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…und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar. (aus Psalm  23)

Viele Menschen kennen den 23. Psalm auswendig und bei vielen Beerdigungen wird er gesungen und am Grab gebetet. Für mich ist der Psalm mit seiner Rede von den grünen Auen und dem Ruheplatz am frischen Wasser ein Bild für das Leben nach dem Tod, so wie ich es mir vorstelle: Über der grünen Wiese, auf der der Tau eines neuen und ganz anderen Morgens glänzt, leuchtet die österliche Sonne der Ewigkeit.

Das finstere Tal des Todes ist bereits durchschritten und selbst da war ich nicht alleine: „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir.“

Mich tröstet dieser Psalm in einer Zeit, in der die Zahlen der Corona-Toten immer weiter steigen. Es fällt mir schwer und treibt mir die Tränen in die Augen, darüber nachzudenken, wie viele von ihnen einsam gestorben sind. Und wie viel Schmerz, Trauer und Wut es bei denen geben muss, die ihre liebsten Menschen in diesen Stunden nicht noch einmal sehen konnten, um Abschied zu nehmen.

Mich tröstet die Vorstellung, dass es für die Verstorbenen jenseits unserer Welt und Zeit diesen Frühling der Auferstehung geben wird: Dass ihnen der Tisch gedeckt sein wird und sie bereits erwartet werden.

Und mich trägt in meinem Leben die Hoffnung, dass auch ich einmal in dieses Haus des Vaters heimkehren werde, wo ich schon erwartet werde und in dem ich bleiben darf immerdar…

Br. Vincent Grunwald OSB

12 Bekleidet euch also, als Erwählte Gottes, Heilige und Geliebte, mit innigem Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Geduld! 13 Ertragt einander und vergebt einander, wenn einer dem anderen etwas vorzuwerfen hat! Wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr! 14 Vor allem bekleidet euch mit der Liebe, die das Band der Vollkommenheit ist!

(Kol 3,12-14 – Gesamttext der Tageslesung: Kol 3,12-17)

„Den Nächsten lieben,“ kann man die Worte aus dem Brief an die Gemeinde in Kolossä zusammenfassen. Nach den Worten Jesu fehlt dann nur noch: „wie dich selbst.“ (vgl. z.B. Mk 12,31) Leider haben wir die Aufforderung Jesu wie Paulus oft verengt nur auf den Nächsten.

Aber ja: liebe dich selbst! Nimm dich an, wie du bist – damit du andere annehmen kannst, wie sie sind. Und mehr noch: damit du für sie (und für Gott) so da sein kannst, wie du bist. Mit deinen Fähigkeiten und Eigenschaften, mit Grenzen und Stärken.

Deshalb: sei gut zu dir, gönne dich dir selbst: dann wirst du auch zu anderen gut sein. (vgl. Sir 14,5) Denn: auch Gott liebt dich und nimmt dich an!

Wenn das für dich keine Floskel ist, dann hat das die „Konsequenzen“, die Paulus aufzeigt. Sie zeigen sich noch einmal aufmunternder in der Übersetzung der „Volxbibel“:

Wie Christen drauf sein sollen

12 Weil Gott euch ausgesucht hat, weil ihr etwas ganz Besonderes seid und weil Gott euch ohne Ende liebt, könnt ihr auch anders miteinander umgehen! Ihr könnt euch wirklich lieben und nett zueinander sein. Ihr müsst euch selber nicht so wichtig nehmen. Achtet lieber darauf, dass andere nicht zu kurz kommen. Und geht entspannt und geduldig miteinander um!
13 Streitet euch nicht, und wenn euch jemand geärgert hat oder mies zu euch war, dann seid bereit, ihm das zu vergeben. Das hat Jesus ja schließlich auch getan.
14 Hey, Leute, am wichtigsten ist es echt, sich zu lieben! Wenn ihr die Liebe nicht habt, dann fehlt euch das Beste.
15 Jesus hat euch ermöglicht, Frieden mit Gott zu haben. Darum soll dieser Frieden euer ganzes Leben bestimmen. Gott möchte, dass das bei eurer ganzen Gemeinde der Fall ist. Dafür könnt ihr ihm echt danken.
16 Sorgt dafür, dass die gute Nachricht von Jesus bei euch immer wieder erzählt wird. Lasst euch erklären, was sie bedeutet. Macht euch gegenseitig Mut, indem ihr zusammen Lieder zu Gott singt, Psalmen betet oder einfach Musik für Gott macht. Ihr habt doch genug Grund dazu, oder?
17 Egal, was ihr macht, ob ihr gerade redet oder irgendwas arbeitet, macht alles so, dass Jesus seine Unterschrift drunter setzen könnte, und bedankt euch dabei bei eurem Papa im Himmel.

P. Guido Hügen OSB

5 Darum tötet, was irdisch an euch ist: Unzucht, Unreinheit, Leidenschaft, böse Begierde und die Habsucht, die Götzendienst ist! 6 All das zieht den Zorn Gottes nach sich. 7 Einst war auch euer Lebenswandel von solchen Dingen bestimmt, ihr habt darin gelebt. 8 Jetzt aber sollt auch ihr das alles ablegen: Zorn, Wut, Bosheit, Lästerung und schmutzige Rede, die aus eurem Munde kommt. 9 Belügt einander nicht; denn ihr habt den alten Menschen mit seinen Taten abgelegt 10 und habt den neuen Menschen angezogen, der nach dem Bild seines Schöpfers erneuert wird, um ihn zu erkennen. 11 Da gibt es dann nicht mehr Griechen und Juden, Beschnittene und Unbeschnittene, Barbaren, Skythen, Sklaven, Freie, sondern Christus ist alles und in allen. (Kol 3,5-11)

Wenn heute jemand von der Vision eines „neuen Menschen“ spricht, dann werde ich zunächst einmal skeptisch. Zu sehr muss ich an historische Erfahrungen denken, wo auch das Bild eines neuen Menschen entworfen wurde, eines „Übermenschen“ – mit der Folge, dass alles, was nicht in dieses Bild passte, gnadenlos vernichtet werden musste.

Die Vision, mit der der heutige Abschnitt des Kolosserbriefes endet, ist anders. Da wird die Welt nicht mehr eingeteilt in „Über- und Untermenschen“, da gibt es keine Abgrenzung mehr zwischen Nationalität, Religion oder Stand eines Menschen.

„Christus ist alles und in allen.“ Das macht den entscheidenden Unterschied. Nicht wir müssen die Menschen einteilen und klassifizieren, nicht wir müssen den neuen Menschen aus eigener Kraft schaffen – das führt irgendwann in die Unmenschlichkeit. Nein, wir dürfen den „neuen Menschen“ anziehen, weil er uns geschenkt wird. Wenn wir in Christus leben, im Bewusstsein, dass wir alles von Ihm haben, dann brauchen wir uns nicht als Über- oder Untermenschen zu fühlen, sondern dürfen einfach Mensch sein…

P. Maurus Runge OSB

Tageslesung: Kol 3,1-4

Ihr seid mit Christus auferweckt…

Und euer Leben ist mit Christus verborgen in Gott.

Der Kolosserbrief versucht in unterschiedlichen Nuancen, die Existenz des Christen zu umkreisen. Durch unsere Taufe tragen wir als Christen unzerstörbares Leben bereits jetzt in uns. Bildlich ausgedrückt heißt das, dass wir Träger eines unzerstörbaren und göttlichen Lebenskeimes in uns sind. Diese Sicht kann ein Fundament bilden, tiefer, freier und lebensbejahender unser derzeitiges Leben zu gestalten. Das Himmlische, somit das Göttliche ist nicht nur „oben“, sondern bereits in unseren Herzen. Unsere Herzen können demnach nicht anders als Güte und Liebe zu leben. Diese bilden unseren göttlichen Ausdruck in dieser Welt, da ja Güte und Liebe Gott vergegenwärtigen. Wir sind von Gott Beschenkte und werden selbst zum Geschenk für diese Welt, wo wir dem Leben dienen. Wir haben Anteil am Wesen Jesu Christi. Die volle Fülle göttlichen Lebens bleibt unser Ziel.

Einen weiteren Hinweis halte ich für bedenkenswert. Unser je eigenes Leben mit all seinen Brüchen und Leiderfahrungen, aber auch mit den beglückenden Erfahrungen ist bereits verbunden mit Gott, in der Existenz Gottes aufgehoben. Jetzt schon sind wir als erlöste Menschen in Gottes Gegenwart geborgen.

Mich tröstet es, um diese tiefe Geborgenheitserfahrung zu wissen.

Br. Emmanuel Panchyrz OSB

16 Darum soll euch niemand verurteilen wegen Speise und Trank oder wegen eines Festes, ob Neumond oder Sabbat. 17 Das alles ist nur ein Schatten von dem, was kommen wird, die Wirklichkeit aber ist Christus. 18 Niemand soll euch den Kampfpreis absprechen, der sich gefällt in Unterwürfigkeit und Verehrung, die er den Engeln erweist, der als Eingeweihter mit Visionen prahlt und sich ohne Grund nach weltlicher Art wichtig macht. 19 Er hält sich nicht an das Haupt, von dem aus der ganze Leib durch Gelenke und Bänder versorgt und zusammengehalten wird und durch Gottes Wirken wächst. 20 Wenn ihr mit Christus den Elementarmächten der Welt gestorben seid, warum lasst ihr euch dann, als würdet ihr noch in der Welt leben, vorschreiben: 21 Berühre das nicht, iss das nicht, fass das nicht an! 22 Das alles wird verbraucht und dadurch vernichtet. Menschliche Satzungen und Lehren sind es. 23 Man sagt zwar, in ihnen liege Weisheit, es sei freiwillige Frömmigkeit und Unterwürfigkeit, den Leib nicht zu schonen. Doch das bringt keine Ehre ein, sondern dient nur zur Befriedigung irdischer Eitelkeit. (Kol 2,16-23)

Die Textstelle fasst für mich sehr gut zusammen, worum es bei Paulus immer wieder geht: die Freiheit, die wir gewonnen haben durch Tod und Auferstehung Jesu nicht wieder zu verlieren. Nicht wieder in die Unfreiheit einer formalen Gesetzesfrömmigkeit zu verfallen. Nährboden der Unfreiheit aber ist die Angst. Die Angst, etwas falsch zu machen. Sei es im Kult, sei es durch Speisen, sei es durch Begegnungen und Berührungen. Der Umgang mit der Angst, die in die Unfreiheit führt, ist geprägt durch Jesu Umgang mit den Vorschriften des Gesetzes, die er immer wieder bewusst verletzt. Bei Augustinus heißt es: Liebe und tu was Du willst. Wenn etwas aus Liebe geschieht, kann es nicht falsch sein. Erinnern wir uns immer wieder daran, wie Jesu Umgang mit der Schuld ausgesehen hat: „Frau, hat Dich niemand verurteilt? Auch ich verurteile Dich nicht.“ Wir sind seit Ostern Erlöste. Daran möchte uns die heutige Textstelle erinnern.

Br. Benjamin Altemeier OSB

Er hat den Schuldschein, der gegen uns sprach, durchgestrichen und seine Forderungen, die uns anklagten, aufgehoben. (Kol 2,14 – ganze Tageslesung: Kol 2,8-15)

Wo ich weiß, dass mir all meine Verfehlungen vergeben sind, ist es mir möglich, als freier Mensch zu leben! Zu dieser Freiheit hat Christus uns befreit!

Es ist allerdings keine Freiheit, die zum Ziel hätte, dass ich nach meinem eigenen Gutdünken handle, denn gerade das wäre, nach biblischem Verständnis, noch ein sehr unfreies Verhalten.

Nein, vielmehr geht es hierbei um die Freiheit, die dazu führt, Gutes zu tun, Gott zu ehren und meinen Nächsten zu lieben, wie mich selbst.
An solchem befreiten, guten Handeln wird man erkennen, dass jemand Christ ist!

Auch alle anderen Verbote, Selbstkasteiungen etc. sind bloß menschliche Satzungen und Lehren (Kol 2,22f), die vor Gott keine Ehre einbringen, sondern nur der Befriedigung irdischer Eitelkeit dienen (23). Insofern sind sie nutzlos und entsprechen nicht einem christlichen Leben.

Ein Christ soll nicht das Irdische suchen, sondern nach dem Himmlischen streben! Da Christus mich befreit hat, möchte ich ihm antworten und ihm entgegeneilen!

Br. Josef Ellendorff OSB

Ich will euch nämlich wissen lassen, was für einen schweren Kampf ich für euch und die Gläubigen in Laodizea zu bestehen habe, auch für alle anderen, die mich von Angesicht nie gesehen haben. Dadurch sollen sie getröstet werden, verbunden in der Liebe, um die tiefe und reiche Einsicht zu erlangen und das Geheimnis Gottes zu erkennen, das Christus ist. In ihm sind alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen. Das sage ich, damit euch niemand durch Überredungskünste täuscht. Denn wenn ich auch leiblich fern von euch bin, im Geist bin ich doch bei euch. Mit Freude sehe ich, wie fest und geordnet euer Glaube an Christus ist. Ihr habt also Christus Jesus als Herrn angenommen. Darum führt auch, wie es ihm entspricht, euren Lebenswandel! Bleibt in ihm verwurzelt und auf ihn gegründet, gefestigt durch den Glauben, in dem ihr unterrichtet wurdet! Seid voller Dankbarkeit! (Kol 2,1-7)

Bleibt in IHM verwurzelt – Gott nur genügt!

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

nach ihrem Tod fand man im Gebetbuch der Hl. Teresa von Ávila einen kleinen, mit der Hand geschriebenen Text, den sie wohl immer wieder gesprochen hat: „Nichts soll dich verstören, nichts dich erschrecken, alles vergeht“, heißt es da. Und Teresa von Ávila formulierte weiter: „Gott ändert sich nicht. Geduld erlangt alles; wer Gott hat, dem fehlt nichts.“
Vielleicht hat sie sich mit diesen Gedanken immer wieder ermutigt, den Weg der Nachfolge Jesu treu weiterzugehen und in IHM verwurzelt zu bleiben, denn sie schließt ihren Text mit den Worten: „Sólo Dios basta – Gott nur genügt.“
Vielleicht hat sich Teresa mit diesen Gedanken aber auch einfach in Erinnerung gerufen, was sie selbst im Psalm 1 immer wieder gebetet hat. Nämlich wie ein Baum am Wasser gepflanzt zu sein und dadurch reiche Frucht zu bringen.
Vielleicht hätte dann der Apostel Paulus auch zu Ihr gesagt: „Mit Freude sehe ich, wie fest und geordnet dein Glaube an Christus, an Gott ist“ (vgl. Kol 2,5).

Bleiben für mich und uns heute die Fragen:

• Wie fest und geordnet ist mein Glaube an Christus, an Gott?
• Welchen handgeschriebenen Text habe ich in meinem Gebetbuch?
• Mit welchen Worten mache ich mir selbst immer wieder Mut, im Glauben weiterzugehen?
• Kann ich auch sagen: „Sólo Dios basta – Gott nur genügt?“

Erst durch Gott bekommt für mich alles einen Sinn und alles, was ich erlebe eine Tiefe.
Deshalb möchte ich in IHM verwurzelt bleiben und bitte euch, helft mir dabei!

Gute gemeinsame Wege und heute einen guten Tag
wünscht
P. Cornelius Wanner OSB

Tageslesung: Psalm 116

Mich umfingen Fesseln des Todes,
Drangsal der Unterwelt befiel mich,
ich erfuhr Bedrängnis und Kummer.
Da rief ich den Namen des Herrn an:
Ach Herr, rette mein Leben. 

Der Herr behütet die schlichten Herzen.
Ich war schwach und gering, – er brachte mir Hilfe.
Ja, du hast mein Leben dem Tode entrissen,
mein Auge den Tränen, meinen Fuß dem Straucheln. 

Ich glaube,
auch wenn ich sagen muss:
Ich war zutiefst erniedrigt,
ich sagte, als ich in Bedrängnis war:
Die Menschen lügen alle.“

Diese Verse des 116. Psalms, welchen wir in der Osteroktav jeden Tag gebetet haben, zeigen mir erneut, dass Gott besonders dort helfen kann, wo ich meine Schwäche zugebe.

Eine Freundin fragte mich vor kurzem: „Warum ist das Symbol für das Christentum eigentlich das Kreuz? Ist das nicht sogar fast makaber?“

Es ist wahr:
Im Mittelpunkt jeder katholischen Kirche erwartet den Gast das Bild einer am Kreuz hängenden Leiche. Im Zentrum unseres Glaubens steht der menschgewordene, als Verbrecher hingerichtete Sohn Gottes. Zwar „relativieren“ eine Fülle von anderen Bildern, Gemälden, Symbolen und Skulpturen den Schrecken dieses Anblicks – sie vermitteln, dass der Tod in unserem Glauben nicht das letzte Wort hat. Aber umso seltsamer ist es doch, dass nicht der Auferstandene das Zentrum beherrscht, sondern der Tote.

Gott entscheidet sich, Mensch zu werden, doch mit welch radikaler Konsequenz! Er wird in ärmlichsten Verhältnissen im Stall geboren und stirbt als Verurteilter. Der heutige Psalm zeigt auf, dass Gottes Gnade stärker wirken kann, je größer die Not ist.

„Wie kann ich dem Herrn vergelten
all das Gute, das er mir erwiesen?
Ach Herr, ich bin doch dein Knecht,
dein Knecht bin ich, der Sohn deiner Magd.
Gelöst hast du meine Fesseln.“

Ich stelle mir vor, wie Jesus selbst den Psalm betet, nachdem er auferstanden ist, im Rückblick auf seinen Kreuzweg. Es wird im Nachhinein klar, dass sein Vater selbst, nein gerade in diesem Moment bei ihm war.

Das Opfer Christi am erhöhten Kreuz spannt sich über die gesamte Breite, vom „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ im tiefsten Elend bis hin zur Auferstehung in Herrlichkeit. Es füllt die Leere des scheinbaren Nichtvorhandenseins Gottes und versöhnt unsere kaputte Welt mit dem dreifaltigen Gott. In der Wahrnehmung und Akzeptanz unseres Geschwächtseins und unserer Schwächen, ja im Erhöhen jener am Kreuz liegt die Chance wirklicher Heilung, die Auferstehung.

Br. Jonathan von Holst OSB

Ihr Diener bin ich geworden gemäß dem Heilsplan Gottes, um an euch das Wort Gottes zu erfüllen. (aus Kol 1,24-29)

Vor kurzem habe ich eine Reportage über ein Grandhotel in Genf gesehen. Der Portier des Hotels berichtete in einem Interview offen und leidenschaftlich über seine Liebe zu seinem Beruf. Ganz selbstverständlich erzählt er, dass er schon immer gerne anderen Menschen gedient hat.
Das ist sicher für viele von uns nicht ganz leicht nachzuvollziehen. Dienen, da muss man sich doch klein machen, oder wird man kleingemacht, und überhaupt, was hat man selbst davon?
In einer anderen Dokumentation reist ein junger Mann mit dem Fahrrad durch den Iran, und das im Jahr 2019. Ständig wird er von Fremden zum Tee oder zum Essen eingeladen, bietet man ihm ein Nachtquartier an. In einem Dorf lassen ihn die Bewohner sogar in ihrer Moschee schlafen, weil es nachts draußen zu kalt zum Zelten ist. Das entspricht alles nicht den Vorurteilen, die wir dem Iran normalerweise gegenüber haben.
Die Liebe zu dienen, oder einem Fremden zu helfen, dem Gast ein Freund zu sein,  ist in vielen Kulturen selbstverständlich.
Einem Menschen zu helfen, ihm die Sicherheit zu geben, wenn er sich unsicher fühlt, ihn willkommen zu heißen, sind scheinbar einfache Dinge, die aber viel bewirken können.
Das Heil Gottes fängt nicht erst in einer Kirche beim Gottesdienst an. Es beginnt an unserer Haustür, und manchmal klingelt es sogar an unserer Tür.
„Wer einem anderen die Hände reicht, bringt Segen über sein Haus“, heißt ein arabisches Sprichwort.
Im Benediktinischen ist die Gastfreundschaft elementar, und gerade in jedem Fremden soll man Christus sehen. Das ist nicht immer leicht, aber es hält ein Kloster lebendig.
Es ist schon seltsam, dass in einer Dienstleistungsgesellschaft das Dienen keinen guten Stand hat. Dabei ist es doch eigentlich seine Quelle.
Dem Heil zu dienen, heißt letztendlich Menschen zu dienen.
Ein Haus, in dem niemand dienen möchte, das seine Türen verschließt, und in dem das  Heil exklusiv ist, wird nicht viele Gäste sehen.

Br. Balthasar Hartmann OSB

Tageslesung: Kol 1,15-23

Wie konnte Jesus von Nazareth durch seinen Tod und seine Auferstehung uns Menschen heute erlösen, von unserer Schuld und unserem uns allen bevorstehenden Tod?

Darauf gibt der Kolosserbrief die Antwort: Weil Jesus das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung ist. Und weiter: Er ist vor aller Schöpfung und in ihm hat alles Bestand.

Er hat also die Macht, die auch Gottes Macht ist, uns von der Schuld zu erlösen und uns in die Ewigkeit Gottes zu geleiten.

Das ist eigentlich der Markenkern der Kirche: Schuld zu vergeben und den Menschen eine Perspektive über den Tod hinaus zu geben. Und dann steht auch weiter im Kolosserbrief, dass Jesus das Haupt des Leibes ist, der Leib aber ist die Kirche.

Eigentlich selbstverständlich. Aber buchstabieren wir das durch. Jesus ist das Haupt der Kirche, er ist der, der den Pharisäern unerschrocken gegenübertritt und sie daran erinnern will: Urteilt nicht, dann werdet auch ihr nicht verurteilt werden.

Urteilt nicht – ist das nicht eine Botschaft an die Kirche unserer Zeit? Nicht das Urteil zu sprechen ist Aufgabe der Kirche, sondern die Menschen in ihren Lebenslagen und Lebensfragen zu begleiten.

Erinnern wir uns daran, dass der verherrlichte Christus eins ist mit dem Jesus von Nazareth, der dem verlorenen Schaf nachgeht, der auch den Menschen über den Sabbat stellt und damit den Menschen über das Gesetz stellt.

Br. Benjamin Altemeier OSB