Wo ist Er, wo ist Gott?
Wenn die Dinge sich überschlagen,
warum scheint es Ihm gleichgültig zu sein?
Wo ist Er, wo ist Er?   

Wo ist Er?
Denn ich weiß, dass es Ihm möglich ist, 
das Leid, die Katastrophen und die Kriege zu beenden.
Wo ist Er? Wo ist Seine Gegenwart?   

Er ist immer noch da, wo Er war,
als Sein Sohn im Todeskampf war und Er nichts gemacht hat.
Er schaut nicht gleichgültig zu!
Er lässt sich vom Schmerz der Verwundeten berühren.
Aber sie müssen im Schmelzofen des Feuers gereinigt werden.
So lasst uns einander trösten. 

(HUWA YU WAPI, MUNGU HUWA YU WAPI – ein Swahili-Lied des Ambassadors of Christ-Chores aus Ruanda)  

Es gibt Momente, in denen ich mich frage: Wo ist Gott? Wenn Krankheit mein Leben bestimmt, wenn Kriege die Welt erschüttern, wenn Unrecht geschieht, wenn selbst die Kirche in Krisen steckt – wo ist Gott dann? Warum greift er nicht ein?  

Diese Frage stellt auch das Lied “Huwa yu wapi, Mungu huwa yu wapi?” aus Ruanda (Wo ist Er, wo ist Gott). Es ruft inmitten von Leid und Verzweiflung nach Gott und fragt, ob er uns verlassen hat. Und am Ende gibt das Lied eine Antwort: Gott ist nicht verschwunden. Er ist genau dort, wo er an jenem Tag war, als sein Sohn gekreuzigt wurde. Er hat nicht eingegriffen, sondern zugelassen, dass das Leid seinen Lauf nimmt. Aber das war nicht das Ende. Nach dem Karfreitag kam der Ostermorgen 

Diese Wahrheit gibt mir Hoffnung: Gott sieht mein Leid, er lässt mich nicht allein, auch wenn ich ihn nicht immer spüre. Er geht mit mir durch die Dunkelheit und führt mich zur Auferstehung. Meine Hoffnung liegt nicht darin, dass ich dem Leid entgehe, sondern dass Gott mitten im Leid bei mir ist und daraus neues Leben entstehen lässt.  

 Wenn wir also fragen: Wo ist Gott?, dann dürfen wir darauf vertrauen: Er ist da. Immer. Was wir tun können, ist, einander zu trösten. 

Br. Justus Mwalemba OSB ist Mönch der Abtei Mvimwa in Tansania und von dort als Missionar nach Europa ausgesandt worden. Er lebt im Felsenkloster St. Georgenberg in Tirol, Österreich.

Im Kreuz ist Hoffnung 

Neben meiner Heimatkirche steht eine Kreuzigungsgruppe, die dort im außerordentlichen Heiligen Jahr 1983, das Papst Johannes Paul II. ausgerufen hatte, aufgestellt worden ist. Auf dem Sockel unter dem Kreuz steht der Spruch: „Im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Leben, im Kreuz ist Hoffnung.“  

Dieser Spruch, der auch in die Liturgie des Karfreitags und des Festes „Kreuzerhöhung“ im September Einzug gehalten hat, wenn feierlich das Kreuz verehrt wird, geht auf Thomas von Kempen zurück. Er ist der „Nachfolge Christi“ entnommen, eines der wichtigsten und meistgelesenen geistlichen Bücher des Mittelalters. Wie oft bin ich als kleiner Junge zu dieser Kreuzigungsgruppe gegangen und habe mir die Gesichter von Jesus, Maria und Johannes genau angeschaut. Der Spruch auf dem Sockel hat sich mir schon früh eingeprägt. Und auch heute noch gehe ich gerne in meine Heimatkirche und verweile danach noch draußen vor der Kreuzigungsgruppe. 

Das Kreuz als Zeichen der Hoffnung? Ich empfinde im Angesicht des Kreuzes einen tiefen Trost angesichts so vieler Träume, Wünsche und Hoffnungen, die im wahrsten Sinne des Wortes durch-kreuzt wurden. 

Den tiefen Trost empfinde ich nicht, weil sie durch-kreuzt worden sind. Sondern weil Jesus Christus für uns seinen Weg bis zum Ende gegangen ist. Ans Kreuz, weil er seiner Botschaft von der Liebe und dem anbrechenden Reich Gottes bis in die letzte Konsequenz hinein treu geblieben ist. Durch Jesu Tod und seine Auferstehung von den Toten wurde das Kreuz zu der Brücke, die Tod und ewiges Leben miteinander verbindet. So wird das Kreuz für mich persönlich tatsächlich zu einem Zeichen der Hoffnung und es bedeutet mir viel, dass es über christlichen Gräbern, auf Berggipfeln und an Wegesrändern aufgerichtet wird. Und auch von den Kirchtürmen herab als Zeichen in unsere Städte und in unsere Lebenswelt hinein strahlt. 

Es verbindet Himmel und Erde, Tod und Leben. Und macht mir so deutlich, dass Gott uns angesichts allen Leides, Sterben und der Kriege in der Welt eine Hoffnung aufzeigt auf eine Welt, in der es all das nicht mehr geben wird. Auf eine Welt, in der wir alle zusammen als Gäste beim Hochzeitsmahl des Lammes das Leben feiern dürfen. So kann ich auch in dieser Zeit aus vollem Herzen singen und beten: „Im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Leben, im Kreuz ist Hoffnung.“ 

P. Vincent Grunwald OSB, Seelsorger in der Abtei Königsmünster und in der Wallfahrt Werl

Hoffnung in meinem Leben als Mönch und in meiner Arbeit als Missionsbenediktiner  

Was mir in meinem Leben als Mönch und Missionar Hoffnung schenkt   

Hoffnung ist ein wesentliches Element auf dem geistlichen Weg eines jeden Mönchs und Missionars. Sie fördert das Durchhaltevermögen, stärkt den Glauben und gibt den Mut, den von Gott vorgezeichneten Weg weiterzugehen. In meinem Leben als Mönch entspringt die Hoffnung aus der tiefen Freude, die ich erfahre, wenn ich meine Berufung auslebe. In meiner missionarischen Arbeit wird die Hoffnung durch das starke Netzwerk der Unterstützung genährt, das in unserer Kongregation existiert. Die gegenseitige Unterstützung, die wir einander anbieten, sowohl unter den Klöstern als auch für die einzelnen Mönche, ist eine starke Quelle der Ermutigung und der Widerstandskraft. 

Hoffnung in meinem monastischen Leben  

Meine Berufung als Mönch zu leben, ist an sich schon eine Quelle großer Hoffnung. Die Freude, die ich empfinde, wenn ich meiner Berufung treu folge, bestärkt mich in der Überzeugung, dass Gottes Gnade mich jeden Tag aufs Neue stärkt. Das monastische Leben ist geprägt von Stabilität, Gebet und Gemeinschaft. In diesem Umfeld erlebe ich die verwandelnde Kraft der täglichen Begegnungen mit Christus durch Gebet, Meditation und Eucharistie. Die Einfachheit und der Rhythmus des klösterlichen Lebens vertiefen mein Vertrauen in die göttliche Vorsehung und bestärken meine Hoffnung, dass Gott immer gegenwärtig ist und meinen Weg leitet.  

Außerdem ermutigt die Regel des heiligen Benedikt zu einem Leben im Gleichgewicht zwischen Gebet, Arbeit und Studium. Diese Struktur bietet ein festes Fundament, auf dem meine Hoffnung aufgebaut ist. Ich sehe Hoffnung im geistlichen Fortschritt meiner Mitbrüder, im Frieden, der von einem geordneten Leben ausgeht, und in dem Wissen, dass jeder Tag, den ich in Treue zu meiner Berufung lebe, ein Schritt näher zur ewigen Gemeinschaft mit Gott ist. 

Hoffnung in meinem täglichen missionarischen Einsatz  

Über die Klostermauern hinaus wird meine Arbeit als Missionar von der Hoffnung getragen, die aus der Verbundenheit unserer klösterlichen Gemeinschaften erwächst. Eines der größten Geschenke der Zugehörigkeit zu einer monastischen Kongregation ist das Gefühl der Einheit und der gegenseitigen Unterstützung. Trotz der geografischen Entfernungen zwischen den Klöstern bleiben wir in einem Netzwerk des Gebets, der Solidarität und der Unterstützung miteinander verbunden.  

Diese gegenseitige Abhängigkeit bildet eine starke Grundlage für meine missionarische Arbeit. Das Wissen, dass ich nicht allein bin, dass meine Bemühungen durch die Gebete und die Ermutigung meiner Mitbrüder gestützt werden, erfüllt mich mit Zuversicht. Ich sehe Hoffnung in der Art und Weise, wie unsere Klöster zusammenarbeiten, indem sie Ressourcen teilen, Weisheit austauschen und sich gegenseitig in Zeiten der Not unterstützen. Das ist ein greifbarer Ausdruck der Botschaft des Evangeliums von Brüderlichkeit und Liebe.  

Außerdem finde ich Hoffnung in den Früchten unserer missionarischen Bemühungen. Wenn ich sehe, wie sich Leben verändert, wenn ich die Auswirkungen unserer Präsenz in den Gemeinschaften erlebe und wenn ich erkenne, wie Gott durch uns wirkt, um die Herzen zu berühren, dann stärkt das mein Vertrauen in die Mission. Die Beharrlichkeit meiner Mitbrüder in schwierigen Missionen, die Hingabe derer, die in abgelegenen Gebieten arbeiten, und die Bereitschaft, einander zu helfen, sind ein starkes Zeugnis für die Hoffnung, die uns alle stärkt. 

Hoffnung ist sowohl ein Geschenk als auch eine Entscheidung. Als Mönch wurzelt meine Hoffnung in der Freude über meine Berufung und in der unerschütterlichen Verheißung der Gegenwart Gottes. Als Missionar wird meine Hoffnung durch die starken Bande der Geschwisterlichkeit innerhalb unserer Kongregation gestärkt. In beiden Aspekten meines Lebens ist die Hoffnung die treibende Kraft, die mich befähigt, weiterzumachen, auch angesichts von Herausforderungen. Die Freude, meine monastische Berufung zu leben, und die Unterstützung, die ich von meiner monastischen Familie erhalte, geben mir die Gewissheit, dass Gottes Gnade am Werk ist und uns alle zur Erfüllung seines göttlichen Plans führt. 

Abt Pambo Mkorwe OSB, Abt der Abtei Mvimwa/Tansania

Hoffnungsbilder in meinem Leben sind eigentlich Hoffnungsklänge aus meinen Kindertagen. 

 Meine glückliche Kindheit verbrachte ich in Mengeringhausen im Waldecker Land. Geborgen und behütet in der Familie mit vielen Erinnerungen an ein gutes Elternhaus. Im freien Spiel, ob im Garten und auf den Wiesen oder auf den Feldern oder im Wald, habe ich wunderschöne sowie frohe Kindertage im Rhythmus der Jahreszeiten erlebt. Die Wurzeln meines Glaubens liegen in der Evangelischen Kirchengemeinde St. Georg  in Mengeringhausen. Mitten in der Stadt steht die stolze Kirche mit dem schiefen Kirchturm auf einen Felsstein. Eine gotische Hallenkirche in einer stolzen Ackerbürgerstadt, in der alte Traditionen noch heute tragend sehr gepflegt werden. Eine Tradition war es, dass ich schon als Grundschulbub gerne in der Passionszeit in die Passionsandachten ging. Gespannt lauschte ich den Gedanken des Oberkirchenrates Probst oder jenen des Pfarrer Isings über die Leiden unseres Herrn Jesus. Die Gemeinde saß im Chorraum. Ernst und gesammelt schauten die alten Mengeringhäuser*innen auf die Bilder des Barockhochalters mit der Szene des letzten Abendmahls und Jesus, der im Garten Gethsemane betet. Eine ehrfürchtige Atmosphäre, die mir als Jungen keine Angst einjagte, sondern eher eine Geborgenheit in mir verspüren ließ. Bewusst wurde mir dies in einer Andacht, als der Organist den alten Choral „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ von Georg Neumark auf der Orgel anstimmte. Die Gemeinde sang kraftvoll mit Ehrfurcht die Strophen.  

Wer Gott dem Allerhöchsten traut, der hat auf keinen Sand gebaut.“ 

In diesem Moment wurde mir bewusst, dass meine Tauf- und Konfirmationskirche auf einen Felsen mitten in der Stadt gebaut ist und nicht auf sandigen Boden. Ein Felsen, der trägt. Damals als Kind spürte ich, dass es so mit Gott sein musste Wenn ich auf Gott baue, dann habe ich auf Felsen gebaut. Gott walten lassen, das heißt ihm zu vertrauen und darauf zu vertrauen, dass wir, egal was kommen mag, nicht aus seiner Hand fallen. Als Kind wusste ich aus eigener Erfahrung, dass zum Leben auch Traurigkeit und Krankheit und Tod und Trauer dazugehören. Not und Ungemach und Kreuz und Leid – sie gehören zu unserem Leben dazu. Das gilt es erst einmal zu akzeptieren. Und Sorgen und Zweifel machen uns alles nur noch viel schwerer. Das stimmt. Aber Gottvertrauen hilft uns hingegen: Gottvertrauen schenkt Hoffnung und öffnet den Weg zu Gelassenheit und zur inneren Ruhe. Gottvertrauen ist Trost und Zuversicht. Im Gottvertrauen kann ich zur Hoffnung zurückzufinden. Manchmal lädt uns das Leben Schweres auf unseren Rücken. Hoffnungsvolles Gottvertrauen hilft uns, Schweres zu tragen. Manchmal verstehen wir etwas im Leben nicht. Gottvertrauen hilft uns, die unverstandenen Fragen auszuhalten. Das hoffungsvolle Gottvertrauen hilft uns aber auch, mutig Farbe zu bekennen und ein starker Felsen zu sein, wenn es darum geht, Gottes Liebe in die Welt zu tragen. Denn Gottes Liebe ist stark wie ein Fels, auf den wir bauen dürfen.  

Im Laufe meines Lebens wurden viele der alten Kirchenchoräle, ob nun von Paul Gerhardt oder Philipp Nicolai oder Joachim Neander oder Johann Crüger bis hin zu Johann Sebastian Bach, mit ihren trostvollen Strophen und ihren kraftvollen Melodien zu Hoffnungsliedern in meinem Leben. Noch heute, wenn ich sie singe, verspüre ich eine tiefe Glaubens- und Lebenshoffnung in mir. Im Herzen weiß ich, dass ich mit Gott auf keinen Sand gebaut habe. Das Gefühl aus meinen Kindertagen, dass ich mit Gott auf Felsen gebaut habe, dass er mein Fels ist, das spürte ich Jahre später in einer anderen Kirche wieder: in unserer Abteikirche bei meiner feierlichen Profess.  

Br. Benedikt Müller OSB, Referent im Gastbereich der Abtei Königsmünster

Hoffnungskeime 

Ich stelle mir selten die Frage: Was gibt mir Hoffnung? Die Frage und die Antwort liegt unausgesprochen in mir. Ich will versuchen, das Unausgesprochene in Worte zu fassen.  

Hoffnung gibt mir das Leben selbst. Die Schöpfung, die so großartig ist, dass sie kein Zufallsprodukt sein kann, sondern einen liebenden Gott als Schöpfer hat. 

Jeder Frühling zeigt viele Hoffnungsspuren, jedes Kind, das geboren wird, weckt Hoffnung.  

Jeder einzelne Tag ist ein Tag der Hoffnung. Der Hoffnung, dass das Leben gelingen möge, dass es gute Begegnungen gibt, dass nichts umsonst ist. Die glücklichen Momente nicht, aber auch nicht die, die wehtun, die von Enttäuschungen geprägt sind. 

Morgens aufwachen, den Tag vor sich haben und spüren, nicht allein zu sein, sondern mit lieben Menschen Erfahrungen teilen. 

Die Familie, die Kraft schenkt, Lebensfreude und auch Verzeihung. 

Zu wissen, nicht alles hängt von mir ab. Vertrauen, dass Jesus Christus den Sinn des Lebens vorlebt, uns erlöst vom gnadenlosen Scheitern und der die Begrenztheit auch meines Lebens auf die Weite der grenzenlosen Liebe in Gott hin öffnet. 

Biblisch zeigt die Feldrede Jesu und da vor allem die Seligpreisungen, worauf es ankommt. Nicht der Weg ist das Ziel, wie ich oft höre, sondern das Ziel zeigt mir Wege zu Gott und zu einem guten Zusammenleben aller Menschen, in der Familie und im Verwandten- und Freundeskreis, aber auch mit Menschen aller Nationen, Religionen, sexueller Orientierung und unterschiedlichen Überzeugungen.  

Wie viele Menschen darf ich immer wieder erleben, die diese Hoffnung, dass das Reich Gottes hier und jetzt beginnen will und kann, Realität werden lassen. 

Menschen, die sich für den Frieden auf allen Ebenen, nicht für ihren eigenen Vorteil, für ihre eigene Macht einsetzen, die Gerechtigkeit für alle und nicht nur für sich selbst einfordern, die die Ressourcen unserer Welt und die Schöpfung zu schützen bereit sind, die sich der Wahrheit und Vernunft verpflichtet fühlen und nicht Fake news, Chaos, Oberflächlichkeit, Konsumgläubigkeit und Hass und Hetze verbreiten. 

Das nährt die Hoffnung, die hilft den Moment und die Zeit, die vor uns liegt, gerade jetzt in der österlichen Bußzeit, positiv zu gestalten und das Leben gelingen zu lassen. Das feiern wir Ostern: Die Auferstehung aus der Hoffnungslosigkeit. 

Die Seligpreisungen drücken das Vertrauen aus, dass Gott unser Glück und unsere Seligkeit will. Er stärkt uns, das Gute zu tun und das Böse zu lassen. 

Zugegebenermaßen schaffen wir das nicht immer, aber wenigsten ansatzweise gelingt es. 

Stimmen wir nicht in das große Klagen und die Weltuntergangsstimmung ein. Es gibt so viel Schönes und Gutes. Bestärken wir uns gegenseitig darin, bestärken wir uns in der Hoffnung! 

Bernhard Hoppe, Abitur 1976 am Gymnasium der Benediktiner Meschede, bis 2023 Lehrer für Englisch, Kath. Religionslehre und Religionspädagogik an der Bergschule St. Elisabeth in Heiligenstadt (SMMP), tätig in der Schulseelsorge von 2006 bis 2023, in dieser Zeit war er regelmäßig mit Erzieherschüler:innen in der OASE.

Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch. 

Der innere Anstoß zu einer „Fastenzeit“, die in fast allen Religionen der Welt eine Rolle spielt, ist das Gefühl, in die falsche Richtung zu laufen, innehalten zu müssen, weil Kurskorrektur fällig ist. Die Grundfrage dabei lautet: Bin ich gerade dabei, irgendwen oder irgendwas zu so etwas wie meinem „Gott“ zu machen, was überhaupt nicht verdient, mir Richtung und Ziel meines Lebens vorzugeben, etwas, das mir eigentlich fremd ist und absolut nicht zu mir passt? Deutlicher formuliert: Ist das, worauf ich mich im letzten verlasse, wirklich verlässlich oder nur schale Selbstberuhigung, – das, was man früher einen „Götzen“ nannte, Vertröstung statt Hoffnung?  In diese Richtung zielt der Appell von Silesius: 

Halt an, wo läufst du hin.
Der Himmel ist in dir,
Suchst du Gott anderswo
Du fehlst ihn für und für
(Angelus Silesius, 1624 – 1677) 

Vielleicht war es ein ähnlicher Gedankengang, der Jesus für 40 Tage in die Wüste getrieben hat, an einen Ort, wo ihn nichts ablenkte, wo er ausschließlich mit sich selbst und seiner Wirklichkeit konfrontiert war – und dabei seinen wirklichen Gott fand: „Er lebte bei den wilden Tieren und die Engel dienten ihm.“ 

Was Jesus in der Wüste lernte? – Wir hörten es gerade: Wo mich die „wildesten Tiere“ bedrohen, sind die „stärksten Engel“ an meiner Seite. Gott ist keine billige Vertröstung, sondern der verlässlich tragende und hoffnungsstarke Grund meines Daseins. – Friedrich Hölderlin hat das so ausgedrückt: 

Nah ist
Und schwer zu fassen der Gott.
Wo aber Gefahr ist, wächst
Das Rettende auch. 

Die Situation der „Wüste“, in die es Jesus verschlagen hat, ist unserer augenblicklichen Befindlichkeit nicht fern: Jedenfalls gibt es allerorten Bedrohungen durch „wilde Tiere“: Krieg, Rassismus, Klimakrise, weltweite Fluchtbewegungen, Diktatoren, wirtschaftliche Unsicherheit, Unglaubwürdigkeit und Orientierungslosigkeit in Kirchen und Religionen …  

All das legt die „Versuchung“ nahe, bei irgendwelchen scheinbaren Schutzmaßnahmen Zuflucht zu suchen, die vordergründig Sicherheit bieten, aber in Wirklichkeit das Ganze erst richtig schlimm machen. Dann geistern auf einmal buchstäblich „satanische“ Sätze durch die Welt wie diese:   

  • „Ein starker Mann muss her, der endlich draufhaut.“  
  •  Wer nicht so ist wie ich, hat hier nichts zu suchen.“
  • „Schmarotzende Fremde sind eine Bedrohung.“ 
  • „Die anderen sind schuld.“ 
  • „Wer am längeren Hebel sitzt, hat Recht.“ 
  • „Misstraue jedem außer dir selbst.“ 

Was solchen zerstörerischen und brandgefährlichen Sätzen entgegensetzen, wenn sie aus allen Ecken auf uns herunterprasseln und anfangen, uns mitzureißen und zu ergreifen?  

Vielleicht ist die augenblickliche Situation vielfältiger Bedrohung auch eine Chance: Indem wir merken, dass Vieles, auf das wir uns verlassen möchten, nicht trägt, tritt zutage, was tatsächlich Kraft hat. Ent-täuschung macht den Blick frei für das, was keine Täuschung ist und deshalb hoffen macht.
Eine derartige, zur klaren Sicht verhelfende Ent-täuschung zielte offensichtlich Angelus Silesius an, als er appellierte: „Halt an, wo läufst d hin.“ 

Wer sich nicht zudröhnen lässt und selber zudröhnt mit den oben zitierten Höllensätzen, wird hören, dass es dahinter andere Sätze gibt, solche, die zunächst ganz leise daherkommen und deshalb in der Gefahr sind, überhört zu werden. 
Sie lauten beispielsweise:  

  • „Angst ist ein schlechter Ratgeber.“ 
  • „In dir steckt, genau wie in jedem Menschen, ein guter Kern.“ 
  • „Jeder Augenblick trägt in sich die Kraft, ihm gerecht zu werden.“ 
  • „Ich bin von meinem ersten Atemzug an ein geliebtes Wesen.“ 
  • „Liebe ist stärker als der Tod.“ 
  •  Oder eben: „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“ 

Wer solchen Sätzen Gehör und Wirkung verschaffen möchte, kann beim niederländisch-österreichischen Seelsorger und Dichter Joop Roeland in die Lehre gehen. Der hat beim biblischen Propheten Daniel abgeschaut, worauf es ankommt, wenn man sich nicht von dummem Gerede und hohlem Gebrüll täuschen und beirren lassen will: Daniel hat – ähnlich wie Jesus in der Wüste die wilden Tiere – die bis heute sprichwörtliche „Löwengrube“ lebend überstanden. – Joop Roeland beschreibt und deutet das so: 

Obwohl es streng verboten war, kniet Daniel im fremden Land dreimal am Tag öffentlich nieder und richtet sein Gebet und seinen Lobpreis an seinen Gott. Um ihn davon abzubringen, wird er in die Löwengrube geworfen. – Dies sind die Namen der angsteinflößenden, lebensbedrohlichen Löwen, – damals wie heute:  

Der Konsum-Löwe: Er brüllt nicht, er schmeichelt sich ein. Wer ihn aber streichelt, den wird er verschlingen. 

Der Löwe der Anpassung: Er flüstert mit weicher Stimme dir zu: Falle nicht auf! Sei nie du selbst, sondern immer so, wie du glaubst, dass die andern, die du nicht magst, wollen, dass du bist. Zeige nie dein eigenes Gesicht, lebe von Leihgaben! Erhebe deine Stimme nicht gegen Unrecht, bringe nie eine Gegenstimme! Gehe den Menschen nach! Gehe ihnen nicht entgegen! So gehst du ein. 

Der Löwe der Blendung: Sanft wischt er dir die Augen aus, und du kannst nicht mehr sehen: die Gewalt um dich herum und die Menschen, die leiden, und die Zärtlichkeit des kleinen Regens auf die Blätter des winzigen Baumes im Hof. Du bist geblendet und verloren. 

Der Morgenlöwe der Macht: Er treibt dich an: Du kannst alles machen! Bau deine Karriere, erziehe deine Kinder zum Tode! Übersieh die selbstwachsende Saat und das Spielen der Kinder! Geh über Leichen – bis du selber gestorben bist. 

Der Mittagslöwe der Resignation, der dir dauernd einredet: Da kannst du nichts machen, auf dich kommt es nicht an. Vergiss deine Träume, du hast geträumt von etwas, was es nicht gibt. So schläfst du ein, für immer. 

Der Abendlöwe der Verbitterung und Verzweiflung: Er bringt dir Angst und Einsamkeit: Iss nur, sagt er, etwas anderes gibt es nicht! Und du nimmst dieses Gift. 

Am nächsten Tag, so wird weiter über Daniel erzählt, findet man ihn in der Löwengrube „ohne die geringste Verletzung, denn er hatte seinem Gott vertraut“. 

Zu beten bedeutet: Sein wie Daniel unter Löwen. Beten ist: Die Löwen nicht ernst nehmen, sondern ihnen entgegentreten und das Herz dorthin richten, wo alles anfängt und alles hinführt. 

Und die Löwen, wo sind die Löwen? Die Löwen haben sich davongeschlichen. Du aber bist ohne die geringste Verletzung, denn du hast deinem Gott vertraut. 

Gut möglich, dass Jesus Daniel im Sinn hatte – und alle, die in Wüsten und Löwengruben geraten, als er sagte: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ 

P. Klaus-Ludger Söbbeler OSB, Prior der Abtei Königsmünster

Hoffnung inmitten einer turbulenten Welt  

Was mir in dieser turbulenten Welt Hoffnung gibt  

In einer Welt voller Ungewissheit, Leid und Aufruhr ist es leicht, von Verzweiflung überwältigt zu werden. Kriege, Naturkatastrophen, moralischer Verfall und persönliche Nöte erschüttern oft unser Leben. Doch inmitten dieser Herausforderungen geben mir zwei tiefe Wahrheiten unerschütterliche Hoffnung: erstens das Wissen um die Existenz Gottes und zweitens die Gegenwart gutherziger Menschen in der Welt. Diese Realitäten leuchten wie Leuchtfeuer in der Dunkelheit und erinnern mich daran, dass das Gute und die göttliche Liebe allgegenwärtig sind.  

  1. Das Bewusstsein der Existenz Gottes  

 Der Glaube an die Existenz Gottes ist ein unerschütterliches Fundament der Hoffnung. Er gibt mir die Gewissheit, dass das Leben keine zufällige Abfolge von Ereignissen ist, sondern von göttlicher Weisheit gelenkt wird. Das Wissen, dass Gott immer die Kontrolle hat, selbst in chaotischen Momenten, erfüllt mein Herz mit Frieden.  

Die Bibel versichert uns, dass Gott gegenwärtig ist und seine Liebe unerschütterlich ist. In Jeremia 29,11 erklärt Gott: „Denn ich weiß, was ich mit euch vorhabe, spricht der Herr, Gutes und nicht Böses, dass ich euch eine Zukunft und eine Hoffnung gebe.“ Diese Verheißung erinnert mich daran, dass Gott trotz der Turbulenzen in der Welt ein größeres Ziel für uns hat.  

Auch in Psalm 46,1 finden wir Trost: „Gott ist unsere Zuflucht und Stärke, eine sehr gegenwärtige Hilfe in der Not.“ Und in Psalm 23,4 heißt es: „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“ Diese Wahrheit gibt mir die Gewissheit, dass Gott unabhängig von den Schwierigkeiten, denen wir gegenüberstehen, unsere Hoffnung, unsere Zuflucht und unser Beschützer bleibt und uns durch die dunkelsten Momente des Lebens führt.  

  1. Die Anwesenheit von Menschen mit gutem Herzen  

Neben der göttlichen Gewissheit wird meine Hoffnung auch durch die Anwesenheit von mitfühlenden und rechtschaffenen Menschen gestärkt. Die Welt ist trotz ihrer Mängel immer noch voll von Menschen, die sich unermüdlich für Gerechtigkeit, Frieden und Freundlichkeit einsetzen. Es gibt selbstlose Menschen, die ihre Zeit und ihre Ressourcen opfern, um den Bedürftigen zu helfen, die in einer Welt der Täuschung für die Wahrheit eintreten und die Liebe verbreiten, wo der Hass die Oberhand zu gewinnen versucht.  

Eine solche Ermutigung findet sich in Matthäus 5,16: „So soll euer Licht leuchten vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ Das erinnert uns daran, dass das Gute noch immer am Werk ist und dass jeder Akt der Güte Gottes Liebe in der Welt widerspiegelt. Dieser Gedanke wird auch von Weisen anderer Traditionen bezeugt, wie z. B. von Konfuzius, der einst lehrte: „Wer das Wohl der anderen sichern will, hat sein eigenes bereits gesichert.“   Das bedeutet, dass wahre Hoffnung entsteht, wenn wir Liebe und Güte über uns selbst hinaus ausdehnen. Es gibt also gute Menschen, die Freude daran finden, anderen Gutes zu tun.   

In einer Welt, die oft in Verzweiflung zu versinken scheint, halte ich an der Hoffnung fest, die aus der Gegenwart Gottes und der Güte der Menschen erwächst. Gottes ewige Liebe versichert mir, dass wir nie allein sind, und die Güte anderer beweist, dass inmitten der Dunkelheit immer noch Licht scheint. Jesus lehrt uns in Johannes 16,33: „In der Welt werdet ihr Bedrängnis haben. Aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ Diese Verheißung und die Taten gutherziger Menschen geben mir die Kraft, jedem Tag mit neuer Hoffnung und neuem Glauben zu begegnen.  

Wie turbulent das Leben auch sein mag, ich glaube, dass die Hoffnung nie verloren geht, solange Gott existiert und das Gute in den Herzen der Menschen weiterlebt. Ich lade Sie ein, an dieser Hoffnung festzuhalten, sie mit anderen zu teilen und weiterhin das Licht zu sein, das die Welt so dringend braucht. 

Abt Pambo Mkorwe OSB, Abt der Abtei Mvimwa/Tansania

Hoffnung reicht mir nicht. Ich möchte hier nicht die Stimmung verderben, aber ich brauche mehr. Warum sollte ich über etwas sprechen, wovon ich mir das Gegenteil nicht vorstellen mag und was diesen Impuls sinnlos machen würde. 
Pilger der Hoffnung sollen wir sein, schreibt Papst Franziskus. Ein Pilger ist jemand, der sich auf den Weg macht, der ein Ziel hat und einen Plan oder zumindest eine Vorstellung davon hat, wie er dieses Ziel erreichen kann. Er hat Zuversicht. Genau deshalb pilgern so viele Menschen nach Brüchen in ihrem Leben.  
Es ist nicht die Hoffnung, die wir in diesen Zeiten so sehr vermissen und wonach wir uns sehnen – es ist die Zuversicht. Es ist eine Vision, Utopie, oder auch nur eine Idee, wie wir in Zukunft unser Zusammenleben gestalten – und es braucht Pläne und Konzepte, wie wir diese erreichen können. Dazu benötigen wir einen Diskurs und Aushandlungsprozess, ein Zuhören und Aufeinanderzugehen. Fehlt dies, werden einfache Antworten und Lösungen immer verführerischer, werden die Menschen ihre Hoffnung in Autokraten und Diktatoren setzen. Ich glaube, dass es vielen Menschen ähnlich wie mir ergeht. Die vielen Eintritte in Parteien und Gemeinsinn stiftende Vereine scheinen ein Hinweis darauf zu sein. Daraus schöpfe ich Hoffnung. Und ich hoffe darauf, dass meine Kinder mit Zuversicht in die Zukunft blicken können. 

Sven Rehbein, Leiter des Abteiladens der Abtei Königsmünster

Liebe Hoffnung,  

neulich hatte ich mich mal mit dem Glauben getroffen. Es war ein intensives Treffen. Wir haben uns ausgetauscht und dann – weil wir viele Fragen und durchaus auch Nöte hatten – die Liebe angerufen. Sie hatte, wie es so ihre Art ist, Zeit und konnte zu unserem Treffen dazu kommen. Leider haben wir Dich nicht erreichen können. Du bist derzeit irgendwie nicht zu greifen und wir haben schon länger nichts mehr voneinander gehört.  

Der Glaube, der früher nur selten zu unseren Treffen kam, weil er überall sehr gefragt war, hat ja derzeit weniger zu tun. Darüber ist er sehr traurig, fast verzweifelt. Das kann ich gut verstehen. Ist schlimm, wenn man sehr gefragt war und dann auf einmal sagen die Menschen, dass sie mit dir nicht mehr so viel anfangen können. „Man hat sich auseinander gelebt“, sagen die Menschen, wenn sie ihre Beziehungen trennen. Außerdem meinen viele, Glaube sei dasselbe wie Kirche. Und die steht ja derzeit nicht gerade hoch im Kurs. Ich finde es eine grobe Verwechselung, Glaube mit der Institution Kirche einfach so gleichzusetzen. Naja. Also dem Glauben geht es derzeit gar nicht gut.  

Die Liebe hat immer Zeit. Das habe ich inzwischen verstanden. Auch wenn sie müde ist und einfach nicht mehr weiter kann, schleppt sie sich zu unseren Treffen. Das gehört anscheinend zu ihrer Daseinsweise. Nein-Sagen lernt sie überhaupt nicht. Wie oft haben wir ihr schon gesagt, sie solle auf sich achten, sich nicht so überfordern. Aber hat man einmal nicht aufgepasst, ist sie schon wieder an der Arbeit, setzt sich ein, bringt ihr Licht zu den Menschen. Und sie macht unermüdlich weiter, ohne auf sich und ihre Kräfte zu achten. Wenn mir das doch auch mehr gelingen würde: Einfach für andere da sein, einfach schenken und die Angst zu lassen. Einfach nur Licht zu sein, das die Welt erhellt. Egal wie viel, egal, wie häufig, egal zu welchem Preis. Licht sein. Naja. Also die Liebe könnte Deine stärkende Kraft sicher mehr als brauchen. 

Liebe Hoffnung, wir vermissen Dich und sind in großer Sorge. Es war zugegebenerweise nicht immer leicht für Dich. Wenn der Glaube so fest und wissend daherkam und die Liebe in ihrer Unbeirrbarkeit einfach machte, dann standest du oft da und hattest vielleicht den Eindruck, dass Deine Kraft nicht mehr gebraucht würde. Das war sicher verletzend und auch ungerecht. Und da kann ich es verstehen, dass Du einfach verschwunden bist und nur noch für Dich sein willst. Mit einer gewissen Scham muss ich aber einsehen, dass wir Dich wirklich brauchen, liebe Hoffnung. Und ich muss auch eingestehen, dass man Dinge immer erst dann vermisst, wenn man sie nicht mehr hat. Solange sie selbstverständlich da sind, denkt man nicht darüber nach. Wenn sie auf einmal fehlen, spürt man, was man hatte. Erst wenn einem die Luft wegbleibt, versteht man, was Atmen ist. Oh je! 

Wir bekommen einfach keine Luft mehr, seit Du weg bist. Der Glaube sitzt da und bejammert sich und die Liebe macht und tut und brennt langsam aus. Du fehlst so sehr. Der Glaube braucht Dich und Deine lichte Art, ihn zu motivieren, weiter zu machen und sich nicht dauernd beirren zu lassen. Die Liebe braucht einen Sinn, warum sie sich so hingibt. Du, liebe Hoffnung, bist für beide ein unbeirrbarer Anker, in dem sie sich festmachen können. Und vielleicht – ich sage das nur ganz leise – vielleicht bist Du auch so allein einsam und tatenlos und unglücklich. Ihr Drei – Glaube, Hoffnung, Liebe – seid wirklich zusammen meine Freunde. Und Ihr bewegt die Welt und macht sie hell. Dazu braucht Ihr Euch gegenseitig und wir Menschen brauchen Euch zusammen erst recht. 

Liebe Hoffnung, irgendwie spüre ich Dich gerade intensiv. Hast Du Dich, während ich das schreibe, in meine Nähe begeben? Oder hast Du etwa die ganze letzte Zeit schon hinter mir gestanden und auf mich gewartet, bis ich merke, dass Du niemals wirklich weg sein kannst?  

Das bist Du! Ich dachte es ja eben noch: Man hat Dich immer so selbstverständlich – aber wenn Du fehlst… 

P. Abraham Fischer OSB, Cella St. Benedikt Hannover, Kunstschmied und Seelsorger

Hoffnung
…und was das für mich mit Brombeergestrüpp zu tun hat… 

„Was gibt mir in meinem Leben und in meiner Arbeit Hoffnung?“
Auf diese Frage wollte ich eine Antwort finden, um diesen Impuls schreiben zu können. Die Sonne hatte mich in den Wald gelockt. Lotta, meine Havanerserhündin, freute sich. Sie liebte den Wald. Ich auch. Und ich hoffte, dass mir die Bäume die Antwort auf meine Frage zuflüsterten.  

Gedankenverloren ging ich den schmalen Waldpfad entlang. Lotta erkundete freudig das Gelände, sprang auf Baumstümpfe, schnupperte an Blättern, Moos und an den ersten Schneeglöckchen. Ich nahm mir vor, die Gedanken einfach kommen zu lassen. So wie ich es mit meinem Leinentrick mache. Wenn ich an einer Geschichte arbeite oder auch wenn mich etwas besonders bewegt, schreibe ich meine Fragen auf ein Blatt Papier und hänge sie an einer Leine auf. So bekomme ich Abstand. Die Fragen quälen mich nicht mehr, denn mit der Zeit habe ich gelernt, der Hoffnung zu vertrauen, dass die Antworten kommen. Und mit dieser Hoffnung folgte ich weiter dem verschlungenen Waldpfad. Lotta wusste gar nicht, wo sie zuerst schnuppern sollte. So viele Baumstümpfe! Moos, das in der Sonne leuchtete. Immer wieder Schneeglöckchen und Blätter am Boden, soweit das Auge reichte. Der Weg war kaum zu erkennen. Ich dachte darüber nach, dass es manchmal schwer ist, die Zeit auszuhalten, in der ich auf Antworten warte. Ich weiß, dass ich nicht warten sollte. Zuversicht heißt das Zauberwort. Den Dingen ihre Zeit geben. Die Ungewissheit aushalten. Vertrauen. Die Angst loslassen, dass diesmal keine Antworten kommen könnten. „Dem Gehenden legt sich der Weg unter die Füße“, so ähnlich hat es Martin Walser mal formuliert. Nahrung für die Hoffnung.  

Lotta wollte spielen. Ich warf Stöckchen. Sie sprang hinterher, holte es zurück, legte es mir vor die Füße. Im Augenblick, wo ich es greifen wollte, hielt sie es fest. An diesem „Wer-ist-schneller-Spiel?“ hatte sie besonderen Spaß. Wir spielten es eine Weile. Ich war mit meinen Gedanken immer noch bei der Kunst, Ungewissheit auszuhalten. Situationen fielen mir ein, wo Verzweiflung sich in mir breit machen wollte. Wo blieben die Antworten? Dieser Schwebezustand konnte so quälend sein. Ich versuchte es mit einem anderen Blick, suchte nach den Chancen, die in diesem offenen Raum verborgen sein könnten. Neue, unbekannte Möglichkeiten und Lösungen. Hoffnung auf Weiterentwicklung… Ja, das war doch schon brauchbares Material für meinen Impuls. Ich beschloss umzukehren.  

Aber alles sah plötzlich so ähnlich aus. Vor lauter Blättern konnte ich den Waldpfad nicht erkennen. Mit der Zeit wurde ich immer unsicherer, ob es wirklich der richtige Weg zurück war. Lotta hatte immer noch Spaß an den Baumstümpfen, an den Blättern und an den vielen Stöckchen. Mir verging der Spaß. Mein Gefühl sagte mir, ich könnte zu weit nach rechts abgekommen sein. Ich schlug die Richtung nach links ein. Da war aber alles voller Brombeergestrüpp. Egal. Ich war mir sicher, dass ich diese Richtung einschlagen müsste. Und nach einem Stückchen Gestrüpp würde schon wieder der richtige Weg kommen. Ich ging vor. Lotta weigerte sich mir zu folgen. Äste mit Brombeerstrauchdornen versperrten ihr den Weg. Sie hatte auch keinen Spaß mehr. Ich sah ein, dass Lottas kurze Beine und ihr wuscheliges Fell sich nicht mit dem Gestrüpp vertrugen. Sie schaute mich fragend an. „Und jetzt?“ Ich hob sie hoch, nahm sie auf den Arm. Für Lotta war wieder alles in Ordnung. Ich musste gegen ein inneres Zittern ankämpfen. Meine Gedanken drohten so wirr zu werden wie das Brombeergestrüpp. Da kam mir die rettende Idee. Mein Handy! Mitten im Gestrüpp setzte ich mich auf einen Baumstumpf, Lotta neben mir. Ich schaute bei Google nach, um meinen Standort zu finden. Da war er! Der blaue Punkt, der mir anzeigte, wo wir uns befanden. Leider war er weit entfernt von irgendwelchen offiziellen Wegen, sondern mitten in einer „Niemandslandfläche“. So wie es aussah gab es nur die eine Möglichkeit zurück zu den offiziellen Wegen: weiter durch das Brombeergestrüpp.  

Voller Zuversicht kämpfte ich mich mit Lotta auf dem Arm weiter voran. Auf dem Handy kontrollierte ich die Richtung. Dabei verhedderte ich mich mit einem Fuß im Gestrüpp, stürzte zu Boden. Lotta ließ ich im letzten Augenblick noch los. Sie sprang voraus und schaute mich verdutzt an. Alles gut, beruhigte ich sie und arbeitete mich langsam in die Senkrechte zurück, schaute mich um, nach einem leichteren Weg. Aber um mich herum nur Brombeergestrüpp. Ein Szenario der Angst wollte sich in mir ausbreiten. Das Flüsschen, das ich auf der Googlekarte gesehen hatte, lag das in einer Schlucht? Vor mir sah alles so bergig aus. Kamen wir da weiter? Was, wenn es vorher dunkel würde?  Ich wehrte mich gegen die Bedenken mit Hoffnung. „Wir schaffen das, Lotta! Wir kommen hier raus!“
Ich setzte mich auf einen querliegenden Baumstamm, wollte verschnaufen. Lotta sprang neben mich, wollte spielen, schnupperte an dem Moos auf dem Baumstamm, sprang mir auf den Schoß, stupste mich an, als wollte sie sagen. „Los, weiter!“ Meine Angst war verschwunden. Die Hoffnung, alles gut zu schaffen, hatte gesiegt. Ich fühlte mich erleichtert, überlegte kurz, was wäre, wenn es die Hoffnung nicht gäbe: nur unüberwindbares Brombeergestrüpp! Und eigentlich war ich hier ja an einem sicheren Ort. Was ist mit all den vielen Menschen, die um ihr Leben bangen müssen?
Lotta sprang vom Baumstamm, tänzelte vor mir hin und her, forderte mich auf, endlich weiterzugehen. Ich nahm sie wieder auf den Arm, bereit für das nächste Brombeergestrüpp.  

Endlich kamen wir an eine Stelle, an der sich das Gestrüpp lichtete. Ich setzte Lotta ab. Sie schnupperte Waldluft, lief los… einen Hang hinunter zu einem kleinen Flüsschen. Meine Einschätzung flüsterte mir ein, dass wir in genau die entgegengesetzte Richtung gehen sollten. Ich pfiff Lotta zurück. Sie blieb stur stehen, setzte sich hin. Vorsichtshalber kontrollierte ich die Richtung im Handy. Zum Glück. Ich wäre in die falsche Richtung gelaufen. Ich folgte Lotta über das Flüsschen den Berg hoch. Oben angekommen sah ich einen Feldweg. An einem Baum ein Herz aus Moos. Ich war mir sicher. Dies war der richtige Weg: breit, leicht zu gehen, kein Brombeergestrüpp mehr. Nach der nächsten Biegung entdeckte ich mein Auto. 
Geschafft! Lotta sprang auf einen Baumstumpf. Voller Hoffnung. In diesem Fall bezog es sich bei ihr auf die Belohnung. Die hatte sie sich verdient. Ich gab ihr ein Leckerli. Freudig sprang Lotta vom Baumstumpf, lief auf das Auto zu…
Erleichtert atmete ich auf. Hoffnung. Was für ein guter Wegweiser! 

Hoffnung hilft, sich mit der Ungewissheit zu versöhnen, sie zu einer Freundin zu machen, die ein Geschenk voller Möglichkeiten in ihrem Rucksack hat.
Hoffnung hilft, Unsicherheit auszuhalten, verscheucht die Angst.
Da kann man sich ruhig mal verirren. Mit der Hoffnung als Wegbegleiter können wir darauf vertrauen, dass sich der Weg unter unsere Füße legt. 

Angelika Bartram, Autorin, Schauspielerin und Regisseurin