Impuls an Gründonnerstag (6.4.2023)
Die Älteren ehren,
die Jüngeren lieben.
(RB 4,70-71)
Die Werkzeuge 70 und 71 der geistlichen Kunst (4. Kapitel der Benediktsregel) lauten: „Die Älteren ehren, die Jüngeren lieben“. Das Wort »Ehre« bezeichnet im biblischen Kontext das Ansehen bzw. die Bedeutung Gottes oder eines Menschen. Umgekehrt heißt »jemanden ehren«, ihn so zu behandeln, wie es diesem Ansehen entspricht. Und seinem Ansehen entspricht es eben, dass der andere wie ich selber nach dem Abbild Gottes als Mensch geschaffen wurde. Im Alltag ist es oft schwer, jemanden Nächstes zu „ehren“ oder ihn gar zu lieben. Wir reden uns selber oft heraus und übernehmen keine Verantwortung, denn wir sind ja selbst immer unschuldige Lämmer. Oft haben wir Vorurteile gegenüber dem Nächsten, sind misstrauisch und schieben die Schuld gerne anderen zu. Egal ob älter oder jünger – das ist der Kreislauf der zwischenmenschlichen Verirrungen und Verwirrungen. Gar nicht so einfach. Stimmt: Die Achtsamkeit gegenüber den Nächsten ist eine Übung für das ganze Leben. Oft brauchen wir eine Motivation, um uns in etwas Bestimmtes einzuüben. Jesus selbst gibt uns eine Motivationshilfe mit an die Hand. „Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut auch ihr ihnen ebenso.“ Wer wollte nicht als junger Mensch geliebt und angenommen sein? Wer will nicht im Alter geehrt sein? Neben diesem Motivationsspruch, den wir auch die goldene Regel nennen, schenkt uns Jesus aber auch selbst ein Beispiel für eine Haltung, den Nächsten zu ehren und zu lieben. Diese Haltung kommt am heutigen Gründonnerstag zutage: die Fußwaschung. Jesus wäscht den Jüngern die Füße und ehrt dadurch seine Nächsten in ihrer Würde als Kinder Gottes. Möge die Fußwaschung uns ein Beispiel sein auf dem Weg der Barmherzigkeit uns selbst und allen Schwestern und Brüdern gegenüber.
Br. Benedikt Müller OSB