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1 Und es geschah: Jesus betete einmal an einem Ort; als er das Gebet beendet hatte, sagte einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger beten gelehrt hat! 2 Da sagte er zu ihnen: Wenn ihr betet, so sprecht: Vater, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. 3 Gib uns täglich das Brot, das wir brauchen! 4 Und erlass uns unsere Sünden; denn auch wir erlassen jedem, was er uns schuldig ist. Und führe uns nicht in Versuchung! (Lk 11,1-4)

Es gehört zu den immer wiederkehrenden Begebenheiten im Evangelium, dass sich Jesus zum Gebet an einen einsamen Ort zurückzieht. In der Stille schöpft er Kraft für seinen Dienst an den Menschen. Seine Jünger merken, wie wichtig ihm diese Zeit ist, und sie spüren wohl auch die Kraft, die von Jesus nach seinen stillen Zeiten ausgeht. Und so bitten sie Jesus darum, sie beten zu lehren.

Hier zeigt sich für mich deutlich, wie der Glaube weitergegeben wird. Nicht durch große Reden, sondern durch das Beispiel von Menschen. Ich bete, weil ich es bei anderen so gesehen habe und weil andere mich das Beten gelehrt haben.

Jesus lehrt seine Jünger ein Gebet, das in den Gebetsschatz der Kirche eingegangen ist und das seinen festen Ort in jeder Eucharistiefeier gefunden hat – das „Vaterunser“. Wir kennen es so gut, dass wir es oft wahrscheinlich einfach so runterbeten, ohne groß auf den Sinn der Worte zu achten. Das Vaterunser ist ein festes Ritual geworden.

Vielleicht wäre es eine gute Übung, sich heute einmal dieses Vaterunser zu nehmen und neu durchzubuchstabieren. Bei dem zu bleiben, was mich unmittelbar anspricht. Vielleicht zu jeder der Bitten eigene Gedanken zu formulieren – und so dieses alte Gebet durch mein Leben fortzuschreiben.

P. Maurus Runge OSB

38 Als sie weiterzogen, kam er in ein Dorf. Eine Frau namens Marta nahm ihn gastlich auf. 39 Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu. 40 Marta aber war ganz davon in Anspruch genommen zu dienen. Sie kam zu ihm und sagte: Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen! 41 Der Herr antwortete: Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen. 42 Aber nur eines ist notwendig. Maria hat den guten Teil gewählt, der wird ihr nicht genommen werden. (Lk 10,38-42)

Die bekannte Erzählung der Schwestern Marta und Maria, die Jesus in ihr Haus einladen, scheint ein Schlag ins Gesicht zu sein für alle, die sich redlich bemühen, ihren Mitmenschen gastfreundlich zu begegnen, ihnen die kleinen Sorgen des Alltags abzunehmen. Marta, die „ganz davon in Anspruch genommen war zu dienen“, scheint von Jesus regelrecht abgekanzelt zu werden, wenn er ihr sagt, dass „nur eines notwendig“ sei und dass Maria den „guten Teil“ gewählt habe – ausgerechnet Maria, die keinen Finger rührt und ihrer Schwester die ganze Hausarbeit allein überlässt.

Marta ist so von ihrer Arbeit in Anspruch genommen, dass sie die Gaben und Talente ihrer Schwester nicht anerkennen kann. Sie vergleicht sich mit ihrer Schwester und kann nicht mehr das Positive sehen, das sie selbst für Jesus tut. „Im ständigen Sich-Vergleichen liegt der Anfang der Sünde“ – so haben es die Wüstenväter ausgedrückt. Immer da, wo ich mich mit anderen vergleiche, sehe ich nur das, was ich nicht habe bzw. fühle mich von anderen weniger gesehen, weniger wertgeschätzt.

Beide Schwestern sind für Jesus wichtig. Sicher wird Jesus nach einem anstrengenden Tag Hunger gehabt haben und sich über das köstliche Mahl, das Marta zubereitet hat, gefreut haben. Aber ebenso war das offene Ohr von Maria wichtig für ihn. Jede der beiden Schwestern dient Jesus mit ihrer Gabe.

Jeder von uns ist an manchen Tagen Marta und an anderen Tagen Maria. Und daran ist nichts Schlimmes. Schlimm ist es, wenn sich Marta und Maria gegenseitig beargwöhnen. Wenn beide zusammenstehen, dann kann daraus Wunderbares entstehen.

P. Maurus Runge OSB

Impuls zu Lk 10,25-37: Sei was du bist – Gib was du hast

Bin ich Jesus? – auf diese etwas flapsige Art und Weise hat meine Schwester immer wieder geantwortet, wenn ihr eine Bitte zur Mithilfe zu übermäßig vorkam.
Bin ich Jesus?
Nein, bin ich auch nicht! Aber ich bin ich und das genügt.
Rose Ausländer hat passend dazu einmal gesagt:

Sei was du bist – gib was du hast 

Und diese Antwort hätte Jesus sicher auch dem jungen Mann geben können, der ihn gefragt hat: „Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“
Wir selbst würden sicher auf eine solche Frage eine ganze Latte von Erwartungen und verschiedenen Aufgaben erwarten. Jesus aber antwortet kurz und knapp: Liebe Gott und deinen Nächsten, wie dich selbst! Und durch das Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lk 10,25-37) macht er uns allen deutlich: Tu immer das Naheliegende, so wie es im Gleichnis vom barmherzigen Samariter buchstäblich das Naheliegende ist, dem Ausgeraubten, am Boden liegenden Mann zu helfen. Denn das, was es zu tun gilt, ist oft das nahe liegende, besteht oft in alltäglichen, ganz selbstverständlichen Dingen und Aufgaben. So auch, wenn ein Mensch spontan mein Herz berührt, mich die Sorge um einen anderen Menschen umtreibt oder wenn mir jemand einfällt, bei dem ich mich schon lange nicht mehr gemeldet habe. In der Regel muss ich dann dazu mein momentanes Tun unterbrechen, ganz so wie im Gleichnis der Samariter seine Reise. Leben gewinne ich da, wo ich aufmerksam bin für das, was jetzt als das Naheliegende zu tun ist.
Oder anders gesagt:

Sei was du bist – gib was du hast!

P. Cornelius Wanner OSB

17 Die Zweiundsiebzig kehrten zurück und sagten voller Freude: Herr, sogar die Dämonen sind uns in deinem Namen untertan. 18 Da sagte er zu ihnen: Ich sah den Satan wie einen Blitz aus dem Himmel fallen. 19 Siehe, ich habe euch die Vollmacht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten und über die ganze Macht des Feindes. Nichts wird euch schaden können. 20 Doch freut euch nicht darüber, dass euch die Geister gehorchen, sondern freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind! 21 In dieser Stunde rief Jesus, vom Heiligen Geist erfüllt, voll Freude aus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen. 22 Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden; niemand erkennt, wer der Sohn ist, nur der Vater, und niemand erkennt, wer der Vater ist, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will. 23 Jesus wandte sich an die Jünger und sagte zu ihnen allein: Selig sind die Augen, die sehen, was ihr seht. 24 Denn ich sage euch: Viele Propheten und Könige wollten sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und wollten hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört. (Lk 10,17-24)

Die heutige Schriftlesung schließt an die Stelle vom vergangenen Samstag an, in der von der Aussendung der Jünger durch Jesus berichtet wird. Heute lesen wir von der Rückkehr der 72 Jünger. Die Jünger sind völlig euphorisiert von den Wundertaten und Dämonenaustreibungen, die sie vollbracht haben. Offenbar haben sie Erfolg gehabt und konnten vielen Menschen helfen, sie von Blockaden und Lähmungen befreien.

Da ist auch zunächst einmal nichts Schlimmes dran, und Jesus bestätigt in eindrücklichen Worten das, was die Jünger berichten: „Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen!“ Etwas Neues ist angebrochen, vor dem die lebensfeindlichen Mächte nicht bestehen können.

Und doch rückt Jesus die Freude der Jünger in die rechte Perspektive: „Freut euch nicht darüber, dass euch die Geister gehorchen, sondern freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind!“ Das Sein steht bei Jesus vor dem Tun – zuerst wird mir etwas geschenkt, und meine Taten sind sozusagen die Konsequenz daraus. Die Jünger handeln nicht aus eigener Macht, sondern mit der Vollmacht Jesu, dessen, der sie gerufen und gesandt hat.

Es ist so etwas wie eine Umkehrung der Perspektive, die hier geschieht. Es sind nicht die Weisen und Klugen, die mit gewandten Worten reden können, die Jesu Botschaft voranbringen, sondern gerade die „Unmündigen“, Menschen, denen man es vordergründig nicht zutrauen würde. Das Heil kommt da zu mir, wo ich es am wenigsten erwarte.

Wenn ich mir bewusst mache, dass ich das, was ich kann und leiste, nicht aus mir selbst habe, sondern es mir von einem Anderen geschenkt ist, dann werde ich wahrhaft Großes vollbringen. Dann muss ich auch nicht neidisch auf die Talente anderer blicken, sondern kann mich an ihnen freuen – wie auch an meinen eigenen Gaben, die mir geschenkt wurden.

P. Maurus Runge OSB

Heilt die Kranken, die dort sind, und sagt ihnen: Das Reich Gottes ist euch nahe! (Lk 10,9 – gesamte Tageslesung: Lk 10,1-16)

In der heutigen Schriftlesung lesen wir, wie Jesus seine Jünger aussendet. Er gibt ihnen konkrete Anweisungen mit auf den Weg – sich nicht mit schwerem Gepäck zu belasten, auf den Gruß unterwegs, der meist in ein längeres Gespräch mündet, zu verzichten, sich zu konzentrieren auf diejenigen, die die Jünger aufnehmen, ihnen den Frieden zuzusagen (vgl. Lk 10,1-8). Und im zweiten Teil seiner Rede (Lk 10,10-16) bereitet Jesus seine Jünger darauf vor, dass sie vermutlich nicht überall freundlich empfangen werden, dass sie – wie er selbst – auf Unverständnis, Ablehnung, ja, auf unverhohlene Feindseligkeit stoßen werden.

In der Mitte dieser Perikope steht die zentrale Botschaft: „Heilt die Kranken, die dort sind, und sagt ihnen: Das Reich Gottes ist euch nahe(gekommen)!“ (Lk 10,9)

„Das Reich Gottes ist euch nahegekommen.“ Auch uns heute ist dieser Satz zugesagt. Inmitten von so viel Krankheit, Leid und Tod, die uns umgeben, birgt dieser kleine Satz vom nahegekommenen Gottesreich ein unerhörtes Hoffnungspotential. Die kleinen Zeichen der befreienden Herrschaft Gottes sind schon da – sie wollen von mir bloß wahrgenommen werden.

„Das Reich Gottes ist euch nahegekommen.“ Wie reagiere ich auf diese Botschaft? Mit der Ablehnung des nüchternen Realisten, der nur das sieht, was vor Augen liegt, und nicht glauben kann, dass es da vielleicht mehr geben kann? Oder mit der Hoffnung desjenigen, der sich mit dieser harten Realität nicht zufriedengibt und von einer besseren Welt zu träumen wagt und sich mit allen Kräften dafür einsetzt?

„Das Reich Gottes ist euch nahegekommen.“ Was ich daraus mache, das liegt an mir.

P. Maurus Runge OSB

Wer rastet, der rostet…

57 Als sie auf dem Weg weiterzogen, sagte ein Mann zu Jesus: Ich will dir nachfolgen, wohin du auch gehst. 58 Jesus antwortete ihm: Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann. 59 Zu einem anderen sagte er: Folge mir nach! Der erwiderte: Lass mich zuerst weggehen und meinen Vater begraben! 60 Jesus sagte zu ihm: Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh und verkünde das Reich Gottes! 61 Wieder ein anderer sagte: Ich will dir nachfolgen, Herr. Zuvor aber lass mich Abschied nehmen von denen, die in meinem Hause sind. 62 Jesus erwiderte ihm: Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals zurückblickt, taugt für das Reich Gottes. (Lk 9,57-62)

„Der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann.“ – Auch Jesus hat sich ausgeruht, aber sein Leben war ein Leben auf dem Weg.

Jeder, der mal eine längere Wanderung, eine Fahrradtour oder etwas Ähnliches gemacht hat, weiß: Wer auf dem Weg ist, möchte auch Pausen machen. Mal aus Erschöpfung, mal, weil der Ort, an dem man ist, so schön ist und zum Verweilen einlädt.

Im übertragenen Sinn mag es einem so auch in der Fastenzeit gehen, wenn einem das, was man sich gegebenenfalls für diese Zeit vorgenommen hat, lang wird und man sich der damit verbundenen Anstrengung und Unbequemlichkeit bewusst wird. Das ist vielleicht jetzt am Anfang noch nicht so wichtig, aber es mag im Verlauf des Weges kommen…

Wer dann stehen bleibt, kann nicht ankommen. Der Weg ist das Ziel!

Dies kann aber nur dann gelten, wenn der Weg auch ein Ziel hat. Wer sich auf einen Weg ohne Ziel macht, droht planlos umherzuirren. Also sollte ich mir erst bewusstmachen, was mein Ziel eigentlich ist.

Was will ich also mit meiner Ausdauer bewirken, jetzt in der Fastenzeit, aber auch größer gefasst, in meinem Leben?

Wozu tue ich das, was ich in der Fastenzeit tue? Was will ich mit dem erreichen, was ich in meinem Leben tue?

Im Kontext der Bibel und des christlichen Lebens stellt man fest: Unermüdlich weiterzulaufen ist zwar mit Anstrengung verbunden und durchzuhalten ist wahrlich nicht immer leicht. Der christliche Weg führt, wie der Weg Christi, durch Mühe und Leid.

Aber: Wenn wir das richtige Ziel vor Augen haben, wissen wir, dass sich die Mühe lohnen wird! Und: Zeichen für dieses Ziel ereignen sich bereits in der Mühe (z.B. wenn uns und andere der bloße Gedanke an das Ziel aufbaut (vgl. Lk 9,60b)) und vielleicht sogar im Schmerz der Abschiede, die wir im Leben erleiden und trotz derer wir Jünger Christi bleiben (vgl. Lk 9,58 + 9,60a).

Wichtig ist: Wir haben die Zusage, dass wir an der Bewältigung des Weges wachsen und schließlich das Ziel erreichen werden. So heißt es ganz zum Schluss der Benediktsregel, in ihrem letzten Wort: „pervenies“, d.h. „Du wirst ankommen!“ (vgl. RB 73,9).

Bleiben wir also dran! Jetzt ist die Zeit der Gnade! (2 Kor 6,2)

Br. Josef Ellendorff OSB

Bibellesung: Lk 9,51-56

Liebe Leserin, lieber Leser,

Jesus befindet sich auf dem Weg nach Jerusalem, und ER wusste, was ihn dort erwartete.
Mit IHM, Jesus, sind auch wir in dieser Österlichen Bußzeit auf dem Weg. Wir gehen dem Österlichen Triduum entgegen. Den Tagen von Leiden, Tod und Auferstehung Jesu.

In der Liturgie des Palmsonntags wird mit folgenden Worten eröffnet: In den Tagen der Fastenzeit haben wir uns auf Ostern vorbereitet. Christus ist in seine Stadt Jerusalem eingezogen; dort wollte er Leiden und Tod auf sich nehmen, dort sollte er auch auferstehen. Und weiter: …damit wir auch Anteil erhalten an seiner Auferstehung und seinem Leben.

Es gilt, dieses Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren. Festen Schrittes, unverwandt… Oder wie es Philipp Spitta in einem Lied zum Ausdruck bringt: …Und wenn zerfällt die ganze Welt, wer sich an ihn und wen er hält, wird wohlbehalten bleiben. Was er verspricht, das bricht er nicht; er bleibet meine Zuversicht, ich will ihn ewig preisen.

Liegt es unserer menschlichen Natur doch nahe, eher das Angenehme und Schöne in den Blick zu nehmen. Alle Energie und Kraft einzusetzen für Anerkennung und Belohnung.

Leiden und Tod im Blickfeld haben?
Lebenshingabe statt Lebensfreude?

In dieser jesuanischen Haltung wird die Bestimmung Jesu, sein Auftrag, ganz deutlich. „DIE ZEIT IST ERFÜLLT…“ „Meine Speise ist es, den Willen meines Vaters zu erfüllen“.

Jesu Weg und sein Blick auf Jerusalem wollen auch uns zu einer konsequenten und entschiedenen Lebenshaltung und Glaubenstreue einladen. Es kommt auf meinen „Auftrag“, meine „Bestimmung“, meine „Mission“ in der Nachfolge als Getaufte und mit dem Heiligen Geist Besiegelte an.
Dazu gehört, so schwer es auch ist, Ablehnung, Spott und Verfolgung anzunehmen. Eben nicht, wie die Jünger „FEUER VOM HIMMEL REGNEN ZU LASSEN“.
Es geht nicht um Vernichtung, Drohung und Zerstörung, sondern immer neu darum, den von Gott erhaltenen Auftrag in Wort und Tat zu erfüllen.

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich wünsche Ihnen Kraft, Ausdauer und Freude in den Tagen auf Ostern zu. Möge es Ihnen gelingen, den Blick auf Jesus zu richten und Spuren des Lebens zu entdecken.
Unser Ordensvater schreibt im Kapitel 49, Vers 7b seiner Regel: …Mit geistlicher Sehnsucht und Freude erwarte er das heilige Osterfest.

Erspüren Sie heute Ihre Sehnsucht und Freude und bereichern Sie dadurch Ihr Leben.

Ihr
+ Aloysius Althaus OSB

Da nahm Maria ein Pfund echtes kostbares Nardenöl, salbte Jesus die Füße und trocknete sie mit ihrem Haar. Das Haus wurde vom Duft des Öls erfüllt. (Joh 12,3)

Jesus ist in Bethanien bei seinen Freunden Lazarus, Martha und Maria zu Gast. Sie halten gemeinsam ein Mahl. Maria nimmt wertvolles Öl und salbt Jesus die Füße. Mit ihrem Haar trocknet sie die Füße ab. Ein Abwischen der Füße mit den Haaren macht bei einer Salbung keinen Sinn. Somit dürfen wir das Abwischen mit den Haaren symbolisch deuten. Die Haare Marias nehmen den Duft des Öls auf. Es entsteht eine Gemeinschaft des Duftes, des Wohlgeruchs zwischen Maria und Jesus. Am Beginn der Karwoche wird uns im heutigen Evangelium Maria als Vorbild der Hingabe vorgestellt. Wir sind eingeladen, es ihr in dieser Woche gleichzutun. In liebender Hingabe dürfen wir mit Jesus durch Leid und Leere zur Auferstehung gehen. Der Wohlgeruch erinnert uns an ein unzerstörbares Leben. Auch wir dürfen den Duft Jesu aufnehmen. Den Duft seiner Hingabe an uns, den Duft seiner Lebenspassion und den Duft der Auferstehung.

Br. Emmanuel Panchyrz OSB

Der Palmsonntag ist sozusagen das Tor zur Karwoche. Und was für ein Eingang wird uns in der Liturgie bereitet! Da hat wie in einer Vorschau all das seinen Platz, was im Lauf der Karwoche ausbuchstabiert wird. Ganz unterschiedliche Emotionen und Gefühle finden hier Raum.

Da ist zunächst der Einzug Jesu nach Jerusalem, der in den Kirchen szenisch nachgestellt wird – mancherorts sogar mit Esel. Auch wenn die Palmprozession in diesem Jahr wie die gesamte öffentliche Liturgie wegen der Coronakrise entfällt, so sind wir doch eingeladen, für uns „den Schauplatz zu bereiten“, uns in die biblische Szene, wie sie im Evangelium beschrieben wird, hineinzuversetzen. Es ist eine Szene der Freude und des Jubels. Jesus zieht als messianischer Friedenskönig auf einem Esel in die Stadt ein – nicht als martialischer Kriegsheld auf einem Schlachtross. Die Menschen breiten ihre Kleider auf den Straßen aus – ein ganz besonderer „roter Teppich“ – und singen Freudenlieder: „Hosianna dem Sohn Davids!“

Doch die Stimmung wandelt sich – in der Karwoche und auch schon in der Liturgie des Palmsonntags. Die Passion wird vorgelesen – ohne einleitende und abschließende Worte, ohne Predigt, schlicht und einfach die „Leidensgeschichte unseres Herrn Jesus Christus“, in diesem Jahr in der Version, wie sie uns Matthäus überliefert. Die Worte der Passion – sie reichen völlig aus. Da braucht es keine Predigt mehr, eigentlich auch keinen Impuls. Im Hören der Passionsgeschichte Jesu hören wir vielleicht auch die vielen Passionsgeschichten der heutigen Welt, nicht zuletzt unsere eigene Passionsgeschichte.

Wenn ich in diesem Jahr die Passion höre, verbinde ich mit den vielen Menschen, die am Coronavirus erkrankt sind und die schon daran gestorben sind.

Ich verbinde mich mit den vielen Menschen, die helfen, den stillen Helden in den Krankenhäusern, Pflegeheimen und in all den anderen „systemrelevanten“ Berufen. Aber welcher Mensch ist eigentlich nicht systemrelevant? Wir alle sind doch wichtig fürs System, keiner darf verlorengehen.

Ich verbinde mich aber auch mit den vielen anderen leidenden Menschen, die über die Coronakrise schnell in Vergessenheit zu geraten drohen, besonders mit den Menschen an den Außengrenzen Europas.

Ich verbinde mich mit den vielen Menschen, die einsam sind, die sich nach menschlichem Kontakt und nach Berührung sehnen, die sich danach sehnen, dass jemand sie in den Arm nimmt.

In all diesen menschlichen Passionsgeschichten kommt mir Jesus entgegen, macht er sich bemerkbar.

Ich wünsche Ihnen in diesem Sinne eine berührende Heilige Woche!

P. Maurus Runge OSB

Ich versetze euch wieder auf euren Ackerboden. (Ez 37,14)

Ein wirklich seltsamer Satz aus einem noch seltsameren Text! Es empfiehlt sich ihn ganz zu lesen: Er steht in der Auferweckungsvision des alttestamentlichen Propheten Ezechiel. Der Seher hat Knochen vor sich. Und beschreibt schrittweise, wie sie wieder das bilden, was sie mal waren: Körper! Er lässt den Wind ihnen Atem geben – bring sie zurück ins Leben. Das, was da geschieht, ist Auferstehung der Toten. Wir sprechen im Glaubensbekenntnis „Und ich glaube an die Auferstehung der Toten.“ Ist das gemeint? Wir werden irgendwie unsanft wieder zusammen gekleistert und dann auch noch auf den Ackerboden gesetzt? Ackerboden, das steht doch für Arbeit. Die Hacke vor mir. Da die Schaufel. Und zurück in die brutale Welt des Alltags geworfen werden, wird hier als Auferstehung geschildert. Irgendwie – bei allem gebotenen Respekt – keine Verheißung, bei der ich vor Freude aufjubeln würde: Nichts von himmlischen Chören hier, die die Auferweckten erwarten. Nichts von einem Festmahl, das kein Ende findet. Zwar kommen die Auferweckten in das gelobte Land Israel. Aber es wird „Ackerboden“ genannt!

Ezechiel spricht in die Zeit der babylonischen Gefangenschaft hinein zur Gemeinde der Exilierten. Damals war es eine frohe Botschaft, die sagen wollte: „Wir sind nicht ewig fern der Heimat“.

Ein genauerer Blick auf das Wort Ackerboden: Im Hebräischen steht adamat. Man hört hier schon den Namen des ersten Menschen aus der Genesis. Aber dieser Name heißt nichts anderes als Mensch. Ackerboden, das woraus er gemacht wurde, ist das, wo man wirklich Mensch sein kann. Keine Lebensferne, sondern ganz Boden-ständig im wortwörtlichen Sinn. Auferstehung – wie wir auch im heutigen Evangelium hören – wird uns nicht der Realität entreißen, vielmehr werden wir auf eine tiefere Weise mit ihr verbunden. Es ist nicht die himmlische Auferstehung, die Maria erwartet (Joh 11,24), sondern das echte Leben, das an des Hier und Jetzt gebunden ist.

Und das bedeutet im Umkehrschluss auch: Wir werden nicht unserer Verantwortung entrissen. Kein frommes, verklärtes und abwesendes Jubilieren, kein verzücktes das Haupt Neigen, das sich in unsere Kirchen zu oft eingeschlichen hat, kein bloßes Emporschauen (vgl. Apg 1,11a) gibt es in der Erlösung, sondern nur blanke, entblößte Realität, wo wir uns in allem wieder erkennen, weil wir eben nichts anderes sind – darum dieses Wortspiel. Die Midrasch im Talmud (bT Sanhedrin 98a) bringt es gut auf den Punkt: Der Messias, der Erlösung bringt, sitzt vor den Toren Roms und verbindet die Wunden der Menschen – ein Gleicher unter Gleichen – ganz angekommen in der Realität. Er ist sich seiner Verantwortung bewusst und tut, was verantwortlich und geboten ist. Ist es nicht auch ein Anspruch an uns, „heute, wenn ihr seine Stimme hört“(Ps 95,7)?

Text aus dem Traktat Sanhedrin 98a des babylonischen Talmud:

„Rabbi Jehošua ben Levi traf einst Elijahu am Eingange der Höhle des Rabbi Šim’on ben Jochaj stehen; da sprach er zu ihm: Werde ich in die zukünftige Welt kommen? Dieser erwiderte: Wenn es diesem Herrn gefällig sein wird. […] Hierauf fragte er ihn weiter: Wann wird der Messias kommen? Dieser erwiderte: Geh, frag ihn selbst. – Wo befindet er sich? – Am Tore von Rom – Woran erkennt man ihn? – Er sitzt zwischen den mit Krankheiten behafteten Armen; alle übrigen binden ihre Wunden mit einem Male auf und verbinden sie wieder, er aber bindet sie einzeln auf und verbindet sie, denn er denkt: vielleicht werde ich verlangt, so soll keine Verzögerung entstehen. Hierauf ging er zu ihm hin und spricht zu ihm: Friede mit dir, Herr und Meister! Dieser erwiderte: Friede mit dir, Sohn Levis! Er fragte: Wann kommt der Meister? Dieser erwiderte: Heute. Darauf kehrte er zu Elijahu zurück, der ihn fragte: Was sagte er dir? Er erwiderte Friede mit dir, Sohn Levis! Da sprach dieser: Er hat dir und deinem Vater die zukünftige Welt verheißen. Jener entgegnete: Er hat mich belogen, denn er sagte mir, er werde heute kommen, und er kam nicht. Dieser erwiderte: Er hat es wie folgt gemeint: wenn ihr heute auf seine Stimme hören werdet.(Ps 95,7)“

Br. Symeon Müller OSB