Predigt am 18. Sonntag im Jahreskreis (01.08.2021)
von Br. Benjamin Altemeier OSB
Liebe Schwestern, liebe Brüder!
Auch wenn Jesus heute im Evangelium auf den tieferen Sinn von Sättigung hinweist, hat er doch zunächst den leiblichen Hunger in der Brotvermehrung gestillt. Davon wurde uns letzten Sonntag berichtet. Das ist wichtig, denn Hungernden eine wie auch immer gestaltete Religiosität mit auf den Weg geben zu wollen, ohne vorher das Grundbedürfnis nach Nahrung, Gesundheit, Wohnung gestillt zu haben, macht keinen Sinn. Daher ist eine Evangelisation in Gegenden der Not ohne begleitende Hilfe undenkbar. So gibt es auch in unseren Missionsgebieten immer auch die konkrete Linderung von Notlagen. Es gibt Krankenhäuser, Brunnenbau und Schulen wie auch Ausbildungsstätten, um an einer Gerechtigkeit mitzubauen.
Gleichzeitig aber gibt es ja auch einen Hunger, der nicht durch Nahrungsaufnahme gestillt wird. Ich denke, wir alle kennen diesen Hunger. Es ist der Hunger nach Anerkennung, der Hunger nach Liebe, der Hunger nach Sinn und der Hunger nach Ewigkeit. Wir kennen die Sehnsucht nach unendlicher Liebe. Wir kennen das Sehnen, das zur Sucht werden kann, wenn es keine Erfüllung findet. Wir kennen die Werbestrategien, die auf subtile Weise versuchen, uns Ersatz anzubieten. Diese Formen des Konsumierens wirken zumindest nur sehr kurz. Wahre Erfüllung unserer Sehnsüchte ist nicht zu kaufen. Das wissen wir eigentlich alles.
Und nun bietet sich Jesus im heutigen Evangelium selbst als das „wahre Brot“ an. Mit der Verheißung, dass wir danach nicht mehr hungern und nicht mehr dürsten werden. Ich muss schon sagen: Das ist ja eine steile These. Natürlich ist damit nicht gemeint, dass wir einfach aufhören zu essen und zu trinken. Aber auch die Vorstellung, dass unsere Sehnsucht durch Jesus gänzlich gestillt werden kann, wird doch augenscheinlich durch die Erfahrungen des Alltags widerlegt. Hatte es zu Beginn der Pandemie noch die Meinung gegeben, dass sich das Konsumverhalten verändern könnte, so ist dies inzwischen durch die Zahlen der Wirtschaft widerlegt.
War da Jesus von Menschen ausgegangen, die es so eben nicht gibt? Ich glaube tatsächlich, dass wir uns immer wieder auf den Weg machen dürfen und müssen, uns neu die „Nahrungsquelle Jesus“ zu erschließen.
Welche Nahrung bietet uns Jesus an? Da ist die Nahrung des tiefen Verstehens und des Verständnisses für jeden Menschen, gerade auch in der Schwachheit. Sei es Zachäus auf dem Baum, sei es die Ehebrecherin, seien es die Aussätzigen oder die Kranken. Ich darf mich so in meiner Gebrochenheit angenommen wissen, wie es Jesus in den Begegnungen gelebt hat und immer wieder auch bei jedem von uns tut. Wir alle sind von Gott Angenommene. Da ist die Nahrung der sich selbst verschenkenden Liebe, die an keine Bedingung geknüpft ist. Diese Liebe zu den Menschen, aber auch zu jedem Einzelnen von uns, ist grenzenlos. Bedingungslos bis hin zum Kreuz. Es gibt also jemanden, ein wirkliches Gegenüber, das mich so liebt, wie ich bin und nicht Bedingungen an die Liebe formuliert. Ich darf mich also geliebt und verstanden fühlen, ohne in Vorleistungen treten zu müssen. Da ist die Nahrung der Vergebung, die nicht verurteilt, sondern heilt. In allem, was mir nicht gelungen ist, in allem, wo mir Fehler unterlaufen sind, werde ich nicht verurteilt, sondern von göttlicher Vergebung umfangen. Denken Sie an das Gleichnis des verlorenen Sohnes oder besser des barmherzigen Vaters. So in den Arm genommen zu werden und liebkost zu werden, obwohl wir Schuld tragen, ist wahrlich ein lebenswichtiges und heilendes Lebensmittel. Gottes Vergebung ist grenzenlos. Und da ist noch die Nahrungsquelle der Ewigkeit. Alles Sehnen will Erfüllung und Ewigkeit. Durch Jesu Tod und Auferstehung ist uns die Perspektive auf Ewigkeit hin eröffnet.
Schauen wir jetzt auf unsere Praxis.
Gibt es denn Menschen, die aufgrund dieser göttlichen Nahrung ihren Hunger und ihren Durst so gestillt haben, dass sie es fruchtbar machen können für sich und andere – in der konkreten Nachfolge Jesu?
Ich habe über die Medien in den letzten 14 Tagen mitbekommen, wieviel Kraft Menschen zukommt, egal ob sie sich als religiös bezeichnen würden oder nicht, und die diese Kraft für andere zum Einsatz gebracht haben. Ich meine die Helfer und Helferinnen in den überflutenden Hochwasser-Gegenden, hier vor unserer Haustür. Menschen, die sich auf den Weg gemacht haben, um anderen in existentieller Not beizustehen. Da sind Feuerwehrangehörige, die ihr Leben, um anderen zu helfen, gefährdet haben. Soviel an praktisch gelebter Religiosität. Über 60 Millionen Euro sind von Menschen gespendet worden. Ich glaube, dass diese Bereitschaft zur Hilfe den Helfern selbst wirklich Sättigung für Ihr eigenes Leben verschafft hat. Es klingt paradox. Wer sich hingibt, empfängt und wird gesättigt!
Wenn wir gleich vom Tisch des Herrn Christus empfangen, dann wird uns in diesem Brot auch seine Botschaft der sich hingebenden Liebe und Güte ausgeteilt. Durch das geschwisterliche Mahl sind wir zur Hingabe befähigt. Geben wir das Empfangene an unsere nächsten Schwestern und Brüder weiter.
Ich möchte schließen mit einem Gebet:
„ Der du der Erde Brot gegessen,
mit Sündern hast zu Tisch gesessen,
Herr Jesu, komm und mach uns satt,
dass Leib und Seel Genüge hat.
Amen.“