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Eine Woche ist vergangen, seit am 7. Mai 2023 der Rücktritt unseres Abt em. Aloysius rechtskräftig wurde. Viele wohlwollende, mitfühlende, uns das begleitende Gebet versichernde Reaktionen haben uns erreicht. Dafür sind wir dankbar. Verbunden damit ist ein großes Interesse, wie es nun weitergeht.
Laut den Konstitutionen, dem Eigenrecht der Kongregation von St. Ottilien, zu der unsere Abtei gehört, gehen nach dem Freiwerden des äbtlichen Amtes alle Rechte und Vollmachten zur Leitung des Klosters an den Prior, bei uns P. Cosmas Hoffmann OSB, über. Seine Aufgaben sind es vor allem, gemeinsam mit dem Abtpräses den Tag der Abtswahl zu bestimmen, „die wenn möglich innerhalb eines Monats, mindestens aber binnen drei Monaten nach Freiwerden des Amtes stattfinden muss“. Ein Benediktinerkloster ist i.d.R. unabhängig und hat das Recht, den eigenen Oberen in einer freien und geheimen Wahl zu wählen. Sobald der genaue Termin feststeht, werden wir hier darüber informieren.

In der Zeit der Vakanz findet aber noch mehr statt. Bei einer Abtswahl geht es nicht nur um Personen, sondern mehr noch um die Frage, wie sich ein Kloster in der Zukunft aufstellen will, wo es seinen Standort in der heutigen kirchlichen und gesellschaftlichen Situation sieht. Wahlpropaganda ist nach kirchlichem Recht verboten, es gibt aber die Möglichkeit, sich in Treffen der Gemeinschaft miteinander über diese Fragen zu beraten und sich in Impulstagen u.U. externe Hilfe zu holen – bei einer der früheren Abtswahlen hatten wir z.B. den Personalchef eines großen wirtschaftlichen Unternehmens bei uns zu Gast, der etwas über heutige Führungsqualitäten in seinem Bereich erzählte – denn ein Kloster ist nicht nur eine geistliche Gemeinschaft, sondern ein Wirtschaftsbetrieb mit Werkstätten, Betrieben und vielen weltlichen Mitarbeitenden.

Die Wahl selber ist auch ein geistliches Geschehen. So beginnt der Tag der Wahl mit einer Eucharistiefeier, in der besonders um den Heiligen Geist gebetet wird, und bei der Wahl selbst legen alle wahlberechtigten Brüder ein Versprechen ab, das lautet: „Ich verspreche vor Gott, dass ich den wählen werde, den ich vor Gott glaube wählen zu sollen. So wahr mir Gott helfe und diese heiligen Evangelien.“ Und nach einer erfolgreichen Wahl legt der Gewählte zuerst ein Glaubensbekenntnis vor dem Wahlvorsitzenden und der Gemeinschaft ab. Der Neugewählte wird übrigens direkt nach der Wahl mit allen Rechten und Pflichten in sein Amt eingesetzt und der Öffentlichkeit vorgestellt – die einige Wochen später stattfindende Abtsbenediktion ist eine nachträgliche Segnung und Bestätigung des neuen Oberen der Gemeinschaft.

Wir bitten Sie auch weiterhin um Ihr Gebet für unsere Gemeinschaft in den kommenden Wochen.

Hier können Sie ein Interview im Domradio zur Zeit der Vakanz und der Wahl nachlesen (externer Link).

 

Am Abend des 12. April 2023 fand im AbteiForum der Abtei Königsmünster ein gut besuchtes Abteigespräch zum Synodalen Weg der Kirche in Deutschland statt. Unter der Fragestellung „Kirche im Aufbruch?“ diskutierte Prof. Dr. Gregor Maria Hoff mit den Teilnehmenden Geschichte, Themen und Debatten des Synodalen Weges, dessen erste Phase mit der Fünften Vollversammlung im März in Frankfurt zu Ende gegangen war.

Gregor Maria Hoff ist Professor für Fundamentaltheologie und Ökumenische Theologie an der Paris-Lodron-Universität Salzburg. Im Rahmen des Synodalen Weges war er tätig im Forum 1 „Macht und Gewaltenteilung“ und hat u.a. die „Frankfurter Erklärung: Für eine synodale Kirche“ initiiert. Zudem ist er Berater der DBK in der Glaubenskommission und der Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum. Für letzteres Thema ist er auch Berater der Päpstlichen Kommission.

Hoff betonte in seinem Vortrag zunächst noch einmal den Ausgangspunkt des Synodalen Weges: die MHG-Studie zu sexuellem Missbrauch im Raum der Kirche 2018, die auch dessen systemische Ursachen offengelegt hat, und die Beratungen der deutschen Bischöfe auf ihrer Frühjahrsvollversammlung 2019 in Lingen mit dem erklärten Willen, den katholischen Missbrauchskomplex zu durchbrechen. Gerade ein systemischer Schutzmechanismus, der sich besonders im Täter- und Institutionenschutz zeige, mache deutlich, dass wir neue Formen bräuchten, mit Macht umzugehen. Der synodale Ansatz habe versucht, eine neue Performance, wie kirchliche Macht praktisch ausgeübt werden soll, ins Spiel zu bringen. Ganz konkret wurde das in einer neuen Sitzordnung, die nicht auf Hierarchien zurückgeht, und in der Begrenzung der Redezeit für alle, Bischöfe wie Laien. Diese Performance habe etwas verändert – schon jetzt. Dahinter könnten wir nun nicht mehr zurück.

Prof. Dr. Gregor Maria Hoff

Ebenso ging Hoff auf die Skepsis ein, die dem Synodalen Weg von vielen Seiten entgegengebracht wurde. Da sei zunächst eine strukturelle Skepsis zu nennen hinsichtlich des kirchenrechtlichen Status dieses Konstruktes und evtl. falscher Erwartungen, die damit geschürt wurden. Hoff betonte den Charakter des Synodalen Weges als „Experiment“, der gleichsam eine „Nottaufe“ gewesen wäre. Viel hänge an einer freiwilligen Selbstbindung der Bischöfe. Weitere kritische Rückfragen beträfen die Angst vor einer „Protestantisierung“ und „Demokratisierung“, die Sorge, dass sich hier eine deutsche Nationalkirche herausbilde und den Versuch, strukturelle Reform und Spiritualität gegeneinander auszuspielen. In der Kritik des Wiener Theologen Jan-Heiner Tück spiegelten sich all diese kritischen Rückfragen, wenn dieser kommentiere, dass „eine Versammlung, in der die Bischöfe nur die eine Hälfte stellen und das gleiche Stimmrecht wie Laien besitzen, auf eine Halbierung der episkopalen Leitungskompetenz hinauslaufe“. Darauf erwiderte Hoff, dass die deutschen Bischöfe gerade von ihrer Lehr- und Leitungsmacht Gebrauch gemacht haben, als sie mit großer Mehrheit (es gab in Lingen keine Gegenstimme und nur vier Enthaltungen) dem Ansatz des Synodalen Weges zustimmten. Wer nun von einer „Halbierung der episkopalen Leitungskompetenz“ spreche, der stelle mit dieser Entscheidung der Bischöfe auch ihre apostolische Autorität in Frage.

Die Diskussionen auf dem Synodalen Weg haben nach Hoff neue Freiheitsspielräume eröffnet. Das werde besonders deutlich in der Reform des kirchlichen Arbeitsrechts, die in allen Bistümern umgesetzt sei. Hier sei es besonders der Bewegung „Out in Church“ zu verdanken, dass das Leiden von LGBTQ+-Menschen in und an der Kirche Gehör finden konnte. Es habe sich eine „glaubensbiographische Autorität“ herausgebildet, die in Statements u.a. der Trans*-Person Mara Klein deutlich wurde, die freimütig von ihrer biographischen Leidgeschichte in der Kirche erzählt hat. Auch der Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz wurde auf den Versammlungen immer wieder gehört – leider bis zum Ende ohne Stimmrecht, dafür im neugewählten Synodalen Ausschuss vertreten.

Auf den Vorwurf des „deutschen Sonderwegs“ bzw. der drohenden Abspaltung einer Nationalkirche ging Hoff mit Rückmeldungen aus der Weltkirche beim durch Papst Franziskus initiierten Synodalen Prozess auf weltkirchlicher Ebene ein. Hier zeige sich deutlich, dass die auf dem Synodalen Weg in Deutschland behandelten Themen keine deutschen Sonderthemen seien, sondern alle Regionen der Welt beträfen. Überall gebe es Kritik an Klerikalismus und Liturgie, an Missbrauchsaufarbeitung und fehlender Transparenz. Auch der Wunsch nach einer stärkeren Beteiligung von Laien werde überall geäußert, ebenso offene Fragen wie Sexualmoral, Zölibat und Frauenordination.

„Wie geht es weiter?“ So lautete eine Frage aus dem Publikum bei der folgenden Diskussion. Viel hänge natürlich von dem ab, wie der synodale Prozess auf weltkirchlicher Ebene gestaltet werde, so Hoff. Nichtsdestotrotz sei es wichtig, schon jetzt „Netzwerke des Glaubens“ zu schaffen und „Glaubensräume“ anzubieten für alle Menschen, auch für die, die in dieser Kirche keine Heimat mehr sähen. Hier hänge viel von den sog. „grassroots people“ ab, also von Menschen an der Basis der Kirche. Hoff erwähnte hier ausdrücklich Orte wie die OASE und das Haus der Stille der Abtei Königsmünster, die für viele Menschen solche Biotope des Glaubens seien.

Mit diesem Abend wollten wir die Reihe der Abteigespräche wieder aufnehmen. Wir sind dankbar für das große Interesse und die Beteiligung an der Diskussion. Gerade in der Bereitschaft, miteinander im Gespräch zu bleiben und auch unterschiedliche Positionen und Meinungen gelten zu lassen, zeigt sich, was Synodalität ausmacht. Wir danken Prof. Gregor Maria Hoff für seinen engagierten und lebendigen Vortrag!

Die Karwoche von Palmsonntag bis Ostersonntag wird auch als „Heilige Woche“ bezeichnet. In dieser Woche vergegenwärtigen wir uns die Ereignisse rund um Leiden, Tod und Auferstehung Jesu Christi. Der Name Karwoche leitet sich vom althochdeutschen Wort „Kara“ ab, was so viel „Trauer, Klage“ bedeutet. Wir laden herzlich zur Mitfeier der Gottesdienste in diesen Tagen ein. Eine Übersicht finden Sie hier. 

Die Karwoche beginnt mit einem ausdrucksstarken Zeichen. Nach dem Mittagessen am Samstag, den 1. April 2023, wird das große Triumphkreuz in der Abteikirche abgenommen und in den Kapitelsaal des Klosters gebracht. Nach einer alten Tradition werden in dieser Woche alle Kreuzesdarstellungen in den Kirchen verhüllt oder entfernt.

Am Palmsonntag, 2. April, beginnen wir um 9.30 Uhr mit dem Konventamt. Dazu versammeln wir uns auf dem Kirchplatz vor der Oase, wo das Evangelium vom Einzug Jesu in Jerusalem vorgelesen wird. Anschließend werden die Palmzweige gesegnet, und wir ziehen in die Abteikirche ein, wo wir die Passionsgeschichte, in diesem Jahr in der Version des Matthäusevangeliums hören. Die Mittagshore entfällt an diesem Tag.

Die ersten Tage der Karwoche (Montag bis Mittwoch) laufen in der normalen Tagesordnung ab. In den Lesungen des Konventamtes hören wir die ersten drei sog. „Gottesknechtslieder“ aus dem Propheten Jesaja, die auf das Schicksal Jesu von Nazaret hin gedeutet wurden. Am Mittwochabend reisen viele Gäste aus nah und fern an, die mit uns die Kar- und Ostertage verbringen. Wir freuen uns über das große Interesse, denn diese Tage sind ausgebucht – eine Anmeldung ist nur noch über die Warteliste möglich.

Am Gründonnerstag, 6. April, beginnt das sog. Österliche Triduum, die heiligen drei Tage vom Leiden, vom Tod und der Auferstehung Jesu. Diese Tage sind geprägt durch die sog. Trauermetten, die um 6.30 Uhr beginnen und in Psalmen, Lesungen und Gesängen die Passion Jesu zu deuten versuchen. In den Trauermetten werden auch die sog. Klagelieder des Propheten Jeremia gesungen, die in bewegender Weise das Schicksal Jerusalems besingen. Das Stundengebet ist in diesen Tagen reduziert (es entfallen z.B. die Hymnen und Lobpreisungen). Mit dem Abendmahlsgottesdienst um 17.30 Uhr beginnt das eigentliche Triduum. In diesem Gottesdienst nimmt der Abt nach dem Vorbild Jesu die Fußwaschung an einigen Mönchen und Gästen vor. Am Ende des Gottesdienstes wird der Altar abgeräumt und das Allerheiligste in die Sakramentskapelle ins Kloster gebracht. Von nun an schweigen die Glocken und die Orgel bis zum Gloriagesang der Osternacht.

Der Karfreitag, 7. April, ist geprägt von der Karfreitagsliturgie um 15.00 Uhr. Zur Todesstunde Jesu ziehen wir in Stille in die Abteikirche ein und gedenken in Schweigen des Todes Jesu, hören die Passionsgeschichte nach Johannes, verehren das Kreuz und beten in den „Großen Fürbitten“ in den Anliegen der Kirche und der Welt. Eine Kommunionfeier findet am Karfreitag wie auch am Karsamstag nicht statt.

Die Feier der Osternacht beginnt in diesem Jahr am Karsamstag, 8. April, um 21.00 Uhr. Vor der Kirche wird die große Osterkerze am Feuer entzündet als Symbol dafür, dass das Licht in dieser Nacht die Dunkelheit vertreibt. Mit dem dreimaligen Ruf „Lumen Christi – Licht Christi“ ziehen wir in die Kirche ein und hören das sog. „Exsultet“, das Lob der Osterkerze. „O glückliche Schuld, welch großen Erlöser hast du gefunden!“ So lautet ein Satz dieses Exsultet, das prägnant das Geheimnis dieser Nacht zusammenfasst. In vielen Lesungen lassen wir die gesamte Heilsgeschichte an uns vorüberziehen – von der Schöpfung über den Durchzug durch das Rote Meer, die Botschaft der Propheten bis hin zum Evangelium der Auferstehung, zu dem dann auch wieder das feierliche Halleluja erklingt, die Glocken läuten und der Organist alle Register zieht. An die Liturgie der Osternacht schließt sich ein großes Osterfest in der OASE ein, zu dem all unsere Gäste und Mitfeiernden eingeladen sind.

Am Ostersonntag, 9. April, ist das Festhochamt dann um 10.30 Uhr. Danach ziehen wir auf den Klosterfriedhof, um unseren Verstorbenen auf der anderen Seite der Kirche das Osterlicht zu bringen. Aber damit ist Ostern nicht zu Ende, denn in der Osteroktav feiern wir eine Woche lang das Hochfest der Auferstehung.

Wir wünschen Ihnen gesegnete Kar- und Ostertage und freuen uns, Sie bei uns begrüßen zu dürfen!

 

Am 21. März feiern die Benediktinerklöster das Hochfest des Transitus ihres Ordensvaters Benedikt, also seines Übergangs von diesem Leben in die Welt Gottes. Es ist eine gute Tradition, dass wir dieses Fest gemeinsam mit unserem Freundeskreis feiern, der an diesem Tag auch seine Jahreshauptversammlung abhält. Gastprediger war Pfr. Wolfgang Severin, Pfarrer an der Deutschen Gemeinde in Brüssel, der schon seit vielen Jahren mit Firmlingen in unser Kloster kommt. Wir danken ihm ganz herzlich für seine Worte, die wir im folgenden dokumentieren:

Ich weiß nicht, wie Sie ihn sich vorstellen, Ihren letzten Atemzug auf dieser Erde.
In einem Krankenhaus oder im Altersheim? Alleine oder von Ihren Liebsten umgeben? Bewusst oder unbemerkt im Schlaf?  Geplant von einer Sterbehilfeorganisation mit einer letzten Fahrt in die Schweiz und mit Ihrer Lieblingsmusik oder ohne jede Vorbereitung bei einem Unfall von einem Auto überfahren oder bei einem Flugzeugabsturz?

Oder vielleicht haben Sie es sich noch gar nicht vorgestellt oder, sobald der Gedanke dazu kam, ihn schnell weggedrückt: Steht noch nicht an, erst morgen oder übermorgen oder wenn es so weit ist, dann ist es noch früh genug.

Wie auch immer Sie es sich vorstellen, die wenigsten werden es sich so wünschen, wie es vom Hl. Benedikt berichtet wird.
Als er bemerkte, dass es auf das eigene Sterben zuging, so erzählt es die Heiligenlegende, ließ er sechs Tage vor seinem Tod sein Grab ausheben und bat am siebten Tag seine Mitbrüder, ihn in die Kapelle zu führen;
dort stand er, gestützt von ihnen mit einem letzten Gebet auf den Lippen, den Weg zum Himmel offen sehend, um dann seinen letzten Atemzug zu tun und hinüberzugehen in das Reich des Lichtes.

Als Pfarrer führe ich des Öfteren Gespräche über das Sterben, aber diese Version steht nie auf der Liste der Menschen. In der Regel wünschen wir uns, dass es schnell und für uns selbst möglichst unbemerkt gehen möge, einfach einschlafen und nicht wieder wach werden – so erhoffen es die Allermeisten.
Und verstehen Sie mich richtig:
Das ist ja auch nachvollziehbar.
Das Unangenehme möchten wir zur Seite schieben, es möglichst in den hintersten Winkel unseres Bewusstseins verstecken und dabei hoffend, dass, wenn es schon sein muss, es hoffentlich schnell vorübergeht – und was gibt es schon Unangenehmeres als den Tod. Wenn er schon unausweichlich ist, dann möge er es bitte kurz machen. Und er möge sich bitte nicht von weitem ankündigen, sondern lieber schnell und überraschend aus der Hecke springen.

Und doch: Sie werden es zugeben müssen. Unabhängig ob es beim Hl. Benedikt so war, wie es erzählt wird oder nicht, so hat diese Geschichte seines Todes doch etwas Faszinierendes an sich. Es fasziniert, dass dort offenbar jemand KEINE Angst vor dem da Kommenden hat, es fasziniert, dass der Heilige Schritt für Schritt seines Sterbens bewusst gehen konnte, nahezu planen konnte, es fasziniert, dass er dabei nicht in Trauer und Selbstmitleid verfiel, sondern zuversichtlich und hoffnungsvoll, voller Erwartung war.
Der Tod kontrollierte nicht ihn, sondern umgekehrt: Benedikt nahm ihm seine bedrohliche Kraft, indem er ihn annahm, gestaltete und als das sah, was er für ihn als tiefgläubiger Mensch war: Durchgang zu seiner Bestimmung, Übergang zur wahren Heimat, Vereinigung mit Gott.

Nun, werden Sie sagen, der war ja auch ein Heiliger. Da muss das so sein.
So ist das wohl.
Und dennoch wünschen wir uns doch selbst, etwas von dieser Lebens- und Todeseinstellung zu haben. Wir wünschten uns doch für uns selbst, nicht vor lauter Angst vor dem Tod ihn ständig zu verdrängen, um ihn am Ende doch siegen zu sehen, sondern ihm aufrecht und mit geradem Blick ins Auge zu sehen. Wir möchten menschenwürdig sterben, so sagen wir – und meinen damit, nicht einsam und alleine an einer Vielzahl von Schläuchen und piependen Maschinen angeschlossen, sondern der Würde eines Menschen entsprechend, menschenwürdig eben.
Was heißt das? Was ist eines Menschen würdig? Welches Sterben, welcher Tod, welches Leben?
Wir feiern ja in der Regel einen Heiligen nicht an seinem Geburtstag, sondern meistens an seinem Todestag, so auch heute hier, Jahr für Jahr. Wir feiern den Todestag des Hl. Benedikt, nicht seinen Geburtstag, nicht den Tag der Klostergründung in Montecassino, sondern den Tag seines Sterbens. Der Todestag ist der Dreh- und Angelpunkt, von dem aus wir die Vergangenheit eines Menschen, sein Leben also, betrachten und seine Zukunft, das also, was wir für ihn NACH seinem Tod erwarten.

Wir sagen, dass es neben ein paar anderen Dingen das Bewusstsein ist, dass uns als Menschen von den Tieren unterscheidet. Auch wenn man inzwischen feststellen konnte, dass auch manche Tierart eine Art von Bewusstsein hat, so wird es sich doch graduell von dem des Menschen unterscheiden. Auch wenn ein Tier sich – und damit wird untersucht, ob ein Tier ein Bewusstsein von sich selbst hat – in einem Spiegel erkennt, dann heißt das noch lange nicht, dass ein Schimpanse, ein Delphin oder ein Elefant sich des eigenen Sterbens bewusst ist.
Gegenwärtig sieht es so aus, als wäre das nach wie vor dem Menschen vorbehalten.
Ein Wissen zwar, auf das wir allermeistens verzichten möchten, aber es macht uns offenbar zum Menschen. Es entspricht der Würde des Menschen, von seinem Tod zu wissen. Es ist des Menschen würdig, diesem Wissen entsprechend zu leben und zu sterben, menschenwürdig eben.
Warum das so ist?
Vermutlich weil das ein in Kauf zu nehmendes Nebenprodukt menschlichen Bewusstseins ist.

Das Bewusstsein ist naturwissenschaftlich nach wie vor ein großes Rätsel.
Wir wissen zwar, dass wir es haben, es gibt Thesen darüber, wie es in unserem Gehirn entsteht, aber keine endgültige Sicherheit über seine Entstehung.

Religiös gesprochen aber könnte die Tatsache, dass wir von unserem Tod wissen, ein Fingerzeig Gottes sein, ein Fingerzeig auf ihn hin. Mal angenommen es wäre wirklich wahr, was wir als Christen glauben, nämlich dass nach dem Tod nicht das Nichts kommt, sondern das Leben in Gemeinschaft mit Gott, wenn das Leben nicht durch den Tod begrenzt wäre, sondern ewig wäre. Nur mal angenommen es wäre wirklich wahr, dass wir in Ewigkeit gar nicht sterben können, sondern der Tod nur vermeintlich wäre, nur ein Übergang in eine andere Form des Lebens, wäre es dann nicht sinnvoll, dass Gott uns daran erinnert?

Wir wissen vom Tod, weil er uns daran erinnert, dass wir nicht für das Leben auf der Erde bestimmt sind, sondern für das ewige bei Gott.

Wenn wir vom Tod nicht wüssten, wüssten wir nicht von Gott, wenn wir uns unseres Sterbens nicht bewusst wären, wären wir uns nicht des ewigen Lebens bewusst.

Der hl. Benedikt ist auch deswegen ein Heiliger geworden, weil er nicht nur vom Wesen des Lebens wusste, sondern auch vom Wesen des Todes.
Er erzählt uns mit seinem Leben UND seinem Sterben bis heute vom Sinn menschlicher Existenz. Er bezeugt, dass wir von Gott kommen und zu Gott gehen. Christen erahnen, dürfen glauben, dass sie aus der Ewigkeit in diese Welt geboren werden und mit dem Tod in die Ewigkeit zurückkehren, heimkehren.

In Todesanzeigen findet es sich leider nicht mehr sehr oft, aber früher war es gang und gäbe. Da hieß es immer:
Am soundsovielten ging der und der HEIM zu Gott. Man sprach von Heimkehr, vom Heimgang eines Menschen. Daraus sprach das Bewusstsein, dass die wahre Heimat des Menschen die ewige ist, nicht die vergängliche, nicht die Erde, sondern der Himmel.

Wenn das aber so ist, stellt sich doch automatisch die Frage, warum wir überhaupt hier sind? Warum leben wir? Warum nehmen wir nicht die Abkürzung und bleiben gleich in der Ewigkeit ohne Umweg über das doch oft beschwerliche Leben auf diesem Planeten? Warum?
Warum die Schmerzen der Geburt, das Auf und Ab der vielen Lebensstationen mit Glück und Unglück, mit Gesundheit und Krankheit, mit Liebe und mit Hass, mit Krieg und Frieden?
Genau darum!  Wir sind in der Welt, um in der Welt zu sein. Wir sind in der Welt, um in der Welt zu sein.

Wir alle wissen Dinge erst dann richtig zu schätzen, wenn sie vergangen sind. Erst wenn uns eine Krankheit erwischt, wissen wir unsere Gesundheit zu schätzen. Erst wenn eine Freundschaft aus irgendwelchen Gründen beendet wurde, wissen wir diese Freundschaft erst wirklich zu schätzen.
Erst wenn Krieg in der Welt ist, wissen wir den Frieden erst wirklich zu schätzen.
Und: Vielleicht lernen wir den Himmel erst richtig zu schätzen, wenn wir mal auf der Erde gelebt haben.

Gott ist die Liebe – so sagt es uns der 1. Johannesbrief. Gott ist die Liebe. Wenn wir also glauben können, von Gott zu kommen, dann kommen wir aus der Liebe, aus der tiefen Verbundenheit von allem, aus einer unbeschreiblich tiefen Einheit – und wenn wir glauben können, nach dem Tod wieder zu Gott zu gehen, dann glauben wir, wieder in diese tiefe Verbundenheit zurückzugehen.
Und dazwischen liegt das Leben hier, auf dieser Erde, hier in dieser Welt. Dazwischen liegen die Erfahrungen von Gesundheit und Krankheit, von Wut und Freude, von Trauer und Glück, von Hass und Liebe. Hier auf dieser Erde erleben wir, wie es ist, NICHT ständig in Liebe und in Verbundenheit mit Gott zu leben. Wir sind getrennt, voneinander und von ihm.
Aber das ist nicht die ganze Wahrheit des Menschen, der menschlichen Existenz: Innerlich sind wir immer noch miteinander und mit Gott verbunden- mit dem unzerstörbaren Band der Liebe.
Jesus sagt in einem Gebet in seinen Abschiedsreden im Johannesevangelium: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein; ich in ihnen und du in mir. Was für ein Satz: Ich in ihnen, Du in mir. Alle eins.
Hier beschreibt Jesus die Wirklichkeit der Existenz des Menschen.
In dieser Welt nur vergessen wir das viel zu oft – wir kommen ohne dieses Wissen, ohne diese Gewissheit der Einheit mit der ewigen Liebe auf diese Welt.
Unsere Aufgabe ist es, in diesem Leben Spuren dieser Einheit wiederzuentdecken. Uns daran zu erinnern, wer wir wirklich sind. Dabei hilft uns die Liebe.
Wenn Gott wirklich die Liebe ist, dann ist jede Erfahrung von Liebe eine Gotteserfahrung. Wenn Gott die Liebe ist, dann ist die Liebe Gott. Überall wo mir wirkliche Liebe begegnet, begegnet mir der wirkliche Gott.
Und wenn ich diese Spuren der ewigen Liebe entdeckt habe, entbrennt in mir die Sehnsucht nach dieser ewigen Liebe umso stärker.
Das ist es, was den Hl. Benedikt bewegt hat. Er hatte die Spuren Gottes in der Welt wiederentdeckt. Er ahnte und war gewiss, dass er aus der ewigen Liebe kam und wieder dorthin gehen würde. So wurde der Tod für ihn das Tor zum Leben. Er wusste, dass es unsere Aufgabe ist, uns gegenseitig zurück in die ewige Liebe, zu Gott hinzuführen.
Deswegen spricht mich das Bild vom aufrechtstehenden sterbenden Benedikt so an, aufrecht dem Licht entgegen, gestützt von seinen Brüdern, die ihrer Aufgabe entsprechend ihren Bruder Benedikt ins Licht führen.

Wir sind alle ohne jede Ausnahme in dieser Welt, um uns gegenseitig wieder ins Licht zu führen, uns auf die Spuren der Liebe aufmerksam zu machen, uns gegenseitig zu helfen, darin Gott zu erkennen und damit unser aller Existenz sinnvoll zu machen und zum Ziel zu führen.

Und Sie als Benediktinerkonvent sind und können uns allen damit besonders hilfreich sein. Sie haben Ihre Existenz so offensichtlich für uns alle an diesen Gott gehängt. Natürlich sind auch Sie nur Menschen, nicht heiliger als wir alle – das werden Sie mir hoffentlich verzeihen – aber sie ermöglichen uns mit Ihrer Existenz und Lebensweise einen Hinweis auf diesen Gott, der nicht so leicht zu übersehen ist. Sie teilen miteinander, versuchen sich gegenseitig mit Respekt und Liebe zu begegnen und vereinen sich im regelmäßigen Gebet mit Gott und heben Ihre Gemeinschaft auf eine andere Ebene – nämlich auf die unserer aller wahren Existenz. Und ob sie leben oder schon verstorben sind, Sie nehmen niemanden davon aus.

Mich beeindruckt vieles an der Symbolsprache Ihrer Kirche, aber eines im Hinblick auf Tod und Leben immer besonders – dass Sie als Konvent hier keinen Kreis, sondern einen Halbkreis bilden und der Halbkreis zum vollen Kreis durch die Gräber der Mitbrüder vollendet wird, die auf der anderen Seite der Apsis zu finden sind. Niemand ist ausgeschlossen, alle gehören zusammen, vereint durch den, der hier in unserer Mitte über unseren Köpfen hängt, der Auferstandene, der beide Ebenen, horizontale und vertikale, Erde und Himmel miteinander verbindet.
Was für ein Zeichen, was Sie hier verwalten und leben dürfen – und uns damit alle in dieser Stadt Meschede und darüber hinaus immer wieder daran erinnern, woher wir kommen und wohin wir gehen: aus der Ewigkeit und in die Ewigkeit. Davor muss niemandem angst und bange sein, aufrecht wie der Hl. Benedikt, gestützt von allen, die uns Brüder und Schwestern sind, können wir dem Ewigen entgegen gehen.
Danke für Ihr Zeugnis, liebe Brüder von Königsmünster.

Am heutigen „Throwback Thursday“ können wir auf ein wichtiges Datum unserer Geschichte zurückblicken. Denn genau heute vor 95 Jahren, am 2. März 1928, unterzeichnete der damalige Erzabt von St. Ottilien Norbert Weber OSB mit den Verantwortlichen der Stadt Meschede einen Vertrag, in dem sich die Missionsbenediktiner von St. Ottilien dazu verpflichteten, die damalige städtische Rektoratsschule zu übernehmen. Im Gegenzug haben sie von der Stadt Meschede das Grundstück auf dem sog. „Dünnefeld“ erhalten, auf dem noch heute die Abtei Königsmünster steht. Der 2. März gilt daher als Gründungstag von Königsmünster. Einige Wochen später kam P. Linus Leberle OSB, der Gründungsprior, mit neun weiteren Brüdern von Bayern ins Sauerland, um hier das klösterliche Leben zu beginnen. Sie kamen zunächst in einem Haus in der Steinstraße unter, bevor sie auf das Dünnefeld zogen und mit dem Bau des Klosters begannen.

Die ersten zehn Brüder vor dem Haus in der Steinstraße

Aber lassen wir P. Linus Leberle selbst sprechen. Im ersten Jahresbericht des Klosters Königsmünster schreibt er:

„Unter dem 14. Februar 1928 hat der hochwürdigste Herr Bischof Dr. Caspar Klein von Paderborn der Benediktinerniederlassung in Meschede in wohlwollender Weise die oberhirtliche Genehmigung erteilt. Am 2. März unterzeichnete der hoichwürdigste Herr Erzabt Dr. Norbert Weber OSB von St. Ottilien die mit der Stadt Meschede geschlossenen Verträge, und am 31. März in stiller Abendstunde zog der Schreiber dieser Zeilen, von Vater Erzabt mit den ersten Arbeiten der Neugründung betraut, in Meschede ein. […] Als provisorisches Heim hatte uns die Stadt ein Haus an der Steinstraße – das ehemalige Finanzamt – mit angebauter Kriegsbaracke 71 zur Verfügung gestellt. Aber da gab es viel zu richten, bis es einigermaßen wohnlich war. Als am 18. April in früher Morgenstunde der Heiland als erster Bewohner seinen Einzug hält, hatte man den Eindruck, sich auf einer recht primitiven Missionsstation zu befinden. Alles, was zur Feier der hl. Messe benötigt wurde, war geliehen mit Ausnahme des Tabernakels, und der war noch nicht bezahlt. Als der Priester zum Altare gehen wollte, merkte man, dass noch nicht einmal ein Zündholz im Hause war zum Anzünden der Kerzen.“

Bescheidene Anfänge, aus denen sich in nunmehr 95 Jahren eine große Klosteranlage mit Schule, Gästehäusern, AbteiForum und Werkstätten entwickelt hat. Und doch dreht sich auch heute noch alles um den damaligen „ersten Bewohner“, den König Jesus Christus, der bis heute innerste Motivation des Lebens der Mönche auf dem Klosterberg ist und es hoffentlich noch lange bleiben wird.

Villa Maria am Fuße der Pulverturmstraße, das erste Kloster auf dem Dünnefeld

Mit dem heutigen Aschermittwoch beginnt die vierzigtägige Vorbereitungszeit der Kirche auf das Osterfest. Der Tag hat seinen Namen von der Asche, mit der heute in den Gottesdiensten den Menschen ein Kreuz auf die Stirn gezeichnet wird. Dazu sagt der Priester entweder: „Gedenke, Mensch, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehrst“ oder „Kehre um, und glaube an das Evangelium!“. So will uns das Aschekreuz an unsere Sterblichkeit erinnern und uns zur Umkehr aufrufen, d.h., zu einer Änderung der Lebensperspektive, zur Neuausrichtung auf das Wesentliche im Leben. Die Asche wird übrigens dadurch gewonnen, dass die Palmzweige verbrannt werden, mit denen Christen an Palmsonntag Jesus Christus als König begrüßen. So schließt sich der Kreis des liturgischen Jahres.

In unserer Gemeinschaft halten wir es seit einigen Jahren so, dass wir die Vesper nicht öffentlich beten und sie mit einem Versöhnungsgottesdienst kombinieren, der von verschiedenen Mitbrüdern vorbereitet wird. Das lenkt den Blick auf unser persönliches und gemeinschaftliches Leben, auf Verletzungen, die wir einander im Alltag immer wieder zufügen und auf die Bereitschaft, miteinander neu anzufangen, die für jedes Gemeinschaftsleben unerlässlich ist. So gestärkt feiern wir dann miteinander Eucharistie und empfangen das Aschekreuz als sichtbares Zeichen dieses Neuanfangs, den auch Gott mit jedem von uns und mit unserer Gemeinschaft macht.

Dass die Fastenzeit für den heiligen Benedikt eine wichtige Zeit ist, erkennt man daran, dass er in seiner Mönchsregel dieser Zeit ein eigenes Kapitel widmet (vgl. RB 49). Er warnt vor allem vor übertriebenen Exzessen und betont, dass nur auf „etwas“ an Nahrung, an Schlaf, an Geschwätzigkeit verzichtet werden soll und dass mit dem Abt jeder persönliche Verzicht gut abgesprochen sein muss. Alles geschehe für Benedikt „in der Freude des Heiligen Geistes“ (RB 49,6) und in der Sehnsucht und freudigen Erwartung auf Ostern hin. In der klösterlichen Tagesordnung sieht Benedikt eine längere Zeit für die geistliche Lesung vor als sonst, und jeder soll dazu ein „Buch aus der Bibliothek“ (damit meint er die Bibliothek der Heiligen Schrift) erhalten, das er von Anfang bis Ende in dieser Zeit lesen soll. Diesen Gedanken greifen wir in diesem Jahr mit unseren Fastenimpulsen auf, in denen wir jeden Tag einen Vers des vierten Kapitels der Benediktsregel bedenken.

Wir wünschen Ihnen eine gesegnete Fastenzeit „in der Freude des Heiligen Geistes“!

Aufbrechen mit Maria – Lk 1,28-38 (Erwählung Mariens)

Wir brechen mit Maria auf.
Wir ziehen mit ihr los ins Ungewisse, ins Ungeschützte.
Was wusste sie denn schon, was auf sie zukommen würde, als sie ja sagte.
Das machte sie sprachlos.
Mein Gott noch mal, Du willst bei mir, bei uns sein – das ist unvorstellbar.
Wie soll das denn gehen?
Ist das nicht eine Zumutung?

Wir bauen wie sie auf den, der uns rief
auf die Zusicherung, dass Gott unwiderruflich zu uns hält,
wenn sein Sohn in uns empfangen wird, in uns wächst, geboren wird
in unser Leben eintritt und teilnehmen lässt an seiner Weite.
Seine Wahl fiel auf jeden von uns.

Wir sagen mit Maria Ja
zu seinem Ruf, uns auf den Weg zu machen
im Einsatz für die geschundene Schöpfung
im Kampf gegen Hass und Gewalt.

Sie ist unsere Gefährtin,
sie inspiriert uns, in allem demütig zu bleiben,
von uns selbst abzusehen und uns nicht so wichtig zu nehmen,
was auch immer kommen mag – que sera, sera… whatever will be, will be…
Sie braucht sich nicht zu fürchten.
Wir ziehen mit Maria los.

P. Johannes Sauerwald OSB

Auch der zweite Tag unseres Adventsmarktes ist gut gelungen. Es kamen viele Besucher:innen von vielen Orten auf den Klosterberg, um sich auf die Adventszeit einzustimmen. Ein besonderer Dank geht an unsere Mitarbeitenden und die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, ohne die wir diese beiden Tage so nicht hätten stemmen können. Ebenfalls danken möchten wir Herrn Peter Hunecke, Kirchenmusiker aus Belecke und Orgellehrer unseres P. Vincent für seine Orgelimprovisationen und natürlich den Schüler:innen der Chöre und Orchester des Gymnasiums der Benediktiner für das wunderbare Abschlusskonzert. Wir wünschen Ihnen allen eine gesegnete Adventszeit. Natürlich haben unsere Abteiläden in Olsberg und auf dem Klosterberg und die AbteiGaststätte weiterhin geöffnet. Herzlich willkommen!

 

In unserem „Gruß“ stellt unser Bibliothekar, P. Johannes, regelmäßig Bücher unserer klösterlichen Tischlesung vor. Passend zum 60. Jahrestag der Eröffnung des 2. Vatikanischen Konzils haben wir die Memoiren von Rembert Weakland, Abtprimas der Benediktiner in der unmittelbaren Nachkonzilszeit von 1967-77, vorgelesen. Seine Lebenserinnerungen sind vor kurzem in deutscher Übersetzung im Vier-Türme-Verlag erschienen und können in unserem Abteiladen bestellt werden:

Bei Tisch vorgelesen

Rembert Weakland: Leben zwischen Rissen. Erinnerungen eines Erzbischofs
Übersetzt von Heidi Rygh

Der frühere Abtprimas der Benediktiner von 1967-1977, Erzbischof von Milwaukee USA von 1977-2002, war eine „der profiliertesten Persönlichkeiten des nachkonziliaren Amerika“ (Biographia Benedictina). Er hat nach seinem Rücktritt als Erzbischof eine Biographie verfasst, die nach 13 Jahren in deutscher Übersetzung erschienen ist. Darin blickt er auf ein spannungsreiches Leben zurück. Er geht auch auf einen Skandal ein, der das Ende seiner kirchlichen Karriere bedeutete. Während seiner Kindheit in armen Verhältnissen einer Kleinstadt in Pennsylvania kam schon früh die musikalische Begabung zum Vorschein, die von seiner Mutter gefördert wurde. Im Jahre 1940 trat er in die von bayrischen Benediktinern gegründete Abtei St. Vincent ein. Dort lernte er den gregorianischen Choral kennen und lieben. Nach der Priesterweihe und Promotion in Musikwissenschaft wurde er 1963 zum Abt von St. Vincent und 4 Jahre später zum Abtprimas der weltweiten Benediktinerkonföderation gewählt. Was den Bericht über die 10-jährige Amtszeit (1967-1977) in Rom für uns heute so spannend macht, sind die Hintergrundinformationen über die damaligen Verhältnisse in der Kurie, Weaklands freundschaftliche Beziehung zu Papst Paul VI. und die Kämpfe um die Reform der Benediktinerklöster nach dem 2. Vatikanum. Ihm ging es vor allem darum, die benediktinischen Klöster zu besuchen und in ihrem Ringen um eine zeigemäße Erneuerung zu ermutigen. Als er dann zum Bischof von Milwaukee ernannt wurde, übernahm er eine schwierige Aufgabe. Die Beziehungen der US-amerikanischen Kirche zu Papst Johannes Paul II. und zu verschiedenen Kurienmitgliedern waren von Spannungen und Missverständnissen geprägt. Das zeigte sich z. B. vor allem bei Themen wie dem Verständnis der katholischen Sexualethik, Liturgiereform, Abtreibung, Betonung der kirchlichen Zentralgewalt in Rom, Homosexualität, Beteiligung von katholischen Laien am kirchlichen Leben. Dieses umfangreiche Buch liest sich zügig und macht nachdenklich. / js

Vier-Türme-Verlag Münsterschwarzach 2022
ISBN 978-3-7365-0425-7
638 Seiten, 36,00 EUR

Das II. Vatikanische Konzil, das vor 60 Jahren eröffnet worden ist, war das erste Konzil, auf dem die Kirche als Weltkirche präsent war. Und es hatte Auswirkungen nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt. Abt em. Siegfried Hertlein OSB, der von 1976 bis 2001 Abt der Abtei Ndanda in Tansania war, hat diese Auswirkungen miterlebt und mitgestaltet. P. Maurus hatte auf seiner Tansaniareise im August, die Gelegenheit, mit ihm darüber zu sprechen:

Auswirkungen des II. Vatikanischen Konzils auf die Kirche in Afrika am Beispiel der Abtei Ndanda

Das II. Vatikanische Konzil, das am 11. Oktober 1962 in Rom feierlich eröffnet wurde, war das erste Konzil, an dem die römisch-katholische Kirche zum ersten Mal als Weltkirche erfahrbar wurde. Bischöfe und Missionsobere aus der ganzen Welt kamen zusammen, um über grundlegende Fragen der Kirche zu beraten und zu guten Entscheidungen im Blick auf die Zukunft zu kommen. So hatte das II. Vatikanische Konzil nicht nur in Deutschland Auswirkungen, sondern auf der ganzen Welt – auch in den Gebieten, die den Missionsbenediktinern von St. Ottilien im heutigen Tansania anvertraut waren. Dort gab es die beiden großen Abteien Peramiho und Ndanda, die sog. Territorialabteien waren. Das bedeutet, dass der Abt dieser Gemeinschaften gleichzeitig Bischof über die Menschen in seinem „Territorium“ war. Peramiho und Ndanda bestanden damals ausschließlich aus deutschen und Schweizer Missionaren, an eine Aufnahme heimischer Kandidaten war noch nicht gedacht. Doch hatte sich in Liganga (heute: Hanga) einige Kilometer westlich von Peramiho schon eine Gemeinschaft afrikanischer Benediktiner gebildet, die versuchte, das benediktinische Mönchtum in die Kultur Afrikas zu inkulturieren. Gleichzeitig bildeten sich parallel zu den politischen Unabhängigkeitsbestrebungen in den Jahren nach dem Konzil die ersten Diözesen, die von einheimischen Bischöfen geleitet wurden. Damit war für die beiden großen Missionsabteien eine existentielle Frage verbunden, die das weitere Fortbestehen betraf: Werden wir als europäische Missionare noch gebraucht, oder sollen wir uns nicht zurückziehen und den Neuanfang einheimischen Kräften überlassen?

Einer, der diese Fragen hautnah erlebt und mitentschieden hat, ist Abt em. Siegfried Hertlein OSB, der von 1976 bis 2001 Abt von Ndanda war, der erste „einfache“ Abt ohne Bischofstitel. Heute lebt er mit über 90 Jahren geistig hellwach als ehrwürdiger „Mzee“ und Senior inmitten seiner Gemeinschaft und wird von den Mitbrüdern liebevoll „Baba Siegfried“ (Vater Siegfried) genannt. Er ist ursprünglich in die Abtei Münsterschwarzach eingetreten und hat nach seiner Profess 1956 und der Priesterweihe 1958 Missionswissenschaft bei P. Thomas Ohm OSB in Münster studiert und dieses Studium 1962 mit der Promotion abgeschlossen. Direkt im Anschluss wurde er im April 1962 als Missionar in die Abtei Ndanda ausgesandt, also ein halbes Jahr vor der Eröffnung des Konzils. Dort war er der Assistent von P. Alkuin Bundschuh und hat ihm beim Erstellen von Katechismen für die Grundschulen in Tansania geholfen. So kam er schon früh mit der Frage in Kontakt, wie der christliche Glaube an die junge afrikanische Generation auf eine Weise weitergegeben werden konnte, die für die Menschen dieses Kulturkreises verständlich ist. Im Zuge einer schweren Typhuserkrankung kehrte er 1966 nach Deutschland zurück und begann seine Habilitationsarbeit über das Thema: „Wege christlicher Verkündigung in den katholischen Missionsgebieten in Ostafrika in den letzten 100 Jahren“. Dazu kehrte er schon bald nach Tansania zurück, um ausgedehnte Feldstudien im ganzen Land zu betreiben. 1974 beendete er seine Habilitation und stand vor den Abschlussprüfungen, sodass ein Weg an einen missionstheologischen Lehrstuhl in Deutschland geebnet war. Doch dann geschah etwas, das seinem Leben eine unerwartete Wendung gab.

Anfang 1976 wurde Abtbischof Viktor Hälg von Ndanda während seines Heimaturlaubs von einem Auto erfasst und erlag seinen schweren Verletzungen. Am 5. Februar 1976 wurde P. Siegfried zu seinem Nachfolger als Abt gewählt und in einer bewusst einfach gehaltenen Feier in sein Amt eingeführt. Sein Wahlspruch entstammte dem Galaterbrief: „Einer trage des anderen Last!“ (Gal 6,2)

Abt Siegfried Hertlein OSB

Abt Siegfried wurde in einer Zeit zum Abt gewählt, in der es für die Gemeinschaft von Ndanda um die weitere Existenz ging. Die Frage im Zuge des II. Vatikanischen Konzils und der Gründung der afrikanischen Diözesen war: Werden die Missionare der Abtei noch gebraucht? Was kann ihre Aufgabe in der zukünftigen Ortskirche von Tansania sein? Eine Übernahme der Abtei Ndanda durch die afrikanischen Mönche von Hanga stand schon länger im Raum. Doch letztlich entschieden sich die Mönche von Hanga dagegen. Die Kultur und auch das Klima im trockenen Südosten waren zu verschieden vom Südwesten von Peramiho und Hanga. Es gab in dieser Zeit einige neue Gründungen der Gemeinschaft von Ndanda, die sich neue Missionsgebiete im Land suchte. So übernahmen die Missionare einige Pfarreien in der Diözese Mbulu im Norden des Landes – einer von ihnen war P. Magnus Lochbihler, der noch heute in der Pfarrei Gitting lebt und arbeitet. Diese Gründung trägt noch heute Früchte, da sich einige junge Männer aus diesem Gebiet der Gemeinschaft in Ndanda angeschlossen haben. Ein anderes Projekt war die Glaubensverkündigung unter den Massai in Handeni durch P. Odilo Hüppi und Sr. Karin Kraus, die dort Pionierarbeit leisteten. Auch in Sakharani, heute ein abhängiges Priorat von Ndanda, erschlossen sich neue Möglichkeiten der Verkündigung.

Abteikirche Ndanda

Doch die entscheidende Frage war noch nicht beantwortet: Soll die Abtei Ndanda weiterhin als Kloster fortbestehen? Und eng verbunden damit: Sollen einheimische afrikanische Kandidaten aufgenommen werden? Nach einem langen Entscheidungsprozess entschied sich die Gemeinschaft dafür, junge Afrikaner als Novizen aufzunehmen und sie von Anfang an in die Gemeinschaft zu integrieren. Ein eigenes Gebäude auf dem Gelände der Abtei, der sog. „Ursberg“, früher eine Landwirtschaftsschule, wurde als Noviziat eingerichtet und erfüllt bis heute diese Funktion. Am 1. Oktober 1989 wurden die ersten drei afrikanischen Postulanten aufgenommen, und 1995 konnte Br. Yohannes als erster Afrikaner seine feierliche Profess ablegen; heute ist er Subprior der Gemeinschaft. 2001 entschied sich Abt Siegfried, die Leitung der Gemeinschaft in jüngere Hände zu geben, und als sein Nachfolger wurde der damalige Novizenmeister, P. Dionys Lindenmaier, gewählt. 2015 hat sich der Kreis mit der Wahl des ersten afrikanischen Abtes, Placidus Mtunguja, geschlossen, und 2021 wählten die Mönche P. Christian Temu, der einige Jahre als Kongregationssekretär in St. Ottilien lebte und in seiner Person eine gute Verbindung zwischen Afrikanern und Europäern steht. All diese Entwicklungen hat Abt em. Siegfried initiiert und mitgestaltet.