Der Epiphanietag ist für unsere Gemeinschaft immer ein besonderer Tag. Am 6. Januar enden unsere Konventsexerzitien mit der Bekräftigung unserer klösterlichen Profess, also des Versprechens, dass wir ein Leben lang als Mönche in der Abtei Königsmünster leben möchten. Es ist ein Tag der Erneuerung und des Festes, ein Tag, an dem wir uns unserer Berufung neu vergewissern.

Ungefähr zur selben Zeit, als wir in der Abteikirche unsere Gelübde bekräftigten, passierte in der Abtei Mvimwa in Tansania etwas, das die Verbundenheit unserer beiden Gemeinschaften noch einmal stärkte. Zum ersten Mal erklang die Verkündigungsglocke, die wir dank der Hilfe zahlreicher Spenderinnen und Spender unseren Mitbrüdern in Tansania zur Weihe ihrer neuen Kirche geschenkt haben. In einer kleinen Feier segnete Abt Pambo den eigens errichteten Turm, in dem die Glocke ihren Platz gefunden hat, und gab sozusagen den „Startschuss“ zum ersten Geläut. Die beiden Senioren der Gemeinschaft, Br. Gualbert (93 Jahre) und Br. Norbert (84 Jahre), durften die Glocke zum ersten Mal läuten. Damit findet ein Projekt seinen Abschluss, das uns in den letzten Jahren immer wieder begleitet hat: von der ersten Idee durch P. Abraham, der Realisierung durch Patenschaften, die viele Menschen jeweils für einen Tag übernommen haben, dem Glockenguss in Gescher, dem Transport nach Afrika bis hin zur heutigen Einweihung. Auf unserer Website können Sie die Entstehungsgeschichte der „Glocke für Mvimwa“ nachlesen. 

Im Februar wird P. Maurus als Missionsprokurator die Abtei Mvimwa besuchen und der Gemeinschaft ein Buch übergeben, in dem alle Glockenpatinnen und -paten mit ihren jeweiligen Anliegen und Tagen verzeichnet sind. So wird nun in Tansania täglich eine Glocke in diesen Anliegen erklingen.

Die Mitbrüder in Mvimwa haben ein kleines Video vom ersten Läuten ihrer Glocke gedreht, das wir Ihnen gerne zur Verfügung stellen:

 

Das II. Vatikanische Konzil, das vor 60 Jahren eröffnet worden ist, war das erste Konzil, auf dem die Kirche als Weltkirche präsent war. Und es hatte Auswirkungen nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt. Abt em. Siegfried Hertlein OSB, der von 1976 bis 2001 Abt der Abtei Ndanda in Tansania war, hat diese Auswirkungen miterlebt und mitgestaltet. P. Maurus hatte auf seiner Tansaniareise im August, die Gelegenheit, mit ihm darüber zu sprechen:

Auswirkungen des II. Vatikanischen Konzils auf die Kirche in Afrika am Beispiel der Abtei Ndanda

Das II. Vatikanische Konzil, das am 11. Oktober 1962 in Rom feierlich eröffnet wurde, war das erste Konzil, an dem die römisch-katholische Kirche zum ersten Mal als Weltkirche erfahrbar wurde. Bischöfe und Missionsobere aus der ganzen Welt kamen zusammen, um über grundlegende Fragen der Kirche zu beraten und zu guten Entscheidungen im Blick auf die Zukunft zu kommen. So hatte das II. Vatikanische Konzil nicht nur in Deutschland Auswirkungen, sondern auf der ganzen Welt – auch in den Gebieten, die den Missionsbenediktinern von St. Ottilien im heutigen Tansania anvertraut waren. Dort gab es die beiden großen Abteien Peramiho und Ndanda, die sog. Territorialabteien waren. Das bedeutet, dass der Abt dieser Gemeinschaften gleichzeitig Bischof über die Menschen in seinem „Territorium“ war. Peramiho und Ndanda bestanden damals ausschließlich aus deutschen und Schweizer Missionaren, an eine Aufnahme heimischer Kandidaten war noch nicht gedacht. Doch hatte sich in Liganga (heute: Hanga) einige Kilometer westlich von Peramiho schon eine Gemeinschaft afrikanischer Benediktiner gebildet, die versuchte, das benediktinische Mönchtum in die Kultur Afrikas zu inkulturieren. Gleichzeitig bildeten sich parallel zu den politischen Unabhängigkeitsbestrebungen in den Jahren nach dem Konzil die ersten Diözesen, die von einheimischen Bischöfen geleitet wurden. Damit war für die beiden großen Missionsabteien eine existentielle Frage verbunden, die das weitere Fortbestehen betraf: Werden wir als europäische Missionare noch gebraucht, oder sollen wir uns nicht zurückziehen und den Neuanfang einheimischen Kräften überlassen?

Einer, der diese Fragen hautnah erlebt und mitentschieden hat, ist Abt em. Siegfried Hertlein OSB, der von 1976 bis 2001 Abt von Ndanda war, der erste „einfache“ Abt ohne Bischofstitel. Heute lebt er mit über 90 Jahren geistig hellwach als ehrwürdiger „Mzee“ und Senior inmitten seiner Gemeinschaft und wird von den Mitbrüdern liebevoll „Baba Siegfried“ (Vater Siegfried) genannt. Er ist ursprünglich in die Abtei Münsterschwarzach eingetreten und hat nach seiner Profess 1956 und der Priesterweihe 1958 Missionswissenschaft bei P. Thomas Ohm OSB in Münster studiert und dieses Studium 1962 mit der Promotion abgeschlossen. Direkt im Anschluss wurde er im April 1962 als Missionar in die Abtei Ndanda ausgesandt, also ein halbes Jahr vor der Eröffnung des Konzils. Dort war er der Assistent von P. Alkuin Bundschuh und hat ihm beim Erstellen von Katechismen für die Grundschulen in Tansania geholfen. So kam er schon früh mit der Frage in Kontakt, wie der christliche Glaube an die junge afrikanische Generation auf eine Weise weitergegeben werden konnte, die für die Menschen dieses Kulturkreises verständlich ist. Im Zuge einer schweren Typhuserkrankung kehrte er 1966 nach Deutschland zurück und begann seine Habilitationsarbeit über das Thema: „Wege christlicher Verkündigung in den katholischen Missionsgebieten in Ostafrika in den letzten 100 Jahren“. Dazu kehrte er schon bald nach Tansania zurück, um ausgedehnte Feldstudien im ganzen Land zu betreiben. 1974 beendete er seine Habilitation und stand vor den Abschlussprüfungen, sodass ein Weg an einen missionstheologischen Lehrstuhl in Deutschland geebnet war. Doch dann geschah etwas, das seinem Leben eine unerwartete Wendung gab.

Anfang 1976 wurde Abtbischof Viktor Hälg von Ndanda während seines Heimaturlaubs von einem Auto erfasst und erlag seinen schweren Verletzungen. Am 5. Februar 1976 wurde P. Siegfried zu seinem Nachfolger als Abt gewählt und in einer bewusst einfach gehaltenen Feier in sein Amt eingeführt. Sein Wahlspruch entstammte dem Galaterbrief: „Einer trage des anderen Last!“ (Gal 6,2)

Abt Siegfried Hertlein OSB

Abt Siegfried wurde in einer Zeit zum Abt gewählt, in der es für die Gemeinschaft von Ndanda um die weitere Existenz ging. Die Frage im Zuge des II. Vatikanischen Konzils und der Gründung der afrikanischen Diözesen war: Werden die Missionare der Abtei noch gebraucht? Was kann ihre Aufgabe in der zukünftigen Ortskirche von Tansania sein? Eine Übernahme der Abtei Ndanda durch die afrikanischen Mönche von Hanga stand schon länger im Raum. Doch letztlich entschieden sich die Mönche von Hanga dagegen. Die Kultur und auch das Klima im trockenen Südosten waren zu verschieden vom Südwesten von Peramiho und Hanga. Es gab in dieser Zeit einige neue Gründungen der Gemeinschaft von Ndanda, die sich neue Missionsgebiete im Land suchte. So übernahmen die Missionare einige Pfarreien in der Diözese Mbulu im Norden des Landes – einer von ihnen war P. Magnus Lochbihler, der noch heute in der Pfarrei Gitting lebt und arbeitet. Diese Gründung trägt noch heute Früchte, da sich einige junge Männer aus diesem Gebiet der Gemeinschaft in Ndanda angeschlossen haben. Ein anderes Projekt war die Glaubensverkündigung unter den Massai in Handeni durch P. Odilo Hüppi und Sr. Karin Kraus, die dort Pionierarbeit leisteten. Auch in Sakharani, heute ein abhängiges Priorat von Ndanda, erschlossen sich neue Möglichkeiten der Verkündigung.

Abteikirche Ndanda

Doch die entscheidende Frage war noch nicht beantwortet: Soll die Abtei Ndanda weiterhin als Kloster fortbestehen? Und eng verbunden damit: Sollen einheimische afrikanische Kandidaten aufgenommen werden? Nach einem langen Entscheidungsprozess entschied sich die Gemeinschaft dafür, junge Afrikaner als Novizen aufzunehmen und sie von Anfang an in die Gemeinschaft zu integrieren. Ein eigenes Gebäude auf dem Gelände der Abtei, der sog. „Ursberg“, früher eine Landwirtschaftsschule, wurde als Noviziat eingerichtet und erfüllt bis heute diese Funktion. Am 1. Oktober 1989 wurden die ersten drei afrikanischen Postulanten aufgenommen, und 1995 konnte Br. Yohannes als erster Afrikaner seine feierliche Profess ablegen; heute ist er Subprior der Gemeinschaft. 2001 entschied sich Abt Siegfried, die Leitung der Gemeinschaft in jüngere Hände zu geben, und als sein Nachfolger wurde der damalige Novizenmeister, P. Dionys Lindenmaier, gewählt. 2015 hat sich der Kreis mit der Wahl des ersten afrikanischen Abtes, Placidus Mtunguja, geschlossen, und 2021 wählten die Mönche P. Christian Temu, der einige Jahre als Kongregationssekretär in St. Ottilien lebte und in seiner Person eine gute Verbindung zwischen Afrikanern und Europäern steht. All diese Entwicklungen hat Abt em. Siegfried initiiert und mitgestaltet.

Auf dem kleinen Altar in unserem Kapellenkranz, auf dem das Totenbuch aller verstorbenen Brüder unserer Abtei liegt, findet sich seit kurzem ein Triptychon, das den Märtyrern der Abtei Tokwon im heutigen Nordkorea gewidmet ist. Gerade läuft in Rom der Seligsprechungsprozess für die Schwestern und Brüder, die nach der Auflösung der Abtei durch die Kommunisten 1949-1952 nach einem langen Leidensweg in den Gefängnissen und Lagern der damaligen Machthaber ums Leben gekommen sind. Dieses Triptychon ist ein Geschenk der Kongregationsleitung an alle Mitglieder des Generalkapitels, das im September in St. Ottilien stattfand.

Triptychon der Märtyrer von Tokwon

Auf dem Triptychon sind alle Schwestern und Brüder der Tutzinger Missionsbenediktinerinnen und der Missionsbenediktiner von St. Ottilien abgebildet, für die gerade der Seligsprechungsprozess läuft. Es findet sich dort auch ein Gebet, das auf die Fürsprache dieser Zeuginnen und Zeugen des Glaubens in den eigenen Anliegen gebetet werden kann:

Gott, Du hast deinen Sohn in diese Welt gesandt,
weil Du willst, dass alle Menschen gerettet werden
und das Heil erlangen.

Du hast Männer und Frauen dazu berufen,
ihre Heimat zu verlassen
und im Geist des Heiligen Benedikt
dem koreanischen Volk das Evangelium zu verkünden.
Du hast sie gestärkt,
Verfolgung und Entbehrung zu ertragen
und bis zur Hingabe des Lebens für Deine Liebe Zeugnis zu geben.

Auf die Fürsprache der Märtyrerinnen und Märtyrer von Tokwon bitte ich Dich:
Blicke mit Güte auf die Anliegen,
die ich heute vor Dich hintrage,
und gewähre sie nach Deinem Willen: …

Und gib mir die Kraft,
meinen eigenen Weg zu erkennen und furchtlos zu beschreiten,
damit die Kraft und Herrlichkeit Deiner Auferstehung
auch in unserer Zeit aufstrahle.

Darum bitte ich durch Jesus Christus,
Deinen Sohn und unseren Herrn,
der mit Dir und dem Heiligen Geist
lebt und herrscht in Ewigkeit. Amen.

Am Sonntag, 2.10.2022, konnten wir im Rahmen des Weltmissionssonntags das zehnjährige Jubiläum des Freundeskreises Bildung für Tansania feiern. 2012 ist der Freundeskreis vom damaligen Abt Dominicus ins Leben gerufen worden, um Bildungsprojekte speziell in der Abtei Ndanda in Tansania zu unterstützen. So reisten zu diesem Anlass Abt Christian Temu und P. Sylvanus Kessy aus Ndanda an, um diesen Tag mit uns zu begehen. Zunächst feierte Abt Christian die Eucharistie und lud die versammelte Gemeinde in seiner Predigt ein, zu Missionarinnen und Missionaren Christi zu werden.

Abt Christian

Beim anschließenden Empfang in der Aula des Gymnasiums skizzierte Leonhard Göke, der Sprecher des Freundeskreises, die zehnjährige Entwicklung. In partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen dem Freundeskreis und den Abteien in Meschede und Ndanda seien viele Projekte in Tansania realisiert worden: der Ausbau der Bibliothek in der Sekundarschule, ein Wohnheim für Mädchen im Berufsbildungszentrum, viele Stipendien für bedürftige Jugendliche, und zuletzt der Bau von Speisesaal, Küche und Aula der Grundschule. Dabei sei dem Freundeskreis stets eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe wichtig gewesen. Abt Christian berichtete anschließend von dem neuesten Projekt der Abtei Ndanda, dem Bau einer Schule für Jungen in Dodoma. Dodoma wird in den nächsten Jahren zur Hauptstadt Tansanias ausgebaut. Es gibt dort schon sehr viele Schulen für Mädchen, aber wenig Ausbildungsmöglichkeiten für Jungen. Diese Lücke will die Abtei Ndanda schließen. Zum Start dieses Großprojektes konnte Herr Leonhard Göke im Namen des Freundeskreises Abt Christian einen Scheck über € 100 000,- überreichen.

Scheckübergabe

Den Festvortrag hielt Br. Ansgar Stüfe aus der Abtei Münsterschwarzach. Er war viele Jahre als Arzt am Krankenhaus der Abtei Peramiho tätig und anschließend als Kongregationsprokurator für die Projektkoordinierung aller Klöster der Missionsbenediktiner zuständig. Zur Zeit leitet er den Vier-Türme-Verlag in Münsterschwarzach, reist aber immer noch mehrmals im Jahr nach Tansania, wo er als Finanzdirektor für die Krankenhäuser zuständig ist. In seinem Vortrag sprach er über „Perspektiven benediktinischer Missionsarbeit in Afrika“ und zeigte den vielfältigen Wandel auf, der sich gerade vollzieht – von einer Einbahnstraßenkommunikation hin zu einer Kommunikation, in der alle Partner gleichberechtigt miteinander sprechen.

Br. Ansgar

Wir danken dem Freundeskreis Bildung für Tansania für das große Engagement und wünschen noch viele weitere Jahre des Bestehens und der partnerschaftlichen Zusammenarbeit!

Ein freies Wochenende liegt hinter uns. Nach der Wahl des Abtpräses konnten die Teilnehmer des Generalkapitels relaxen. Einige fuhren nach München oder an andere Orte, andere trafen Freunde, wieder andere nutzten die Gelegenheit, um nach einer anstrengenden Woche lange zu schlafen und nichts zu tun.

Bei mir kamen viele Erinnerungen hoch, Erinnerungen an menschliche Begegnungen über Kontinente und Klöster hinweg, die mich geprägt und verändert haben, die meine Weltsicht erweitert haben. Einige der Kapitelsteilnehmer kenne ich seit über 20 Jahren, als ich 1999 zum ersten Mal an Studienwochen der Missionsbenediktiner in St. Ottilien teilgenommen habe. Einige kenne ich seit meinem Studienaufenthalt auf den Philippinen 2001/02, wieder andere seit dem Studium in Rom am internationalen Benediktinerkolleg Sant’Anselmo, wunderschön auf dem Aventin gelegen. Die Generalkapitel der Missionsbenediktiner – dieses ist mittlerweile mein fünftes – sind immer wieder eine gute Gelegenheit, Mitbrüder aus aller Welt wiederzusehen oder neu kennenzulernen. Es erweitert jedes Mal meine Perspektive, wenn ich Berichte aus anderen Kulturen höre, wenn ich erlebe, wie in anderen Ländern Menschen in der Nachfolge des hl. Benedikt stehen. Typisch deutsche Probleme relativieren sich, und vieles, was wir oft als ungeheuer wichtig nehmen, rückt in die richtige Perspektive.

Im Jahr 2017 hatte ich die Gelegenheit, sechs Monate aushilfsweise als Sekretär im Haus der Kongregation in St. Ottilien zu arbeiten. Das ist die Zentrale der Missionsbenediktiner, wo sozusagen die Fäden zusammenlaufen, wo der Abtpräses und sein Team leben und arbeiten. Gestern haben wir nach der Wahl des Abtpräses, als viele Fotos gemacht wurden, ein Bild mit allen anwesenden Kongregationssekretären gemacht – vier ehemalige und ein aktueller. Es sind Mitbrüder aus Tansania, Togo, den Philippinen und Deutschland – alles Länder und Gemeinschaften, die ich schon besucht habe, wie mir dann aufgefallen ist. Unterschiedliche Brüder, die jeder auf seine Weise diesen Dienst ausgeübt haben. Und doch ist sofort ein gemeinsames Verständnis da, man kennt sich und tauscht sich untereinander aus, man fragt sich gegenseitig um Rat und hilft sich. Ganz unkompliziert.

Noch einer sollte auf dem Foto oben anwesend sein, P. Winfried Yego OSB aus Kenia, mein direkter Nachfolger als Kongregationssekretär. Anfang 2018 habe ich ihn in St. Ottilien eingearbeitet, bis 2021 war er im Amt, dann entschloss er sich, in sein geliebtes Kenia zurückzukehren, um eine Gemeinde dort zu übernehmen. Kurz später starb er an den Folgen einer Coronaerkrankung – ein viel zu früher Tod. Lieber Winfried, Du warst gestern bei uns, als wir das Foto gemacht haben. Du hättest mit deinem kenianisch-fränkischen Dialekt sicher die ein oder andere Anekdote zum Besten gegeben. Beim letzten Generalkapitel 2016 saßen wir noch in der Übersetzerbox und haben gemeinsam gearbeitet. Ruhe in Frieden, lieber Bruder!

P. Maurus Runge OSB

P. Winfried Yego OSB (+2021)

In der Erzabtei St. Ottilien versammeln sich derzeit ca. 60 Missionsbenediktiner aus aller Welt zu ihrem Generalkapitel, der höchsten gesetzgebenden Versammlung dieser Benediktinerkongregation. Neben den Berichten über die einzelnen Klöster wird über viele Themen gesprochen, die die Aufgaben der Missionsbenediktiner betreffen: So geht es u.a. um die Aufarbeitung und Prävention von sexualisierter Gewalt, um Fragen der Bewahrung der Schöpfung und um rechtliche Änderungen im Eigenrecht der Missionsbenediktiner. Das Generalkapitel dient vor allem dem Austausch der vielen unterschiedlichen Gemeinschaften auf der ganzen Welt. Es findet turnusmäßig alle vier Jahre statt, musste aber aufgrund der Folgen der Corona-Pandemie zweimal verschoben werden, sodass das letzte Generalkapitel schon vor sechs Jahren stattfand.

In diesem Jahr stand die Wahl des Abtpräses an, der sozusagen der oberste Repräsentant der Missionsbenediktiner ist. Vor acht Jahren wurde zum ersten Mal ein eigener Präses gewählt, denn vorher war diese Aufgabe automatisch an das Amt des Erzabtes des Klosters St. Ottilien als Mutterkloster der Kongregation gebunden. Damals wurde Abt Jeremias Schröder OSB gewählt, der schon seit 2000 Erzabt von St. Ottilien war.

Wahl des Abtpräses

Wahlberechtigt waren alle Oberen und Delegierten der selbstständigen Klöster der Kongregation und die Mitglieder des Kongregationsrates als oberstem Leitungsgremium. Nach einer Vorwahl am Abend des 23. September, die vor allem der Kandidatenfindung diente, fand die eigentliche Wahl am Morgen des 24. September 2022 statt. Morgens fand eine gemeinsame Eucharistiefeier in der Abteikirche von St. Ottilien statt, bei der besonders um den Heiligen Geist gebetet wurde. Am Beginn der Wahl wurde das 64. Kapitel der Benediktsregel – „Über die Wahl des Abtes“ – vorgelesen, und der Pfingsthymnus „Veni Creator Spiritus – Komm, Heiliger Geist“ wurde gesungen. Alle wahlberechtigten Mönche wurden aufgerufen, und dann fand die eigentliche Wahl in geheimer Abstimmung statt. Schließlich wurde Abt Jeremias für vier Jahre wiedergewählt, und der Gewählte bekam Brustkreuz und Siegel der Kongregation überreicht und legte das Glaubensbekenntnis ab. In einer feierlichen Zeremonie in der Kirche wurde er unter Glockengeläut der Öffentlichkeit vorgestellt und tauschte den Friedensgruß mit allen Mitgliedern des Generalkapitels aus.

Vorstellung von Abtpräses Jeremias durch Erzabt Wolfgang von St. Ottilien

Wir danken Abt Jeremias für sein fruchtbares, engagiertes Wirken zum Wohle unserer Kongregation nunmehr seit 22 Jahren und wünschen ihm Gottes Segen und viel Kraft und Gesundheit in den kommenden vier Jahren.

Nach der Wahl steht nun für die Teilnehmer des Generalkapitels ein freies Wochenende an, bevor es am Montag mit den Beratungen weitergeht.

 

„Man kann nicht nicht kommunizieren.“ So habe ich es schon oft gehört. Auch wenn ich mich sprachlich zu einem Thema nicht äußere, so gibt es doch viele Weisen, meine Meinung auf andere Weise auszudrücken: durch meine Körpersprache, durch zustimmendes Nicken, durch ablehnendes Gemurmel, durch aktives Zuhören, … Um all das ging es beim zweiten Vorbereitungstag des Generalkapitels, an dem uns Frau Caryn Vanstone begleitete. Sie kommt aus Großbritannien, ist Organisationsberaterin und hat über viele Jahre die englischen Benediktiner bei ihren Versammlungen und Meetings begleitet. Sie führte die Teilnehmer des Generalkapitels in die Kunst eines offenen Zuhörens ein – nicht nur Kunst, sondern auch Handwerk, das immer wieder eingeübt werden muss. Wie oft passiert es, dass ich dem anderen zwar äußerlich zuhöre, aber innerlich schon im Kampfmodus bin oder mir die besten Gegenargumente überlege, die seine Meinung schnell widerlegen sollen. Das ist nicht mehr als ein Zuhören, das letztlich bei mir selbst bleibt und nicht die Weisheit des Menschen neben mir annimmt und zu schätzen weiß.

Kommunikationsübungen

Ebenso geht es bei Entscheidungsprozessen in Gruppen darum, sich vorher klarzumachen, um welche Art von Entscheidungen es geht: sind es Entscheidungen, die schon getroffen sind und die jetzt umgesetzt werden müssen (wie z.B. Änderungen in Gesetzen)? Oder geht es um Beratungsprozesse, die Entscheidungen einer Gruppe oder eines Einzelnen vorbereiten, wo aber jeder gehört werden soll? Oder sind es Entscheidungen, die von der ganzen Gruppe getroffen werden? Viel Zeit geht verloren, wenn diese Unterscheidung nicht klar ist.

Abt Aloysius

Mit vielen praktischen Übungen konnten die Teilnehmer des Generalkapitels die verschiedenen Arten des Zuhörens und Kommunizierens einüben, und wer in die Gesichter im großen Versammlungsraum schaute, der sah, mit welch großer Freude und Begeisterung alle bei der Sache waren – sicher auch ein Verdienst der einfühlsamen und klaren Art von Frau Vanstone.

Auch die Übersetzer haben sichtlich Spaß.

Am Nachmittag ging es dann darum, in kleinen Gruppen das am Vormittag Eingeübte in die Tat umzusetzen. Die Gruppen sind nach der Sprache der Teilnehmenden gebildet, sodass sich jeder frei in seiner Sprache ausdrücken kann. Und so ist ein gutes Klima geschaffen worden, in dem die Beratungen der nächsten Tage gut weitergehen können.

P. Maurus Runge OSB
Bilder: Br. Elias König OSB / St. Ottilien

Nach der offiziellen Eröffnung auf dem Georgenberg gestern hat das 22. Generalkapitel heute seine Arbeit aufgenommen. Allerdings ging es zunächst einmal nicht um Inhalte, sondern der Tag heute (und morgen) dient der Vorbereitung und technischen Fragen. Gerade die technischen Fragen sind sehr wichtig, findet das Generalkapitel doch vor allem mit Hilfe technischer Mittel und Plattformen statt. Alle Dokumente sind digital verfügbar, und so bestand die erste Einheit vor allem darin, in die technischen Feinheiten einzuführen und etwaige Computerprobleme zu klären – zum Glück gibt es dafür vor Ort kompetente Fachleute.

An diesem Tag hat uns Schwester Lynn MacKenzie OSB aus den USA wertvolle Impulse gegeben. Sie ist Expertin auf dem Gebiet des Kirchenrechts und Moderatorin der CIB (Communio Internationalis Benedictinarum), des Zusammenschlusses der benediktinischen Frauenklöster weltweit. Sie führte uns in einige wichtige neue Dokumente ein, die von Papst Franziskus veröffentlicht wurden und rechtliche Aspekte des Ordenslebens betreffen. Man könnte meinen, ein trockenes Thema, aber Schwester Lynn hat es auf ihre erfrischende Art geschafft, kompetent und interessant in die Materie einzuführen. Für den Übersetzer war das die erste Herausforderung, immer die passenden kirchenrechtlichen Begriffe im Deutschen parat zu haben. Aber zumindest hat sich keiner der deutschen Teilnehmer, welche die Übersetzung hörten, beschwert…

Übersetzer bei der Arbeit (P. Adam (USA) und P. Maurus (Kö))

Heute kommt das Tagebuch etwas früher, denn die letzte Arbeitseinheit des Tages ist der persönlichen Lektüre der Kapitelsteilnehmer (Obere und Delegierte) gewidmet, die sich in die Berichte und Eingaben einlesen sollen, um gut vorbereitet in die Diskussionen der kommenden Tage zu gehen. Das bedeutet etwas freie Zeit für den Übersetzer, der so andere Dinge tun kann (z.B. das Kapitelstagebuch schreiben und danach die Übersetzerbox zu verlassen und an die frische Luft zu gehen…).

Moderatoren: P. Javier (St. Ottilien) und P. Cosmas (Königsmünster)

Am Abend des heutigen Tages sind die Teilnehmer des Generalkapitels von der gastgebenden Gemeinschaft von St. Ottilien eingeladen. Nach der Vesper in der Abteikirche gibt es ein gemeinsames Büffet im Refektorium, dem klösterlichen Speisesaal.

Kongregationsfahne in St. Ottilien

P. Maurus Runge OSB

Fotos: Br. Elias König OSB / St. Ottilien

Nachdem die teilnehmenden Brüder aus aller Welt am Samstag, den 17.09.2022, gut in St. Ottilien angekommen sind – eine große Wiedersehensfreude, denn viele kannten sich schon – , fand am Sonntag, 18.9., eine Wallfahrt zur Eröffnung des Generalkapitels zum Felsenkloster St. Georgenberg in Tirol statt. Der Georgenberg ist seit dem 11. Jahrhundert ein beliebter Wallfahrtsort, und seit 2017 leben sechs Mönche der Missionsbenediktiner an diesem Ort und halten die Wallfahrt aufrecht. Nachdem das Kloster im Tal, das Stift Fiecht, zu groß geworden ist für eine kleiner werdende Zahl an Brüdern, haben sich die Mönche dazu entschlossen, das Stift zu verkaufen und auf den Georgenberg zu ziehen.

Felsenkloster St. Georgenberg

Mit dem Bus fuhren wir am Sonntagmorgen von St. Ottilien nach Tirol in Österreich. An einem Parkplatz unterhalb des Klosters begann der einstündige Fußmarsch auf den Berg. Zum Glück hörte der Regen im Lauf der Wanderung auf, sodass alle relativ trocken oben ankamen. Dort fand dann ein Mittagsgebet in der Kirche statt, gefolgt von einer zünftigen Brotzeit. An jeder freien Ecke des Klosters waren Tische gedeckt, und die Brüder und Mitarbeitenden der kleinen Gemeinschaft haben keine Mühen gescheut, die Gäste zu bewirten. Nach dem Mittagessen gab es drei Führungen in verschiedenen Sprachen – Englisch, Deutsch und Swahili, der Landessprache in Tansania (immerhin kommen über 50 % der Mönche unserer Kongregation aus Afrika). Um 15.00 Uhr fand dann der offizielle Eröffnungsgottesdienst des 22. Generalkapitels statt. Berührend war für mich vor allem, dass Abtpräses Jeremias in seiner Predigt der Verstorbenen der vergangenen Jahre gedachte – viele waren Teilnehmer an früheren Kapiteln gewesen, und einige kannte ich persönlich. Viele Erinnerungen kamen hoch. Ebenso konnte jeder Teilnehmer in Stille eine Kerze nach vorne bringen und vor den Altar stellen – in den Anliegen, die jeder persönlich in diesen Tagen hat.

Die Fahne der Missionsbenediktiner wird feierlich übergeben.

Am Ende des Tages stand dann noch ein besonderes Event: Die Fahne der Missionsbenediktiner, die eigens für das Kapitel gehisst worden war, wurde feierlich eingerollt und dem Erzabt von St. Ottilien, der Gastgeber des Generalkapitels ist, übergeben. Für die nächsten zwei Wochen wird sie einen Platz in der Erzabtei finden.

Morgen beginnen dann die Beratungen des Kapitels – und meine Arbeit als Übersetzer.

P. Maurus Runge OSB

Vom 17. bis zum 29. September 2022 findet in St. Ottilien das Generalkapitel der Missionsbenediktiner statt. Es ist die höchste gesetzgebende Versammlung der Kongregation von St. Ottilien, und alle vier Jahre versammeln sich Delegierte aus den verschiedenen Klöstern, um über wichtige Fragen zu beraten, welche die Sendung der Missionsbenediktiner betreffen. Das letzte Kapitel fand schon 2016 statt – nun sind also mittlerweile sechs Jahre vergangen, denn das Kapitel, das eigentlich 2020 stattfinden sollte, wurde zweimal wegen der Corona-Pandemie verschoben.

Warum Kapitel? Als „Kapitel“ wird in einer benediktinischen Gemeinschaft die Zusammenkunft aller Mönche mit Feierlicher Profess bezeichnet, die gemeinsam Entscheidungen treffen können. Auf Kongregationsebene setzt sich das Generalkapitel aus den Höheren Oberen der einzelnen Klöster, je einem Delegierten, der von den einzelnen Gemeinschaften (den „Kapiteln“) gewählt wird und den Offizialen (Entscheidungsträgern) der Kongregation (Abtpräses, Kongregationssekretär, Kongregationsprokurator, Kongregationsrat) zusammen. Daneben gibt es viele, die für einen reibungslosen Ablauf dieser Tage verantwortlich sind: Sekretäre, Protokollanten, Übersetzer (die offizielle Sprache der Kongregation ist Englisch), Moderatoren, … Alle Teilnehmer zusammen spiegeln etwas von der Vielfalt und Buntheit der Kongregation wider.

Aus unserem Kloster nehmen vier Mitbrüder am Generalkapitel teil: Abt Aloysius als Oberer unserer Gemeinschaft, Bruder Antonius als gewählter Vertreter, P. Cosmas als Moderator und Mitglied der vorbereitenden Kapitelskommission und P. Maurus als Übersetzer, der auch diese Zeilen schreibt. In den folgenden Tagen möchte ich Sie gedanklich mitnehmen nach St. Ottilien und in einem „Kapitelstagebuch“ etwas von meinen Eindrücken vom Generalkapitel berichten. Viel wird ja derzeit in unserer Kirche von Synodalität geredet, von gemeinsamen Entscheidungsprozessen. Von den Orden kann die Kirche da vieles lernen, denn hier wird Synodalität in den verschiedenen Räten und Entscheidungsgremien schon lange selbstverständlich gelebt.

Gerne können Sie Ihre Fragen und Anmerkungen in die Kommentare schreiben; ich werde versuchen, in den nächsten Tagen darauf einzugehen. Die Koffer sind gepackt – morgen geht die Reise nach St. Ottilien los.

P. Maurus Runge OSB