht unsere innerste Existenz: Wir sind Kinder des Himmels, Kinder Gottes“. Gehen sei in diesem Sinn „ein Schwingen zwischen Himmel und Erde – wir leben in menschlich-göttlicher Spannung“.
Am Ende der Veranstaltung überreichten Michael Kronauge und Heino von Groote eine Plakette, welche die Abtei Königsmünster als offizielle Pilgerherberge zertifiziert. Dem ursprünglichen Auftrag der Klöster gemäß, finden hier bis heute Pilgerinnen und Pilger auf ihren Lebenswegen Unterkunft und geistliche wie leibliche Erfrischung. Die Abtei Königsmünster ist Start- und Zielpunkt des Klosterweges, der vor einigen Jahren gemeinsam mit den Schwestern des Bergklosters Bestwig entwickelt wurde. Abt Cosmas dankte für die Auszeichnung und freut sich über viele Menschen, die hoffentlich in Zukunft die neu zertifizierte Pilgerherberge in Meschede besuchen werden.
Die Pilgerausstellung ist noch bis zum 24. August 2024 werktags von 8 bis 16 Uhr und an den Dienstagabenden des AbteiSommers im Foyer der OASE zu sehen. Im Rahmen der Ausstellung werden an folgenden Terminen Wanderungen auf den heute begehbaren Pilgerwegen angeboten: 27. und 28.7., 3. und 4.8., 10. und 11.8., 17. und 18.8. Beginn ist jeweils um 9.30 Uhr, Treffpunkt ist auf dem Kirchplatz des Klosterberges. Um eine Anmeldung im Gastbüro der Abtei Königsmünster (Tel. 0291/2995210) wird gebeten.