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16 Darum soll euch niemand verurteilen wegen Speise und Trank oder wegen eines Festes, ob Neumond oder Sabbat. 17 Das alles ist nur ein Schatten von dem, was kommen wird, die Wirklichkeit aber ist Christus. 18 Niemand soll euch den Kampfpreis absprechen, der sich gefällt in Unterwürfigkeit und Verehrung, die er den Engeln erweist, der als Eingeweihter mit Visionen prahlt und sich ohne Grund nach weltlicher Art wichtig macht. 19 Er hält sich nicht an das Haupt, von dem aus der ganze Leib durch Gelenke und Bänder versorgt und zusammengehalten wird und durch Gottes Wirken wächst. 20 Wenn ihr mit Christus den Elementarmächten der Welt gestorben seid, warum lasst ihr euch dann, als würdet ihr noch in der Welt leben, vorschreiben: 21 Berühre das nicht, iss das nicht, fass das nicht an! 22 Das alles wird verbraucht und dadurch vernichtet. Menschliche Satzungen und Lehren sind es. 23 Man sagt zwar, in ihnen liege Weisheit, es sei freiwillige Frömmigkeit und Unterwürfigkeit, den Leib nicht zu schonen. Doch das bringt keine Ehre ein, sondern dient nur zur Befriedigung irdischer Eitelkeit. (Kol 2,16-23)

Die Textstelle fasst für mich sehr gut zusammen, worum es bei Paulus immer wieder geht: die Freiheit, die wir gewonnen haben durch Tod und Auferstehung Jesu nicht wieder zu verlieren. Nicht wieder in die Unfreiheit einer formalen Gesetzesfrömmigkeit zu verfallen. Nährboden der Unfreiheit aber ist die Angst. Die Angst, etwas falsch zu machen. Sei es im Kult, sei es durch Speisen, sei es durch Begegnungen und Berührungen. Der Umgang mit der Angst, die in die Unfreiheit führt, ist geprägt durch Jesu Umgang mit den Vorschriften des Gesetzes, die er immer wieder bewusst verletzt. Bei Augustinus heißt es: Liebe und tu was Du willst. Wenn etwas aus Liebe geschieht, kann es nicht falsch sein. Erinnern wir uns immer wieder daran, wie Jesu Umgang mit der Schuld ausgesehen hat: „Frau, hat Dich niemand verurteilt? Auch ich verurteile Dich nicht.“ Wir sind seit Ostern Erlöste. Daran möchte uns die heutige Textstelle erinnern.

Br. Benjamin Altemeier OSB

Er hat den Schuldschein, der gegen uns sprach, durchgestrichen und seine Forderungen, die uns anklagten, aufgehoben. (Kol 2,14 – ganze Tageslesung: Kol 2,8-15)

Wo ich weiß, dass mir all meine Verfehlungen vergeben sind, ist es mir möglich, als freier Mensch zu leben! Zu dieser Freiheit hat Christus uns befreit!

Es ist allerdings keine Freiheit, die zum Ziel hätte, dass ich nach meinem eigenen Gutdünken handle, denn gerade das wäre, nach biblischem Verständnis, noch ein sehr unfreies Verhalten.

Nein, vielmehr geht es hierbei um die Freiheit, die dazu führt, Gutes zu tun, Gott zu ehren und meinen Nächsten zu lieben, wie mich selbst.
An solchem befreiten, guten Handeln wird man erkennen, dass jemand Christ ist!

Auch alle anderen Verbote, Selbstkasteiungen etc. sind bloß menschliche Satzungen und Lehren (Kol 2,22f), die vor Gott keine Ehre einbringen, sondern nur der Befriedigung irdischer Eitelkeit dienen (23). Insofern sind sie nutzlos und entsprechen nicht einem christlichen Leben.

Ein Christ soll nicht das Irdische suchen, sondern nach dem Himmlischen streben! Da Christus mich befreit hat, möchte ich ihm antworten und ihm entgegeneilen!

Br. Josef Ellendorff OSB

Ich will euch nämlich wissen lassen, was für einen schweren Kampf ich für euch und die Gläubigen in Laodizea zu bestehen habe, auch für alle anderen, die mich von Angesicht nie gesehen haben. Dadurch sollen sie getröstet werden, verbunden in der Liebe, um die tiefe und reiche Einsicht zu erlangen und das Geheimnis Gottes zu erkennen, das Christus ist. In ihm sind alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen. Das sage ich, damit euch niemand durch Überredungskünste täuscht. Denn wenn ich auch leiblich fern von euch bin, im Geist bin ich doch bei euch. Mit Freude sehe ich, wie fest und geordnet euer Glaube an Christus ist. Ihr habt also Christus Jesus als Herrn angenommen. Darum führt auch, wie es ihm entspricht, euren Lebenswandel! Bleibt in ihm verwurzelt und auf ihn gegründet, gefestigt durch den Glauben, in dem ihr unterrichtet wurdet! Seid voller Dankbarkeit! (Kol 2,1-7)

Bleibt in IHM verwurzelt – Gott nur genügt!

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

nach ihrem Tod fand man im Gebetbuch der Hl. Teresa von Ávila einen kleinen, mit der Hand geschriebenen Text, den sie wohl immer wieder gesprochen hat: „Nichts soll dich verstören, nichts dich erschrecken, alles vergeht“, heißt es da. Und Teresa von Ávila formulierte weiter: „Gott ändert sich nicht. Geduld erlangt alles; wer Gott hat, dem fehlt nichts.“
Vielleicht hat sie sich mit diesen Gedanken immer wieder ermutigt, den Weg der Nachfolge Jesu treu weiterzugehen und in IHM verwurzelt zu bleiben, denn sie schließt ihren Text mit den Worten: „Sólo Dios basta – Gott nur genügt.“
Vielleicht hat sich Teresa mit diesen Gedanken aber auch einfach in Erinnerung gerufen, was sie selbst im Psalm 1 immer wieder gebetet hat. Nämlich wie ein Baum am Wasser gepflanzt zu sein und dadurch reiche Frucht zu bringen.
Vielleicht hätte dann der Apostel Paulus auch zu Ihr gesagt: „Mit Freude sehe ich, wie fest und geordnet dein Glaube an Christus, an Gott ist“ (vgl. Kol 2,5).

Bleiben für mich und uns heute die Fragen:

• Wie fest und geordnet ist mein Glaube an Christus, an Gott?
• Welchen handgeschriebenen Text habe ich in meinem Gebetbuch?
• Mit welchen Worten mache ich mir selbst immer wieder Mut, im Glauben weiterzugehen?
• Kann ich auch sagen: „Sólo Dios basta – Gott nur genügt?“

Erst durch Gott bekommt für mich alles einen Sinn und alles, was ich erlebe eine Tiefe.
Deshalb möchte ich in IHM verwurzelt bleiben und bitte euch, helft mir dabei!

Gute gemeinsame Wege und heute einen guten Tag
wünscht
P. Cornelius Wanner OSB

Lesung: 1 Joh 5,1-5
Evangelium: Joh 19,19-31

von P. Abraham Fischer OSB

„Unserm Herzen soll die Stunde ewig unvergesslich sein. Mit dem Herzen, mit dem Munde schwören wir Gott treu zu sein. Dieses Tages, dieser Pflicht wollen wir vergessen nicht…“

Viele von uns – liebe Schwestern, liebe Brüder – kennen diesen Satz.

Als ich vor 47 Jahren selber in einem wunderschönen Samtanzug mit Rüschenhemd – es waren die 1970er Jahre – gemeinsam mit über 40 Erstkommunionkindern die Altarstufen hinaufschritt, da sangen wir genau dieses Lied und waren sehr im Herzen berührt davon.

Der „Weiße Sonntag“ trägt diesen Namen vermutlich, weil die an Ostern Neugetauften eine Woche lang die weißen Taufgewänder trugen und auf diese Weise verinnerlichen konnten, welchen Weg sie an Ostern eingeschlagen hatten. So kann auch uns, die wir als Kinder zur Erstkommunion gingen, dieser Name an unseren Glaubensweg erinnern. Wir könnten diese Erinnerungen und ihre in der Tat unvergessliche emotionale Tiefe nutzen, um innezuhalten und um über den Stand der Dinge nachzudenken.

Denn Erinnerung vertut eine große Chance, wenn sie nur als Vergangenheit wahrgenommen wird. Das ist Nostalgie. Letztendlich sind große Teile unserer Psyche nichts anderes als gespeicherte Erinnerungen, die uns – mit Gefühlen verknüpft – motivieren und begeistern oder auch hemmen und bremsen. Das sind die großen Leistungen der Psychoanalyse, dass sie den Menschen aus seiner ureigenen persönlichen Biographie wahrnimmt und deren positive wie leider auch negative Auswirkungen auf die Gegenwart verstehen lehrt.

Erinnern oder präziser verlebendigen ist der Grundzug allen Glaubens. Weil Religion an sich umfassend – also wahrlich katholisch – ist, kann man diesen Zug in fast allen Religionen finden. Die Buchreligionen Judentum, Christentum und Islam überliefern Texte und vor allem Geschichten, wie Menschen in der Vergangenheit ihren Glaubensweg gegangen sind. Sie teilen mit, was Menschen vorderer Generationen bewegt hat, wie sie Leben bewältigen konnten, wie sie Freude veränderte und wie sie durch Leid und Endlichkeitserfahrung geprägt immer wieder Schritte zum Leben fanden. Die Geschichten Gottes mit den Menschen und die Erzählung über Jesus den Christus bewegen nach wie vor viele suchende Menschen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, historische Fakten zu tradieren, sondern es geht eher darum, Zeugnisse und persönliche Erfahrungen für andere fruchtbar zu machen. Religion kann nicht objektiv sein sondern sie ist immer ein persönlicher Weg.

Es geht im Glauben nicht mehr nur um ein Erinnern persönlicher Erfahrungen, sondern vielmehr um ein kollektives Gedächtnis menschlichen Lebens und Ringens. Sie befördert Menschheitserinnerung. Unzählige Erfahrungen von Menschen bilden sozusagen das Menschsein an sich ab und wir einzelne können daraus wieder Wege für das eigene Leben finden, wie auch eigene Erfahrungen deuten und umfassender verstehen.

Der Glaubensweg des Thomas wird uns im heutigen Evangelium erzählt. Der Inhalt ist schlicht und schnell begriffen: Die Jünger machen eine außergewöhnliche spirituelle Erfahrung: Sie begegnen dem totgeglaubten Jesus. Er kommt durch verschlossene Türen und erreicht die erstarrten Herzen der Jünger. Durch diese Erfahrung – was immer das auch war – kommen sie in neues Leben und erfahren, dass Tod und Leben durch eine Glaubensbrücke verbunden sind. Die Jünger bestellt Jesus zu Brückenbauern – zu Pontifices. Thomas verpasst das – aus welchem Grund auch immer. Als die anderen ihm berichten, weigert er sich, ihnen zu glauben. Erst als er dieselbe Erfahrung macht wie die anderen, kann er seine Vorstellungen ändern: Sein Todesglaube wird zum Lebensvertrauen!

Es gibt Dinge, die uns zu Ohren kommen und die einfach unfassbar bleiben. Das kennen wir aus der eigenen Erfahrung. Dann besteht die Herausforderung darin, jenen zu glauben, die die Zusammenhänge berichten. Im Gericht spricht man von Zeugen, die einen Tathergang schildern und dem Richter Rede und Antwort zu stehen haben.

Das ist keinem Menschen fremd: wir kennen das aus unseren inneren Gerichtsdialogen, die wir führen. Da gibt es immer viele Stimmen und Aspekte. Manchmal wird es daher schwer, sich zum Tun durchzuringen.

Thomas‘ Einwände spiegeln unsere Seele wieder! Er ist ein Beispiel für unsere eigene Suche, für unser Ringen um Vertrauen. Thomas ist – wie übrigens alle Jünger und Apostel – gerade in seiner Gebrochenheit – ein Bild des Menschen, wie er nun einmal ist. Immer wieder verpasst er wichtige Situationen und braucht seinen persönlichen Weg der Vergewisserung. Die Geschichte mit den Wundmalen wiederholt sich bei der Aufnahme Mariens in den Himmel. Er ist nicht dabei und soll den Jüngern glauben. Erst als Maria ihm erscheint und ihm als materiales Zeichen ihren Gürtel zuwirft, glaubt er. Die wunderschöne spätromanische Skulptur des Thomas in unserem Kapellenkranz bildet das ab.

Und Gott? Was macht Gott mit den Thomasmenschen? Wir Menschen verzweifeln immer wieder an den Grüblern. Sie scheinen permanent zu bremsen und haben auch immer etwas Urtrauriges an sich. Nicht selten stehen sie eher außerhalb der Gemeinschaft.

Das ist der Trost: Gott reagiert nicht menschlich, sondern wahrlich göttlich, indem er sich selber treu bleibt und sich damit als der höchste Vertrauenswürdige zeigt. Das wird in Jesu Tun deutlich. Er verbirgt sich nicht etwa vor Thomas, sondern er zeigt sich Thomas und erfüllt ihm sogar den Wunsch, sich von ihm berühren zu lassen. Es wird an keiner Stelle der Schrift berichtet, dass der Auferstandene angefasst wird – nur in den Thomasgeschichten. Zur weinenden Maria Magdalena sagt er „noli me tangere“ – fass mich nicht an – halte mich nicht fest. Thomas wird diese Bitte erfüllt, nicht nur weil er dadurch zum Glauben kommt, sondern weil er anscheinend einer ist, der einmal Erkanntes nicht mehr festhalten muss. Er ist ein Handfester. Sein Glaube ist am Schluss tief und stark und er wird zu einem großen Zeugen des Glaubens an den lebensspendenden Gott. Er hat andere begeistert und es wird ihm zugeschrieben, den indischen Kontinent mit der Botschaft der Auferstehung in einer sehr eigenen Art missioniert zu haben. Wie alle Apostel – gebrochene, endliche Menschen – ist er am Ende für die Botschaft gestorben.

Glaube erwächst eher nicht aus uns selbst, sondern wir werden angesteckt – in diesen Tagen der Pandemie ein zwielichtiges Wort, ich weiß – aber wir werden angesteckt von Menschen, die Glauben authentisch leben. Es beginnt ein Weg. Und oft glimmt das Feuer nur schwach… wir können aber zu einem Oster-Feuer werden, dass die Nacht erhellt.  Amen. Halleluja!

Tageslesung: Psalm 116

Mich umfingen Fesseln des Todes,
Drangsal der Unterwelt befiel mich,
ich erfuhr Bedrängnis und Kummer.
Da rief ich den Namen des Herrn an:
Ach Herr, rette mein Leben. 

Der Herr behütet die schlichten Herzen.
Ich war schwach und gering, – er brachte mir Hilfe.
Ja, du hast mein Leben dem Tode entrissen,
mein Auge den Tränen, meinen Fuß dem Straucheln. 

Ich glaube,
auch wenn ich sagen muss:
Ich war zutiefst erniedrigt,
ich sagte, als ich in Bedrängnis war:
Die Menschen lügen alle.“

Diese Verse des 116. Psalms, welchen wir in der Osteroktav jeden Tag gebetet haben, zeigen mir erneut, dass Gott besonders dort helfen kann, wo ich meine Schwäche zugebe.

Eine Freundin fragte mich vor kurzem: „Warum ist das Symbol für das Christentum eigentlich das Kreuz? Ist das nicht sogar fast makaber?“

Es ist wahr:
Im Mittelpunkt jeder katholischen Kirche erwartet den Gast das Bild einer am Kreuz hängenden Leiche. Im Zentrum unseres Glaubens steht der menschgewordene, als Verbrecher hingerichtete Sohn Gottes. Zwar „relativieren“ eine Fülle von anderen Bildern, Gemälden, Symbolen und Skulpturen den Schrecken dieses Anblicks – sie vermitteln, dass der Tod in unserem Glauben nicht das letzte Wort hat. Aber umso seltsamer ist es doch, dass nicht der Auferstandene das Zentrum beherrscht, sondern der Tote.

Gott entscheidet sich, Mensch zu werden, doch mit welch radikaler Konsequenz! Er wird in ärmlichsten Verhältnissen im Stall geboren und stirbt als Verurteilter. Der heutige Psalm zeigt auf, dass Gottes Gnade stärker wirken kann, je größer die Not ist.

„Wie kann ich dem Herrn vergelten
all das Gute, das er mir erwiesen?
Ach Herr, ich bin doch dein Knecht,
dein Knecht bin ich, der Sohn deiner Magd.
Gelöst hast du meine Fesseln.“

Ich stelle mir vor, wie Jesus selbst den Psalm betet, nachdem er auferstanden ist, im Rückblick auf seinen Kreuzweg. Es wird im Nachhinein klar, dass sein Vater selbst, nein gerade in diesem Moment bei ihm war.

Das Opfer Christi am erhöhten Kreuz spannt sich über die gesamte Breite, vom „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ im tiefsten Elend bis hin zur Auferstehung in Herrlichkeit. Es füllt die Leere des scheinbaren Nichtvorhandenseins Gottes und versöhnt unsere kaputte Welt mit dem dreifaltigen Gott. In der Wahrnehmung und Akzeptanz unseres Geschwächtseins und unserer Schwächen, ja im Erhöhen jener am Kreuz liegt die Chance wirklicher Heilung, die Auferstehung.

Br. Jonathan von Holst OSB

Ihr Diener bin ich geworden gemäß dem Heilsplan Gottes, um an euch das Wort Gottes zu erfüllen. (aus Kol 1,24-29)

Vor kurzem habe ich eine Reportage über ein Grandhotel in Genf gesehen. Der Portier des Hotels berichtete in einem Interview offen und leidenschaftlich über seine Liebe zu seinem Beruf. Ganz selbstverständlich erzählt er, dass er schon immer gerne anderen Menschen gedient hat.
Das ist sicher für viele von uns nicht ganz leicht nachzuvollziehen. Dienen, da muss man sich doch klein machen, oder wird man kleingemacht, und überhaupt, was hat man selbst davon?
In einer anderen Dokumentation reist ein junger Mann mit dem Fahrrad durch den Iran, und das im Jahr 2019. Ständig wird er von Fremden zum Tee oder zum Essen eingeladen, bietet man ihm ein Nachtquartier an. In einem Dorf lassen ihn die Bewohner sogar in ihrer Moschee schlafen, weil es nachts draußen zu kalt zum Zelten ist. Das entspricht alles nicht den Vorurteilen, die wir dem Iran normalerweise gegenüber haben.
Die Liebe zu dienen, oder einem Fremden zu helfen, dem Gast ein Freund zu sein,  ist in vielen Kulturen selbstverständlich.
Einem Menschen zu helfen, ihm die Sicherheit zu geben, wenn er sich unsicher fühlt, ihn willkommen zu heißen, sind scheinbar einfache Dinge, die aber viel bewirken können.
Das Heil Gottes fängt nicht erst in einer Kirche beim Gottesdienst an. Es beginnt an unserer Haustür, und manchmal klingelt es sogar an unserer Tür.
„Wer einem anderen die Hände reicht, bringt Segen über sein Haus“, heißt ein arabisches Sprichwort.
Im Benediktinischen ist die Gastfreundschaft elementar, und gerade in jedem Fremden soll man Christus sehen. Das ist nicht immer leicht, aber es hält ein Kloster lebendig.
Es ist schon seltsam, dass in einer Dienstleistungsgesellschaft das Dienen keinen guten Stand hat. Dabei ist es doch eigentlich seine Quelle.
Dem Heil zu dienen, heißt letztendlich Menschen zu dienen.
Ein Haus, in dem niemand dienen möchte, das seine Türen verschließt, und in dem das  Heil exklusiv ist, wird nicht viele Gäste sehen.

Br. Balthasar Hartmann OSB

Tageslesung: Kol 1,15-23

Wie konnte Jesus von Nazareth durch seinen Tod und seine Auferstehung uns Menschen heute erlösen, von unserer Schuld und unserem uns allen bevorstehenden Tod?

Darauf gibt der Kolosserbrief die Antwort: Weil Jesus das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung ist. Und weiter: Er ist vor aller Schöpfung und in ihm hat alles Bestand.

Er hat also die Macht, die auch Gottes Macht ist, uns von der Schuld zu erlösen und uns in die Ewigkeit Gottes zu geleiten.

Das ist eigentlich der Markenkern der Kirche: Schuld zu vergeben und den Menschen eine Perspektive über den Tod hinaus zu geben. Und dann steht auch weiter im Kolosserbrief, dass Jesus das Haupt des Leibes ist, der Leib aber ist die Kirche.

Eigentlich selbstverständlich. Aber buchstabieren wir das durch. Jesus ist das Haupt der Kirche, er ist der, der den Pharisäern unerschrocken gegenübertritt und sie daran erinnern will: Urteilt nicht, dann werdet auch ihr nicht verurteilt werden.

Urteilt nicht – ist das nicht eine Botschaft an die Kirche unserer Zeit? Nicht das Urteil zu sprechen ist Aufgabe der Kirche, sondern die Menschen in ihren Lebenslagen und Lebensfragen zu begleiten.

Erinnern wir uns daran, dass der verherrlichte Christus eins ist mit dem Jesus von Nazareth, der dem verlorenen Schaf nachgeht, der auch den Menschen über den Sabbat stellt und damit den Menschen über das Gesetz stellt.

Br. Benjamin Altemeier OSB

Tageslesung: Kol 1,1-14

Einst am Anfang hat Gott das Licht von der Finsternis geschieden. Einst an Ostern war derselbe Gott bei der Auferstehung Jesu am Werk. Schöpfungsgeschichte und Osterbotschaft sind miteinander tief vernetzt. Die Osterbotschaft knüpft über den Graben menschlicher Unheilsgeschichte hinweg an Gottes Schöpfungshandeln an. Ostern ist für uns so bedeutsam wie Gottes erstmalige Schöpfung. Wie Gott einst aus dem Chaos eine lebensfreundliche Welt hervorrief, so setzt er heute in die finsteren Momente der Menschheit sein Licht der Liebe, dessen Flamme Ostern ist. Ein neuer Morgen, der mit der Nacht beginnt und doch das Licht bereits in sich trägt. In der Morgendämmerung des Ostertages ereignet sich noch einmal das, was den ersten Tag der Schöpfung ausmachte: das Herbeirufen des Lichts. Durch die Auferstehung von Jesus, dem Licht der Welt, hat Gott uns endgültig „der Nacht der Finsternis entrissen und hat uns aufgenommen in das Reich seines geliebten Sohnes“ (Kol 1,13). Ostern haben wir eine Wohnung bei Gott durch Christi Auferstehung geschenkt bekommen. Eine Wohnung auf der lichtvollen, der Sonnenseite des Lebens. Ostern heißt wohnen. Wohnst du schon und lebst du auch?

Br. Benedikt Müller OSB

Dann führte Jesus seine Schüler und Freunde an einen Ort in der Nähe vom Ort Betanien. Da angekommen, hob er die Hände hoch und betete für sie. Und während er das tat, wurde Jesus langsam vor ihren Augen in den Himmel gehoben. Sie warfen sich vor ihm hin, beteten zu ihm und dankten ihm für alles, was er für sie getan hatte. Danach gingen sie wieder nach Jerusalem und waren total glücklich. Immer wieder gingen sie in den Tempel, freuten sich über Gott und dankten ihm für die vielen guten Sachen, die er tat. (Lk 24,50-53 nach der „Volxbibel“)

Eine Abschiedsszene. Nach der Auferstehung und den verschiedenen Begegnungen mit seinen Jüngerinnen und Jüngern verlässt Jesus diese endgültig. Zumindest im irdisch erfahrbaren Sinn. Es ist die Szene der „Himmelfahrt“. Eine gute Dramaturgie.
Und das war‘s dann?
Nun gut – immer wieder gehen sie in den Tempel, beten und danken. Das war’s??
Bei diesen Zeilen des Lukas am Ende seines Evangeliums muss ich immer wieder an uns denken. Wir haben unsere Erfahrungen mit Gott, mit Jesus. Schön, sich gesegnet zu fühlen. Da kann ich mich freuen und „Danke“ sagen.
Gut, dass die anderen Evangelien und andere Quellen diese Situation anders erzählen! Sie sprechen von einem Sendungsauftrag. „Geht hin in alle Welt …“
Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir das nicht mehr so gerne hören. Ist „freuen“ und „danken“ nicht genug?
Ich fühle mich doch gesegnet, angenommen, geliebt … Ja, das ist etwas Wunderbares. Und genau deshalb möchte ich davon erzählen. „Wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund.“ (vgl. Lk 6,45)
Aber: haben wir heute noch den Mut dazu? In unserem ganz normalen Alltag, in der Begegnung mit Menschen, auf der Straße, in Versammlungen – wie die Jünger nach den anderen Überlieferungen? Oder ziehen wir uns lieber in den Tempel, in unsere Kirche, ins persönliche Gebet zurück?
Nur am Rande: hätten das die Jünger damals tatsächlich getan, hätte uns die frohe Botschaft nicht erreicht. Also: wollen wir, dass sie auch zukünftige Generationen erreicht?

P. Guido Hügen OSB

Darauf öffnete er ihren Sinn für das Verständnis der Schriften. (Lk 24,45 – ganze Lesung: Lk 24,36-49)

Was mir bei den biblischen Erzählungen der Erscheinungen des Auferstandenen vor seinen Jüngern auffällt, ist, dass Jesus oft als „Exeget“ auftritt, als einer, der seinen Jüngern die Schriften Israels auslegt. Schon bei der Erzählung über die Emmausjünger war das so, und auch in der heutigen Perikope ist es ähnlich. Jesus sagt es hier ganz deutlich: „Alles muss in Erfüllung gehen, was im Gesetz des Mose, bei den Propheten und in den Psalmen über mich geschrieben steht.“ Hier haben wir übrigens eine erste Beschreibung des Dreiklangs unseres heutigen Alten Testaments, das auch Tanach genannt wird – eine Wortschöpfung, die gebildet wird aus den hebräischen Begriffen Tora (das Gesetz des Mose), Nebiim (die Propheten) und Ketubim (die „Schriften“ der jüdischen Weisheitsliteratur, zu denen vor allem die Psalmen gehören).

Mit der Auferstehung bzw. Auferweckung mag zwar etwas Neues geschehen sein, was es vorher noch nie gegeben hat (erst die Spätschriften des Alten Testaments kennen eine Hoffnung auf die Auferstehung der Toten am Ende der Zeiten), aber dieses Neue ereignet sich auf dem Boden des Judentums. Jesus ist nicht gekommen, um das Judentum abzuschaffen oder um es durch eine andere Religion zu ersetzen. Er war selbst Jude und ist in den Traditionen seines Volkes aufgewachsen. Die Schriften Israels sind der Nährboden, von dem her die umstürzende Erfahrung der Auferstehung verstanden und ausgelegt werden kann. Deshalb will Jesus seinen Jüngern den Sinn für das Verständnis ihrer Schriften neu öffnen.

Im Lauf der Geschichte hat sich das Christentum immer mehr vom Judentum seiner Zeit gelöst – mit tragischen Folgen in den jüdisch-christlichen Beziehungen. Die Tochter löste sich immer mehr von der Mutter – und brach oft völlig mit ihr, ja, gab der Mutter die Schuld für alles, was bei der Tochter nicht aufgearbeitet war – ein bekanntes psychologisches Muster. Erst seit dem II. Vatikanischen Konzil wächst das Verständnis dafür, dass es die jüdischen Wurzeln sind, die auch uns tragen. So etwas wie „Judenmission“ kann es nicht geben. Kann man sich so einfach von den eigenen Wurzeln lossagen?

Jesus bleibt auch als Auferstandener eingebettet in die Traditionen seines Volkes und seiner Religion. Nur wer die Schriften Israels kennt und immer neu um ihr Verständnis bemüht ist, kann auch das Neue der Auferstehung verstehen. Deshalb beten wir Mönche auch täglich die Psalmen, die alten jüdischen Gebete, die so reich sind an menschlicher Erfahrung, um uns über die Jahre „hineinzubeten“ in unsere Wurzeln, die uns bis heute tragen und die wir nie abschneiden dürfen.

P. Maurus Runge OSB