Kapitelstagebuch: Erinnerungen und Begegnungen

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Ein freies Wochenende liegt hinter uns. Nach der Wahl des Abtpräses konnten die Teilnehmer des Generalkapitels relaxen. Einige fuhren nach München oder an andere Orte, andere trafen Freunde, wieder andere nutzten die Gelegenheit, um nach einer anstrengenden Woche lange zu schlafen und nichts zu tun.

Bei mir kamen viele Erinnerungen hoch, Erinnerungen an menschliche Begegnungen über Kontinente und Klöster hinweg, die mich geprägt und verändert haben, die meine Weltsicht erweitert haben. Einige der Kapitelsteilnehmer kenne ich seit über 20 Jahren, als ich 1999 zum ersten Mal an Studienwochen der Missionsbenediktiner in St. Ottilien teilgenommen habe. Einige kenne ich seit meinem Studienaufenthalt auf den Philippinen 2001/02, wieder andere seit dem Studium in Rom am internationalen Benediktinerkolleg Sant’Anselmo, wunderschön auf dem Aventin gelegen. Die Generalkapitel der Missionsbenediktiner – dieses ist mittlerweile mein fünftes – sind immer wieder eine gute Gelegenheit, Mitbrüder aus aller Welt wiederzusehen oder neu kennenzulernen. Es erweitert jedes Mal meine Perspektive, wenn ich Berichte aus anderen Kulturen höre, wenn ich erlebe, wie in anderen Ländern Menschen in der Nachfolge des hl. Benedikt stehen. Typisch deutsche Probleme relativieren sich, und vieles, was wir oft als ungeheuer wichtig nehmen, rückt in die richtige Perspektive.

Im Jahr 2017 hatte ich die Gelegenheit, sechs Monate aushilfsweise als Sekretär im Haus der Kongregation in St. Ottilien zu arbeiten. Das ist die Zentrale der Missionsbenediktiner, wo sozusagen die Fäden zusammenlaufen, wo der Abtpräses und sein Team leben und arbeiten. Gestern haben wir nach der Wahl des Abtpräses, als viele Fotos gemacht wurden, ein Bild mit allen anwesenden Kongregationssekretären gemacht – vier ehemalige und ein aktueller. Es sind Mitbrüder aus Tansania, Togo, den Philippinen und Deutschland – alles Länder und Gemeinschaften, die ich schon besucht habe, wie mir dann aufgefallen ist. Unterschiedliche Brüder, die jeder auf seine Weise diesen Dienst ausgeübt haben. Und doch ist sofort ein gemeinsames Verständnis da, man kennt sich und tauscht sich untereinander aus, man fragt sich gegenseitig um Rat und hilft sich. Ganz unkompliziert.

Noch einer sollte auf dem Foto oben anwesend sein, P. Winfried Yego OSB aus Kenia, mein direkter Nachfolger als Kongregationssekretär. Anfang 2018 habe ich ihn in St. Ottilien eingearbeitet, bis 2021 war er im Amt, dann entschloss er sich, in sein geliebtes Kenia zurückzukehren, um eine Gemeinde dort zu übernehmen. Kurz später starb er an den Folgen einer Coronaerkrankung – ein viel zu früher Tod. Lieber Winfried, Du warst gestern bei uns, als wir das Foto gemacht haben. Du hättest mit deinem kenianisch-fränkischen Dialekt sicher die ein oder andere Anekdote zum Besten gegeben. Beim letzten Generalkapitel 2016 saßen wir noch in der Übersetzerbox und haben gemeinsam gearbeitet. Ruhe in Frieden, lieber Bruder!

P. Maurus Runge OSB

P. Winfried Yego OSB (+2021)

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