Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. (Lk 2,1-7)

Ein seltsamer Tag heute.
Morgens noch 4. Advent.

Im Evangelium hören wir das,
was vor 9 Monaten war:
die Verkündung der Schwangerschaft Marias durch Gabriel.

In der Lesung aus dem 2. Buch Samuel
hören wir die Weissagung über den, der David nachfolgt.

Und ein paar Stunden später ist es schon Weihnachten.
Das Kind wird geboren, die Weissagung erfüllt.

Und das wars dann?

Verkürzte Adventszeit mit allem zusätzlichen Stress
– und plötzlich: umswitchen –Weihnachten …

So ist es manchmal im Leben.
Manches kommt schnell, manchmal zu schnell. Plötzlich.

Aber ist es nicht das, was wir im Advent begangen haben:
dass Gott ankommt, dass die Wiederkehr Jesu kommt?

Vielleicht ja ganz plötzlich. Wer weiß.
Bin ich bereit?

Und ja: erkenne ich die Ankunft Jesu?

Ein Text von Andrea Schwarz:

Meistens wird Gott ganz leise Mensch
die Engel singen nicht
die Könige gehen
vorbei die Hirten bleiben bei ihren Herden

meistens wird Gott ganz leise Mensch
von der Öffentlichkeit unbemerkt
von den Menschen nicht zur Kenntnis genommen
in einer kleinen Zweizimmerwohnung
in einem Asylantenwohnheim
in einem Krankenzimmer
in nächtlicher Verzweiflung
in der Stunde der Einsamkeit
in der Freude am Geliebten

meistens wird Gott ganz leise Mensch
wenn Menschen zu Menschen werden!

P. Guido Hügen OSB

Mit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete – durch das Wirken des Heiligen Geistes. Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen. Während er noch darüber nachdachte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen. Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat:  Siehe: Die Jungfrau wird empfangen / und einen Sohn gebären / und sie werden ihm den Namen Immanuel geben, / das heißt übersetzt: Gott mit uns. Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich. Er erkannte sie aber nicht, bis sie ihren Sohn gebar. Und er gab ihm den Namen Jesus. (Mt 1,18-25)

 

Heute Abend werden wir in der Vesper den 4. Advent begrüßen und traditionell einen Tag vor Heiligabend die siebte O-Antiphon singen.

O Immanuel,
unser König und Lehrer,
du Hoffnung und Heiland der Völker:
o komm, eile und schaffe uns Hilfe,
du unser Herr und unser Gott!

Dieser Text ist ja sozusagen eine prophetische Spiegelung unserer heutigen Bibelstelle aus dem Matthäus-Evangelium. Was sich einst wie ein Lichtschimmer am Horizont gezeigt hat, nur zu erahnen war, wird sich nun erfüllen. Jesus wird geboren werden. Diese Erfüllung erfahren wir heute auch in unserer Liturgie, die Zeit des Advents ist vollendet. Eine Hoffnung wird zur Wirklichkeit. Die Welt verändert sich.
Auch wir erleben solche Momente, die alles unerwartet auf den Kopf stellen. Wir scheinen zu wissen, was wir wollen, so wie einst Josef, und dann dreht sich doch alles. Eine Hoffnung, eine Ahnung steigt auf, eine Begegnung, und wir wissen gar nicht, woher auf einmal dieser neue Impuls kommt.
Etwas zeigt sich wie in einem Traum, steigt in uns auf und führt uns auf einen neuen Weg.
Zur Vollendung dieses Neuen kann es dann manchmal erst viel später kommen, und in diesem Moment verstehen wir dann, wohin uns dieser kleine Lichtschimmer, den wir einst fast nur erahnen konnten, am Ende geführt hat.

Br. Balthasar Hartmann OSB

Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria. Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe. Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn wirst du gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben. Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne? Der Engel antwortete ihr: Heiliger Geist wird über dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden. Siehe, auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar gilt, ist sie schon im sechsten Monat. Denn für Gott ist nichts unmöglich. Da sagte Maria: Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast. Danach verließ sie der Engel. (Lk 1,26-38)

Kaum eine biblische Stelle ist so in der Kunstgeschichte rezipiert worden. Maria in frommer Betrachtung meistens auf einem Betschemel, und der Engel tritt hinzu. Ein sanftes Zurückweichen ob der Ansprache des Engels wird sichtbar. Erschrecken allerdings sieht anders aus. Aufgerissene Augen, panische Gesichtszüge. Sonst bräuchte es die Zusage des Engels nicht: Fürchte Dich nicht. Sie alle kennen Situationen der Angst und des Erschreckens. Viele von uns haben Sorgen und Nöte. Diese greift Lukas auf. Ich muss nicht gleich in frommer Ergebung alles erdulden. Ich darf Angst und Not haben. Ich darf auch beim Engel des Herrn nachfragen. Ich darf Unverständnis zeigen. Erst danach darf die Zustimmung kommen.

Gottes Heil kommt in die Welt. Er bedient sich der Person Marias. Und diese Frau reagiert so, wie wir auch reagieren würden. Angst und Not. Nachfrage und dann Zustimmung. Gott wird Mensch, und er wird Mensch im Menschen Maria. Gott kommt heute in die Welt und bedient sich bei uns Menschen heute.

Br. Benjamin Altemeier OSB

Aber du, Betlehem-Efrata,
bist zwar klein unter den Sippen Judas, aus dir wird mir einer hervorgehen,
der über Israel herrschen soll.
Seine Ursprünge liegen in ferner Vorzeit, in längst vergangenen Tagen.

Darum gibt er sie preis, bis zu der Zeit,
da die Gebärende geboren hat.
Dann wird der Rest seiner Brüder zurückkehren zu den Söhnen Israels.
Er wird auftreten und ihr Hirt sein in der Kraft des HERRN,
in der Hoheit des Namens des HERRN, seines Gottes.

Sie werden in Sicherheit wohnen; denn nun wird er groß sein
bis an die Grenzen der Erde.
Und er wird der Friede sein.

(Micha 5, 1-4a)

Wir geben die Hoffnung nicht auf.
Das hat nichts damit zu tun, dass wir meinten, wenn der Messias kommt, wird alles von selbst besser. Und deshalb einfach so weitermachen könnten wie bisher.
Sondern weil wir daran festhalten, dass die Botschaft Jesu vom Reich Gottes, sein Verhalten angesichts der tödlichen Bedrohung und seine Auferstehung ein Lichtblick sind.
Durch ihn erkennen wir, dass Gott am Werk ist und er uns einen Weg zeigt, den Frieden zu finden. Keinen Frieden, der zustande kommt durch raffinierte Ideen, durch äußeren Druck oder geniale Methoden. Sondern aus Gottes Kraft in Jesu Worten und Taten. Durch „Friede sein“, wie es in V. 4a heißt.

Zu Weihnachten werden wir uns von neuem bewusst, dass wir empfangen, was wir selbst gern weiterschenken möchten: die allen Hass überbrückende Wohltat des Ja Gottes zu jedem von uns. Sie geht allem voraus, was uns zu tun aufgegeben ist. Sein Friede steckt an, versöhnt, befreit, lässt uns aufatmen, überwindet kleinliche Vorbehalte und reicht die Hand. Deshalb geben wir die Hoffnung nicht auf.

P. Johannes Sauerwald OSB

Das Volk, das in der Finsternis ging, sah ein helles Licht; über denen, die im Land des Todesschattens wohnten, strahlte ein Licht auf. Du mehrtest die Nation, schenktest ihr große Freude. Man freute sich vor deinem Angesicht, wie man sich freut bei der Ernte, wie man jubelt, wenn Beute verteilt wird. Denn sein drückendes Joch und den Stab auf seiner Schulter, den Stock seines Antreibers zerbrachst du wie am Tag von Midian. Jeder Stiefel, der dröhnend daherstampft, jeder Mantel, im Blut gewälzt, wird verbrannt, wird ein Fraß des Feuers. Denn ein Kind wurde uns geboren, ein Sohn wurde uns geschenkt. Die Herrschaft wurde auf seine Schulter gelegt. Man rief seinen Namen aus: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens. Die große Herrschaft und der Frieden sind ohne Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, es zu festigen und zu stützen durch Recht und Gerechtigkeit, von jetzt an bis in Ewigkeit. Der Eifer des HERRN der Heerscharen wird das vollbringen.
(Jes 9,1-6)

Die heutige Lesung werden wir auch in diesem Jahr wieder in der Christmette der Weihnachtsnacht hören. Alles wie immer also? Die Worte vom Licht in der Finsternis, vom Joch, das zerbrochen wird, vom neu geborenen Kind, dem Friedensfürst. Die Realität aber sieht ganz anders aus: Menschen, die unter Krieg, Terror und Gewalt leiden, Herrscher, die ihre Völker unterdrücken – Dunkelheit statt Licht allenthalben.

Die alten Verheißungen können nur dann ihre Sprengkraft entfalten, wenn sie uns dazu antreiben, in ihrem Sinne die Wirklichkeit zu verändern. So zu leben, als seien die Verheißungen schon Wirklichkeit. Das zu tun, was ich kann, um die Welt zu einem besseren, friedlicheren Ort zu machen.

Vielleicht kann ich die letzten Tage vor dem Fest damit anfangen. Denn es ist nie zu spät, damit anzufangen, die Welt heller zu machen.

P. Maurus Runge OSB

Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.
Denn ich will die Wagen vernichten in Ephraim und die Rosse in Jerusalem, und der Kriegsbogen soll zerbrochen werden. Denn er wird Frieden gebieten den Völkern, und seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis zum andern und vom Strom bis an die Enden der Erde.

(Sach 9,9-10)

Wie oft singen wir diese Verse in diesen Tagen.
„Tochter Zion …“

Leider
sind sie für uns kein Lobgesang.
Sondern flehentliche Bitte.

Sei du, Herr,
Friedenskönig und Gekreuzigter
ein Gerechter und ein Helfer,
gebiete und schaffe Du
Frieden allen Völkern,
ergreife du deine Herrschaft!

Die Wirklichkeit sieht anders aus.
Krieg, Gewalt, Terror und Hass.
Von Gott keine Spur?

Vielleicht entdecken wir
Seine Spur ja in uns.
Und können ein klein wenig beitragen
zu Frieden und Gerechtigkeit,
können Hoffnung und Liebe säen.

Packen wir es an!
Machen wir uns mit dem Motto des
Friedenslichtes aus Betlehem,
das auch bei uns in der Marienkapelle brennt,
AUF DIE SUCHE NACH FRIEDEN!

P. Guido Hügen OSB

So spricht der HERR Zebaoth: Es werden noch Völker kommen und Bürger vieler Städte, und die Bürger der einen Stadt werden zur andern gehen und sagen: Lasst uns gehen, den HERRN anzuflehen und zu suchen den HERRN Zebaoth; wir wollen mit euch gehen. So werden viele Völker und mächtige Nationen kommen, den HERRN Zebaoth in Jerusalem zu suchen und den HERRN anzuflehen.
(Sach 8,20-23)

Es ist irgendwie fast zum Verzweifeln, dass wir Menschen bis heute immer wieder das himmlische mit dem irdischen Jerusalem verwechseln.
Sicher, das irdische Jerusalem ist fundamental für drei Weltreligionen, ein großer Ort von Geschichte und Kultur, aber eben auch immer wieder Quelle von Zwietracht, Hass, Gewalt. Das liegt nicht alleine an diesem Ort, sondern ist eben etwas Menschliches, diese dunkle Seite von uns.
Das himmlische Jerusalem ist dagegen Vollkommenheit, Ort der Hoffnung für alle Menschen, Ursprung der Liebe, und kann daher nie die Quelle von Hass oder Gewalt sein.
Beide Orte verbindet, dass sie aber auch Sehnsuchtsorte für uns sind. Wir haben immer die Hoffnung auf ein besseres Leben, auf eine Erfüllung. Wir Menschen machen uns immer wieder auf den Weg, eine neue Heimat zu suchen, einen besseren Ort, an dem wir vielleicht sicherer sind, weniger Not haben, unseren Kindern eine Zukunft geboten wird.
Ich denke bei einer solchen Heimatsuche an meine Großeltern, die Eltern meiner Mutter. Sie sind einst in den 1920er Jahren aus Pommern und aus Schlesien nach Berlin aufgebrochen, um dort ein besseres Leben zu suchen, und auf dieser Suche haben sie sich dann gegenseitig gefunden.
Das Bild oben ist eines der wenigen Fotos, das erhalten geblieben ist. Ein glücklicher Tag. Vielleicht ein Sonntag im Grünen. Mein Opa, wie immer, den Schalk ins Gesicht geschrieben, den Arm liebevoll um die Schulter meiner Oma gelegt. Beide strahlen.
Es ist eine Geschichte von Millionen. Vielleicht ein lichter Jerusalem-Moment.
„Zur Heimat erkor ich mir die Liebe“, schrieb einmal die jüdische Lyrikerin Mascha Kaléko in ihrem Gedicht „Die frühen Jahre“. Sie selbst fühlte sich ihr Leben an keinem Ort zuhause. Und dann erzählt gerade sie uns, wie leicht es doch sein kann, trotz aller Enttäuschungen oder geplatzter Träume den Weg nach Jerusalem zu finden.

Br. Balthasar Hartmann OSB

Denn so spricht der HERR der Heerscharen: Wie ich plante, euch Böses zu tun, weil eure Väter mich erzürnten, spricht der HERR der Heerscharen, und es mich nicht reute, so habe ich umgekehrt in diesen Tagen geplant, Jerusalem und dem Haus Juda Gutes zu tun. Fürchtet euch nicht! Das sind die Dinge, die ihr tun sollt: Sagt untereinander die Wahrheit! Richtet in euren Stadttoren der Wahrheit gemäß und mit Urteilen, die dem Frieden dienen! Plant in eurem Herzen nichts Böses gegen euren Nächsten und liebt keine verlogenen Schwüre! Denn all das ist, was ich hasse – Spruch des HERRN. (Sach 8,14-17)

„Fürchtet euch nicht!“ Wie ein Grundton erscheint dieses Trostwort in den Büchern der Heiligen Schrift immer wieder – heute in der Kombination mit dem Plan Gottes, Gutes an seinem Volk zu tun. Eine wirkliche Freudenbotschaft, die wir an diesem Dritten Adventssonntag hören.

Der Dritte Adventssonntag ist geprägt von der Freude. GAUDETE (Freut euch) wird er genannt. Die Vorfreude auf das Fest der Menschwerdung steht dabei im Zentrum. Bei manchen Adventskränzen ist die Kerze dieses Sonntags deshalb etwas heller als die übrigen, und in der Liturgie wird das dunkle Violett der Messgewänder durch das leichtere, verspielte, hellere Rosa kurzzeitig abgelöst.

Aus dieser Freude über unsere Erlösung resultiert dann das Tun, wie es der Prophet Sacharja beschreibt: Die Wahrheit sagen, so urteilen, dass es der Wahrheit und dem Frieden dient, nichts Böses im Herzen gegen den Mitmenschen planen. Konkrete Forderungen, die sozusagen Konsequenzen dieser Grundhaltung der Freude sind. Keine moralischen Lasten, die mir aufgebürdet werden, sondern Elemente eines Lebens in der Freude der Erlösten.

Lassen wir diese Freude heute in unser Herz!

P. Maurus Runge OSB

Es erging das Wort des HERRN der Heerscharen: So spricht der HERR der Heerscharen: Mit großem Eifer trete ich ein für Zion und mit großer Zornglut setze ich mich eifersüchtig für es ein. So spricht der HERR: Ich bin nach Zion zurückgekehrt und werde wieder in der Mitte Jerusalems wohnen. Dann wird Jerusalem Stadt der Treue heißen und der Berg des HERRN der Heerscharen Heiliger Berg. So spricht der HERR der Heerscharen: Greise und Greisinnen werden wieder auf den Plätzen Jerusalems sitzen; jeder hält wegen des hohen Alters seinen Stock in der Hand. Und die Plätze der Stadt werden voller Knaben und Mädchen sein, die auf ihren Plätzen spielen. So spricht der HERR der Heerscharen: Wenn das zu wunderbar ist in den Augen des Restes dieses Volkes in jenen Tagen, muss es dann auch in meinen Augen zu wunderbar sein? – Spruch des HERRN der Heerscharen. So spricht der HERR der Heerscharen: Seht, ich befreie mein Volk aus dem Land des Sonnenaufgangs und aus dem Land des Sonnenuntergangs. Ich werde sie heimbringen und sie werden in der Mitte Jerusalems wohnen. Sie werden mir Volk sein und ich werde ihnen Gott sein in Treue und in Gerechtigkeit. (Sach 8,1-8)

„Mit großem Eifer trete ich ein für Zion
und mit großer Zornglut setze ich mich eifersüchtig für es ein.“

So heißt es in der heutigen Tageslesung.
Kann das denn wahr sein?
Ein eifernder, zorniger, eifersüchtiger Gott?
Der „mit großer Zornglut“ handelt?

Reicht es nicht, wenn überall Menschen eifersüchtig und mit rasendem Zorn handeln?
Sehen wir nicht die Zerstörungen, die ein rasender Eifer auf der Welt anrichtet?
Und spricht nicht auch Benedikt in seiner Ordensregel von einem „bitteren Eifer, der von Gott trennt und in die Hölle führt“? (vgl. RB 72)

Der Zorn Gottes ist die andere Seite seiner Liebe.
Weil Gott sein Volk, uns, mich so liebt,
deshalb setzt er sich mit Eifer und Zornglut für sein Volk, uns, mich ein.
Das ist der „gute Eifer“, von dem Benedikt auch spricht, „der zum ewigen Leben führt“.

Leidenschaftslosigkeit ist für Gott keine Tugend, wie sie es für die Stoiker war.
Leidenschaft hält uns lebendig.
Und sie entspricht einem Gott, der sich leidenschaftlich, mit brennender Liebe für mich einsetzt.

Wagen wir es heute einmal, unsere Leidenschaften zuzulassen!

P. Maurus Runge OSB

Auf, auf! Flieht aus dem Land des Nordens – Spruch des HERRN. Denn wie die vier Winde des Himmels habe ich euch zerstreut – Spruch des HERRN. Wehe, Zion, die du bei der Tochter Babel wohnst, rette dich! Denn so spricht der HERR der Heerscharen – um der Ehre willen hat er mich gesandt – gegen die Völker, die euch ausgeplündert haben: Wer euch antastet, tastet meinen Augapfel an. Ja, jetzt hole ich mit meiner Hand zum Schlag gegen sie aus, sodass sie eine Beute ihrer eigenen Knechte werden. Und ihr werdet erkennen, dass der HERR der Heerscharen mich gesandt hat. Juble und freue dich, Tochter Zion; denn siehe, ich komme und wohne in deiner Mitte – Spruch des HERRN. An jenem Tag werden sich viele Völker dem HERRN anschließen und sie werden mein Volk sein und ich werde in deiner Mitte wohnen. Dann wirst du erkennen, dass der HERR der Heerscharen mich zu dir gesandt hat. Der HERR aber wird Juda in Besitz nehmen als seinen Anteil im Heiligen Land. Und er wird Jerusalem wieder auserwählen. Alle Welt schweige in der Gegenwart des HERRN. Denn er tritt hervor aus seiner heiligen Wohnung. (Sach 2,10-17)

„Alle Welt schweige in der Gegenwart des Herrn.“ An diesem Satz aus der heutigen Tageslesung bleibe ich hängen. Nach der Rettung Israels aus dem Exil Babels, ein Tag, der für Israel wahrlich ein Tag des Jubels und der Freude war, wird Gott kommen und in der Mitte Jerusalems wohnen – auf dem Zionsberg, wo zur Zeit Sacharjas gerade der Tempel wiederaufgebaut wird.

Aber wenn Gott kommt, wenn er „aus seiner heiligen Wohnung hervortritt“, dann soll alle Welt schweigen in der Gegenwart des Herrn. Dann braucht es keine Worte mehr, dann dürfen wir uns schweigend an der Gegenwart Gottes erfreuen.

Der Advent ist eine oftmals sehr laute und geschäftige Zeit. Das Schweigen kommt in diesen Tagen manches Mal zu kurz. Vielleicht nehmen Sie sich heute im Getriebe des Alltags einmal bewusst einige Momente des Schweigens, um einfach nur da zu sein und zu hören, sich zu erfreuen an der Gegenwart Gottes. Dann nehmen wir vielleicht auch besser wahr, wenn er kommt, wenn er aus seiner heiligen Wohnung tritt und bei uns, bei mir einkehren will.

P. Maurus Runge OSB