Impuls an Silvester (31.12.2022)
Ankommen und Abschied nehmen
Erfüllung und Verheißung gehören einander. Und bezüglich des Inhaltes sind sie sogar gleichgeboren. Und doch scheinen sie sich oft so weit von einander zu entfernen, nimmt man einmal die Zeiträume, die sich zwischen Erfüllung und Verheißung auftun. Je umfassender die Verheißung, desto älter wird sie. Oft müssen die Herzen vieler Generationen sie reifen lassen, bis sich Erfüllung schenkt. Doch darin sind die Seelen der Menschen in der Tiefe verbunden. Jene Urverheißung, dass es gut sei und gut werde und die Sehnsucht nach Erfüllung im Grunde des Menschseins. Erfüllung meint dann nicht Dingliches, wie das Ansammeln von Gütern, das Horten von Erfolg oder jenes Vermessen der Welt, das wir Wissen nennen. Erfüllung meint hier mehr, als das Wort sagen kann. Es ist die Sehnsucht und das Bestreben, innerlich und äußerlich eins zu werden, die Widerstreite auszusöhnen. Erfüllung ist dann Heimkehr der entfremdeten Seele, Hoffnung der wandernden Weltzeit. Sie bleibt kostbar und flüchtig. Eben nicht zu machen, nicht zu halten, unerzeugt klopft sie zu ihrer Zeit an.
Erfüllung stellt sich von woandersher ein und ihre Mitte ist im Grunde Gebet des Herzens. Darin kann Erfüllung gelungene Zukunft ebenso einfordern wie geheilte Vergangenheit. Ihr letzter Ursprung ist das Gott-Mensch-Verhältnis vor aller Zeit. Sie kommt aus jener Ewigkeit und leitet uns fort dorthin. Übergang von Verheißung zu Erfüllung ist Augenblick. Auf unseren Zeitlinien nur ein Punkt – in unseren Herzen und Erleben Riesenräume – öffnen sich im Augenblick, der uns in uns die Tiefe, die Weite und die Fülle der Ewigkeit aufblitzen lässt.
Betrachtung der Zeit von Andreas Gryphius
Mein sind die Jahre nicht,
die mir die Zeit genommen;
mein sind die Jahre nicht,
die etwa möchten kommen;
der Augenblick ist mein,
und den nehm ich in Acht.
‚So ist der mein,
der Jahr und Ewigkeit gemacht.
P. Abraham Fischer OSB