40 x Hoffnung (10/40 – Samstag der 1. Fastenwoche)
Hoffnung ist bereits in uns
Auf die Frage, was mir in dieser bewegten Zeit Hoffnung gibt, mag meine Antwort überraschen: Nichts kann mir Hoffnung geben. Das klingt vielleicht ernüchternd, doch es entspringt keiner Depression oder Enttäuschung. Ich sehe durchaus Licht am Horizont. Vielmehr ist es meine Überzeugung – und meine Erfahrung –, dass Hoffnung nichts ist, was ich mir erst aneignen muss. Hoffnung ist nicht etwas, das von außen kommt. Sie ist bereits in mir, in uns allen, von Geburt an.
Hoffnung als natürlicher Lebensimpuls
Schon der Säugling, der sich durch den Geburtskanal auf den Weg ins Leben macht, trägt Hoffnung in sich. Er geht diesen Weg im Vertrauen, dass ihn am Ende Licht, Wärme und Geborgenheit erwarten. Ebenso folgt jede kleine Pflanze ihrer inneren Veranlagung: Sie treibt Wurzeln in die Erde und bricht durch die Erdkruste, in der Hoffnung, dass es Licht gibt. Kein Mensch muss diesem Säugling oder der Pflanze Hoffnung geben – sie sind Hoffnung, per se. Denn Leben ist auf Hoffnung hin ausgerichtet. Hoffnung ist ein anderes Wort für Leben.
Hoffnung kann nicht gegeben, aber genommen werden
Ein Baum im Herbst verliert seine Blätter, doch er braucht keine Zusicherung, dass der Frühling kommen wird. Diese Gewissheit ist in ihm. Schon der Samen, aus dem er wuchs, trug Hoffnung in sich. Auch wir Menschen sind so geschaffen. Ein Kind, das laufen lernt, tut dies in der Hoffnung, dass es gelingen wird, ohne dass jemand es ihm garantieren muss.
Doch ich sehe auch, dass viele Menschen ihre Hoffnung nicht mehr spüren. Denn während niemand uns Hoffnung geben kann, kann sie uns genommen werden. Zweifel, Angst, schlechte Nachrichten und Krisen können uns von unserer inneren Hoffnung entfremden. Sie stehlen uns einen wesentlichen Teil des Lebens. In Zeiten der Unsicherheit geht es daher nicht darum, Hoffnung zu finden, sondern sie zu bewahren. Unsere Aufgabe ist es, zur eigenen Lebendigkeit zurückzufinden.
Die Kraft der kleinen Momente
Hoffnung zeigt sich nicht nur in großen Ereignissen, sondern im Alltag, in den kleinen Momenten des Lebens. In der Freude über eine Blume, die in meinem Zimmer blüht. In der verspielten Lebendigkeit meiner Katzen, jede mit ihrem eigenen Wesen und ihrer unerschütterlichen Hoffnung. In der Wärme einer Tasse Kaffee am Morgen, im Geschmack, im Duft, im einfachen Sein.
Hoffnung als gelebte Lebendigkeit
Hoffnung ist nicht in erster Linie ein Warten auf bessere Zeiten. Hoffnung ist das Spüren des Lebens selbst. Wer die Beziehung zu seinem Leben und zu seiner Lebendigkeit pflegt, wird die Hoffnung nie verlieren. Dann kann sie auch niemand rauben. Wer sich seine Hoffnung nehmen lässt, entfernt sich vom Weg des Lebens.
Um Hoffnung zu haben, brauchen wir keine garantierte Aussicht auf Veränderung oder Rettung. Wir müssen nur das Leben selbst spüren. Und dann kann es sein, dass selbst die auswegloseste Situation noch einen Spalt öffnet, durch den das Licht in unser Leben fällt.
Die österliche Botschaft der Hoffnung
Ostern erinnert uns an diesen Spalt, den Jesus uns mit seiner Auferstehung geschenkt hat. Durch ihn fällt das göttliche Licht in unser Dasein. Es lässt uns unser Leben und unsere Hoffnung wieder erkennen. Es lehrt uns das unerschütterliche Vertrauen, das Oscar Wilde einst so formulierte: „Am Ende wird alles gut. Und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende.“
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