Schlagwortarchiv für: Ostern

von P. Cosmas Hoffmann OSB

Ist Jesus auferstanden – oder ist er es nicht?

  • Wer mit „Nein“ antwortet, für den scheint das Thema erledigt zu sein: Keine Auferstehung, kein Ostern!
  • Wer mit „Ja“ antwortet, bekommt es gleich mit weiteren, noch drängenderen Fragen zu tun: Ist die Auferstehung Jesu nur ein historisches Ereignis, dessen wir jährlich freudig gedenken?
    Oder ein Ereignis, das mein Leben begleitet und prägt?
    Was bedeutet es für mich, dass Jesus auferstanden ist?

Die Frage nach der Auferstehung Jesu wird schnell existentiell, betrifft eine jede, einen jeden von uns persönlich, denn was genau die Jüngerinnen und Jünger Jesu nach dem Schock der Kreuzigung, die sie zum Abtauchen in Flucht oder Versteck führte, erfahren haben, wissen wir nicht. Tatsache aber ist, dass aus dem Sich-Verstecken Aufbruch wurde, aus Verzweiflung Hoffnung, aus Flucht Bekenntnis.

In den frühen Bekenntnisformeln und späteren Ostererzählungen finden sich verschiedene Bilder und Vorstellungen, um das Ereignis zu beschreiben, das die Jüngerinnen und Jünger Jesu von der Todesstarre zum Aufbruch ins Leben führte: Erscheinung, Wiederkunft, Auferweckung, Auferstehung, Neuschöpfung, Geistwirken.
Wir bleiben herausgefordert, die Leerstelle auszuhalten und Glauben zu wagen. Dabei können uns jene unterstützen, die, wie wir gerade im Evangelium gehört haben, ebenfalls mit einer Leerstelle konfrontiert worden sind, mit dem leeren Grab.

Während andere Jüngerinnen und Jünger auf Kreuzigung und Tod Jesu mit Lähmung oder Rückzug oder Flucht nach Galiläa reagieren, drängt es Maria von Magdala zum Grab Jesu.
Noch in der Dunkelheit vor Tagesanbruch geht sie zum Grab, wo sie sofort sieht, dass der Stein weggenommen ist. Schrecken, Empörung und Verzweiflung durchfahren sie und sogleich läuft sie schnell zu Simon Petrus und dem anderen Jünger, den Jesus liebte, und sagt: „Sie haben den Herrn aus dem Grab weggenommen und wir wissen nicht, wohin sie ihn gelegt haben“ (Jo 20,2).

Die beiden Jünger eilen dann gemeinsam mit ihr zum Grab. Der andere Jünger ist schneller als Petrus, kommt als Erster ans Grab, beugt sich vor, sieht die Leinenbinden, geht jedoch nicht hinein, sondern lässt Simon Petrus den Vortritt.
Der geht hinein, sieht die Leinenbinden und das Schweißtuch, das auf dem Haupt Jesu gelegen hatte, zusammengebunden an einer besonderen Stelle.
Auch der andere Jünger geht hinein, sieht und glaubt. Während Petrus zuvor die Situation zur Kenntnis nimmt, blitzt beim Jünger, den Jesus liebte, der Glaube auf – Erkenntnis eines geliebten und liebenden Herzens? Allerdings ist es eher ein kurzes Aufblitzen des Glaubens, das letztlich ohne Folgen bleibt, denn beide Jünger kehren wieder nach Hause zurück. „Denn“, so heißt es, „sie hatten noch nicht die Schrift verstanden, dass er von den Toten auferstehen müsse“ (Jo 20,9).

Maria aber bleibt zurück, harrt aus, will Abschied nehmen am Ort seiner letzten Gegenwart, am Ort, wo sich seine letzte Spur verliert. Sie hofft, diese Spur wieder zu finden, steht draußen vor dem Grab und weint.

In ihrer Trauer können ihr selbst die beiden Engelsgestalten, die sie beim Hineinbeugen in das Grab sieht, nicht weiterhelfen.
Vielmehr wendet sie sich zurück, will sich resigniert zurückziehen, in Trauer und Schmerz versinken. Doch im Umwenden sieht sie jemanden dastehen, den sie für den Gärtner hält, auch ihm klagt sie ihre Not, dass jemand den geliebten Verstorbenen weggebracht habe (vgl. 20,14f.).

Erst als er sie mit ihrem Namen anspricht, wendet sie sich ihm wirklich zu, erkennt ihn und antwortet mit einem Wort vertrauter Anrede: Rabbuni, mein Herr.

Diesen Moment der Begegnung verdichtet Susanne Ruschmann in ihrem Gedicht „Wendezeit“:

Wendezeit
in der Wende
zwischen Schmerz und Trost
zwischen Trauer und Freude
zwischen Ende und Neubeginn
zwischen Nacht und Tag
GOTTES BEGEGNUNG
beim Namen gerufen werden
die Stimme des Anfangs hören
umgekehrt werden
von der Suche nach dem Toten
zur Begegnung mit dem Leben
neu ausgerichtet sein
weil das Zwischen
mit meinem Namen gefüllt ist
weil in der Wende
Gott begegnet.

Maria hat Jesus erkannt und will, wie das vertraute „Rabbuni“ zeigt, sich ihm ganz hinwenden, es so werden lassen wie früher. Doch einem solch rückgreifenden Zugriff entzieht sich der Auferstandene.

Maria von Magdala muss lernen, dass Jesu Gegenwart nach seinem Tod eine andere ist als vorher. Entsprechend weist Jesus auch ihren spontanen Impuls, ihn zu berühren, anzufassen, zu begreifen – die zutiefst menschliche Form der Vergewisserung von ‚Wirklichkeit‘ – recht deutlich, fast scharf zurück: „Halt mich nicht fest!“ oder wie es manche Exegeten zugespitzt formulieren: „Lass mich los!“.

Maria und mit ihr alle, die dem Auferstandenen nachfolgen, müssen lernen, dass es angesichts des leeren Grabes nicht darum geht, das Andenken eines Toten zu pflegen oder Vergangenes zu beschwören, sondern darum, ihn als Lebenden zu erfahren.
Eine realistische Beziehung zum Auferweckten
kann nur Beziehung in Entzogenheit sein, die zugleich eine neue Weise der Gemeinschaft eines dauerhaften Beieinander-Bleibens mit ihm ist. Diese neue Weise setzt aber voraus, die frühere Art der Beziehung, des menschlichen Umgangs miteinander loszulassen.

Und Maria Magdalena lässt los, wendet sich vom Grab ab und geht den Weg in die Verkündigung, zu der er sie gesandt hat. „In dieser Wende vollzieht sie selbst eine Auferstehung von der trauernd Suchenden zur Verkünderin der Osterbotschaft“ (Susanne Ruschmann, Maria von Magdala, Münster 2002, 164).
Maria Magdalena ist somit in der Ostererzählung des Johannesevangeliums nicht nur die Erste am Grab, die Erste, die dem Auferstandenen begegnet, sondern auch die Erste, die ihn bezeugt: „Ich habe den Herrn gesehen.“

So wie Maria Magdalena sollen auch wir, Jesus als dem Auferstandenen begegnen, auf ihn hören und ihn bezeugen.
Damit ist eine jede, ein jeder von uns gefragt.

Kehren wir also noch einmal zur Ausgangsfrage zurück: Ist Jesus auferstanden – oder ist er es nicht?
Der frühere Bamberger Generalvikar Alois Albrecht antwortet auf diese Frage:
„Wenn Dich einer fragt: glaubst Du an das leere Grab,
glaubst Du an das Ostern Jesu, seine Auferstehung
und sein Leben, dann sag nicht sofort Nein oder Ja.

Mach dir bewusst, dass ein Nein Dein Leben in die Enge treibt,
deren Schluss der Tod ist.
Und mach dir umgekehrt bewusst, dass Dein Ja Dein Leben in die Weite führt, deren Endpunkt Gott ist.

Vor wem willst Du stehen und wofür kannst Du leben?
Du kannst Dich für ein Nein entscheiden und zittern. –
Ich habe mich für ein Ja entschieden – und singe!“

Und an Gottes Barmherzigkeit niemals verzweifeln.
(RB 4,74)

Mit dem letzten Werkzeug der geistlichen Kunst gibt Benedikt den Grundton des gesamten Kapitels vor. Es hat sich ja eine Fülle von Werkzeugen und Anweisungen angesammelt, die alle zu befolgen sind. Das kann schnell überfordern. Im schlimmsten Fall könnte man an den vielen Weisungen, hinter denen wir zwangsläufig immer zurückbleiben werden, verzweifeln und die Flinte ins Korn werfen. „Das ist nichts für mich, ich schaffe das eh nicht.“

Benedikt betont mit dem letzten Werkzeug: Mach weiter. Bleib auf dem Weg. Verzweifele nicht an Gottes Barmherzigkeit. Er macht immer wieder einen neuen Anfang mit dir. Egal wie wenig du bisher verstanden hast, gib nicht auf.

Dass dieses letzte Werkzeug mit dem Osterfest zusammenfällt, halte ich für eine wunderbare Fügung. Denn genau darum geht es an Ostern. Gott macht einen neuen Anfang mit uns. Er ruft uns zu: Verzweifele nicht an meiner Barmherzigkeit! Gib nicht auf! Mach weiter! Oder, wie es Roger Schutz einmal sagte: Lebe das, was du vom Evangelium verstanden hast, und sei es noch so wenig – lebe es!

P. Maurus Runge OSB

Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien ein gesegnetes Osterfest!

von P. Matthias Skeb OSB

Liebe Schwestern und Brüder!

Als ich ein Student im ersten Semester war, erhielten wir einmal als Hausaufgabe den Auftrag, einen Aufsatz eines berühmten deutschen Philosophen zu lesen, der um 1800 in Berlin lebte: Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Der Titel des Aufsatzes lautete: „Wer denkt abstrakt?“. Wer denkt wohl schon abstrakt? Besonders die Philosophen selbst, Mathematiker, Physiker, Astronomen, Informatiker. Das dachte ich mir. Falsch gedacht! Hegel dachte an geistig ziemlich schlicht gestrickte Leute im Kleinbürgertum Berlins zu seiner Zeit, also an Leute, denen man spontan eine Abstraktionsleistung eigentlich nicht zutrauen würde. Wie das? Was er als Abstraktion bezeichnet, meint „übertriebene Vereinfachung“, Denken in Schablonen und Klischees, Absehen von der Vielgestaltigkeit der Wirklichkeit. Komplexe Wirklichkeit, handlich abgefüllt auf kleine Flaschen. Sprachlich drücke sich das aus in Formulierungen wie: „Das ist doch nichts anderes als…“ Einmal ehrlich: Wie häufig kommt uns das oder Ähnliches über die Lippen oder mindestens in den Sinn? Die Sichtweisen, das Verhalten eines anderen Menschen sind doch nichts anderes als dumm, gefährlich, hinterweltlerisch usw. Ähnlich schablonenhaft sagen wir: die Lehrer, die da oben auf dem Klosterberg, die Kirche, die Priester, die Wissenschaftler, die Politiker, das fehlerhafte Gesamtsystem „Katholische Kirche“, wie sich kürzlich ein typischer „Systemvertreter“ weit aus dem Fenster lehnte. Wenn wir heute häufig von angeblich „alternativlosen“ Entscheidungen, „alternativlosen“ Standpunkten, Forderungen oder Konsequenzen hören, die wir akzeptieren sollen, ist das eine moderne Version der gleichen geistigen Schlichtheit, die da sagt: „Das ist doch nichts anderes als…“ Je schlichter gedacht, desto lauter geäußert. Für das Osterevangelium gibt es diese billige Eindeutigkeit nicht, als ob es nur eine alternativlose Schlussfolgerung gäbe: Jesus ist nichts anderes als auferstanden, beziehungsweise: Jesus ist nichts anderes als tot.

Aber schauen wir genauer hin. Die Frauen also gehen nach dem Tod Jesu zur Beerdigungsroutine über und wollen den Leichnam salben, wie es üblich war. Da passiert etwas, was die Routine durchbricht. Das Grab ist offen, der Leichnam verschwunden; sie sind ratlos. Der Leichnam ist nicht mehr da, und von einem Auferstandenen ist weit und breit nichts zu sehen. Da zeigen sich unbekannte Männer in leuchtenden Gewändern und deuten die Abwesenheit Jesu als Zeichen: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Der Menschensohn ist auferstanden wie er selbst gesagt hat“; und wer ihn jetzt noch im Grab sucht, sucht das Leben am  falschen Ort. Dass diese Frauen mit einem Schlag zum Osterglauben gekommen wären, davon lesen wir nichts.  Ein erster Hinweis: Ostern feiern, heißt: Nicht zu vorschnellen Urteilen kommen, Deutungen offenlassen, die Ambivalenz der Situation und die Ratlosigkeit aushalten, und einen Rat annehmen: Suchen wir den Lebenden und das Leben nicht bei den Toten!
Was die Frauen berichten, nehmen die Apostel nicht ernst: Das kann doch gar nicht sein! Das hat es ja noch nie gegeben! Was die wohl gesehen haben? Besser sich nicht bewegen und erst einmal weitermachen wie immer. Wir kennen diese Form vom Behäbigkeit und Bräsigkeit, die sich nicht in Bewegung setzen will, auch wenn klar ist, dass man gescheitert ist: vor die Wand gelaufen, mit seinem Latein am Ende, abgewirtschaftet und ohne Zukunft. Den Lebenden bei den Toten suchen? Nur Petrus will das nicht, ausgerechnet Petrus. Er steht auf, geht zum Grab, sieht die Leinenbinden da liegen, nicht aber den Leichnam und geht erstaunt nach Hause. – Und immer noch keine Eindeutigkeit, noch immer kein Osteralleluja. Das ist der zweite Hinweis: Ostern feiern heißt: aufstehen, hinschauen, staunen können – und noch einmal: keine voreiligen Schlüsse ziehen. Am Ende zeigte sich der Auferstandene selbst, wo und wie er es wollte.

Das Evangelium verkündet uns die Osterbotschaft still, suchend und auch zweifelnd; es lässt ehrlichen Dialog zu. Es polarisiert nicht, schlägt keine Türen zu. Es drängt sich nicht auf. Es steht in wohltuendem Kontrast zu forsch und lauthals vorgetragenen alternativlosen Erklärungen, Folgerungen und Forderungen. Die Präsenz des Auferstanden geht den Jüngern erst nach und nach im Zeichen seiner Nicht-Präsenz auf.

Ich meine, auf die Rhetorik alternativloser Standpunkte zu verzichten, ist auch eine kluge Entscheidung, wenn es darum geht, Debatten und Auseinandersetzungen zu gestalten. Und davon gibt es zur Zeit viele. Wir sind in unserer Gesellschaft in der Gefahr, dass diese Debatten bei aller Scheinliberalität immer hysterischer, immer unduldsamer, immer manipulativer geführt werden. Uns wird über Medien und Netzwerke massiv und sehr effektiv eingetrichtert, was wir zu denken und zu wollen haben. Das gilt bisweilen auch für die Reformdiskussionen, die wir innerhalb der kath. Kirche führen – ganz egal, wie man persönlich nun zu einzelnen Inhalten steht. Nichts ist alternativlos. Leise Töne sind immer hilfreich, lautstarke Patentrezepte nie. Ich arbeite seit fast 20 Jahren als Theologieprofessor an einer Universität im europäischen Ausland, mit Studenten aus aller Herren Länder: meistens aufgeschlossenen, intelligenten, engagierten und aufrichtigen jungen Christinnen und Christen. Für diese Erfahrung bin ich sehr dankbar. Wenn mir in dieser Zeit eines klar geworden ist über unsere Katholische Kirche, dann das: Wir sind als Katholiken nicht Teil irgendwelcher lokaler Kirchentümer, sondern immer verwiesen auf die eine Weltkirche — mit ihren ganz unterschiedlichen Sichtweisen und Mentalitäten, die nicht einfach nur deshalb dumm, veraltet oder unreif sind, weil sie vielleicht von unseren  Lieblingsideen und speziellen deutschen Befindlichkeiten abweichen. Die Weltkirche ist das Korrektiv, das uns geschenkt ist, damit unser Denken nicht einseitg, selbstverliebt und provinziell wird. Hören wir also hin, was sie uns zu sagen hat, die Weltkirche! Wir selbst und unsere Positionen sind alles andere als alternativlos.

Wir lernen vom Osterevangelium auch, wo der richtige Ort ist, an dem jeder Einzelne von uns in dem, was ihn / sie bewegt, das Leben und den Lebenden suchen und finden kann: Hinhören auf andere und ihre Worte ernstnehmen, den geistigen Horizont erweitern, uns vortasten statt mit Patentlösungen aufwarten, leise Töne anschlagen, Türen offenhalten, selbst genau hinschauen wie Petrus und sich ein eigenes Bild machen, notfalls eingestehen, dass man nicht imstande ist, sich ein ernsthaftes eigenes Bild zu machen, und dann erst einmal schweigen und schließlich die Offenheit, die Anwesenheit des Auferstandenen im Zeichen seiner Abwesenheit zu suchen.

Das ist eine Frage der Einübung in die österliche Sichtweise des Lebens. Und wenn wir diese Haltungen unser ganzes Leben eingeübt haben, werden wir uns irgendwann vor dem Auferstandenen selbst einfinden, der am Ufer steht und uns zuruft: „Ich bin es, fürchtet Euch nicht!“. Amen.

von P. Maurus Runge OSB

„Stell dir vor, es ist Ostern, und keiner geht hin. Weil uns keiner mehr glaubt, dass wir der Fülle des Lebens verschrieben sind. Weil wir zwar das Leben schon vor der Geburt und am Ende mit Pathos verteidigen, aber zu wenig leidenschaftlich das lieben, was dazwischen – und zwar ziemlich bunt – ist, lebt und leben dürfen will.“

So schreibt es Markus Nolte, Chefredakteur der Münsteraner Kirchenzeitung Kirche+Leben und in unserer Abtei kein Unbekannter, in einem sorgenvoll-frommen Zwischenruf zur Karwoche. Und bringt damit ziemlich genau das auf den Punkt, was mich schon seit Wochen beschäftigt.

Wie können wir Ostern feiern, wenn die Zustände in Welt, Gesellschaft und Kirche der „Fülle des Lebens“ diametral entgegengesetzt sind?
Wie können wir vom Segen Gottes sprechen, der an Ostern so machtvoll erneuert wurde, wenn ein gefühlloser Machtapparat diesen Segen, diese Gutheißung der Schöpfung durch Gott selbst, an Bedingungen knüpfen will und ihn – welche Anmaßung – Menschen, die sich aufrichtig lieben, verweigert?
Wie können wir das Leben feiern, wenn unzähligen Menschen, die in der Kirche Opfer sexualisierter Gewalt wurden, so lange nicht zugehört wurde und ihnen damit zum wiederholten Mal das Leben verweigert wurde?
Wie können wir das Halleluja singen, wenn unzählige Menschen auf der ganzen Welt erkranken, oft mit immensen Spätfolgen, ja sogar sterben und der Politik anscheinend das wirtschaftliche Funktionieren wichtiger ist als die Sorge um die Schwachen?

Können wir angesichts dieser Ereignisse überhaupt ruhigen Gewissens Ostern feiern, das Wunder der Auferstehung, das Fest des Lebens? Ist es nicht ein Hohn, angesichts solcher Ereignisse von der Liebe zu sprechen, die den Tod besiegt hat? Müssen wir nicht vielmehr beim Karfreitag bleiben, beim Tod am Kreuz, beim Leiden so vieler unschuldiger Menschen? Oder einfach den Karsamstag aushalten, den Tag der Grabesruhe, des Schweigens? Ist nicht jedes Wort ein Wort zu viel?

Je lauter diese Gedanken in mir wurden, desto mehr drängte sich ein anderer Gedanke auf, der sich nicht zum Schweigen bringen ließ: Nein, gerade TROTZ der scheinbar aussichtslosen Lage der Kirche, TROTZ des unermesslichen Leids und TROTZ des katastrophalen Zustands unserer Welt dürfen wir gerade nicht verstummen. Noch nie war es wichtiger, die Botschaft des Lebens und der Auferstehung zu verkünden als heute. Nicht am Karfreitag und am Leid der Menschen vorbei. Auch Jesus ist mit den Wundmalen, den Zeichen seines Leidens, auferstanden. Er ist nicht als strahlender Held in die Wirklichkeit Gottes eingegangen, sondern als vermeintlich Gescheiterter am Kreuz. Wenn wir angesichts des Zustands unserer Welt und unserer Kirche schweigen würden, dann hätten die triumphiert, die alles beim Alten lassen möchten, ja dann hätten sie noch einmal über die Opfer von Gewalt und Tod triumphiert. Wir dürfen uns unsere Botschaft der Hoffnung nicht nehmen lassen.

Das Osterevangelium zeigt, dass die Botschaft der Auferstehung nicht plump und triumphalistisch daherkommt, sondern mitten durch das Leid der Menschen hindurchgeht und dabei die leisen Töne bevorzugt. Jesus ist nicht am Tod vorbei auferstanden, sondern mitten durch den Tod hindurch. Seine Wundmale bleiben. Maria von Magdala ist frühmorgens zum Grab gekommen, „als es noch dunkel war“. Sie ist nicht gekommen, um einem Lebenden zu begegnen, sondern um einen Toten zu salben. Petrus und Johannes haben nur die Zeichen des Todes gesehen, die Leinenbinden und das Schweißtuch – sie kehrten nach Hause zurück, ohne den Lebenden gesehen zu haben.

Und: es fließen Tränen. Maria darf weinen, sie darf all ihre Trauer herauslassen, muss sie nicht herunterschlucken. Die Trauer um den Verstorbenen, um all das Unrecht auf dieser Welt darf sein. Und in diese Trauer hinein geschieht Begegnung. Mitten in die Tränen, in das Leid hinein ruft Jesus sie beim Namen. Und er gibt Maria den Auftrag, die Botschaft des Lebens weiterzusagen, TROTZ des Leids Botin der Hoffnung zu sein. Maria schweigt nicht, sie leistet dem Unrecht und dem Leid Widerstand.

Ja, wir dürfen heute Ostern feiern. All dem Leid auf der Welt, all der physischen und psychischen Gewalt dürfen, ja müssen wir unser HALLELUJA entgegensingen. Den Geschichten des Todes und der Verzweiflung zum Trotz müssen wir die Geschichten des Lebens und der Hoffnung erzählen. Das HALLELUJA mag in diesem Jahr leiser erklingen, stiller – aber es wird erklingen.

Markus Nolte schreibt am Ende seines Zwischenrufs: „Diese Woche könnte alles ändern. Sie hat es schon einmal geschafft, mindestens. Stell dir vor.“

Die Kölner Rockband Brings hat in der letzten Karnevalssession ein Lied geschrieben, das für mich den Nerv dieser Zeit trifft. Sie ermutigt uns dazu, das ALAAF, den Kölschen Karnevalsruf, auch in diesem Jahr zu singen, „vielleicht ein bisschen stiller“. Sie ermutigt uns dazu, gegen die Verzweiflung anzusingen, „denn sonst sind wir verloren“. Sie ermutigt uns dazu, ein Licht anzuzünden gegen die Hoffnungslosigkeit und Angst unserer Zeit, so wie wir gestern die Osterkerze entzündet haben, die unser Bruder Justus in den Farben des Regenbogens gestaltet hat, DES Symbols der christlichen Hoffnung. Ich erlaube mir, den kölschen Ruf der Freude, das Alaaf (beim Helau wird es noch deutlicher) mit dem österlichen Ruf der Freude HALLELUJA zu übersetzen:

Sieht es auch so aus, als ginge die Welt gerade unter
Mach ein Licht an
Nichts bleibt, wie es war, alles drunter und drüber
Mach ein Licht an
Ein Licht für die Stadt
Und ein Licht für die Menschen
Denn wir glauben daran
Das Leben kehrt zurück

Und wir singen Halleluja, vielleicht ein wenig stiller
Und das, was mal war, kommt ganz bestimmt bald wieder
Komm, wir singen Halleluja, denn sonst sind wir verloren
Und wir singen ganz zart für ein besseres Morgen

Wie ein kleines Kind, das im Keller Angst hat
Mach ein Licht an
Doch wir kommen da durch, schau, es wird schon heller
Mach ein Licht an
Ein Licht für die Guten
Und ein Licht für die Schlechten
Ein Licht für die Krummen
Und für die Gerechten

Und ich singe Halleluja, vielleicht ein bisschen stiller
Und das, was mal war, kommt ganz bestimmt bald wieder…

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Tageslesung: Lk 24,1-12

Ostermorgen

Die Nacht wird hell wie der Tag sein, wie strahlendes Licht
Die Nacht
Das Licht
Die Sonne – Morgenrot
Maria Magdalena mit Tränen der Trauer in den Augen
In der Morgenstille macht sie sich auf zum Grab

Halleluja! Wer gleicht dem Herrn, unserem Gotte,
der oben thront in der Höhe?
Erhaben ist seine Herrlichkeit über alle Himmel.
Halleluja! Halleluja!

Im Spiegel.Glanz des Mondes erstrahlt die Morgenröte
Der Fels
Das Grab
Der Stein – Felsengrabstein
Wer wird den Stein wohl wegrollen
Ein Engel kam vom Himmel und wälzte den Stein weg

Halleluja! Tanze du Erde und frohlocke
Er hat sein Volk herausgeführt in Freude,
seine Erwählten in Jubel.
Halleluja! Halleluja!

Das Licht eines neuen Morgens über der Stadt
Der Stein
Das Grab
Das Licht – Licht.Glanz
Warum weinst du Maria aus Magdala? Wen suchst du?
Yeshua, meinen Herrn! Hast du ihn weggebracht? Wo liegt er?

Halleluja! Er hat meine Fesseln gelöst.
Mein Leben entriss er dem Tod:
So wandle ich vor Gott, im Lande der Lebendigen.
Halleluja! Halleluja!

Rosen erblühen im Morgenlicht am Grab im Felsen
Die Rose
Der Stein
Das Grab – Klarheit
Im Morgentau des ersten Tages hörst du: Maria!
Rabbuni! Meister! Die Tränen klären sich im Licht.
Fürchte Dich nicht! Er ist auferstanden!
Wahrhaft auferstanden! Halleluja! Er lebt! Amen.

Br. Benedikt Müller OSB

von Br. Anno Schütte OSB

„Da verließen sie das Grab und flohen; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemandem etwas davon; denn sie fürchteten sich.“ – Die gerade gehörten Verse bildeten ursprünglich den Schluss des Markusevangeliums. Erst deutlich nach der Erstverfassung fügten andere Autoren noch einige Verse an – sie berichten von verschiedenen Begegnungen mit dem auferstandenen Jesus.

Ursprünglich also am Ende: Schrecken, Entsetzen und eine Flucht – keine Freude über den auferstandenen Jesus, kein Alleluja und kein Osterjubel. Noch dazu erfüllen die drei Frauen nicht den Auftrag, den sie im Grab erhalten haben: Sie gehen nicht zu den Jüngern und Petrus und berichten ihnen nicht – schlimmer noch: „Sie sagten niemandem etwas davon.“

Dieses Ende ist ein unerwarteter Paukenschlag, den man später – wie erwähnt – dämpfte. Das lässt aufhorchen: Endet so ein Evangelium, eine frohe Botschaft? Das Evangelium von Markus ist das älteste – es steht Jesus am nächsten – das verleiht ihm besondere Qualität. Warum gibt Markus sein Evangelium so aus der Hand?

Wer als Leser oder Hörer am Ende des Evangeliums angekommen ist, hat erfahren wie dieser Jesus von Nazareth gelebt hat, was er getan hat, was ihm wichtig war, was er verkündete. Und er steht noch ganz unter dem Eindruck der brutalen Hinrichtung am Kreuz und der Grablegung – davon wurde direkt vorher berichtet.

Dieses mörderische Ende hatte Jesus selbst mehrfach angekündigt, was seine Jüngerschaft ignorierte – besonders Petrus hatte es heftig bestritten. Da überrascht es auch nicht, dass in der Katastrophe der Kreuzigung alle Jünger geflohen sind. Nur die drei Frauen aus seiner Bewegung – (Wo sind eigentlich die Männer?) – nur sie hatten zumindest aus der Ferne das furchtbare Geschehen beobachtet – sie stehen am Ende des Evangeliums im Mittelpunkt.

So tapfer die Drei auch sind, als sie in aller Frühe zum Grab Jesu aufbrechen – so liegen sie doch mehrfach daneben: Sie wollen den toten Jesus salben – doch dafür sind sie zu spät – Jesus ist schon begraben. Zudem hatte eine Frau ihn kurz zuvor bereits mit kostbarem Nardenöl gesalbt. — Dann der ausdrücklich sehr große Stein vor dem Grab – für die drei Frauen allein ein unverrückbares Hindernis. — Und schließlich suchen sie einen Toten – auch sie hatten der Ankündigung seiner Auferstehung keinen Glauben geschenkt. Ihre Realität wird vom offenen und leeren Grab mit dem jungen Mann darin zerstört. Und sein Auftrag, die Jünger zu Jesus nach Galiläa zu schicken, überfordert sie vollkommen, damit können sie überhaupt nicht umgehen.

An dieser Stelle legte Markus das Evangelium aus seiner Hand und lässt uns damit weiterleben – er legt es in unsere Hände. Sein markanter Schlusspunkt kann für uns ein weiterführender Doppelpunkt werden: Wenn die Frauen den Auftrag, den sie im Grab erhalten haben, nicht erfüllen, dann – so will er uns anbieten – ist es an uns, das zu tun. Wir sind dazu berufen, den Auftrag zu erfüllen, wir sollen nach Galiläa aufzubrechen, wir sollen Menschen von der Auferstehung Jesu, seinem Vorausgehen und seiner neuen Gegenwart berichten.

In Galiläa hatte alles mit Jesus begonnen, von dort waren sie mit ihm nach Jerusalem gezogen, dort war ihre Heimat und ihr Alltag. Dahin geht er ihnen – und uns – voraus, nicht nur geografisch geht es wieder dorthin hinab. Weil Jesus vorausgeht, bleiben alle in der Nachfolge. Galiläa steht für den Grund des Lebens, für Existentielles – so wie das Leben nun mal ist. Hier wird Jesus gegenwärtig, wenn Menschen in seinem Sinn leben – und was das bedeutet, ist am Ende des Evangeliums allen gesagt. Besonders den Gescheiterten gilt diese Zusage – ausdrücklich wird Petrus erwähnt, der mit der Verleugnung Jesu kürzlich vor der Kreuzigung so versagt hatte.

In einer Nacht haben auch wir uns hier versammelt. Ihr Dunkel steht auch für unser Inneres, das – einem Grab gleich – schon physisch dunkel ist. Unsere Seele kann sich verdunkeln, sie kann sich anfühlen wie ein Grab – mit schwerstem Stein verschlossen. Zweifel oder gar Verzweiflung bohren dann schmerzhaft in uns. Die Nacht ist auch bevorzugte Zeit des Bösen: Jesus war in einer Nacht verraten worden. Sie ist Raum entlarvender Nacktheit des Menschen – da hilft es nicht mehr, etwas zu machen oder gar sich vorzumachen. In diese existentielle Grabesnacht steigt Jesus hinab und Gott ganz in ihm um sie von innen her zu erleuchten. Auch wir können in uns einen Raum des Vertrauens, sogar persönlichster Intimität öffnen – Gottes Gegenwart will in uns aufgehen wie ein neuer Morgen. Das kann ganz zaghaft beginnen – so wie die eine kleine Flamme, die wir zu Beginn dieser Feier in die Kirche getragen haben. Sie ist auch ein Symbol der Verletzbarkeit des Menschen und seiner Rechte: Ein kleiner Stoß – und schon ist das Lebenslicht dahin. Enge und Angst treiben kleine und große Diktatoren – mitunter auch uns – sie urteilen und verurteilen, grenzen und löschen Leben aus – auch jetzt in dieser Nacht.

Das menschlich-göttliche Licht, das mit Jesus in diese Welt gekommen ist, wirbt – zart und schwach – um uns. Es will uns gewinnen und zeigt äußerlich, was wir alle im Innersten sind: Kinder und Geschwister des Lichtes. Diese kleine Flamme hat den ganzen Raum erfüllt! Als wir sie hereintrugen, war sie schon von überall her sichtbar. Schon physikalisch gilt: Nie löscht Dunkelheit das Licht – immer erhellt Licht die Dunkelheit – vielleicht schwach oder nur glimmend – aber doch existent. Es ist an uns, das Licht durch miteinander Teilen zu vermehren in eine ernsthaft gefährdete Welt.

Wie kraftvoll konkret und positiv verwandelnd das wirken kann, zeigt ein Rückblick in den Herbst 1989. Da standen unsere ostdeutschen Landsleute auf und protestierten für Reformen, Freiheit und Demokratie. Die Staatsmacht verweigerte den Dialog und ließ Polizei und Militär zur gewaltsamen Unterdrückung auffahren. Aus Kirchen heraus zogen die Menschen mit Kerzen in den Händen auf Straßen und Plätze. Kleine Kerzen dämpften die Wut, stärkten die Solidarität und stützten die Friedfertigkeit der Menschen. Sie selbst strahlten ruhige Souveränität aus und entspannten die aufgeheizte Lage, die zu einem Blutbad eskalieren konnte. – Später äußerte sich ein ehemaliger Staatsfunktionär dazu so: „Wir waren auf alles vorbereitet, nur nicht auf Kerzen.“

Die frohe Botschaft aus dieser Nacht ist: Tote Sackgassen können zu Lebenswegen aufbrechen – trotz allem. Sogar der Tod wird – von Gott her – zu einer Lebensgeburt. Dieses Wunder aller Wunder wurde in Jesu Auferweckung unüberbietbar offenbart – und sehr konkret kann dieses Wunder weitergehen. Das ist eine echte Zu-Mutung – wachsender Mut ist möglich, das ist auch ein Gebot unserer Würde. Jeder Mensch ist frei und deshalb verantwortlich – jeder Mensch kann anfangen, Teil der Wandlungsbewegung vom Tod zum Leben zu werden. Es beginnt mit ersten Schritten, so begann auch der Weg mit Jesus.

Der Auftrag aus dem Grab lautete: „Nun aber geht und sagt seinen Jüngern und dem Petrus: Er geht euch voraus nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat.“ Dieser Auftrag ist jetzt an uns gerichtet! Kurz und gut: Selbst aufbrechen, losgehen, auf Menschen zugehen, mit ihnen kommunizieren und offen sein für himmlische Überraschungen. Dann bietet uns das Leben irdische Lösungen an, die wir nicht für möglich hielten.

Das ist ein Grund zum Feiern in ein glänzendes Morgen hinein – bei Nacht fangen wir damit an – und alle sind eingeladen! Es wird – nein, es ist schon eine Freude – unbeschreiblich …

Schon vor einigen Wochen haben wir uns schweren Herzens dazu entschlossen, sowohl den traditionellen Osterkurs in einem Onlineformat anzubieten als auch von Gründonnerstag bis Ostersonntag, an den Tagen des Österlichen Triduum (der Feier von Leiden, Tod und Auferstehung Jesu) auf alle Präsenzgottesdienste zu verzichten. Bei steigenden Infektionszahlen in ganz Deutschland hätten wir nur sehr wenige Menschen zur Teilnahme an den Gottesdiensten zulassen können – mit Maskenpflicht, ohne Gesang und nur in einer sehr reduzierten Liturgie. Wir möchten aber unseren zahlreichen Freundinnen und Freunden dennoch die Möglichkeit bieten, die Kar- und Ostertage mit uns zu feiern und laden Sie daher ein, sich im Livestream mit uns zu verbinden und uns so nahe zu sein. Denn Ostern fällt nicht aus, egal an welchem Ort wir uns befinden, und die Gesundheit von Ihnen ist ein wichtiges Gut, das es gerade bei den neuen Variationen des Virus unbedingt zu schützen gilt.
Neben den üblichen Gottesdiensten an den Kar- und Ostertagen laden wir Sie auch zu Live-Videoimpulsen ein, die einige Brüder an diesen Tagen geben. Nachfolgend finden Sie eine Übersicht über alle Zeiten, die im Livestream zur Verfügung gestellt werden:

Karmittwoch – 31.03.2021
17.45  Konventamt und Vesper
19.40  Komplet
20.15  Einführung in die Feier der Kar- und Ostertage (P. Jonas)

Gründonnerstag – 01.04.2021
06.30  Trauermetten
09.00   Impuls (P. Jonas)
12.15  Mittagshore
15.00   Impuls (Br. Emmanuel)
17.30  Abendmahlsgottesdienst
20.15  Komplet
21.00   Ölbergstunde

Karfreitag – 02.04.2021
06.30  Trauermetten
09.00   Impuls (P. Jonas)
12.15  Mittagshore
15.00  Karfreitagsliturgie
19.00  Komplet
20.00   Orgelmeditation (P.Abraham)

Karsamstag – 03.04.2021
06.30  Trauermetten
09.00  Impuls (P. Jonas)
12.15  Mittagshore
15.00  Impuls (P. Maurus)
17.00  Vesper
21.00   Feier der Osternacht

Ostersonntag – 04.04.2021
10.30   Konventamt
13.00   Impuls und Verabschiedung (P. Jonas)

Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! (Joh 20,27)

Jesus lädt Thomas ein, seine Wunden zu berühren. Er lädt den ein, der an das Unglaubliche nicht glauben kann, weil es jeder menschlichen Erfahrung widerspricht, ihn zu berühren. Jesus lässt sich berühren.

In Coronazeiten bekommt dieses Evangelium der Begegnung des Auferstandenen mit dem Apostel Thomas eine ganz neue Sinnspitze. Undenkbar, dass in diesen Tagen jemand einen Mitmenschen dazu einlädt, ihn zu berühren. In Zeiten des Social Distancing ist körperliche Berührung gefährlich geworden, weil sie den Mindestabstand nicht einhält und die Gefahr einer Infektion vergrößert. „Distanz ist die neue Form von Zuneigung“, so hat es unsere Bundeskanzlerin am Beginn der Pandemie formuliert. Und sie hat zweifelsohne recht. Menschen, die mir etwas bedeuten und die ich schützen will, zu denen sollte ich in diesen Tagen auf Abstand gehen – so paradox das auch klingt und so schmerzhaft das sein mag. Zum Glück gibt es noch andere Wege der Berührung.

So spricht die Einladung Jesu an Thomas, seine Wunden zu berühren, vielleicht eine zutiefst menschliche Sehnsucht in uns an: die Sehnsucht nach Berührung, die Sehnsucht, umarmt zu werden und einem lieben Menschen auch körperlich nahe zu sein. Und vielleicht tröstet es uns, dass im Fortgang des Evangeliums von einer Berührung Jesu durch Thomas nicht die Rede ist, dass Thomas sein Glaubensbekenntnis – „Mein Herr und mein Gott“ – spricht, auch ohne Jesus körperlich zu berühren.

Es ist das Wesen menschlicher Sehnsucht, dass sie hier auf Erden unerfüllt bleibt. Und wenn sie – ansatzweise – Erfüllung findet, dann oft nur, um wieder neu, größer, anders aufzubrechen. Der Mensch ist das Wesen der Sehnsucht. „Alles beginnt mit der Sehnsucht“, schreibt die Dichterin Nelly Sachs. Vielleicht kann uns gerade das Unerfüllbare menschlicher Sehnsucht dazu antreiben, kreativ zu werden, Wege zu finden, die Distanz zwischen uns zu überwinden, Menschen nahe zu sein, auch wenn körperliche Nähe gerade nicht geboten ist. So ist das Evangelium gerade in unsere Zeit hinein geschrieben, für uns Jüngerinnen und Jünger „zweiter Hand“, die Jesus nicht mehr physisch berühren können, aber dennoch in seine Nähe eingeladen sind, damit auch wir einmal mit Thomas sagen können: „Mein Herr und mein Gott!“

P. Maurus Runge OSB

In den Klostern gibt es die Tradition der sog. „Laetiz“, was sich vom lateinischen Wort „Laetitia“ – Freude – ableitet. An Festtagen gab es früher ein besonderes Kaffeetrinken, wo die ganze Gemeinschaft in lockerer Runde zusammenkam. In Coronazeiten ist es gut, solche Traditionen wieder aufleben zu lassen. Und so haben Bruder Benedikt und Bruder Symeon den Konvent spontan am Nachmittag des Ostermontag zum Waffelessen ins Klosterrefektorium eingeladen. Wer schon einmal die Quarkwaffeln nach dem Rezept von Bruder Benedikt gekostet hat, wird bestätigen, dass es sich dabei wahrlich um ein himmlisches Vergnügen handelt, das sehr gut in die österliche Zeit der Freude über unsere Erlösung passt. Und weil das Klosterrektorium groß ist und nicht alle zur selben Zeit kamen, konnte auch ein angemessener Abstand zwischen den Mönchen eingehalten werden.

Vielen Dank an das Vorbereitungsteam für diese ganz besondere Osterfreude!

Bruder Symeon beim Waffelbacken

 

Die ersten Waffeln sehen schon gut aus.