Impuls am Freitag der 4. Fastenwoche (19.03.2021)
29 Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Seht euch den Feigenbaum und die anderen Bäume an:
30 Sobald ihr merkt, dass sie Blätter treiben, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist.
31 So erkennt auch ihr, wenn ihr das geschehen seht, dass das Reich Gottes nahe ist.
32 Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis alles geschieht.
33 Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.
(Lk 21,29-33 – heutiger Gesamttext: Lk 21,29-38)
Der Feigenbaum ist ein uraltes Bild für das Volk Israel. Wir können es auch als Bild für die Kirche verstehen. Wenn – ja wenn es dann nicht so traurig wäre. Keine sprießenden Blätter am Feigenbaum Kirche, keine Früchte. Zu kalt ist der Wind, zu rau der Ton, zu verletzend und verstörend Aussagen und Texte. Da soll Sommer werden? Da soll Reich Gottes lebendig werden?
Ein paar Kapitel früher erzählt Jesus das Gleichnis eines Feigenbaums, der keine Frucht trägt (Lk 13,6-9). Drei Jahre lang kommt der Herr des Weinbergs und der Baum bekommt dann sogar noch mal ein Jahr Gnadenfrist. Ob das für die Kirche reichen würde? Ich wage es zu bezweifeln.
Und doch: Bleibt uns überhaupt diese Zeit? Zu viele Menschen, auch aus dem Inneren der Gemeinden, aus unseren Verbänden, verlassen die Kirche. Ich kann sie verstehen. Soll die Kirche doch Ort der erfahrbaren Nähe Gottes sein – aber wenn selbst der Segen verboten wird…
Mich tröstet der letzte Vers des obigen Textes. Auch wenn wir es „schaffen“, dass alles vergeht – Gottes Wort wird bleiben. Längst suchen und hören es Menschen an anderen Orten. Machen wir uns nichts vor: auch ein paar digitale Highlights, ein paar Likes in Sozialen Medien, Hochglanzbroschüren – wir erreichen kaum noch Menschen außerhalb eines engen Kreises. Das Wort Gottes braucht anderen Dünger, um wieder am Feigenbaum der Kirche zu blühen.
Wie wäre es mit Wertschätzung und Anerkennung – gegenseitig, ohne Vorurteile und Einschränkungen. Wie wäre es mit Vertrauen – dem anderen gegenüber und vor allem Gott gegenüber. Wie wäre es mit Mut, neue Wege auszuprobieren und zu gehen, mit Phantasie und Freude sogar in unseren Gottesdiensten.
Der Text des heutigen Tages geht ja noch weiter:
34 Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euer Herz nicht beschweren und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht
35 wie eine Falle; denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen.
36 Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt!
Nehmen wir uns in Acht!
Und vertrauen wir.
Gottes Wort gilt.
Und sein Segen trägt. Alle.
P. Guido Hügen OSB