Impuls am Donnerstag der Vierten Adventswoche (23.12.2021)
Ihr redet hart gegen mich, spricht der HERR. Ihr aber sprecht: „Was reden wir gegen dich?“ (aus Maleachi 3,13-18)
Momentan hört man viel, dass in unserer Gesellschaft eine Spaltung drohen soll, und ein wenig frage ich mich dabei, ob wir denn nicht in vielem schon längst gespalten sind. Ob Ossi oder Wessi, Ausländer oder Inländer, arm oder reich, evangelisch oder katholisch oder gar keine Kirche, Bayern- oder 1860er-Fan, Martini geschüttelt oder gerührt. Überall gehen kleine oder große Risse und Mauern durch unsere Gesellschaft, glaubt jede Seite es am besten zu wissen, was gut und richtig ist, heißt die Devise Abgrenzung und Ausgrenzung.
In einer konfliktgeladenen Welt wünscht man dem anderen gerne das Schlechteste an den Hals. Alles natürlich ganz aus Nächstenliebe. Man wünscht sich einen Privatgott, der mit Macht kommt und die „Bösen“ mit einem Blitz vernichtet. Gott ist ganz sicher auf meiner, auf der allein richtigen Seite.
Ein Konsens scheint hier fast unmöglich.
Aber das Erstaunliche ist: Gott wird kommen, aber nicht mit Blitz und Donner. Er wird als kleines, verwundbares Baby kommen. Schutzlos, als Mensch.
Was für eine riesengroße Überraschung (oder Enttäuschung) für uns.
„Und auf einmal warst du da, und von da an war sowieso alles anders!“
Diesen Satz hört man oft, wenn ein Kind auf die Welt kommt und das Leben der Eltern über Nacht auf den Kopf stellt. Und wenn Dinge auf den Kopf gestellt werden, spielen von uns gezeichnete Grenzen auf einmal überhaupt keine Rolle mehr. Ganz neue Regeln werden nötig, und jeder muss über seinen eigenen Schatten springen.
Morgen, in der dunkelsten Nacht, wird es geboren werden, das göttliche Kind. Ein ganz gewöhnliches Kind wird kommen.
Und alles wird anders sein.
Gewidmet: Nico, Jenni, Luna, Luise, Katharina, Hazel, Rupert, Kajetan, Masha, Fee, Finn, Paul, Lara, Emma, und den so vielen, vielen anderen, die die Welt auf den Kopf gestellt haben.
Br. Balthasar Hartmann OSB