Blühendes Hoffnungslicht strahlt auf – ein Impuls zu Jes 60,19-22

Es ist dunkel. „Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker“. Viele Orte des Leids und der Enttäuschung können wir heute nennen, das Dunkel in der Welt und das Dunkel in unserem Leben. Die Dunkelheit im Leben. Im Dunkeln sitzen. Eine Erfahrung, die auch die heilige Barbara, deren Gedenktag wir heute feiern, machen musste. Barbara, eine junge Frau, eingesperrt in der tiefen Dunkelheit des Verlieses im Turm. Eingesperrt vom eigenen Vater, weil sie Christus durch die Taufe nachfolgt. Und doch wird ein blühender Zweig zum Hoffnungslicht für die junge Frau in der Dunkelheit des Turmes. Barbara weiß darum, dass die Dunkelheit nicht das letzte Wort hat.

„Die Sonne soll nicht mehr dein Licht sein am Tage, und der Glanz des Mondes soll dir nicht mehr leuchten, sondern der HERR wird dein ewiges Licht und dein Gott wird dein Glanz sein. Deine Sonne wird nicht mehr untergehen …und die Tage deines Leidens sollen ein Ende haben.“

Barbara spürt in ihrer Herzenstiefe, dass ihr ewiges Licht kommt – Christus selbst! Und das gilt auch für uns: Jesus erhellt unsere Existenz. Er erleuchtet unsere lichtvollen Tage, auch die unabsehbar finsteren Tage im Angesicht von Tod und Leid.  Gott kommt mit seinem Liebeslicht des Lebens zu uns.  Blühende Zweige mitten im Winter werden zum Hoffnungslicht. Sie ermutigen wie ein Licht in der Dunkelheit. Sie stärken den Glauben. Sie entfachen die Liebe. Sie wecken die Hoffnung. Das ist es, was Advent bedeutet.

Ja, und die Kerzen, die wir im Advent anzünden, sind ein schöner Hinweis auf das zu erwartende Licht. Die Kerzen weisen auf den kommenden Christus: Für ihn ist kein Leben zu dunkel. Licht geht von Jesus aus: Wärme, Freude, Liebe, Orientierung, Leben. Das spürte auch Barbara, als sich auf dem Weg in das Verlies des Turmes ein Kirschzweig in ihrem Kleid verfing. Sie stellte ihn in ihrer Zelle in einen Krug mit Wasser. Knospen trieben hervor. Eines Tages sprangen sie auf. Zarte weiße Blüten sprossen im Winter. Vielleicht dachte Barbara in diesem Moment: „Du schienst wie tot, aber aus totem Holz ist neues Leben entsprungen. Ich glaube, so wird es auch mit mir sein. Wenn sie mich töten, dann wird mein Tod das Tor zum Leben im Licht des HERRN.“ So können Barbara und der blühende Kirschzweig für uns zum Hoffnungslicht in Zeiten der Dunkelheit werden, weil das blühende Licht der Welt in unser Leben kommt. Für immer – für ewig.

Br. Benedikt Müller OSB

Wer darf hinaufziehn zum Berg des HERRN,
wer darf stehn an seiner heiligen Stätte?
Der unschuldige Hände hat und ein reines Herz,
der seine Seele nicht an Nichtiges hängt und keinen trügerischen Eid geschworen hat.
Er wird Segen empfangen vom HERRN
und Gerechtigkeit vom Gott seines Heils. 

Psalm 24, 3-5 (Textstelle insgesamt: Ps 24,1-10)

Die Bedingungen sind klar für die, die hinaufziehen wollen zum Haus Gottes.
Und der Lohn auch: Segen und Gerechtigkeit.

Ein guter Einstieg in den Advent.
Einmal wieder zur Be-Sinn-ung kommen.
Auf mich selbst schauen.
Auf das, was mein Leben prägt,
woran ich mich orientiere.

Das Evangelium im Gottesdienst des 1. Advent
spricht eine klare Sprache:
„Seid wachsam!“ (Mk 13,33-37)

Seid wachsam, seid achtsam
auf Euch selber.
Und auf die Menschen neben euch.
Auf die Natur, unsere Schöpfung.

Nur dann kommen wir hin zu Gott, kommt ER selber uns entgegen.
ER, der „König der Herrlichkeit“!
Der immer schon auf dem Weg zu uns ist.

P. Guido Hügen OSB

Steh auf, werde licht, denn es kommt dein Licht und die Herrlichkeit des HERRN geht strahlend auf über dir. Denn siehe, Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker, doch über dir geht strahlend der HERR auf, seine Herrlichkeit erscheint über dir. Nationen wandern zu deinem Licht und Könige zu deinem strahlenden Glanz. (Jes 60,1-3)

Es sind die uralten Worte des Jesaja, die buchstäblich gegen die Resignation anrufen. Die Verheißung des Lichtvollen, obwohl doch die Finsternis die Erde bedeckt und Dunkelheit die Völker. Jesaja erinnert uns daran, dass unser Glaube an die Zukunft des Menschen glaubt. Dabei geht es nicht darum, sich die Gegenwart schön zu reden, aber auch nicht an ihr zu verzweifeln. Es herrscht Krieg in Europa.  Aber ohne den Glauben an Frieden gewinnt das Dunkel. Stehen wir also auf. Richten wir uns nicht ein in ein bequemes Untergangsszenario.

Wer glaubt, glaubt an die Zukunft.

Br. Benjamin Altemeier OSB

Redlichkeit wird vermisst, wer das Böse meidet, wird ausgeraubt. Das hat der HERR gesehen und es war böse in seinen Augen, denn es gibt kein Recht. Er sah, dass niemand da war, und war entsetzt, dass niemand einschritt. Da half ihm sein eigener Arm, seine eigene Gerechtigkeit war seine Stütze. Er legte die Gerechtigkeit an wie einen Panzer und setzte den Helm des Heils auf. Er legte die Kleider der Vergeltung an und umhüllte sich mit leidenschaftlichem Eifer wie mit einem Mantel. Gemäß den Taten zahlt er heim; Zorn seinen Gegnern, Vergeltung seinen Feinden, bis zu den Inseln vergilt er und zahlt heim. Dann fürchtet man im Westen den Namen des HERRN und im Osten seine Herrlichkeit. Denn er kommt wie ein reißender Strom, den der Sturm des HERRN treibt. Doch für Zion kommt der Erlöser und für alle in Jakob, die umkehren von ihrem Vergehen – Spruch des HERRN.
Das ist der Bund, den ich mit ihnen schließe, spricht der HERR: Mein Geist, der auf dir ruht, und meine Worte, die ich in deinen Mund gelegt habe, sollen nicht weichen aus deinem Mund, aus dem Mund deiner Nachkommen und aus dem Mund der Nachkommen deiner Nachkommen, spricht der HERR, von jetzt an und auf ewig. (Jes 59,15-21)

Wer meint, dass der ursprüngliche Advent Gottes etwas Harmloses und Entspannendes ist, der wird in der heutigen Lesung eines Besseren belehrt. Gott kommt – aber durch das Gericht hindurch. Gott kommt – um Gerechtigkeit zu schaffen. Gott kommt – und ruft die Menschen zur Umkehr auf.
Wenn wir in unsere Welt heute schauen, dann können wir das Bild eines Gottes, der leidenschaftlich für Gerechtigkeit kämpft, vielleicht besser nachvollziehen. Zu oft geht es ungerecht in dieser Welt zu. Zu oft bleibt Gerechtigkeit ein hohes Wort, das von den Zuständen in unserer kleinen und großen Welt nicht eingeholt wird.
Die Worte des Propheten Jesaja erinnern mich daran, dass der Advent auch etwas mit einer persönlichen Umkehr zu tun hat. Im Lichterglanz dieser Tage kann das leicht vergessen werden – aber der Advent hat vor allem mit einer brennenden Sehnsucht nach Gerechtigkeit zu tun.
Wo kann ich in der vor mir liegenden Adventszeit Gerechtigkeit wiederherstellen – da, wo es auf mich ankommt?

P. Maurus Runge OSB

Und an Gottes Barmherzigkeit niemals verzweifeln.
(RB 4,74)

Mit dem letzten Werkzeug der geistlichen Kunst gibt Benedikt den Grundton des gesamten Kapitels vor. Es hat sich ja eine Fülle von Werkzeugen und Anweisungen angesammelt, die alle zu befolgen sind. Das kann schnell überfordern. Im schlimmsten Fall könnte man an den vielen Weisungen, hinter denen wir zwangsläufig immer zurückbleiben werden, verzweifeln und die Flinte ins Korn werfen. „Das ist nichts für mich, ich schaffe das eh nicht.“

Benedikt betont mit dem letzten Werkzeug: Mach weiter. Bleib auf dem Weg. Verzweifele nicht an Gottes Barmherzigkeit. Er macht immer wieder einen neuen Anfang mit dir. Egal wie wenig du bisher verstanden hast, gib nicht auf.

Dass dieses letzte Werkzeug mit dem Osterfest zusammenfällt, halte ich für eine wunderbare Fügung. Denn genau darum geht es an Ostern. Gott macht einen neuen Anfang mit uns. Er ruft uns zu: Verzweifele nicht an meiner Barmherzigkeit! Gib nicht auf! Mach weiter! Oder, wie es Roger Schutz einmal sagte: Lebe das, was du vom Evangelium verstanden hast, und sei es noch so wenig – lebe es!

P. Maurus Runge OSB

Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien ein gesegnetes Osterfest!

Nach einem Streit noch vor Sonnenuntergang zum Frieden zurückkehren.
(RB 4,73)

Was geschah am Karsamstag?
Was war, als Jesus tot war?

„Er selbst, Gott, hatte es durchlitten mit seinem Sohn. Ihn hatte die Angst geschüttelt, ihn hatten die Schmerzen gequält, er hatte mit dem Gekreuzigten nach Luft gerungen und geschrieen. Am eigenen Leib hatte er erfahren, was es heißt, einsam zu sein. (…)
Der Kampf war ausgestanden, und er hatte gewonnen. Ja, Gott hatte sich durchgesetzt. Anders als die Versucher es ihm nahelegten. Der Streit, der Zwiespalt, der Hass war besiegt. (…) So machte sich Gott daran, das Neue zu schaffen. (…)
‚Das soll die Keimzelle der neuen Wirklichkeit werden: Ich werde bei ihnen sein und sie werden bei mir sein. Ich kenne sie jetzt und sie werden mich sehen, wie ich bin. Die Liebe meines Sohnes wird uns verbinden.‘“

Worte aus dem (lesenswerten!) Büchlein von Hans Frör „Ich will von Gott erzählen wie von einem Menschen, den ich liebe“.

Sind diese Worte, sind Tod, Neuschöpfung und Auferstehung Jesu nicht Grund genug,
dass auch wir Frieden schließen?
Noch vor Sonnenuntergang – damit wir gut schlafen.

Vor allem aber vor dem neuen Sonnenaufgang der Liebe …

P. Guido Hügen OSB

In der Liebe Christi für die Feinde beten.
(RB 4,72)

„Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“
(Lk 23,34)

Eines der letzten sieben Worte Jesu am Kreuz
nach den Evangelien.

Ich mag mir nicht anmaßen, so über mein Gegenüber zu urteilen.

Aber die Konsequenz grundsätzlich,
auch für jemanden, der mir „gegenüber“ steht
zu beten,
ihn oder sie Gott anzuempfehlen,
Gott eine letzte Be-urteil-ung zu überlassen,
wäre das nicht ein großer Schritt im Zusammensein?

Gott ist die Liebe.
IHM darf ich den oder die andere gerne anvertrauen.

Auch wenn das so gar nicht leicht ist.

P. Guido Hügen OSB

Die Älteren ehren,
die Jüngeren lieben.
(RB 4,70-71)

Die Werkzeuge 70 und 71 der geistlichen Kunst (4. Kapitel der Benediktsregel) lauten: „Die Älteren ehren, die Jüngeren lieben“. Das Wort »Ehre« bezeichnet im biblischen Kontext das Ansehen bzw. die Bedeutung Gottes oder eines Menschen. Umgekehrt heißt »jemanden ehren«, ihn so zu behandeln, wie es diesem Ansehen entspricht. Und seinem Ansehen entspricht es eben, dass der andere wie ich selber nach dem Abbild Gottes als Mensch geschaffen wurde. Im Alltag ist es oft schwer, jemanden Nächstes zu „ehren“ oder ihn gar zu lieben. Wir reden uns selber oft heraus und übernehmen keine Verantwortung, denn wir sind ja selbst immer unschuldige Lämmer. Oft haben wir Vorurteile gegenüber dem Nächsten, sind misstrauisch und schieben die Schuld gerne anderen zu. Egal ob älter oder jünger – das ist der Kreislauf der zwischenmenschlichen Verirrungen und Verwirrungen. Gar nicht so einfach. Stimmt: Die Achtsamkeit gegenüber den Nächsten ist eine Übung für das ganze Leben. Oft brauchen wir eine Motivation, um uns in etwas Bestimmtes einzuüben. Jesus selbst gibt uns eine Motivationshilfe mit an die Hand. „Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut auch ihr ihnen ebenso.“ Wer wollte nicht als junger Mensch geliebt und angenommen sein? Wer will nicht im Alter geehrt sein? Neben diesem Motivationsspruch, den wir auch die goldene Regel nennen, schenkt uns Jesus aber auch selbst ein Beispiel für eine Haltung, den Nächsten zu ehren und zu lieben. Diese Haltung kommt am heutigen Gründonnerstag zutage: die Fußwaschung. Jesus wäscht den Jüngern die Füße und ehrt dadurch seine Nächsten in ihrer Würde als Kinder Gottes. Möge die Fußwaschung uns ein Beispiel sein auf dem Weg der Barmherzigkeit uns selbst und allen Schwestern und Brüdern gegenüber.

Br. Benedikt Müller OSB

Überheblichkeit fliehen.
(RB 4,69)

Hier nennt Benedikt ein Grundübel. Er meint den Stolz, das Gegenteil von Demut, nach Auffassung der Wüstenväter eines der acht klassischen  Laster. Er rät, vor ihr die Flucht zu ergreifen, denn sie ist in seinen Augen eine lebensgefährliche Bedrohung, die alles zunichtemachen kann. Sie besteht in dem Drang, mehr zu scheinen als man ist. Man stößt andere Menschen ab, verachtet sie, verliert ihr Vertrauen und hat keinen echten Kontakt zu Gott. Sie ist auch deshalb so fatal, weil der Überhebliche in ihr gefangen ist und so schnell nicht mehr von ihr loskommt.

Was steckt hinter der Überheblichkeit?
– Entweder die Angst, nicht genug zu bieten zu haben, der Wunsch, Eindruck zu schinden, um die eigene Schwäche zu übertünchen.
– Oder sich mit anderen zu vergleichen und dabei von seinen eigenen Leistungen und Vorzügen so fasziniert zu sein, dass man darin einen Grund sieht, auf andere herabzusehen.

Es gibt genügend abschreckende Beispiele aus der Geschichte, an denen deutlich wird, dass gerade Erfolg, Reichtum, Machtfülle und hohes Ansehen zur Überheblichkeit verführen können. Wer an die Spitze gelangt, muss besonders auf der Hut sein. Deshalb ist es Benedikt von Nursia ein großes Anliegen, dass der Abt als väterlicher Leiter der Gemeinschaft nicht selbstherrlich alles alleine entscheidet, sondern in allen wichtigen Angelegenheiten seine Mitbrüder zu Rate zieht, sich besonders um die Schwachen müht und auf die Bedürfnisse der einzelnen Rücksicht nimmt.

Wie können wir der Überheblichkeit entgehen?
Im Sinne Benedikts würde ich sagen: durch einen ausgeglichenen Umgang mit den eigenen Stärken und Schwächen. Keinem hat Gott alles gegeben und keinem nichts. Mit unseren Gaben können wir einander dienen, um sie so zum Nutzen aller zu machen; und wo wir nicht mehr weiter können, uns von anderen helfen zu lassen, wie es in einem Tagesgebet im Messbuch heißt. Das heißt: Wer die Beziehung zu den Nächsten sucht, lernt sie zu achten und sie zuerst mit ihren Anliegen zum Zuge kommen zu lassen. Ich finde, allein schon die Frage „Wie geht es Dir?“ kann alles andere als eine höfliche Floskel gemeint sein, wenn ich die Zeit aufbringe, der Antwort auch zuzuhören. Aber leider wissen wir ja oft schon vorher, wie es den anderen geht. Wer aber sich erkundigt, bleibt nicht an sich selber hängen.

P. Johannes Sauerwald OSB

Den Streit nicht lieben.
(RB 4,68)

Wer wollte dem nicht zustimmen? Wer möchte schon als streitlustig gelten? Der heilige Benedikt mahnt seine Brüder immer wieder, nicht zu murren. Murren oder streiten ist für ihn eher etwas Grundloses und Grundsätzliches. Es bringt eine in der Person begründete Unzufriedenheit zum Ausdruck.

Davon unabhängig muss ich aber manchmal streiten. Wenn es um Ungerechtigkeit oder Lieblosigkeit geht, muss ich um der Sache willen streiten. Das ist für mich ein Kriterium der Unterscheidung: Was will ich erreichen? Wenn ich für etwas streite, dann ist es ein Akt der Fürsorge für den Nächsten. Wenn ich aber nur meine Unzufriedenheit zum Ausdruck bringe, dann liegt die Gefahr nahe, dass ich ein Ventil für meine Situation suche.

Br. Benjamin Altemeier OSB