Impuls am Montag der Zweiten Adventswoche – Hl. Nikolaus (6.12.2021)
Tageslesung: Sacharja 5,1-11
Visionen begleiten uns immer wieder in unserem Leben. Einige sind hoffnungsvoll und geben Zuversicht, andere hingegen zeichnen dunkle Bilder unseres Lebens. So auch im fünften Kapitel der Schriften Sacharjas. Dort finden wir verschiedene Visionen, die sich unter anderem mit der Schuld der Menschen befassen. Da ist beispielsweise die sechste Vision „Die fliegende Schriftrolle“ (Sacharja 5,1ff.), die von einem Fluch erzählt, der die Menschen an ihre Untaten erinnern und auf ewig begleiten soll. Weitergeführt wird diese Erinnerung in der siebten Vision „Die Frau im Fass“. Ein Fass symbolisiert die Schuld der Menschen auf der Erde. In ihr sitzt eine Frau, die Ruchlosigkeit. Zwei Engel tragen sie in ihrem Fass in das Land Schinar, also in das alte Babylon, damit ihr dort ein Tempel gebaut wird. Ein Mahnmal der eigenen Schuld. Ein ganz schön dunkles und hoffnungsloses Bild für den Advent, oder etwa nicht? Mit Fässern und der Schuld ist es so eine Sache. In einer Nikolauslegende spielen drei Fässer eine wichtige Rolle:
„Es war an einem wunderschönen Tag im Winter. Bischof Nikolaus war auf der Reise von Myra nach Konstantinopel, um den Kaiser zu besuchen. Auf dieser Reise begleiteten ihn zwei Wächter der bischöflichen Gardisten. Nachdem sie nun fünf Tage geritten waren, kamen sie in ein kleines Dorf. Am Dorfbrunnen saßen drei Frauen und weinten. Nikolaus fragte die Frauen, warum sie denn so traurig wären? Die drei Frauen erkannten den im ganzen Land beliebten Bischof und baten Nikolaus, dass er ihnen helfen möge, ihre kleinen Söhne wiederzufinden. Was war passiert? Die Jungen waren spurlos im Wald verschwunden. Nikolaus dreht mit seinem Reiter um und zusammen mit den drei Müttern zogen sie durch die Straßen. Immer wieder riefen die Mütter die Namen der Kinder: „Timotheus, Markus, Johannes.“ Doch alles war vergebens! Weit und breit keine Antwort. Totenstille. Schließlich gelangten sie völlig erschöpft bei einer Waldwirtschaft an. Nikolaus und seine Begleiter gingen mit den Frauen hinein und baten um Essen und Nachtquartier. Nikolaus fragte den Wirt, ob er von den Knaben etwas gesehen oder gehört habe. Der Wirt wurde ganz rot im Gesicht und antworte mit einem schnellen „Nein!“ Bischof Nikolaus blieb hartnäckig und wiederholte noch zweimal seine Frage. Aber wie zuvor antwortete der Wirt mit einem „Nein!“, und dennoch verrieten seien Augen etwas Anderes. Immer wieder blickte er verlegen auf drei große Pökelfässer, die in einer Ecke der Wirtsstube standen. Nikolaus gefiel der Blick des Wirtes auf die Fässer gar nicht. Und so ging der heilige Mann und stellte sich vor die drei Pökelfässer. Nikolaus wurde sehr misstrauisch und betete zu Gott. Dann rief er: „Im Namen Christi: Timotheus, steh auf, Markus, steh auf, Johannes, steh auf“. Da kletterte aus jedem Fass ein Junge. Überglücklich fielen sie ihren Müttern um den Hals. Nikolaus aber dankte Gott für seine Güte.“
Br. Benedikt Müller OSB