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Aufbrechen zur Weisheit

O Weisheit, hervorgegangen aus dem Munde des Höchsten – die Welt umspannst du von einem Ende zum andern, in Kraft und Milde ordnest du alles: o komm und offenbare uns den Weg der Weisheit und Einsicht! (O-Antiphon vom 17. Dezember)

In den letzten sieben Tagen vor Weihnachten singen wir in der Vesper die sog. O-Antiphonen, die Sehnsuchtsrufe Israels, die etwas von der drängenden Erwartung des Erlösers ins Wort bringen. Heute besingen wir die Weisheit, die in der jüdischen Tradition oft als „Frau Weisheit“ personifiziert ist. Man kann die Frau Weisheit auch die weibliche Seite Gottes nennen.

Aufbrechen zur Weisheit – in diesem Sinne ist dieser Aufbruch ganz wörtlich gemeint. Denn „Frau Weisheit“ erwartet uns in ihrem Haus und hat schon den Tisch für uns gedeckt. Mit Weisheit im biblischen Sinne ist nicht die Anhäufung von immer mehr Wissen gemeint, sondern eher eine Lebenshaltung. „Der Anfang der Weisheit ist Gottesfurcht“, so heißt es an einer anderen Stelle. Damit ist keine sklavische Angst vor Gott gemeint, sondern das Vertrauen, dass ich nicht alles aus mir selbst habe und machen muss, sondern auf jemanden vertrauen darf, der mich erwartet und es gut mit mir meint. Aus dieser Lebenshaltung heraus kann ich dann das tun, was ich tun kann, ohne mich und andere zu überanstrengen. „Engagierte Gelassenheit“, so nennt es der Autor Pierre Stutz.

Ich wünsche uns in diesen letzten adventlichen Tagen, dass wir den Aufbruch zu einer solchen weisheitlichen Lebenshaltung wagen, die in engagierter Gelassenheit ihre Wege geht. Solch eine Lebenshaltung können wir übrigens ganz gut von Kindern lernen.

P. Maurus Runge OSB

Aufbrechen zum Gebet

So spricht der Herr: Wahrt das Recht, und sorgt für Gerechtigkeit; denn bald kommt von mir das Heil, meine Gerechtigkeit wird sich bald offenbaren. Wohl dem Mann, der so handelt, wohl dem Menschen, der daran festhält, den Sabbat zu halten und nie zu entweihen und seine Hand vor jeder bösen Tat zu bewahren.
Der Fremde, der sich dem Herrn angeschlossen hat, soll nicht sagen: Sicher wird der Herr mich ausschließen aus seinem Volk. Die Fremden, die sich dem Herrn angeschlossen haben, die ihm dienen und seinen Namen lieben, um seine Knechte zu sein, alle, die den Sabbat halten und ihn nicht entweihen, die an meinem Bund festhalten, sie bringe ich zu meinem heiligen Berg und erfülle sie in meinem Bethaus mit Freude. Ihre Brandopfer und Schlachtopfer finden Gefallen auf meinem Altar, denn mein Haus wird ein Haus des Gebets für alle Völker genannt. Spruch Gottes, des Herrn, der die verstoßenen Israeliten sammelt: Noch mehr, als ich schon von ihnen gesammelt habe, will ich dort versammeln. (Jes 56,1-3a.6-8)

Diese Textstelle hätte kein Integrationsminister besser formulieren können. Jeder, der sich an den Sabbat hält, soll dazugehören. Ob Fremder oder Einheimischer. Und selbst Eunuchen dürfen sich als dazugehörig verstehen. Das ist besonders. Denn eigentlich ist im Volk Israel das Eunuchenwesen verboten. Bei Jesaja geht es aber nicht darum, was uns trennt, sondern was uns eint. Es kommt auf die Perspektive an, die ich einnehme. Das einende Band ist hier der Einsatz für den Menschen und die Bereitschaft zum Gebet. Das ist doch für uns eine Einladung darüber nachzudenken, worauf wir schauen. Auf das uns Gemeinsame oder auf das uns Trennende. Für uns Mönche ist es die Erinnerung daran, dass wir gerade Fremde und Pilger zu uns einladen. Für uns als Kirche insgesamt,  eher auf das zu schauen , was der Gläubige mitbringt und nicht so sehr darauf zu schauen, was ihm fehlt. Aufbrechen zum Gebet heißt für mich, die Hinwendung zu Gott, dem Schöpfer aller Menschen. Das ist ein so tiefer gemeinsamer Grund, den niemand vergessen sollte. Benennen wir uns doch als Schwestern und Brüder.

Br. Benjamin Altemeier OSB

Impuls zu Jes 54,1-10

Unbedingt

Keine Angst! Ich halte zu euch.
Ihr habt Schlimmes durchgemacht: Jetzt fühlt ihr euch alleingelassen, nutzlos, unbrauchbar, verstoßen, enttäuscht, erniedrigt.
Aber das ist nicht das Ende.

Mit ewiger Huld habe ich Erbarmen mit dir.

Das gilt auch für die Juden von heute, unsere Geschwister.
Sie sind die ersten Empfänger dieser Zusage. Sie gilt ihnen durch die Zeiten hindurch.
Durch die ganze Geschichte hindurch mit all ihren dunklen Abgründen und Lichtzeiten.
Fürchte dich nicht, du wirst nicht beschämt,
schäme dich nicht, du wirst nicht enttäuscht.“

Was auch immer Gott von Israel halten mag,
das ihn verlässt und wieder zu ihm findet –
er hält zu Israel:
Mit ewiger Huld habe ich Erbarmen mit dir.“
Immer wieder, als wäre nichts gewesen.
Unfassbar.
Seine erste Liebe – Sein Volk – hält dank dieser Zusage an Ihm fest.

Fühlen auch wir uns als Christen, als Kirche
von der bedingungslosen Zusage „Meine Huld wird nie von dir weichen.“ angesprochen?
Geben wir ihr unter uns Raum?
Dass wir von Gott geliebt sind, trotz aller Enttäuschungen,
trotz der Schande, die der Kirche ins Gesicht geschrieben steht?
Strecken wir uns danach aus?
Er hat uns Seinen Sohn gesandt. Er kommt. Er ist schon da

P. Johannes Sauerwald OSB

Aufbrechen zur Gerechtigkeit (Jes 45,5a.7-8.18.21b-25)

Taut, ihr Himmel, von oben, / ihr Wolken, lasst Gerechtigkeit regnen! Die Erde tue sich auf und bringe das Heil hervor, / sie lasse Gerechtigkeit sprießen. / Ich, der HERR, erschaffe es. (Jes 45,8)

Gerechtigkeit ist eines der großen und zentralen Themen der alttestamentlichen Prophetenbücher. Und angesichts von so viel Leid und Ungerechtigkeit, die wir in der aktuellen Weltlage jeden Tag aufs Neue sehen und zum Teil auch am eigenen Leib erfahren, sind uns die Bilder des Propheten Jesaja leicht zugänglich. Vor allem angesichts der Klimakrise mit den Dürren und Überschwemmungen, die am meisten diejenigen treffen, die zum Klimawandel selbst am wenigsten beigetragen und verschuldet haben, gehen uns die der Natur entlehnten Metaphern besonders nahe: Gerechtigkeit als Regen, der die Erde sanft benetzt und das Heil, das wie ein zarter, verletzlicher Keim einer Pflanze aus dem Erdreich sprießt. Was kann ich persönlich dazu beitragen, dass in dieser Welt das Reich Gottes anbrechen kann und sei es nur in ganz kleinen, einfachen Schritten? Wo wünsche ich mir am meisten, dass etwas Verkrustetes in mir und meiner Seele aufbrechen möge?

P. Vincent Grunwald OSB

Aufbrechen zum Licht (Lk 11,33-36)

Wenn dein Auge gesund ist, dann ist dein ganzer Leib hell. Wenn es aber krank ist, dann ist auch dein Leib finster. (Lk 11,34)

Die hl. Odilia, deren Festtag wir heute als Missionsbenediktiner von St. Ottilien begehen, konnte diesen Satz aus dem Lukasevangelium wohl existentiell nachvollziehen. Denn sie ist blind geboren und hat der Legende nach bei ihrer Taufe das Augenlicht empfangen, hat also am eigenen Leib die Erfahrung von Licht und Dunkelheit gemacht. In übertragenem Sinn kann man sagen, dass Christus ihr zum Licht geworden ist.

Der Advent spielt mit der Symbolik von Licht und Dunkelheit. Woche für Woche wird das Licht des Adventskranzes heller. Diese Zeit lädt uns ein, immer mehr zum Licht aufzubrechen, das, was in uns dunkel ist, von Christi Licht erleuchten zu lassen – ein Licht, das nicht unbarmherzig blendend ist, sondern sanft wie eine Kerzenflamme in der Nacht.

Der heutige Festtag der hl. Odilia ist auch das Patronatsfest unserer Kongregation von St. Ottilien. Unser Auftrag ist es, den Menschen Christi Licht zu bringen – und dabei die Menschen nicht zu blenden, sondern Schritt für Schritt sie hinzuführen zu jenem milden Licht, auf das wir in diesem Advent zugehen.

P. Maurus Runge OSB

Aufbrechen zum Segen (Num 24,2-7.15-17a)

Der Seher Bileam, er sieht als Zeichen des kommenden Messias einen Stern aufgehen. Vielleicht können uns die vielen Sterne, die wir in diesen Tagen als Adventsschmuck sehen, daran erinnern,  dass es auch in meinem Leben, in unserer Welt etwas gibt und geben wird, das uns rettet. Wovon, woraus muss ich gerettet werden? Die Antworten darauf werden vielfältig sein, ganz persönlich… Alles darf ich diesem Gott, der mir an Weihnachten nahe kommen will, sagen. Und was sagt er mir? Er sagt mir ein gutes Wort (Segen = bene-dicere = etwas Gutes sagen). Ganz persönlich – nur für mich! „Aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund!“

P. Jonas Wiemann OSB

Aufbrechen im Warten (Mt 11,2-11)

Es gibt eine Freude, die noch nicht hat, die noch nicht selber halten muss. Noch bleibt ihr die Geste des Klammerns oder des Festhaltens erspart, denn die Hände sind noch leer. Noch muss sie sich nicht anstrengen und nichts trübt sie, nicht einmal die Angst des Verlustes, denn die Vor-Freude ist arm und deshalb noch lauter und demütig. Das bedeutet für sie keine Anstrengung. Wohl muss sie sich mit dem Warten anfreunden, mit der Geduld und der Ausdauer, und auch die Ungewissheit ist ihr sicher verwandt. Angetrieben von der Sehnsucht des Herzens ist sie eine Le­benskraft aus dem Inneren des Menschen. Aufbrechen im Warten, wie der Sonnenaufgang am Morgen.

Vorfreude strahlt nicht, ist in diesem Sinn nichts Öffentliches. Auch vom Triumph lässt sie sich nicht verleiten. Sondern sie kann sich im Schatten der Dunkelheit, in den Gemächern der Türme und Visionen das Haus bauen. Vor-Freude ist eine adventliche Stimmung. Sie ist innerlich, aber doch auf etwas von außen her aufgerichtet. In der Hoffnung auf das Kommende ist sie selber Zu-Kunft. Das gibt ihr Halt und eine gewisse Wirklichkeit. Und dennoch ist die Vorfreude nicht im Gestus des Habens, in der Gebärde des Verteidigens zuhause, sondern sie bewahrt etwas von der empfangenden Offenheit, von Hoffnung, Glaube und von der treiben­den Kraft der Liebe. Aufbrechen im Warten, wie der Same dem Licht entgegen.

Der Gott, der sich nach der Heimkehr seines Menschen sehnt, er ist ein Gott der Vorfreude. Seine Verheißungen sind darin Zu-Kunft, dass er zart auf uns zukommt. Und manchmal bereitet er uns den Weg und macht un­sere Herzensstraßen eben, denn Empfangen ist keineswegs Ruhen, es ist ein Tun, im Grunde tätig und beweglich.

„Geht und berichtet…, was ihr hört und seht:
Blinde sehen wieder und Lahme gehen;
Aussätzige werden rein und Taube hören;
Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium verkündet.“ (Mt 11,4b-5)

P. Abraham Fischer OSB

Aufbrechen mit Elija (Sir 48,1-4.9-11)

In Jesus Sirach wird das Wirken des Elija mit dem Volk Israel erzählt. Eine für mich wichtige Schlüsselszene wird später in Sir 48,14 -15 beschrieben: „In seinem Leben hat er Wunder getan und im Tod waren seine Werke erstaunlich. Bei alledem bekehrte sich das Volk nicht und sie ließen nicht ab von ihren Sünden.“

Große adventliche Gestalten treten in der Geschichte Israels immer wieder auf. Und ich denke dann so oft: Warum hören die Menschen nicht auf die Propheten, sondern gehen ihren gewohnten Weg weiter?

Gewöhnung und Aufbruch stehen sich hier gegenüber. Lasse ich mich aufstören? Lasse ich mich auf Veränderungen ein? Oder möchte ich lieber im Gewohnten bleiben, auch wenn ich weiß, dass es mir nicht gut tut. „Nehmt Neuland unter den Pflug.“ Das bedeutet, dass die neuen Pfade anstrengend sind. Es gibt noch keine vorgefertigten Pfade. Aufbruch verändert aber auch meine Wahrnehmung. Ich sehe plötzlich Dinge, die ich vorher nicht wahrgenommen habe. Da entdecke ich im Mitbruder überraschenderweise plötzlich sympathische Züge. Da spüre ich im Sonnenuntergang die unendliche Weite der Schöpfung Gottes. Da erkenne ich im Kind das Staunen Gottes über seine Schöpfung.

Br. Benjamin Altemeier OSB

Aufbrechen zum Glück (Jes 48,17-19)

Was ist Glück?

Regalmeterweise gibt es Anleitungen zum Glücklichsein.

Manche Menschen scheinen das Glück gepachtet zu haben.

Andere sehnen sich so sehr danach …

 

Doch was ist Glück?

„Glück“ stammt vom mittelhochdeutschen „Gelücke“ – und meint: etwas gelingt, etwas geht gut aus.

Man kann Glück haben – ob beim Lotto oder in der Liebe.

Und man kann Glück empfinden – ganz persönlich, tief im Innern, vielleicht sogar da, wo andere es gar nicht vermuten.

Ist Glück auch Geschenk? Frei übersetzt heißt es bei Jesus Sirach: „Am Glück des Tages, das dir zusteht, geh nicht achtlos vorbei!“ (vgl. Sir 14,14)

Das Glück, den fröhlichen Tag, die Lust, wie sie verschiedene Bibelübersetzungen deuten – Geschenk an mich! Und meine „Sünde“ ist, achtlos daran vorüber gehen.

Tun wir das nicht viel zu oft?

Geht das „Glück des Tages“ nicht viel zu oft unter in der Betriebsamkeit, den Sorgen, den vielen Gedanken und Ablenkungen?

Vielleicht ist es ja eine gute Übung für den Advent: entdecke das Glück, die Lust, das Frohe des Tages in deinem Alltag. Lass dich beschenken, geh nicht achtlos daran vorbei.

Unser heutiger Bibeltext bringt ausdrücklich Gott ins Spiel: „Ich bin der HERR, dein Gott, der dich lehrt, was Nutzen bringt, und der dich auf den Weg führt, den du gehen sollst.“ (Jes 48,17)

Hören auf Gott – gerade im Lauten und Trubeligen auch der Adventszeit. Hören, was ER mir sagt – in mein Leben hinein. Hören, um meinen Weg zu finden. Mit IHM.

„Das Glück ist im Grunde nichts anderes als der mutige Wille, zu leben, indem man die Bedingungen des Lebens annimmt.“ (Maurice Barrès)

P. Guido Hügen OSB

Aufbrechen mit Maria – Lk 1,28-38 (Erwählung Mariens)

Wir brechen mit Maria auf.
Wir ziehen mit ihr los ins Ungewisse, ins Ungeschützte.
Was wusste sie denn schon, was auf sie zukommen würde, als sie ja sagte.
Das machte sie sprachlos.
Mein Gott noch mal, Du willst bei mir, bei uns sein – das ist unvorstellbar.
Wie soll das denn gehen?
Ist das nicht eine Zumutung?

Wir bauen wie sie auf den, der uns rief
auf die Zusicherung, dass Gott unwiderruflich zu uns hält,
wenn sein Sohn in uns empfangen wird, in uns wächst, geboren wird
in unser Leben eintritt und teilnehmen lässt an seiner Weite.
Seine Wahl fiel auf jeden von uns.

Wir sagen mit Maria Ja
zu seinem Ruf, uns auf den Weg zu machen
im Einsatz für die geschundene Schöpfung
im Kampf gegen Hass und Gewalt.

Sie ist unsere Gefährtin,
sie inspiriert uns, in allem demütig zu bleiben,
von uns selbst abzusehen und uns nicht so wichtig zu nehmen,
was auch immer kommen mag – que sera, sera… whatever will be, will be…
Sie braucht sich nicht zu fürchten.
Wir ziehen mit Maria los.

P. Johannes Sauerwald OSB