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Impuls zu Jes 54,1-10

Unbedingt

Keine Angst! Ich halte zu euch.
Ihr habt Schlimmes durchgemacht: Jetzt fühlt ihr euch alleingelassen, nutzlos, unbrauchbar, verstoßen, enttäuscht, erniedrigt.
Aber das ist nicht das Ende.

Mit ewiger Huld habe ich Erbarmen mit dir.

Das gilt auch für die Juden von heute, unsere Geschwister.
Sie sind die ersten Empfänger dieser Zusage. Sie gilt ihnen durch die Zeiten hindurch.
Durch die ganze Geschichte hindurch mit all ihren dunklen Abgründen und Lichtzeiten.
Fürchte dich nicht, du wirst nicht beschämt,
schäme dich nicht, du wirst nicht enttäuscht.“

Was auch immer Gott von Israel halten mag,
das ihn verlässt und wieder zu ihm findet –
er hält zu Israel:
Mit ewiger Huld habe ich Erbarmen mit dir.“
Immer wieder, als wäre nichts gewesen.
Unfassbar.
Seine erste Liebe – Sein Volk – hält dank dieser Zusage an Ihm fest.

Fühlen auch wir uns als Christen, als Kirche
von der bedingungslosen Zusage „Meine Huld wird nie von dir weichen.“ angesprochen?
Geben wir ihr unter uns Raum?
Dass wir von Gott geliebt sind, trotz aller Enttäuschungen,
trotz der Schande, die der Kirche ins Gesicht geschrieben steht?
Strecken wir uns danach aus?
Er hat uns Seinen Sohn gesandt. Er kommt. Er ist schon da

P. Johannes Sauerwald OSB

Aufbrechen zur Gerechtigkeit (Jes 45,5a.7-8.18.21b-25)

Taut, ihr Himmel, von oben, / ihr Wolken, lasst Gerechtigkeit regnen! Die Erde tue sich auf und bringe das Heil hervor, / sie lasse Gerechtigkeit sprießen. / Ich, der HERR, erschaffe es. (Jes 45,8)

Gerechtigkeit ist eines der großen und zentralen Themen der alttestamentlichen Prophetenbücher. Und angesichts von so viel Leid und Ungerechtigkeit, die wir in der aktuellen Weltlage jeden Tag aufs Neue sehen und zum Teil auch am eigenen Leib erfahren, sind uns die Bilder des Propheten Jesaja leicht zugänglich. Vor allem angesichts der Klimakrise mit den Dürren und Überschwemmungen, die am meisten diejenigen treffen, die zum Klimawandel selbst am wenigsten beigetragen und verschuldet haben, gehen uns die der Natur entlehnten Metaphern besonders nahe: Gerechtigkeit als Regen, der die Erde sanft benetzt und das Heil, das wie ein zarter, verletzlicher Keim einer Pflanze aus dem Erdreich sprießt. Was kann ich persönlich dazu beitragen, dass in dieser Welt das Reich Gottes anbrechen kann und sei es nur in ganz kleinen, einfachen Schritten? Wo wünsche ich mir am meisten, dass etwas Verkrustetes in mir und meiner Seele aufbrechen möge?

P. Vincent Grunwald OSB

Aufbrechen zum Licht (Lk 11,33-36)

Wenn dein Auge gesund ist, dann ist dein ganzer Leib hell. Wenn es aber krank ist, dann ist auch dein Leib finster. (Lk 11,34)

Die hl. Odilia, deren Festtag wir heute als Missionsbenediktiner von St. Ottilien begehen, konnte diesen Satz aus dem Lukasevangelium wohl existentiell nachvollziehen. Denn sie ist blind geboren und hat der Legende nach bei ihrer Taufe das Augenlicht empfangen, hat also am eigenen Leib die Erfahrung von Licht und Dunkelheit gemacht. In übertragenem Sinn kann man sagen, dass Christus ihr zum Licht geworden ist.

Der Advent spielt mit der Symbolik von Licht und Dunkelheit. Woche für Woche wird das Licht des Adventskranzes heller. Diese Zeit lädt uns ein, immer mehr zum Licht aufzubrechen, das, was in uns dunkel ist, von Christi Licht erleuchten zu lassen – ein Licht, das nicht unbarmherzig blendend ist, sondern sanft wie eine Kerzenflamme in der Nacht.

Der heutige Festtag der hl. Odilia ist auch das Patronatsfest unserer Kongregation von St. Ottilien. Unser Auftrag ist es, den Menschen Christi Licht zu bringen – und dabei die Menschen nicht zu blenden, sondern Schritt für Schritt sie hinzuführen zu jenem milden Licht, auf das wir in diesem Advent zugehen.

P. Maurus Runge OSB

Aufbrechen zum Segen (Num 24,2-7.15-17a)

Der Seher Bileam, er sieht als Zeichen des kommenden Messias einen Stern aufgehen. Vielleicht können uns die vielen Sterne, die wir in diesen Tagen als Adventsschmuck sehen, daran erinnern,  dass es auch in meinem Leben, in unserer Welt etwas gibt und geben wird, das uns rettet. Wovon, woraus muss ich gerettet werden? Die Antworten darauf werden vielfältig sein, ganz persönlich… Alles darf ich diesem Gott, der mir an Weihnachten nahe kommen will, sagen. Und was sagt er mir? Er sagt mir ein gutes Wort (Segen = bene-dicere = etwas Gutes sagen). Ganz persönlich – nur für mich! „Aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund!“

P. Jonas Wiemann OSB

Aufbrechen im Warten (Mt 11,2-11)

Es gibt eine Freude, die noch nicht hat, die noch nicht selber halten muss. Noch bleibt ihr die Geste des Klammerns oder des Festhaltens erspart, denn die Hände sind noch leer. Noch muss sie sich nicht anstrengen und nichts trübt sie, nicht einmal die Angst des Verlustes, denn die Vor-Freude ist arm und deshalb noch lauter und demütig. Das bedeutet für sie keine Anstrengung. Wohl muss sie sich mit dem Warten anfreunden, mit der Geduld und der Ausdauer, und auch die Ungewissheit ist ihr sicher verwandt. Angetrieben von der Sehnsucht des Herzens ist sie eine Le­benskraft aus dem Inneren des Menschen. Aufbrechen im Warten, wie der Sonnenaufgang am Morgen.

Vorfreude strahlt nicht, ist in diesem Sinn nichts Öffentliches. Auch vom Triumph lässt sie sich nicht verleiten. Sondern sie kann sich im Schatten der Dunkelheit, in den Gemächern der Türme und Visionen das Haus bauen. Vor-Freude ist eine adventliche Stimmung. Sie ist innerlich, aber doch auf etwas von außen her aufgerichtet. In der Hoffnung auf das Kommende ist sie selber Zu-Kunft. Das gibt ihr Halt und eine gewisse Wirklichkeit. Und dennoch ist die Vorfreude nicht im Gestus des Habens, in der Gebärde des Verteidigens zuhause, sondern sie bewahrt etwas von der empfangenden Offenheit, von Hoffnung, Glaube und von der treiben­den Kraft der Liebe. Aufbrechen im Warten, wie der Same dem Licht entgegen.

Der Gott, der sich nach der Heimkehr seines Menschen sehnt, er ist ein Gott der Vorfreude. Seine Verheißungen sind darin Zu-Kunft, dass er zart auf uns zukommt. Und manchmal bereitet er uns den Weg und macht un­sere Herzensstraßen eben, denn Empfangen ist keineswegs Ruhen, es ist ein Tun, im Grunde tätig und beweglich.

„Geht und berichtet…, was ihr hört und seht:
Blinde sehen wieder und Lahme gehen;
Aussätzige werden rein und Taube hören;
Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium verkündet.“ (Mt 11,4b-5)

P. Abraham Fischer OSB

Aufbrechen mit Elija (Sir 48,1-4.9-11)

In Jesus Sirach wird das Wirken des Elija mit dem Volk Israel erzählt. Eine für mich wichtige Schlüsselszene wird später in Sir 48,14 -15 beschrieben: „In seinem Leben hat er Wunder getan und im Tod waren seine Werke erstaunlich. Bei alledem bekehrte sich das Volk nicht und sie ließen nicht ab von ihren Sünden.“

Große adventliche Gestalten treten in der Geschichte Israels immer wieder auf. Und ich denke dann so oft: Warum hören die Menschen nicht auf die Propheten, sondern gehen ihren gewohnten Weg weiter?

Gewöhnung und Aufbruch stehen sich hier gegenüber. Lasse ich mich aufstören? Lasse ich mich auf Veränderungen ein? Oder möchte ich lieber im Gewohnten bleiben, auch wenn ich weiß, dass es mir nicht gut tut. „Nehmt Neuland unter den Pflug.“ Das bedeutet, dass die neuen Pfade anstrengend sind. Es gibt noch keine vorgefertigten Pfade. Aufbruch verändert aber auch meine Wahrnehmung. Ich sehe plötzlich Dinge, die ich vorher nicht wahrgenommen habe. Da entdecke ich im Mitbruder überraschenderweise plötzlich sympathische Züge. Da spüre ich im Sonnenuntergang die unendliche Weite der Schöpfung Gottes. Da erkenne ich im Kind das Staunen Gottes über seine Schöpfung.

Br. Benjamin Altemeier OSB

Aufbrechen zum Glück (Jes 48,17-19)

Was ist Glück?

Regalmeterweise gibt es Anleitungen zum Glücklichsein.

Manche Menschen scheinen das Glück gepachtet zu haben.

Andere sehnen sich so sehr danach …

 

Doch was ist Glück?

„Glück“ stammt vom mittelhochdeutschen „Gelücke“ – und meint: etwas gelingt, etwas geht gut aus.

Man kann Glück haben – ob beim Lotto oder in der Liebe.

Und man kann Glück empfinden – ganz persönlich, tief im Innern, vielleicht sogar da, wo andere es gar nicht vermuten.

Ist Glück auch Geschenk? Frei übersetzt heißt es bei Jesus Sirach: „Am Glück des Tages, das dir zusteht, geh nicht achtlos vorbei!“ (vgl. Sir 14,14)

Das Glück, den fröhlichen Tag, die Lust, wie sie verschiedene Bibelübersetzungen deuten – Geschenk an mich! Und meine „Sünde“ ist, achtlos daran vorüber gehen.

Tun wir das nicht viel zu oft?

Geht das „Glück des Tages“ nicht viel zu oft unter in der Betriebsamkeit, den Sorgen, den vielen Gedanken und Ablenkungen?

Vielleicht ist es ja eine gute Übung für den Advent: entdecke das Glück, die Lust, das Frohe des Tages in deinem Alltag. Lass dich beschenken, geh nicht achtlos daran vorbei.

Unser heutiger Bibeltext bringt ausdrücklich Gott ins Spiel: „Ich bin der HERR, dein Gott, der dich lehrt, was Nutzen bringt, und der dich auf den Weg führt, den du gehen sollst.“ (Jes 48,17)

Hören auf Gott – gerade im Lauten und Trubeligen auch der Adventszeit. Hören, was ER mir sagt – in mein Leben hinein. Hören, um meinen Weg zu finden. Mit IHM.

„Das Glück ist im Grunde nichts anderes als der mutige Wille, zu leben, indem man die Bedingungen des Lebens annimmt.“ (Maurice Barrès)

P. Guido Hügen OSB

Hoffungs.Flug (Jes 40,25-31)

Der Prophet Jesaja schreibt: „Die aber auf den HERRN hoffen, empfangen neue Kraft, wie Adlern wachsen ihnen Flügel. Sie laufen und werden nicht müde, sie gehen und werden nicht matt.“

Das Bild des Adlers ist nicht nur ein Bild des majestätischen Schwebens. Des Adlers Schwingen sind kraftvoll. Seine Schwingen wachsen ihm. Immer wieder neu. In  der Zeit der Mauser verliert er seine Federn, die dann durch neue ersetzt werden. Feder für Feder. Das Besondere ist: Der Adler kann dennoch fliegen in diesen Zeiten der Veränderung an seinem Federkleid. Und im Flug wirkt er kraftvoll und königlich. Seine Kraft zum Fliegen, oder schöner ausgedrückt zum Schweben, reicht immer. Stark beflügelt! Vielleicht ist das auch der Grund, warum der Prophet Jesaja das Bild des Adlers verwendet, denn Gott verleiht dem Adler feste Flügel, die ihn immer tragen. Wir können durch diese Worte des Propheten lernen, dass wir uns für unser Leben beflügeln lassen dürfen. Das Bild des Adlers will uns Hoffnung schenken.

Es gibt Zeiten in unserem Leben, da fühlen wir uns stark und sicher. Wir sind regelrecht beflügelt! Es gibt aber auch Zeiten, in denen wir uns gar nicht stark fühlen, wenn beispielsweise in unserem Leben etwas im Umbruch ist. Zeiten der Veränderung. In solchen Zeiten werden wir oft innerlich still. Vielleicht leuchtet in unserem Herzen die Hoffnung auf, dass Gott uns gerade dann Kraft und Antrieb schenkt und uns neue Flügel verleiht. Flügel, die mehr als Reservekanister sind, sondern die uns tragen und Freiheit schenken. Flügel, die uns auf dem Wind von Gottes Geist gleiten lassen. Gott schenkt uns Flügel der Hoffnung auf das Leben. Er möchte uns nicht schwach oder müde oder mutlos oder ausgebrannt und leer sehen. Manchmal schenkt er uns die Kraft ganz schnell, in dem Augenblick, in dem wir sie brauchen. Gott verändert uns, wenn wir in einer Haltung leben, in der wir auf ihn schauen. Wenn wir ihm vertrauen und auf ihn hoffen. Manchmal brauchen wir dafür viel Geduld und eine Wartezeit. Der Advent ist eine Zeit des Wartens und des Hoffens. Es lohnt sich in dieser Zeit innerlich zu werden und zu warten, dass die Flügel, die mir geschenkt werden, wachsen und stark werden. Dann kann ich an Weihnachten durch die Kraft des Kindes in der Krippe meine Schwingen ausbreiten und mich beflügelt durch Christus ins Leben aus meinen Dunkelheiten emporheben in das Licht Gottes. Ein Hoffungs.Flug der ewigen Liebe.

Br. Benedikt Müller OSB

Aufbrechen zum Trösten (Jes 40,1-11)

Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott.

Eine Stimme sagt: Rufe! Und jemand sagt: Was soll ich rufen?

Erheb deine Stimme, fürchte dich nicht! Sag den Städten in Juda: Siehe, da ist euer Gott.

Ein paar Verse aus dem Text, der am heutigen Tag zum „Aufbrechen zum Trösten“ steht (Jes 40,1-11). In der Einheitsübersetzung ist er überschrieben mit „Trostaufruf und Gottes königliches Kommen“. Trost dann, wenn Gott kommt – wenn Jesus „in Herrlichkeit“ wiederkommt?

„Des Herrn tröstendes Wort für sein Volk“ überschreibt die BasisBibel. Es ist das tröstende Wort Gottes durch den Propheten Jesaja an sein Volk, das im Exil lebt und daraus zurück kommen soll. Aber es kann auch Gottes tröstendes Wort an uns, sein Volk von heute sein.

Seid getröstet – in all eurem Leid,
in all den Katastrophen dieser Zeit,
in Krieg und Pandemie und Klimawandel.
Seid getröstet, weil ich bei euch bin.
Macht euch auf den Weg zu mir,
lasst neu wachsen, was verdorrt ist – auch in euch,
lasst meinen Atem in euch hinein.
Ihr dürft euch wieder freuen
– ich nehme euch in meine Arme.

Zu schön, um wahr zu sein?

Vermutlich schon, wenn nicht ein Wunder geschieht.

Oder doch auch tiefe Realität,
weil sie auch an uns hängt?

GLAUBE KANN BERGE VERSETZEN.
ABER RECHNE DAMIT,
DASS GOTT DIR EINE SCHAUFEL REICHT.
(www.barfuss-und-wild.de)

Vielleicht ist uns der hl. Nikolaus heute ein Vorbild.
Er hat angepackt, wo Not war.
Er hat in tatkräftigem Tun und im Gebet für Trost und Hilfe gesorgt.
Wir können es ihm gleichtun – nicht nur beim Füllen von Stiefeln und Tellern …  😉

P. Guido Hügen OSB

Aufbrechen in der Wüste (Jes 35,1-10)

Die Wüste soll jubeln…

Im 35. Kapitel des Buches Jesaja schildert der Prophet, dass sich die Wüste beim Kommen Gottes in ein fruchtbares und blühendes Land verwandeln wird. „Seht, euer Gott“ – die Wüste steht für ein Gebiet, das Gott noch nicht besucht hat, aber jetzt kommt Gott selbst in dieses Wüstenland.

Der Mensch ist blind, taub, lahm und stumm, wenn er noch nicht von Gott heimgesucht wird.

Da aber Gott zum Menschen und seiner Leblosigkeit kommt, wird der Mensch nun sehend, hörend, springend und sprechend. Gott ist der Grund der Veränderung und Verwandlung all unserer Starre und Verschlossenheit.  Gott selbst wird Mensch, darauf bereiten wir uns im Advent vor, und er will somit unser Menschsein zur Freiheit und Lebendigkeit hin öffnen.

Was möchte im Advent 2022 neu in mir lebendig werden? Wie sollte meine verdorrte  Seelenwüste neu zum neuen Leben hin aufgebrochen werden?

Dazu lade ich uns ein, dieses zu bedenken, denn Gottes Freude ist der lebendige Mensch.

Br. Emmanuel Panchyrz OSB