Impuls am Samstag der Ersten Adventswoche (4.12.2021)
Bibellesung: Sacharja 4,1-14
Wieder kam der Engel, der jeweils mit mir sprach. Er rüttelte mich auf, wie man jemand aus dem Schlaf weckt, und fragte mich: „Was siehst du?“ Ich antwortete: „Einen Leuchter aus Gold. Er trägt oben ein Ölbecken, an dessen Rand ringsum sieben Lichtschalen angebracht sind. Und jede Schale hatte sieben Schnäbel für die Dochte. Links und rechts ragte über dem Leuchter je ein Ölbaum auf. Was hat das zu bedeuten, Herr?“ „Verstehst du es nicht?“, fragte der Engel. „Nein, Herr“, erwiderte ich.
„Die sieben Lichtschalen sind die Augen des Herrn, die alles sehen, was auf der Erde geschieht.“ (Übersetzung: Gute Nachricht Bibel)
Das Bild vom Ölleuchter mit seinen sieben Lichtschalen, in denen insgesamt 49 Dochte brennen, hat auf mich eine beruhigende Wirkung.
Stell Dir einen großen, hohen Raum vor, in dem ein solcher Leuchter steht. Das brennende Öl verbreitet ein ruhiges und warmes Licht. Es flackert und rußt nicht, sondern lässt in der Dunkelheit eine stille Atmosphäre entstehen. Auf sichtbare Weise wird uns Unsichtbares vor Augen gestellt:
Die Präsenz Gottes, eine geistige Wirklichkeit, die mit ihrer Aufmerksamkeit alles umfängt.
Noch in meiner Kindheit wurde gesagt. „Gott sieht alles, auch das, was keiner sieht.“ Da konnte einem schon angst und bange werden. Wer einen Fehler machte, entging dem Strafgericht nicht. Schwarze Erziehung! Die Bibel sieht es anders: „Ich bin auch bei den Zerschlagenen und Bedrückten, um den Geist der Bedrückten wieder aufleben zu lassen und das Herz der Zerschlagenen neu zu beleben.“ (Jes 57,15)
Wenn Du auf dieses Licht schaust und Dein Geist offen ist, dann kann es sein, dass es nach und nach in Dir still wird. Und je mehr Du Dich zurücknimmst, desto mehr wird die Gegenwart dieses Unsichtbaren in Deinen Innenraum einziehen. Wenn dies geschieht, ist es überhaupt nicht wichtig, dass das Licht vor Dir kein antiker Leuchter aus Gold ist, sondern einfach eine Kerze in Deinem Zimmer.
Was spürst Du dann?
Was geschieht in Dir?
Es kommt nicht darauf an, jetzt irgendetwas zu machen. Das würde nur stören. Dass die Zeit vergeht, merkst Du kaum. Eine unaufdringliche Kraft kommt Dir entgegen. Deine Wünsche verblassen. Du lässt sein, was jetzt da ist. Am Ende bist Du wahrscheinlich dankbar, dass Du Dich auf diese stille Zeit eingelassen hast.
„Ihr sollt es sehen, und euer Herz wird sich freuen, wie eine Mutter will ich euch trösten“. (Jes 66,15f)
P. Johannes Sauerwald OSB