Impuls am Donnerstag der Dritten Fastenwoche (16.3.2023)

Das eigene Tun und Lassen jederzeit überwachen.
Fest überzeugt sein, dass Gott überall auf uns schaut.
(RB 4,48-49)

Leider sind solche Verse, wie wir sie in den heutigen „Werkzeugen der geistlichen Kunst“ lesen, oft so verstanden worden, dass sie Menschen krank gemacht haben. „Ein Auge gibt’s, das alles sieht, auch wenn’s in tiefster Nacht geschieht“ – mit solch einem Satz ist unzähligen Kindern Angst vor einem Polizistengott gemacht worden, der auch kleinste Verfehlungen bestraft.

Ich verstehe diese beiden Werkzeuge eher in einem anderen Sinn: dass Gott auf mich schaut mit einem liebevollen, freimachenden Blick. Ein Blick, der mir etwas zutraut, der mir zutraut, etwas aus meinem Leben zu machen. Ein Blick, der auch dann noch mit liebevoller Geduld auf mir ruht, wenn ich mich verrannt habe. Unter so einem achtsamen Blick kann ich selbst achtsam werden auf das, was ich tue – und auf das, was ich unterlasse, z.B. einem Mitmenschen den liebevollen Blick Gottes zu verweigern. Oft sehen wir leider mehr die Fehler beim anderen als das Potential, was in jedem Menschen steckt.

Vielleicht können mich diese beiden Werkzeuge heute einmal dazu anregen, den liebevollen, geduldigen Blick Gottes einzuüben – auf mich selbst und auf meine Mitmenschen.

P. Maurus Runge OSB