Predigt an Ostern (17.4.2022)

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von Br. Justus Niehaus OSB

 

Liebe Schwestern und Brüder,

ich finde es jedes Jahr wieder berührend den Introitus also den Eingangsgesang von Ostern zu singen. Er ist für mich eine gute Möglichkeit Auferstehung zu deuten. Es ist dieses intime Gespräch des Sohnes mit dem Vater, der den Introitus so besonders macht. Es ist kein Triumphgesang mit Pauken und Trompeten, sondern es ist die Begegnung des Sohnes, der vom Vater gerettet, ja aufgefangen wurde.

Ich bin auferstanden und bin immer bei dir. Halleluja.

Du hast deine Hand auf mich gelegt. Halleluja.

Wie wunderbar wurde dein Wissen um mich.

Jesus ist Gott, aber er ist auch Mensch. Er hat Todesangst gehabt. Er musste den Tod am Kreuz sterben. Er musste sich fallen lassen am Kreuz, in den Tod hinein. Sich fallen lassen in diesen grausamen Erstickungstod. Er musste dies als Mensch, mit diesem letzten Zweifel, der den Glauben vom Wissen trennt, tun. Ohne Netz und doppelten Boden sich fallen lassen allein im Vertrauen, dass der Vater seinen Sohn nicht allein lässt.

Diesen intimen Moment des Sohnes mit dem Vater – die Erleichterung, das nicht enttäuschte Vertrauen in den Vater, wird uns am Anfang dieses Gottesdienstes vor Augen geführt. Kein Triumph und Herrlichkeit sondern Berührung und Liebe. Dieser Glaube und das Vertrauen des Menschen Jesu zu seinem Vater.

Ein Zweiter Mensch, der mich jedes Jahr berührt ist Maria Magdalena, diese Apostolin der Apostel. Sie läuft zum Grab und sieht, der Stein ist weg. Sie läuft zurück um Hilfe zu holen. Mit den zwei Jüngern kehrt sie verunsichert wieder. Doch sie lassen sie alleine am Grab zurück. Erst als sie alleine zur Ruhe kommt spricht Jesus sie an. Und auch dann muss sie sich ganz zu ihm wenden um ihn zu erkennen. Welches Gefühlschaos in ihr geherrscht haben muss. Erst der Tod, dann die vermeindliche Grabschändung und dann die Erkenntnis: Er lebt.

Dieses Gefühlschaos kann ich in der heutigen Zeit gut nachvollziehen. Erst über zwei Jahre Pandemie, in der wir alle nur mühsam tastend die nächsten Schritte gemacht haben, immer in der Angst sich und Andere anzustecken. Aber auch immer die Hoffnung, dass es Schritte zur Normalität gibt. Vorsichtige Schritte zu Normalisierung des Lebens künden sich an.

Dann geschieht Ende Februar, das Unfassbare, welches wir eigentlich überwunden zu haben glaubten. Ein Staat in Europa greift einen anderen Staat mit Waffengewalt an. Krieg in Europa. Wieder ein Rückschlag, Ohnmacht und Sorgen. Helfen wollen und gleichzeitig nicht in einen Krieg hineingezogen werden wollen.

Die Jüngerinnen und Jünger damals hätten sich auch lieber einen Messias gewünscht, der mit Macht kommt. Als triumphaler Held, der das jüdische Volk von seinen römischen Besatzern befreit und in Jerusalem einzieht. Aber so kommt Gott nicht in diese Welt.

Er kommt ganz leise. Er kommt nur zu denen, die an ihn glauben. Er kommt, wenn sie nicht damit rechnen. Er kommt, wenn sie zusammensitzen und die Türen verschlossen sind. Er bleibt nicht weg. Dies im Einzelnen zu deuten überlasse ich in den nächsten 50 Tagen meinen Brüdern.

Ein Wort des auferstandenen Christus an seine Jünger taucht dabei aber immer wieder auf. Es ist auf der diesjährigen Osterkerze: Friede sei mit euch! Wir bekommen vom Auferstandenen den Frieden zugesprochen, den wir nicht nur in Europa, gerade mehr als dringend brauchen.

Das jüdische Schalom meint aber mehr als Frieden. Es meint zunächst Unversehrtheit und Heil. Doch es ist nicht nur Befreiung von jedem Unheil und Unglück gemeint, sondern auch Gesundheit, Wohlfahrt, Sicherheit, Frieden und Ruhe. Im Alten Testament wird Schalom als „Zustand, der keine unerfüllten Wünsche offen lässt“ beschrieben.

Oder um es mit dem jüdischen Gelehrten Montefiori zu sagen:

„… der Friede, der allein versöhnt und stärkt, der uns beruhigt und unser Gesichtsbild aufhellt, uns von Unrast und von der Knechtung durch unbefriedigte Gelüste frei macht, uns das Bewusstsein des Erreichten gibt, das Bewusstsein der Dauer, inmitten unserer eigenen Vergänglichkeit und der aller Äußerlichkeiten.“

Dies alles zu begreifen und damit an die Öffentlichkeit zu gehen, dauert für die Jüngerinnen und Jünger 50 Tage. Es braucht Zeit dies alles zu Verstehen und zu Verinnerlichen.

Haben wir das Vertrauen, dass Jesus in seinen Vater gesetzt hat.

Haben wir die Offenheit, von der Pater Matthias heute Nacht gesprochen hat, um Christus zu erkennen, wenn er uns begegnen will.

Lassen wir uns diesen Frieden Gottes in dieser Osterzeit immer wieder zusprechen, damit er in uns wirken kann. Damit er durch uns in diese Welt kommen kann. Damit auch wir Pfingsten davon erzählen können.

Schalom Alechem!

Friede sei mit euch!