Und der HERR wird durchs Meer der Angst gehen und die Wellen im Meer schlagen und alle Tiefen des Nils vertrocknen lassen. (aus Sacharja 10,1-12)
Das sind gewaltige Worte die wir heute hören, und sie sprechen dem Leser Mut zu, genauso wie sie einst dem Volk Israel Mut zugesprochen haben. Ich muss bei diesem Satz an das jüdische Volk auf ihrem Weg aus Ägypten denken. Auf ihrem Weg durch das Schilfmeer. Und ich musste an die Lesungen in der Osternacht denken, an das Buch Genesis, an den Weg des Mose und des Volkes Israel durch die Wüste. Eine Sehnsucht nach dem Frühling, jetzt, wo alles grau und dunkel ist.
Der Weg zu den beiden heiligen Nächten, Osternacht und Weihnacht, ist verwandter, als wir im ersten Moment meinen. Denn auch der Advent war einst eine Fastenzeit, und im Orthodoxen Christentum ist er das bis heute. Ein Weg durch die Wüste oder die Nacht, der uns zu einem Wendepunkt führt. Ganz wie die Natur ziehen sich im Advent die Lebenskräfte zurück, verschwinden aber nicht, und alles wird stiller. Und dann erwacht zu Weihnachten eine Kraft, die im Verborgenen wirkt, und die sich immer weiter potenziert. Und diese Kraft wird sich dann an Ostern entfalten.
Gerade jetzt, wo alles still wird, können wir erfahren, dass etwas Gewaltiges bei uns ist und dass wir ganz tief in uns gehalten werden. Dies gelingt nicht oft, aber der Advent bietet mit seinen Bedingungen eine gute Chance dazu, es zu erfahren. Eine Chance, die auch auf uns wartet, wenn wir in unserem Leben durch die Nacht oder die Meere unserer Angst gehen müssen.
Br. Balthasar Hartmann OSB