Schlagwortarchiv für: Osterzeit

Impuls zu Spr 29, 1-18

Beim heute betrachteten Text des ökumenischen Bibelleseplans fällt mir der starke Dualismus auf, der diese Verse – genau wie bereits die Verse des vorhergehenden Kapitels – durchzieht: Auf der einen Seite steht der gerechte Mensch, auf der anderen Seite der Gottlose.

 

Am Beispiel von Vers 4:

Der Gerechte
Ein König gibt durch das Recht dem Land Bestand;

Der Gottlose:
aber wer nur Abgaben erhebt, zerstört es.

 

Als Leser dieser Bibelworte darf man sich womöglich fragen: Auf welcher Seite dieses Dualismus stehe ich? Und ganz ehrlich: So kategorisch, wie der biblische Autor es an dieser Stelle sieht, ist die Welt zum Glück nicht. Das merke ich in meinem eigenen Leben: Hier und dort handle ich richtig, an anderer Stelle bin ich mir meiner Fehler bewusst.

Und selbst diese Einsicht greift im Prinzip noch zu kurz! Am liebsten hätten wir schnelle Antworten, um unser Handeln – und das der Mitmenschen – in die Kategorien Richtig und Falsch bzw. Gut und Böse einordnen zu können. Das macht uns das Leben zwar einfacher, aber so neigen wir dazu, die Menschen mit einem sehr engen Blick in unsere eigenen Kategorien zu packen.

Die Welt ist aber nicht Schwarz oder Weiß, sondern es gibt viele verschiedene Farben: Sie ist bunt! Was für mich stimmig und gut erscheint, mag für jemand anderen der falsche Weg sein. (Das wird auch an den hier betrachteten Versen deutlich: Man beachte die Pädagogik, die in den Versen 15 und 17 als sinnvoll erachtet wird. In der Zeit, aus der der Text stammt, war diese Weise der Aufzucht von Kindern leider üblich, heute wissen die meisten Eltern es – Gott sei Dank – besser!)

Insofern denke ich, dass die Bibel an dieser Stelle zu kurz greift.

Gut ist also m. E. am vorliegenden Text: Er beabsichtigt, uns auf den richtigen Weg zu führen. Die Art und Weise, wie dies geschehen soll – nämlich kategorisch – entspricht aber nicht der Realität des Facettenreichtums menschlichen Lebens.

Als gläubiger Mensch kann ich sagen: Ja, es gibt eine absolute Wahrheit – nämlich Gott – aber es gibt so viele Wege zu dieser Wahrheit, wie es Menschen gibt!

 

Lassen wir den Menschen die Freiheit, ihren Weg zu Gott zu gehen!

Br. Josef Ellendorff OSB

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich lade Sie heute ein, die Schriftverse Sprüche 28, 12-28 vollständig zu lesen und in Ihrem Herzen zu erwägen.
Sicherlich finden wir uns in den einzelnen Inhalten wieder. Ich denke, der Schreiber möchte uns einen Spiegel vor Augen halten, damit wir unser Tun und Lassen überprüfen.
Ja, überprüfen und nicht den Zeigefinger erheben und von sich wegweisen, auf die Schwester, den Bruder.
Gerecht und Gottlos
Barmherzig und Unbarmherzig
Verstand und Unverstand
Treue und Untreue 

Fragen wir uns ehrlichen Herzens: Was sollte in mir gefestigt werden und wo benötige ich die Hilfe und den Beistand Gottes zur Umkehr, zur Kurskorrektur?

In einem Text von Henri J.M. Nouwen heißt es:
Vielleicht habe ich Gott nie Einlass in mein Inneres gewährt, damit er mir mein wahres Ich und mein Selbstverständnis geben konnte.
Aber wann wird Gott endlich all meine Abwehrstellungen durchbrechen, damit ich das nicht nur mit meinem Verstand, sondern mit meinem Herzen erkenne und vollziehe? 

Wir sind fast in der Mitte des Wonnemonats Mai angekommen. Vielleicht kann uns die Natur ein Vorbild sein. Das frische Grün, die Entfaltung der Natur. Das Leben regt sich. Die Schöpfung blüht erneut auf.
Ein Bild auch für mein Inneres.  Gewähre ich Gott Einlass, damit er mich berührt mit seinem Erbarmen, seiner Liebe, seinem Licht? Damit ER das aufbreche, was der Erneuerung bedarf?

Ich wünsche Ihnen einen Tag voller Licht und Wärme.
Ich wünsche Ihnen den Mut, sich von Gott berühren und beschenken zu lassen.
Ich wünsche Ihnen die Kraft, ihre Augen, Ohren und das Herz zu öffnen.

Mein Gebet begleitet Sie!

Ihr
+ Aloysius Althaus OSB

Impuls zu Spr 27,1-7

Gut gemeint sind die Schläge eines Freundes, trügerisch die Küsse eines Feindes. (Spr 27,6)

Die heutige Textstelle aus dem Buch der Sprichwörter hat einen direkten Bezug zum Gesetz des Mose, in dem es heißt: „Du sollst in deinem Herzen keinen Hass gegen deinen Bruder tragen. Weise deinen Mitbürger zurecht, so wirst du seinetwegen keine Sünde auf dich laden.“

Das Gesetz bestätigt also das Sprichwort, welches aussagt, „die Schläge eines Freundes sind gut gemeint“ und wird vom andern Ende aus erweitert durch die Aussage: „Trügerisch [hingegen sind] die Küsse eines Feindes“.

Es wird also mit Nachdruck vermittelt: Die gut gemeinte Zurechtweisung eines Nächsten (selbst wenn sie sich wie ein Schlag anfühlt) ist keine Sünde:
Besser offener Tadel als Liebe, die sich nicht zeigt. (Vers 5)

Die Schrift fordert uns heute dazu auf, kritikfähig, oder um es mit dem Wort des 5. Verses zu sagen, offen zu bleiben, auch wenn wir vielleicht schon einiges an Erfahrung gesammelt haben und meinen, bereits gesättigt zu sein durch unser Wissen.

Doch
Wer satt ist, will auch den besten Honig nicht mehr sehen; dem Hungrigen aber schmeckt sogar das Bittere süß. (Vers 7)

Ich glaube fest, dass wir tief im Innern alle noch hungrig sind, dass wir nur oft müde und gemütlich, vielleicht sogar ängstlich geworden sind, unseren Hunger mit Neuem zu stillen; stattdessen greifen wir auf die bewährten Mittel zurück, wir verkriechen uns – das verschafft uns ein Gefühl von Sicherheit und bestätigt ein anderes Sprichwort: „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht.“ Doch trauen wir uns auch, das Bittere zu kosten! Lassen wir uns doch auch mal von anderen etwas sagen – besonders von denen, deren Meinung zu teilen uns manchmal schwer fällt.

Nur wenn wir kritikfähig, offen, ja hungrig bleiben, ganz gleich, wie viel wir schon zu wissen glauben, eröffnet sich das Potenzial, dass Bitteres süß wird und dass Liebe sich zeigt.

Br. Jonathan von Holst OSB

von Br. Balthasar Hartmann OSB

Liebe Schwestern und Brüder,

vielleicht kennen sie ja auch diese berühmte Filmszene.
Ein Mann, gerade frisch verliebt, tanzt vor Glück durch das nächtliche Hollywood, und das auch noch bei starkem Regen. Der Himmel weint, aber er ist glücklich und verschenkt seinen Regenschirm.
Sie stammt, vielleicht haben Sie es ja schon erraten, aus dem Musical-Klassiker „Singing in the Rain“ aus dem Jahr 1952.
Ein liebenswertes Musical mit beschwingten Songs, voller Witz und Charme und Hoffnung. Wunderbarstes Technicolor-Kino. Wir sehen Gene Kelly, wie er im strömenden Regen singt und steppt und tanzt, und dabei immer leichter wird.

I am singing in the Rain
Ich singe im Regen
Singe einfach nur im Regen
Was für ein wundervolles Gefühl
Ich bin wieder glücklich

Ich lache die Wolken aus
So dunkel und drohend dort oben über mir
Die Sonne ist in meinem Herzen
Und ich bin bereit für die Liebe

Die Zeit, in der der Film in Amerika in die Kinos kam, war keine leichte Zeit. Es herrschte der kalte Krieg, die USA waren im Korea-Krieg, und die Welt stand mal wieder am Abgrund.
Und auch im Film selbst geht es um eine Krise. Er spielt in den Jahren des frühen Hollywood. Das Kino steht vor einem großen Umbruch, und niemand weiß so recht, wie es weitergehen wird. Der Stummfilm wird durch den Tonfilm verdrängt, und viele Menschen in der Filmbranche müssen um ihre Existenz bangen.

Auch das heutige Evangelium handelt von einer Umbruchszeit.
Es ist eine Abschiedsrede von Jesus an seine Jünger und Jüngerinnen.
In mehreren Abschnitten teilt er ihnen sein Vermächtnis mit, für die Zeit, wenn er nicht mehr bei ihnen sein wird.
Der Abschied liegt in der Luft, aber für die Jünger ist er noch nicht begreifbar. Auch hier ist die Unsicherheit zu spüren.

Im heutigen Teil des Evangeliums steht die Liebe im Mittelpunkt und wird von Jesus als das wesentlichste Gebot benannt, an das man sich halten soll.
Ein Freund verabschiedet sich von seinen Freunden und gibt ihnen das mit: „Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe!“
In den vergangenen Monaten haben viele von uns erleben müssen, wie es sich anfühlt, wenn wir von einem Menschen auf Zeit oder sogar für immer Abschied nehmen müssen. Eigentlich kurze Entfernungen wurden durch Kontaktbeschränkungen zu unüberwindbaren Mauern, Menschen sind gestorben, ohne dass wir sie noch einmal sehen konnten. Über drei Millionen Menschen sind bisher weltweit an Covid19 verstorben, unzählige erkrankt.
Wir alle haben erlebt, wie wichtig uns die Nähe, der Kontakt zu anderen Menschen ist, besonders zu denen, die wir lieben. Wir haben gemerkt, wie uns Nähe oder Geselligkeit fehlen. Auch hier eine Zeit mit vielen Brüchen und Umbrüchen, Abgründen und Ängsten. Eine Zeit, in der wir viel über unser Lieben erfahren haben.

Wir wünschen uns alle so sehr, dass diese unsichere Zeit bald zu Ende sein wird. Jeder hat einen Traum vom Ende dieser Pandemie, und was er dann machen wird.
Trotz so mancher dunklen Wolke am Himmel macht uns gerade jetzt der Frühling wieder Hoffnung.
Denn da wo dunkle Wolken zu sehen sind, da kann es auch regnen, und dieser Regen kann neues Leben bringen.
Ein englisches Sprichwort sagt: No rain, no rainbow.
Wo kein Regen ist, da gibt es keinen Regenbogen.
Tränen können heilsam sein, und der Regenbogen ist das Zeichen des Neuanfangs und der Verbundenheit.

Der Monat Mai steht besonders für dieses Aufblühen des neuen Lebens und für die Hoffnung des sichtbaren Neubeginns, und er wird nicht ohne Grund auch als der Monat der Liebenden bezeichnet. Erich Kästner nannte ihn einmal den Mozart der Monate.
Gerade jetzt im Monat Marias können wir besonders erleben, wie groß die Kraft des Neuerblühens ist.
Über Nacht ist alles grün und blüht. Die Natur tanzt, oder wie es der Mystiker Thomas Merton sagt: Der Kosmos
tanzt.
Das Leben wird in der Natur überall sichtbar, und in seiner Schönheit erfahren auch wir, dass unser Ursprung aus der gleichen göttlichen Kraft stammt. Wir alle sind eine Schöpfung aus Liebe, und dieser Ursprung ist unser Anfang und Ende. Wenn wir den Kosmos tanzen sehen, dann sehen wir Gott tanzen.
Wir wissen nicht, warum es die Abgründe im Leben gibt, die schmerzlichen Umbrüche, aber wir haben in den Wochen seit Ostern erlebt, dass es die Gewissheit gibt, dass Jesus sich für uns hingeben hat und in unsere Abgründe hinabgestiegen ist, und dass aus dem Abgrund des Todes seine Auferstehung gewachsen ist.
Wir durften glauben lernen, indem er uns in seine Wunden fassen ließ.
Das Geschenk seiner Liebe, das Geschenk seiner Freundschaft ist zum lebenspendenden Regen, zum Segen für uns alle geworden.
Für die, die gegangen sind, für die Hiergebliebenen, und für die, die kommen werden.

„Nicht ihr habt mich erwählt,
sondern ich habe euch erwählt
und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt
und dass eure Frucht bleibt.“

Über Psalm 1 – Die Frage „Wo verwurzele ich mich?“ als Schlüssel für das Psalmenlesen

„Wohl dem Mann, der…!“ Ein grandioser Eröffnungstext für eines der wirkmächtigsten Bücher der Heiligen Schriften Israels, sowohl im Judentum wie auch im Christentum, für das Buch der Psalmen. In beiden religiösen Traditionen, die sich auf diese antike Religion berufen, haben die Psalmen als tehilim, als Preisungen im liturgischen Gebetsleben einen festen Platz.

In den ersten beiden Psalmen wird dem Leser quasi eine Brille angeboten, die es ihm ermöglicht, das, was folgt, deutend zu verstehen. Beide bilden gleichzeitig auch den Auftakt zum sogenannten „Davidpsalter“, den Texten (Ps 1-41), die dem großen König Israels selbst zugeschrieben werden. Psalm 2, ein Königspsalm, ist im Christentum sehr bekannt, da er – ein altorientalisches Krönungsritual schildernd, in welchem der neue Herrscher zum Sohn des höchsten Landesgottes adoptiert wird und so Macht über seine Feinde bekommt – auf Jesus aus Nazareth als den Christus gedeutet wird, was nichts anderes als Messias heißt, ein weiterer altorientalischer Königstitel („Gesalbter“). „Mein Sohn bist du, heute habe ich dich gezeugt!“ sagt JHWH. Ganz in altorientalischer Natur wird hier von dem Sieg über Feinde gesprochen. Man wird an das ägyptische Motiv der „Erschlagung des Feindes“ erinnert, wie es auf vielen Tempelwänden noch heute von Touristen bewundert wird.

Psalm 1 scheint hier einen ganz anderen, moderneren Ton anzuschlagen. Das wunderschöne Bild vom Baum, „der gepflanzt ist an Wasserbächen“ (Ps 1,3), wirkt sehr idyllisch. Aber auch hier trifft der Leser auf die Zweiteilung vom Gerechten und den Frevlern. Die Frevler sind (in alttestamentlicher Sprache) Personen, die sich gegen JHWH auflehnen und seinen Bund brechen (vgl. auch Ps 2,2). Das macht sie zu „Spreu, die der Wind verstreut“ (Ps 1,4b). Sie haben keine Standfestigkeit, sondern werden von allen möglichen Einflüssen hin und her geworfen. Alles, was sie vorhaben, können sie nicht umsetzen. Es sind nichtige Pläne.

Der zentrale Fokus des ersten Psalms liegt jedoch auf dem Mann, der so überschwänglich gepriesen wird. „Wohl dem Mann, der (…) hat Lust an der torah JHWHs und sinnt über seine torah am Tag und in der Nacht.“ Hier wird ein messianisches Idealbild gezeichnet. Vor allem anderen, auch der königlichen Bedeutung und seiner Macht in Ps 2, steht die Beziehung zum Bund. Nicht Aktionismus und Planen sind entscheidend, sondern eine tiefe Verwurzelung in Gott, die in einer ständigen Suche nach ihm und in der Freude an seinem Bund sich zeigt. „Schau dir die anderen an! Korrigiere sie und sag ihnen, wie es sein soll!“ wird hier nicht gesagt, sondern „Verwurzele dich selbst, suche deine Beziehung zu JHWH, der mit dir einen Bund geschlossen hat, und denke nach über eben diesen Bund, den er nicht allein mit dir, sondern noch mit vielen anderen geschlossen hat, deinen Brüdern und Schwestern.“

So wird die Lesebrille deutlich, die alles andere erschließt: Es geht, spirituell gelesen, um ein Durchleben dieser Beziehung zu Gott, um ein Durch-Lieben, manchmal auch ein Durch-Kämpfen. Manchmal wird da zugesagt: „Mein Kind bist du!“, und manchmal tönt nur der Schrei: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Ps 22,2)

Hier liegt dann auch der Schlüssel für die Stellen, die für uns heutige Menschen verstörend sind, weil sie einem ganz anderen Kulturkreis angehören. Die altorientalische Sprache und Bildsymbolik wird aufgenommen, weil es die Sprache dieser Zeit ist. Sie kennt keine andere, und wir heute verstehen vieles vielleicht auch nicht mehr. Nicht einfach ausklammern, sondern sie aus einem ganz bestimmten Blickwinkel lesen und deuten. Heilige Schrift ist Gotteswort „durch Menschen nach Menschenart gesprochen hat“ (DV 12), wie es das Zweite Vatikanische Konzil bezeichnet. Ein Text darf auch in seiner Fremdheit und seiner heute abstoßenden Sprache bestehen. Dies ist ein Bestandteil des Durchlebens der Beziehung und ihr Ausdruck, da darf auch mal geflucht werden. Das Durchleben lässt sich gut mystisch als Tanz verstehen. Es ist nicht statisch, sondern dynamisch. Es muss nicht immer alles rosarot sein, das wäre ein Verkennen der menschlichen Wirklichkeit. Aber wenn man sich verwurzelt in der Beziehung zu Gott und seinem Bund, wozu uns Psalm 1 aufruft, dann darf man auch hoffen, dass man „seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter nicht verwelken.“ (Ps 1,3) Dies erfordert aber auch eine ständige Rückkehr zur torah, zum Nachsinnen über Gottes Bund und ein Ausrichten an ihm. Benediktinisch gesprochen: stabilitas, Beständigkeit.

Br. Symeon Müller OSB

Impuls zu Spr 26,1-17: Da ist Hopfen und Malz verloren

Wie Schnee im Sommer und Regen zur Erntezeit, so unpassend ist Ehre für einen Toren.
Wie der Spatz wegflattert und die Schwalbe davonfliegt, so ist ein unverdienter Fluch; er trifft nicht ein.
Dem Pferd die Peitsche, dem Esel den Zaum, dem Rücken der Toren den Stock.
Antworte dem Toren nicht, wie es seine Dummheit verdient, damit nicht auch du ihm gleich wirst!
Antworte dem Toren, wie es seine Dummheit verdient, damit er sich nicht einbildet, ein Weiser zu sein!
Die Füße haut sich ab, Schaden muss leiden, wer Botschaft sendet durch einen Toren.
Schlaff wie die Schenkel des Lahmen ist ein Weisheitsspruch im Mund der Toren.
Den Stein bindet in der Schleuder fest, wer einem Toren Ehre erweist.
Ein Dornzweig geriet in die Hand eines Betrunkenen: ein Weisheitsspruch in den Mund der Toren.
Ein Schütze, der alle verwundet – wer einen Toren anstellt oder einen, der zufällig des Weges kommt.
Wie ein Hund, der zurückkehrt zu dem, was er erbrochen hat, so ist ein Tor, der seine Dummheit wiederholt.
Siehst du jemand, der sich selbst für weise hält – mehr Hoffnung gibt es für den Toren als für ihn.
Der Faule sagt: Ein Löwe ist auf dem Weg, ein Raubtier ist auf den Straßen.
Die Tür dreht sich in ihrer Angel und der Faule in seinem Bett.
Greift der Faule mit der Hand in die Schüssel, ist er zu träg, sie zum Mund zurückzubringen.
Der Faule hält sich selbst für weiser als sieben, die angemessen antworten können.
Einen vorbeilaufenden Hund packt bei den Ohren, wer sich in einen Streit mischt, der ihn nichts angeht.
(Spr 26,1-17)

Das hat doch alles keinen Sinn mehr. Da ist doch jede Mühe vergebens.

Da ist einfach Hopfen und Malz verloren!

So, liebe Schwestern und Brüder, heißt es bei mir daheim, wo ich aufgewachsen bin, von einem Menschen, dem nicht mehr zu helfen ist. Wo man nicht mehr erwartet, dass es noch eine Veränderung oder Besserung gibt. Da ist einfach jede weitere Anstrengung umsonst.
Und auch bei einem Tor, von dem im Text aus dem Buch der Sprichwörter (Spr 26,1-17) heute mehrmals die Rede ist, kann man da zunächst ähnliches sagen: „Da steh ich nun, ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor!“ Er, der Tor, hat zwar für sich seine Erfahrungen gemacht, aber er ist trotz allem nicht schlau daraus geworden. Er ist einfach nicht intelligent genug oder anders gesagt, schwer von Begriff. Ist deshalb aber wirklich schon Hopfen und Malz verloren?

Beim Bierbrauen, woher diese Redewendung entstammt, war das sicher so, wenn die Mischung zwischen Hopfen und Malz nicht passte. Wenn da bei der Herstellung etwas schief lief, dann war das Bier verdorben und somit auch Hopfen und Malz verloren.

Bei Salomo, von dem diese Weisheitssprüche aus dem Buch der Sprichwörter stammten, gab es wenigstens noch die Unterscheidung zwischen unbelehrbaren und lernbereiten Toren. Da ist der unbelehrbare Tor, der sich für weise hält und jeden Rat von Gott und anderen Menschen ausschlägt (vgl. z.B.: Spr 26,7 „Wie einem Gelähmten das Tanzen, so steht dem Toren an, von Weisheit zu reden“).
Und da gibt es den lernbereiten Tor, der sich noch auf dem Weg befindet, ein Weiser zu werden (vgl. z.B.: Spr 26,12 „Wenn du einen siehst, der sich weise dünkt, da ist für einen Toren mehr Hoffnung als für ihn“).

Und wie ist es bei Gott?
Kurz gesagt: „Bei Gott gibt es keinen hoffnungslosen Fall!“
Und somit ist auch bei ihm bei keinem Menschen je Hopfen und Malz verloren!
Und das ist doch eine wichtige Botschaft für einen guten Tag!

Diesen guten Tag heute wünsche ich Ihnen allen
Ihr
P. Cornelius Wanner OSB

 

Impuls zu Spr 25,11-28

Mit dem heutigen Tag beginnt die Lesung aus dem Buch der Sprüche. Auf den ersten Blick – eine unzusammenhängende Zusammenstellung von verschiedenen weisheitlichen Mahnungen. Und diese wollen eines: dem Leser Hilfen für ein gutes Leben, für ein Leben unter den Augen Gottes an die Hand geben. Doch dazu muss ich eines tun: mir diese Worte zu Herzen nehmen, sie in die Tat umsetzen. Ja, auf sie hören! Auch in der Auswahl des heutigen Tages hören wir davon: „Ein Weiser, der mahnt, und ein Ohr, das auf ihn hört, das ist wie ein goldener Ring und ein goldenes Halsband!“ (Spr 25,12). „Höre!“ – so beginnt auch die Regel des Hl. Benedikt. Und tatsächlich war er ein Freund dieses biblischen Buches. Immer wieder finden sich Anklänge in seiner Mönchsregel. Schon der Beginn könnte ein Zitat aus diesem biblischen Buch sein: „Höre, mein Sohn, auf die Worte des Meisters. Neige das Ohr deines Herzens und erfülle sie durch die Tat!“ (Prolog Benediktsregel) Aufmerksam hinzuhören, was mir jemand sagen will! Für das Buch der Sprüche ein Weg zum wirklichen Leben!

Wenn wir das „hören“ ein wenig umschreiben, wird vielleicht noch klarer, was gemeint ist. Wenn ich auf jemanden höre, dann lasse ich mir etwas sagen. „Lass dir etwas sagen!“ – und schon spüren wir alle, dass das doch nicht so einfach ist. Denn wer von uns will sich schon gerne etwas sagen lassen. Kann denn nicht nur ich selber wissen, was gut für mich ist?! Die Bibel ist jedenfalls der Meinung, dass ich die Stimme Gottes nicht nur in meinem Innern hören kann, sondern dass sie mir auch von außen entgegenkommt, ja, gesagt wird! Also, versuchen wir es heute einfach einmal und schauen, welche neuen Lebensperspektiven sich vielleicht eröffnen: „Lass dir etwas sagen!“

P. Jonas Wiemann OSB

Impuls zu Dan 12,1-13

Die Verständigen werden glänzen wie der Glanz der Himmelsfeste … Du wirst ruhen und auferstehen gemäß deinem Losanteil am Ende der Tage (Dan 12,3.13)

Erstmals schildert das Buch Daniel die Hoffnung auf Auferstehung im AT.

Unsere jüdischen Wurzeln als Christen dürfen uns ermuntern, in diesen Glaubensweg der Hoffnung auf die Auferstehung einzustimmen. Als Christen begehen wir die Osterzeit als eine Zeit, unsere Hoffnungsperspektive auf unvergängliches Leben jedes Jahr neu einzuüben. Die Osterzeit bildet einen inneren Verwandlungsweg, dass der Tod nicht das Letzte ist. Diese Hoffnung darf in uns klar aufscheinen. Dieser innere Hoffnungsglanz darf durch uns strahlen und glänzen. Jeder Sonnenstrahl, den wir in diesen Mai-Tagen wahrnehmen, darf uns an unsere unzerstörbare Hoffnung erinnern. Ich vertraue darauf, dass hoffnungsvolle Menschen dies ausstrahlen. Sie glänzen eben!

Br. Emmanuel Panchyrz OSB

Über das Durchhalten – Dan 10,1-21

Ein Kraftakt. So lässt sich der Eindruck am besten umschreiben, als ich den heutigen Tagesabschnitt las. Wieder eine Vision. Ein Gesicht, dass Daniel traurig stimmt. Fast wirkt es, als ist er am Ende seiner Kräfte angelangt. Er versteht, was er sieht. Aber die Luft ist raus – wie man umgangssprachlich sagt. Dies findet seinen Ausdruck in der Trauer.

Dann dieser Mann, den er sieht. Es ist eine Vision voller Symbolik, die schwer zu entschlüsseln ist. Dies zu tun, soll hier nicht Thema sein. Schauen wir darauf, wie die Reaktionen sind. Daniels Begleiter flüchten, obwohl sie nichts sehen. Das einzige, was sie hören ist die Stimme. „Die Stimme seiner Worte“ (קול דבריו) heißt es im Hebräischen. Fast klingt es, als wenn die Worte im Raum schweben – ohne Person – und doch so machtvoll sind. Sie erinnern an das Brausen des Meeres. Die Naturgewalten und das Urchaos schwingen mit. Sie sind Ausdruck einer nicht zu kontrollierenden Natur – hier als eine große Macht zu verstehen. Da ist die Reaktion verständlich: die Flucht.

Daniel bricht zusammen. Allein gelassen scheint er nicht fähig, irgendetwas zu tun. Alles biblische Zeichen und Bilder einer Theophanie, einer Gotteserscheinung. Wen Daniel genau sieht, wird aber nicht aufgeklärt.

Er ist am Boden. Hier erfährt er Zuspruch: „Du von Gott Geliebter.“ (V. 11) Im Zuspruch geschieht Aufrichtung. Es ist ein Prozess. Daniel hat keine Energie. Er wirkt matt. Sätze wie „richtete ich mich zitternd auf“ (V.11) und „neigte ich mein Angesicht zur Erde und schwieg still“(V.15) und  „es war keine Kraft mehr in mir“ (V. 16) und „da auch jetzt noch keine Kraft in mir ist und mir der Atem fehlt“ (V. 17) verdeutlichen das sehr plastisch. Es macht mir Daniel sympathisch. So viel Gefühl drückt sich hier aus, ein Bewusstsein für die eigene Gefühlswelt und ihren körperlichen Ausdruck. Und: Er lässt uns, seine Leser, teilhaben an seinem Erleben und der Autor überwindet eine kalte rein beschreibende Sprache.

Neben dem Eindruck, dass hier authentisch geschildert wird, wie es einem Menschen geht und er es selbst schildert, steht der schon genannte Zuspruch. Daniel wird aufgerichtet. Sowohl im eigentlichen als auch im übertragenen Wortsinn: „Und siehe, eine Hand rührte mich an und half mir auf die Knie und auf die Hände (…) Und als er dies mit mir redete, richtete ich mich zitternd auf.“ (V.10f.) Man stelle sich das ruhig sehr bildhaft vor: Von ganz unten aus dem Liegen, auf Hände und Knie und dann wankend, vielleicht nach Halt tastend, kommt Daniel auf die Beine. Eine Bewegung, die auch noch so unbeholfen sein mag: Er steht, ist aufrecht, Ausdruck der Autonomie, des Selbst-bewusstseins. Eigentlich ist das ein sehr schönes Wort für diesen Text: Daniel, wie er es selbst berichtet, ist sich selbst bewusst, das heißt, er weiß um seinen kraftlosen Zustand. „Wie kann der Knecht meines Herrn mit meinem Herrn reden, da auch jetzt noch keine Kraft in mir ist und mir der Atem fehlt?“ (V. 17) Und: Er ist selbstbewusst, weil er die Stärkung einfordert und nicht unterwürfig, das heißt nicht auf Augenhöhe. Der körperliche Ausdruck des Stehens spiegelt das wieder. Zuletzt richtet er auch seine Augen auf und schaut hin.

Höhepunkt dieses Prozesses ist der Zuspruch des Menschenähnlichen: „Fürchte dich nicht, du von Gott Geliebter! Friede sei mit dir! Sei getrost, sei getrost!“ (V. 19) Eine sehr schlichte und doch kraftvolle Sprache. Das doppelte חזק („Chazak“), das die hier zitierte Lutherbibel mit „Sei getrost.“ wiedergibt, lässt sich besser mit „Sei stark!“ (vgl. Einheitsübersetzung) übersetzen. Auf den Zuspruch „Sei stark!“ folgt die Stärkung „sah ich mich gestärkt“. Für diesen Übergang ist das Wort „getrost“ passend. Er wird getrost. Der Zuspruch gibt Sicherheit und aus dieser Sicherheit kommt eine seelische Ruhe, aus welcher wiederum Stärke erwächst.

Ich sehe hier einen Mann vor mir, der, am Ende seiner Kräfte angekommen, neue Kraft zum Durchhalten bekommt und so sich dem Kommenden stellen kann. Er kann stark nach vorne blicken, in die Zukunft. Eigentlich ein schönes Wortspiel. Der Visionär, dem die (vielleicht ferne) Zukunft vor Augen gestellt wird, kann auf den Weg schauen, die nähere Zukunft, die vor ihm liegt, und sich der Aufgabe, die er hat, nämlich die Vision, stellen.

Daniels Schilderung kann uns in unserer aktuellen Situation, die geprägt ist von einer Hoffnung auf das Ende der Pandemie und doch immer wieder erschüttert mit neuen Zahlen und schrecklichen Bildern aus verschiedenen Regionen der Welt, veranlassen uns Fragen zu stellen.

Wo erfahre ich Zuspruch zum Durchhalten?
Was oder wer schenkt mir Kraft?
Wo werde ich gestützt und angerührt, dass ich den Blick erheben kann?
Wer spricht mich an „Fürchte dich nicht, Du von Gott Geliebte*r!“?

Br. Symeon Müller OSB

Impuls zu Dan 9,20-27

Daniel betet. Er kommt mit Gott ins Gespräch. Und mitten in diesem Gebet passiert etwas in und mit Daniel, was er wahrscheinlich erst einmal gar nicht wahr-nimmt (jedenfalls erwähnt es unser Text nur kurz, wie am Rande). Und doch ist es wahrscheinlich das wichtigste, was in einem Gebet, in solch einem Beziehungsaustausch zwischen Gott und  Mensch passieren kann. Es heißt im Text: „Denn als du anfingst zu beten, erging ein Wort, und ich komme, um dir’s kundzutun; denn du bist von Gott geliebt.“ (Dan 9,23)

Du bist von Gott geliebt – das ist es, was mir das Gebet wirklich kundtun will – neben allem anderen. Und vielleicht ist das genau die Botschaft, auf die wir unsere Gebete immer wieder abklopfen, ja, absuchen sollten. Wo und wie ist mir das entgegengekommen? In meinen Gebeten – aber eigentlich in meinem ganzen Leben. Denn, so der Jesuit Willi Lambert einmal in einem seiner Bücher: „Gott umarmt uns durch die Wirklichkeit!“ Er kommt mir in meinem Alltag mit seinen Höhen und Tiefen, seinen Stunden der Freude und Stunden der Trauer entgegen, um diese Botschaft in mein Herz zu träufeln: „Du bist von Gott geliebt!“ Klopfen wir die letzten Tage darauf ab!

P. Jonas Wiemann OSB