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Überheblichkeit fliehen.
(RB 4,69)

Hier nennt Benedikt ein Grundübel. Er meint den Stolz, das Gegenteil von Demut, nach Auffassung der Wüstenväter eines der acht klassischen  Laster. Er rät, vor ihr die Flucht zu ergreifen, denn sie ist in seinen Augen eine lebensgefährliche Bedrohung, die alles zunichtemachen kann. Sie besteht in dem Drang, mehr zu scheinen als man ist. Man stößt andere Menschen ab, verachtet sie, verliert ihr Vertrauen und hat keinen echten Kontakt zu Gott. Sie ist auch deshalb so fatal, weil der Überhebliche in ihr gefangen ist und so schnell nicht mehr von ihr loskommt.

Was steckt hinter der Überheblichkeit?
– Entweder die Angst, nicht genug zu bieten zu haben, der Wunsch, Eindruck zu schinden, um die eigene Schwäche zu übertünchen.
– Oder sich mit anderen zu vergleichen und dabei von seinen eigenen Leistungen und Vorzügen so fasziniert zu sein, dass man darin einen Grund sieht, auf andere herabzusehen.

Es gibt genügend abschreckende Beispiele aus der Geschichte, an denen deutlich wird, dass gerade Erfolg, Reichtum, Machtfülle und hohes Ansehen zur Überheblichkeit verführen können. Wer an die Spitze gelangt, muss besonders auf der Hut sein. Deshalb ist es Benedikt von Nursia ein großes Anliegen, dass der Abt als väterlicher Leiter der Gemeinschaft nicht selbstherrlich alles alleine entscheidet, sondern in allen wichtigen Angelegenheiten seine Mitbrüder zu Rate zieht, sich besonders um die Schwachen müht und auf die Bedürfnisse der einzelnen Rücksicht nimmt.

Wie können wir der Überheblichkeit entgehen?
Im Sinne Benedikts würde ich sagen: durch einen ausgeglichenen Umgang mit den eigenen Stärken und Schwächen. Keinem hat Gott alles gegeben und keinem nichts. Mit unseren Gaben können wir einander dienen, um sie so zum Nutzen aller zu machen; und wo wir nicht mehr weiter können, uns von anderen helfen zu lassen, wie es in einem Tagesgebet im Messbuch heißt. Das heißt: Wer die Beziehung zu den Nächsten sucht, lernt sie zu achten und sie zuerst mit ihren Anliegen zum Zuge kommen zu lassen. Ich finde, allein schon die Frage „Wie geht es Dir?“ kann alles andere als eine höfliche Floskel gemeint sein, wenn ich die Zeit aufbringe, der Antwort auch zuzuhören. Aber leider wissen wir ja oft schon vorher, wie es den anderen geht. Wer aber sich erkundigt, bleibt nicht an sich selber hängen.

P. Johannes Sauerwald OSB

Den Streit nicht lieben.
(RB 4,68)

Wer wollte dem nicht zustimmen? Wer möchte schon als streitlustig gelten? Der heilige Benedikt mahnt seine Brüder immer wieder, nicht zu murren. Murren oder streiten ist für ihn eher etwas Grundloses und Grundsätzliches. Es bringt eine in der Person begründete Unzufriedenheit zum Ausdruck.

Davon unabhängig muss ich aber manchmal streiten. Wenn es um Ungerechtigkeit oder Lieblosigkeit geht, muss ich um der Sache willen streiten. Das ist für mich ein Kriterium der Unterscheidung: Was will ich erreichen? Wenn ich für etwas streite, dann ist es ein Akt der Fürsorge für den Nächsten. Wenn ich aber nur meine Unzufriedenheit zum Ausdruck bringe, dann liegt die Gefahr nahe, dass ich ein Ventil für meine Situation suche.

Br. Benjamin Altemeier OSB

Nicht aus Neid handeln.
(RB 4,67)

Im Kontext der gesamten Benediktsregel wird deutlich, dass die innere Motivation einer Handlung für Benedikt sehr wichtig ist. Es kommt ihm gar nicht so sehr darauf an, dass seine Mönche nach außen alles richtig machen. Viel wichtiger ist ihm die Frage: Warum tue ich das jetzt – oder tue es nicht? Was treibt mich dabei an – was triggert mich? Was ist meine tiefste Motivation?

Wir müssen heute zugeben: Das ist ein höchst psychologischer Vorgang, der auch für uns heute sehr wichtig ist. Um uns selbst immer besser kennenzulernen, uns durchaus auch zu korrigieren – um zu mehr Leben zu kommen.  Dies ist und bleibt der Angelpunkt jeglicher spiritueller Wege im Christentum!

Was treibt mich also an – über ein gesundes Maß zu arbeiten? Was treibt mich an, mich immer wieder über die Maßen vollzustopfen? Was treibt mich an, mich als etwas Besseres anzusehen?… Was treibt mich an?

P. Jonas Wiemann OSB

26 Als sie Jesus hinausführten, ergriffen sie Simon, einen Mann aus Kyrene, der gerade vom Feld kam. Ihm luden sie das Kreuz auf, damit er es hinter Jesus hertrage. 27 Es folgte ihm eine große Menge des Volkes, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten. 28 Jesus wandte sich zu ihnen um und sagte: Töchter Jerusalems, weint nicht über mich; weint vielmehr über euch und eure Kinder! 29 Denn siehe, es kommen Tage, da wird man sagen: Selig die Frauen, die unfruchtbar sind, die nicht geboren und nicht gestillt haben. 30 Dann wird man zu den Bergen sagen: Fallt auf uns! und zu den Hügeln: Deckt uns zu! 31 Denn wenn das mit dem grünen Holz geschieht, was wird dann erst mit dem dürren werden? (Lk 23,26-31)

An den letzten drei Tagen der Karwoche folgt der Schluss des 23. Kapitels des Lukasevangeliums. Dieser wird besonders von einem Thema bestimmt: Jesus trifft auf seinem Leidensweg – bis in die Kreuzigung hinein – auf verschiedene Menschen und Menschengruppen. Seine Situation und seine Worte fordern die Anwesenden hierbei heraus und beziehen sie mit ein. Sein Leiden betrifft nicht nur sein eigenes Schicksal, sondern auch das Schicksal zahlreicher anderer Menschen.

Wir können in gewisser Weise auch uns selbst zu den Anwesenden zählen, die Jesus auf dem Weg zum Kreuz beobachten, dieser abscheulichen Situation beiwohnen und sich ihr stellen müssen.

Wir begegnen also im heutigen Text- oder Wegabschnitt zuerst Simon von Kyrene, der das Kreuz Christi ein Stück weit hinter ihm herträgt. Anschließend stoßen wir auf eine große Volksmenge, die um Jesus klagt und weint. Sie nimmt Anteil an seinem Leid, obwohl sie zu der Gruppe gehört, die noch kurz vorher skandierten, Jesus müsse gekreuzigt werden, nämlich den Einwohnern Jerusalems. Womöglich finden sich in dieser Gruppe einige, die ebenfalls um Jesu Kreuzigung mitgebrüllt haben, und die es nun reut?

Wo stehe ich selbst als Anwesender?

Vermutlich geht es Ihnen, liebe*r Leser*In, wie mir: Ich nehme mich im Alltag meist ambivalent wahr, das heißt zum einen, ich ähnele manchmal (hoffentlich) dem Simon von Kyrene, der das Kreuz hinter Christus herträgt, und ihm so ein Stück weit in seiner Sache hilft.
Andere Male nehme ich aber wahr, wie ich an meinem Nächsten verräterisch handle, wie ich gegen ihn sündige, ähnlich wie es die Jerusalemer Bevölkerung getan hat, die Jesus ans Kreuz bringen wollte.

Jesus prophezeit dieser Gruppe Unheil. Das mag auch mich – angesichts meiner eigenen Verfehlungen – ganz real erschrecken, aber ich hoffe, dass die Absicht Jesu hierbei auch nur das Hervorrufen eben dieser Reaktion ist. So kann es sich bei dieser Prophezeiung weniger um ernste Feindschaft gegenüber den Bewohnern Jerusalems und auch mir handeln, sondern vielmehr um einen Aufruf zur Achtung vor der Allmacht des richtenden Gottes. Soll heißen: Sie wäre so etwas wie ein versteckter Wehe-Ruf, der zur Reue, zum Sich-Beklagen und schließlich zur Umkehr führt!

Durch Christi Passion und die mir ohne eigene Leistung erwiesene Liebe ist mir bereits meine Erlösung bewusst. Gott sei Dank!
Aber durch das Erkennen meiner eigenen Schuld kann ich stets neu auf den Weg der Umkehr geraten, mich so der Gottes- und Nächstenliebe neu öffnen und durch mein Handeln mir und der Welt Gottes Heil schon jetzt erfahrbarer machen.

So werden wir mit diesem Textabschnitt aufgerufen, den Gewinn der Passion entgegenzunehmen.

Br. Josef Ellendorff OSB

Sie aber schrien und forderten immer lauter, er solle Jesus kreuzigen lassen, und mit ihrem Geschrei setzten sie sich durch: Da entschied Pilatus, dass ihre Forderung erfüllt werden solle. (Lk 23,23-24 – gesamte Tageslesung: Lk 23,13-25)

Bei dieser Verurteilungsszene durch Pilatus, die bis in unseren Sprachgebrauch hinein prägend wurde mit der Redewendung „seine Hände in Unschuld waschen“, beschleicht mich regelmäßig ein ungutes Gefühl. Die lautstarke Forderung des Volkes, Jesus kreuzigen zu lassen, wurde offensichtlich bewusst so inszeniert: Das jüdische Volk fordert den Tod Jesu und stattdessen die Freilassung des Aufrührers Bar-abbas.

Die Wirkungsgeschichte dieser Szene ist fatal: Den Juden wurde in einer diffamierenden Lesart die Schuld am Tod Jesu gegeben. Ja, das auserwählte Volk wurde gar zum Volk der Gottesmörder stilisiert. Bis heute wirkt ein Verständnis, dass die Kirche nun an der Stelle des auserwählten Volkes sieht, in die theologischen Debatten hinein und führte so etwa zur Diskussion um die Abänderung der entsprechenden Karfreitagsfürbitte, die bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil von der „Bekehrung der verstockten Juden“ sprach.

Es bleibt daher eine dauernde Herausforderung für die Kirche und für die Theologie, diese fatalen Missverständnisse nun zu korrigieren und den jüdisch-christlichen Dialog zu fördern. Jesus war selbst Jude und hat sich zeitlebens so verstanden. Antijudaismus darf in der Kirche keinen Platz haben und auch gesamtgesellschaftlich ist es unsere Christenpflicht, mutig gegen jeglichen Antisemitismus unsere Stimme zu erheben!

Br. Vincent Grunwald OSB

1 Daraufhin erhob sich die ganze Versammlung und man führte Jesus zu Pilatus. 2 Dort brachten sie ihre Anklage gegen ihn vor; sie sagten: Wir haben festgestellt, dass dieser Mensch unser Volk verführt, es davon abhält, dem Kaiser Steuer zu zahlen, und behauptet, er sei der Christus und König. 3 Pilatus fragte ihn: Bist du der König der Juden? Er antwortete ihm: Du sagst es. 4 Da sagte Pilatus zu den Hohepriestern und zur Volksmenge: Ich finde keine Schuld an diesem Menschen. 5 Sie aber blieben hartnäckig und sagten: Er wiegelt das Volk auf; er verbreitet seine Lehre im ganzen jüdischen Land, angefangen von Galiläa bis hierher. 6 Als Pilatus das hörte, fragte er, ob der Mann ein Galiläer sei. 7 Und als er erfuhr, dass Jesus aus dem Herrschaftsgebiet des Herodes komme, ließ er ihn zu Herodes bringen, der in jenen Tagen ebenfalls in Jerusalem war. 8 Herodes freute sich sehr, als er Jesus sah; schon lange hatte er sich gewünscht, ihn zu sehen, denn er hatte von ihm gehört. Nun hoffte er, ein von ihm gewirktes Zeichen zu sehen. 9 Er stellte ihm viele Fragen, doch Jesus gab ihm keine Antwort. 10 Die Hohepriester und die Schriftgelehrten, die dabeistanden, erhoben schwere Beschuldigungen gegen ihn. 11 Herodes und seine Soldaten zeigten ihm offen ihre Verachtung. Er trieb seinen Spott mit Jesus, ließ ihm ein Prunkgewand umhängen und schickte ihn so zu Pilatus zurück. 12 An diesem Tag wurden Herodes und Pilatus Freunde; vorher waren sie Feinde gewesen. (Lk 23,1-12)

Jesus ist nicht in die Welt gekommen, um die Erwartungen von Menschen zu erfüllen, sondern um uns als Mittler zwischen Gott und Mensch zu dienen. So erfüllt er in unserer heutigen Textstelle auch nicht die Erwartungen, die Pilatus an ihn stellt. Die Erwartung eines Zeichens. Für Machtmenschen, wie es Pilatus und auch Herodes sind, sind Zeichen und Wunder Mittel zum Zweck. Es geht ihnen nicht um die Erfahrungen von Heilsein, sondern um die Demonstration von Wirkmächtigkeit. Um dieser Instrumentalisierung zu entgehen, schweigt Jesus. Es ist ein Schweigen, wie wir es schon bei der drohenden Verurteilung der Ehebrecherin gesehen haben. Es ist ein Schweigen, nicht weil Jesus die Worte fehlen, sondern weil er nicht in den Kreislauf einer Machtmaschinerie  kommen will. Er schweigt und erntet Spott und Hohn. Das sind die klassischen Reaktionen von Menschen, die es gewohnt sind, dass man ihnen gehorcht. Sie verstehen nicht, dass es eine Ohnmacht der Liebe gibt. Die Ohnmacht der Liebe – selbst im Angesicht des Todes. Selbstentäußerung, Abgabe von Macht, Ohnmacht der Liebe.

Und wir, die wir ihm nachfolgen? Wir dürfen üben. Uns einüben in die Liebe. Wir dürfen uns einüben in die Aufgabe von Macht, um glaubwürdig die Ohnmacht der Liebe zu leben.

Br. Benjamin Altemeier OSB

63 Die Männer, die Jesus bewachten, trieben ihren Spott mit ihm. Sie schlugen ihn, 64 verhüllten ihm das Gesicht und fragten ihn: Du bist doch ein Prophet, sag uns: Wer hat dich geschlagen? 65 Und noch viele andere Lästerungen stießen sie gegen ihn aus.
66 Als es Tag wurde, versammelte sich der Ältestenrat des Volkes, die Hohepriester und die Schriftgelehrten und sie ließen Jesus vor ihren Hohen Rat führen. 67 Sie sagten zu ihm: Wenn du der Christus bist, dann sag es uns! Er antwortete ihnen: Wenn ich es euch sage, glaubt ihr mir ja doch nicht; 68 und wenn ich euch etwas frage, antwortet ihr nicht. 69 Von nun an wird der Menschensohn zur Rechten der Macht Gottes sitzen. 70 Da sagten alle: Du bist also der Sohn Gottes? Er antwortete ihnen: Ihr sagt es – ich bin es. 71 Da riefen sie: Wozu brauchen wir noch eine Zeugenaussage? Wir haben es selbst aus seinem Mund gehört. (Lk 22,63-71)

Verspottet, geschlagen, zum Tode verurteilt.
Nichts bleibt Jesus erspart.
Alles, was Menschen einander antun können, hat er am eigenen Leib erleiden müssen.

Die Passionsgeschichte offenbart uns, wie der Mensch ist.
Was Menschen einander antun, im Großen wie im Kleinen.
Bis heute. Überall auf der Welt.

Die Passionsgeschichte geht aber darüber hinaus.
„Was nicht angenommen wird, kann nicht erlöst werden.“
So hat es ein früher Kirchenvater ausgedrückt.
Nur das, was ich auf mich nehme, erleide, annehme, nur das kann auch erlöst werden.
Deswegen hat Jesus all das, was Menschen einander antun, angenommen.
Die Geschichte ist damit noch nicht zu Ende.
Das ist unsere Hoffnung.

P. Maurus Runge OSB

Tageslesung: Psalm 22,23-32

Palmsonntag – heute gehen wir in die Karwoche und ahnen zugleich, dass der Weg in die Dunkelheit führt.
In der heutigen Schriftlesung betet der Psalmist:

Denn des Herrn ist das Reich, und er herrscht unter den Völkern.
Ihn allein werden anbeten alle Großen auf Erden;
vor ihm werden die Knie beugen alle, die zum Staub hinabfuhren.
(Ps 22,29-30)

Wen bete ich an?
Vor wem beuge ich meine Knie?
Auf wen hoffen wir in diesen Zeiten, wo wir vor großen Herausforderungen stehen?
Wir bemühen uns um Frieden in der Welt – und doch immer neu Krieg und Unversöhnlichkeit.
Wie schnell lassen wir uns von Macht beeindrucken und von Ohnmacht bestimmen!

Der Psalmist betet: Denn des Herrn ist das Reich…
Glaube ich heute an Gottes Stärke?

Ich lade Sie ein, den Dunkelheiten des Lebens nicht auszuweichen, sondern sie dort zu positionieren, wo es Ihnen nach Ihren Kräften möglich ist.
So können wir Schmerz, Leid und Ungerechtigkeit bestehen im Glauben an den Gott, der das Leben will und uns Frieden und Versöhnung schenkt – gerade in Zeiten der Dunkelheit.

Schauen Sie das ausgewählte Meditationsbild an.
Die Skulptur steht in unserem Kreuzgang zur Abteikirche.
Mich sprechen die SICH FESTKLAMMERNDEN HÄNDE sehr an. Ein Sinnbild: Ich lasse nicht vom Herrn! Ich lasse nicht von IHM, gerade nicht in Zeiten der Not und des Elends. Er, der Mann der Schmerzen schenkt Kraft und Stärke. ER verlässt uns nicht in der Not.

In betender Verbundenheit

+ Aloysius Althaus OSB

Es ist wieder so weit – die Karwoche steht bevor. Mit der Ersten Vesper vom Palmsonntag am 27.03.2021 treten wir wieder in die Geheimnisse von Leiden, Tod und Auferstehung ein, die für die Christen weltweit so zentral sind. Es ist die zweite Heilige Woche in Pandemiezeiten, und leider ist es auch in diesem Jahr nicht möglich, die Feier der Kar- und Ostertage mit rund 100 Gästen vor Ort zu verbringen, wie es sonst üblich ist. Aber zum Glück haben wir die technischen Möglichkeiten, dass Sie dennoch an diesen Tagen mit uns verbunden sein können – beim Online-Osterkurs, bei der Liturgie dieser Woche – oder auch bei den Vorbereitungen.

Brüder bei der Kreuzabnahme

Brüder bei der Kreuzabnahme

Heute ist das große Christkönigskreuz, das in der Abteikirche über dem Altar hängt, in einer Gemeinschaftsaktion abgenommen worden. Traditionell werden die Kreuze in den Kirchen in der Passionszeit verhüllt – was bei unserem Kreuz etwas schwierig wäre. So haben wir das Kreuz in den Kapitelsaal im Innenbereich des Klosters getragen. Hier ist uns als Gemeinschaft der Herr sogar rein physisch noch näher als in der Kirche…

Im Kapitelsaal

Im Kapitelsaal

Christuskrone

Christuskrone

Im Video sehen Sie, wie das Kreuz langsam heruntergelassen wird und allmählich verschwindet – vielleicht eine vorbereitende Meditation auf diese Woche der ganz eigenen Art.

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Bin ich es etwa, Herr?

Als es Abend wurde, begab er sich mit den zwölf Jüngern zu Tisch. Und während sie aßen, sprach er: Amen, ich sage euch: Einer von euch wird mich verraten und ausliefern. Da waren sie sehr betroffen, und einer nach dem andern fragte ihn: Bin ich es etwa, Herr? (Mt 26,20-22)

„Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt“, so hieß es in einem Lied aus dem Jahre 1930, aus der Tonfilm-Operette „Die Drei von der Tankstelle“. Und ich kann das ohne weiteres auch so unterstreichen, denn mit einem Freund an der Seite ist das Glück doppelt so groß und die Abgründe des Lebens nur halb so tief. Einen Freund zu verraten gehört deshalb zu den schmerzlichsten Wunden, die Menschen einander zufügen können. Trotzdem kommt es in unserer Welt immer wieder dazu. Zum einen aus Angst, aus Neid, aus Wut, aus Enttäuschung, oder eben auch aus Liebe.

Wie oft ist schon über die Person des Judas gerätselt worden; immer wieder hat man nach seinen Motiven gefragt. Wie konnte er Jesus nur verraten? War er tatsächlich ein böser, hinterhältiger, geldgieriger Mensch? Oder war er nicht eher von der Liebe Jesu durch und durch ergriffen. Ganz besessen von der neu beginnenden Gottesherrschaft und enttäuscht, als alles viel zu langsam ging und sogar zu scheitern drohte?

Als die Jünger mit Jesus beim Mahl saßen verkündete Jesus, dass einer von ihnen ihn verraten und ausliefern wird – und sie alle reagierten nicht nur sehr betroffen, sondern fragten: „Bin ich es etwa?“

Ja, könnte es tatsächlich sein, dass ich es bin, Herr?

Im Leben ist es immer wieder so, dass wir gerade die Menschen verraten und verletzen, die unsere Freunde sind. Andere können wir gar nicht so sehr verletzen wie unsere Freunde, denn wer einen guten, einen wahren Freund hat, wer sich auf das Abenteuer der Freundschaft einlässt, der macht sich einfach verwundbar. Freundschaft ist eben eine Leidenschaft, die immer wieder auch Leiden schafft. Aber trotz allem, was da Judas tut, bleibt er in Jesu Augen sein Freund. Und vielleicht hat Jesu liebender Blick Judas deutlich gemacht, dass er ihm schon längst verziehen hat, wo andere Judas noch verurteilen.

Aber haben wir überhaupt ein Recht, über Judas den Stab zu brechen?
Haben wir das Recht ihn zu verurteilen?
Ich meine nicht, denn bevor wir das tun, sollten wir erst sehr aufmerksam auf unsere eigenen Gedanken, Worte und Werke achten. Denn nicht ein Fremder hat Jesus verraten, sondern ein Freund, ein guter Freund. Daher müssen auch wir uns in diesen Tagen fragen: Bin ich es etwa, Herr? Bin ich es, der dich verrät?

Ich wünsche uns einen nachdenklichen Tag!

Text und Bild: P. Cornelius Wanner OSB