Schlagwortarchiv für: Karsamstag

Nach einem Streit noch vor Sonnenuntergang zum Frieden zurückkehren.
(RB 4,73)

Was geschah am Karsamstag?
Was war, als Jesus tot war?

„Er selbst, Gott, hatte es durchlitten mit seinem Sohn. Ihn hatte die Angst geschüttelt, ihn hatten die Schmerzen gequält, er hatte mit dem Gekreuzigten nach Luft gerungen und geschrieen. Am eigenen Leib hatte er erfahren, was es heißt, einsam zu sein. (…)
Der Kampf war ausgestanden, und er hatte gewonnen. Ja, Gott hatte sich durchgesetzt. Anders als die Versucher es ihm nahelegten. Der Streit, der Zwiespalt, der Hass war besiegt. (…) So machte sich Gott daran, das Neue zu schaffen. (…)
‚Das soll die Keimzelle der neuen Wirklichkeit werden: Ich werde bei ihnen sein und sie werden bei mir sein. Ich kenne sie jetzt und sie werden mich sehen, wie ich bin. Die Liebe meines Sohnes wird uns verbinden.‘“

Worte aus dem (lesenswerten!) Büchlein von Hans Frör „Ich will von Gott erzählen wie von einem Menschen, den ich liebe“.

Sind diese Worte, sind Tod, Neuschöpfung und Auferstehung Jesu nicht Grund genug,
dass auch wir Frieden schließen?
Noch vor Sonnenuntergang – damit wir gut schlafen.

Vor allem aber vor dem neuen Sonnenaufgang der Liebe …

P. Guido Hügen OSB

Und er nahm ihn vom Kreuz, hüllte ihn in ein Leinentuch und legte ihn in ein Felsengrab, in dem noch niemand bestattet worden war. (Lk 23,53, ganze Tageslesung: Lk 23,50-56)

Der Leib des Herrn ruht im Grab, die Welt liegt in Dunkelheit.
Alles ist überstanden. Das Werk unserer Erlösung ist vollbracht. Jetzt sind wir Kinder Gottes, weil Jesus für uns gestorben ist und sein Tod uns losgekauft hat.
Empti enim estis pretio magno! (1 Kor 6,20)
Du und ich sind um einen hohen Preis erkauft worden.

…Nun ist alles still.
Die schreckliche Not ist endlich vorüber.
Ein tiefer Friede liegt um das einsame Grab. Es ist der Friede der Vollendung.
Der drinnen schläft, hat mit göttlicher Treue alles zu Ende gebracht, was der Vater ihm aufgetragen hatte.

Ich lade Sie ein, diese Stille, diese Ruhe am Grab – Grabesruhe – auszuhalten und die Sehnsucht nach der Ostersonne nicht zu vergessen.
…Und es ist uns, als wetterleuchte schon die nahende Osterherrlichkeit um den stillen Ort, so schreibt es Romano Guardini.

Benjamin Schmolck hat 1715 gedichtet: Ich gehe zu deinem Grabe, du großer Osterfürst, weil ich die Hoffnung habe, dass du mir zeigen wirst, wie ich kann fröhlich sterben und fröhlich auferstehn und mit des Himmels Erben ins Land des Lebens gehen.

+ Aloysius Althaus OSB

Es folgten aber die Frauen nach, die mit ihm gekommen waren aus Galiläa, und sahen das Grab und wie sein Leib hineingelegt wurde. Sie kehrten aber um und bereiteten wohlriechende Öle und Salben. Und den Sabbat über ruhten sie nach dem Gesetz. (Lk 23,55.56)

Der Karsamstag ist ein stiller Tag, ohne liturgische Feier. So steht es in den liturgischen Hinweisen für die Kartage. Ich selbst habe die Stille dieses Tages immer sehr intensiv, aber auch als sehr bedrückend empfunden. Voller Gespanntheit und Vorfreude wartete ich auf die Nacht zum Ostersonntag, wenn das Glockengeläut zum Gloria diese Karsamstagsstille endlich durchbrach und das Evangelium von Jesu Auferstehung am Ostermorgen wie die ersten zarten Lichtstrahlen des Sonnenaufgangs nach einer langen und dunklen, einsam durchwachten Nacht die Seele erhellten.

In diesem Jahr ist alles anders. Denn ich habe das Gefühl, dass der Karsamstag in diesem Jahr unendlich viel länger dauert. Ich sehe die Bilder der Särge in den italienischen Kirchen, die Bilder der leeren Städte, Plätze und Kirchen. Karsamstagsstille… und das schon seit Wochen. Und ein Ende ist noch nicht absehbar. Wie mag es wohl den Frauen aus Galiläa damals gegangen sein? Das Bereiten der Salben und Öle für die Salbung des Leichnams ist ein letzter Dienst am Verstorbenen. Ausdruck eines liebevollen Abschiednehmens und Zeichen der unverlierbaren Würde des Menschen, selbst wenn er wie ein Verbrecher am Kreuz hingerichtet wurde. Und wieder kommen mir die Bilder aus Italien in den Sinn… Die Militärfahrzeuge, die die Särge der Corona-Toten nachts zu den Krematorien fahren. Für viele Menschen ist ein liebevoller Abschied ihrer verstorbenen Eltern, Großeltern oder Kinder gar nicht mehr möglich gewesen. Ich erlebe diese ganze Zeit der Corona-Pandemie als einen einzigen Karsamstag. Aber mit der Angespanntheit und auch der Hoffnung, dass irgendwann alle Kirchenglocken diese Karsamstagsstille durchbrechen, die Menschen sich irgendwann wieder in die Arme nehmen können und das Evangelium von der Auferstehung der Toten hineingesungen wird in die Ängstlichkeit dieser Tage. Und dass, wie es gerade in dieser Zeit des Frühlings spürbar wird, die österliche Sonne der Hoffnung das Dunkel einer langen, durchwachten Nacht vertreibt.

Br. Vincent Grunwald OSB