Predigt am Hochfest Christkönig (23.11.2025)

von P. Maurus Runge OSB

„No Kings“ – in deutscher Übersetzung „Keine Könige“: unter diesem Motto gingen zum ersten Mal am 14. Juni dieses Jahres, dann wieder Mitte Oktober an mehreren Tagen Millionen Menschen überall in den Vereinigten Staaten auf die Straße, um gegen den autoritären Führungsstil von Donald Trump zu demonstrieren, der demokratische Traditionen missachte. Mit dem Slogan „No Kings“ warfen die Demonstranten Trump vor, den Anspruch eines Königs zu haben und sich wie ein solcher zu gebärden.

Diese ausgesprochen königskritische Perspektive finden wir schon in der Bibel. Im Ersten Testament ist es das Volk Israel, das sich nach einem starken Mann, einem König sehnt, der endlich Recht und Ordnung durchsetzt. Der Prophet Samuel ist gegenüber diesen Anwandlungen sehr kritisch, er führt den Menschen die Gefahren eines solchen Königtums vor Augen. Und tatsächlich werden im Verlauf der Geschichte Israels auch immer wieder die dunklen Seiten seiner Könige in leuchtenden Farben beschrieben: da ist der erste König Saul, der sich vom Hoffnungsträger zum verrückten Despoten entwickelt, der seinem designierten Nachfolger David nach dem Leben trachtet. Selbst der große David, Inbegriff des Königtums Israels, von dessen Proklamation durch das Volk in der Lesung erzählt wird, missbraucht seine Herrschaft für persönliche Interessen und schickt einen Menschen in den Tod auf dem Schlachtfeld. Und nach König Salomo und der Aufspaltung Israels in ein Nord- und ein Südreich ist die Königsgeschichte, wie sie uns in den Königsbüchern erzählt wird, eine einzige Verfallsgeschichte, die in die große Katastrophe des Babylonischen Exils mündet.

Und auch der messianische Königsanspruch von Jesus Christus kommt so ganz anders daher als der des politischen Befreiers, den Israel sehnlichst erwartete und der die Menschen von der römischen Fremdherrschaft befreien sollte. Jesus wird zwar als „König der Juden“ bezeichnet, aber er ist ein König, der am Kreuz hängt und von den Menschen verspottet wird: „Wenn du der König der Juden bist, dann rette dich selbst!“

Wie passt in diese königskritische Perspektive das Christkönigsfest, das wir am Ende des Kirchenjahres auch als unser Patronatsfest von Königsmünster so feierlich begehen: „Sein Reich ohn‘ alle Grenzen ist, ohn‘ Ende muss es währen. Christkönig Halleluja, Halleluja“?

Von seiner Entstehung her passt dieses Fest perfekt in diese königskritische Perspektive. Papst Pius XI. hat es 1925, also vor genau 100 Jahren, eingeführt – in einer Zeit, die geprägt war von vielen politischen Herrschern, die sich als Könige aufgespielt haben und ihre Macht missbraucht haben, um Menschen klein zu halten. Im Blick auf den, der seine Herrschaft ganz anders verstanden hat als diese weltlichen Herrscher und Könige, konnten Christen Trost und Hoffnung finden in einer Umgebung, die ihnen oft feindlich gesinnt war. So ist das Christkönigsfest ein wirkliches Hoffnungsfest und passt gut in dieses Jahr der Hoffnung. Denn das, was wir heute weltweit erleben, das ist der Situation von vor 100 Jahren gar nicht so unähnlich. Vor diesem Hintergrund sind dann auch die Gesänge und Lieder zu verstehen, die uns Heutigen vielleicht manchmal etwas zu triumphal erscheinen. Es sind schlicht und einfach Hoffnungs-Lieder, die uns Mut machen sollen in einer Zeit, die vielen als mut- und trostlos erscheint. „Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat“ – Es ist Jesus Christus, der letztlich siegt und herrscht, derselbe, der am Kreuz gehangen hat und für uns Menschen ohn-mächtig geworden ist. Nicht die Herrscher und Despoten aller Orte und Zeiten, die den Erdball spalten und zerreißen, haben das letzte Wort, sondern es ist Christus, der am Kreuz mit seinen ausgebreiteten Armen alle Menschen in seine Liebe einschließt, der die Erde einmal heilen wird. Er ist es, der verbindet und nicht trennt, der eint und nicht spaltet, der sich am Kreuz für uns hingibt, damit wir nicht mehr in unseren Machtspielchen einander opfern müssen. Er, der am Kreuz ausgespannt ist zwischen Himmel und Erde, ist es, der einmal als Richter wiederkommen wird: kein Richter Gnadenlos, sondern einer, der alles Leid der Menschen kennt, weil er selbst es ausgelitten hat.

Wir, die wir uns gerne einrichten in unseren kleinen Königtümern, die wir uns aufspielen als „Könige dieser Welt“, die wir uns nach dem starken Mann sehnen und unter keinen Umständen Schwäche zeigen wollen, tun uns schwer mit dem Königtum, das uns im Kreuz Jesu aufleuchtet. Es ist einer der Verbrecher, der neben Jesus am Kreuz hängt, der zu ahnen beginnt, was sich hier abspielt: „Dieser hat nichts Unrechtes getan!“ Und er wagt zu bitten: „Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst!“ Und Jesus antwortet ihm mit einem Satz, der an die königliche Würde auch dieses Menschen erinnert, die er sich mit seinen Taten vor den Augen der Welt verspielt zu haben scheint: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.“ Ich finde, es liegt eine tiefe Bedeutung darin, dass dieses Wort nicht zu einem Menschen auf dem Gipfel der Macht gesagt wird, sondern zu einem, der ganz unten ist, der am Kreuz hängt, der am Nullpunkt seiner Existenz angekommen ist.

Wer diese Verheißung hört, der muss nicht mehr aus der Angst davor, zu kurz zu kommen, sich selbst und anderen das Leben zur Hölle machen, denn er weiß, dass er sich seine königliche Würde nicht verdienen muss, sondern dass sie ihm schon immer geschenkt ist – und dass sie ihm selbst am tiefsten Punkt seiner Existenz nicht genommen werden kann. AMEN.