Predigt am 4. Fastensonntag (30.03.2025)

von Br. Anno Schütte OSB

Mit dem heutigen 4. Sonntag der Fastenzeit nehmen die liturgischen Texte das nahende Osterfest in den Blick. Mehr als die Hälfte der Fastenzeit liegt hinter uns – heute in 3 Wochen feiern wir Ostern.

Das Gleichnis vom verlorenen Sohn will uns auf Ostern einstimmen und vorbereiten. Ostern feiern wir die Wandlung vom Tod zum Leben – Auferstehung – und darum geht es auch im gehörten Gleichnis. Dort sagt der Vater: „ …, mein Sohn, war tot und lebt wieder.“ Und weiter: „Er war verloren und ist wiedergefunden worden.“

Der Tod wird als ein Verloren-Sein und das Wieder-Leben als ein Wieder-Gefunden-Sein gedeutet. Es geht um die Not existenzieller Einsamkeit und die Auflösung, ja Erlösung aus dieser Not. Hier ist einer aus dem Tod der Isolation umgekehrt in eine neue lebendige Beziehung zum Vater. Das Gleichnis präsentiert uns ein sehr konkretes Ostern, eine Auferstehung – schon in diesem Leben.

Es wird eingeleitet von der Empörung der Pharisäer und Schriftgelehrten, weil Jesus sich mit Sündern abgibt und sogar mit ihnen isst. Am Ende des Gleichnisses empört sich der zu Hause gebliebene Sohn über das Festessen mit dem heimgekehrten Sohn. Eine doppelte Verneinung umgibt das Gleichnis: Davor stehen Pharisäer und Schriftgelehrten als Repräsentanten eines engen religiösen Systems. Danach steht ein vergleichend berechnender Bruder. – Das Nein engherziger Menschen umgibt kontrastierend das Ja Gottes in der Figur des barmherzigen Vaters. So leuchtet das glanzvolle gemeinsame Fest der Barmherzigkeit dazwischen umso mehr.

Warum war und ist es offensichtlich so schwer, sich der unendlichen Barmherzigkeit Gottes zu öffnen, sich ihr zu überlassen und sie zu feiern? Warum ruft sie solche Abwehrreflexe hervor?

Das Gleichnis von der Umkehrgeschichte des Sohnes könnte auch uns eine Antwort anbieten. Zunächst ist es eine Geschichte des Niedergangs, des wortwörtlichen Zu-Grunde-Gehens. Man kann nicht tiefer sinken als zu den Schweinen und deren Futterschoten und nicht mal damit kann der Sohn seinen Hunger stillen, weil niemand ihm davon gibt. Er ist er am Ende, total isoliert, und das gesteht er sich auch klipp und klar ein. Sein Nullpunkt wird der Wendepunkt zum Aufbruch. Auf-Bruch, das Brechen darin, bezeugt einen auch schmerzhaften Prozess. Das radikale Auf-sich-zurückgeworfen-Sein wird ein Durch-Bruch. Er weitet und öffnet sich für eine tiefere, die tiefste Wahrheit, die sich ihm erst jetzt erschließt: Der Vater ist weiterhin da. Allein diese Gegenwart ist ein Grund, ein Ur-Grund für die Umkehr in eine neue Lebensphase, die – mittlerweile bescheiden geworden – als Tagelöhner beginnen soll. Sein Niedergang in die Isolation wandelt sich in ein Wieder-auf-den-Vater-Zugehen und seine bisherige Stummheit in ein Ansprechen seines Vaters.

Bevor es dazu kommt, sieht der ihn schon von weitem kommen. Für uns übersetzt: Gott hält Ausschau nach uns Menschen und wartet auf uns – auch wenn wir (noch) weit entfernt sind. Der Gott, den Jesus im Gleichnis als Vater verkündet, ruht nicht in sich, sondern bewegt sich auf uns zu, nimmt auch uns in den Arm und küsst uns, so wie das ein liebender Vater nun mal tut. Kein Vorwurf, keine Auf- oder Abrechnung. Das öffnet den Sohn weiter und er bekennt freimütig seinen selbst gewählten Niedergang. Gott will unsere Freiheit, weil Lieben heißt: Ich will, dass Du frei bist! – Auch auf das Risiko hin, dass wir Freiheit missbrauchen und vor allem uns selbst damit schaden.

Nichts scheint gut genug für dieses Fest der Umkehr: das beste Gewand, der kostbare Ring, das Mastkalb – dieser Vater gibt alles, sich selbst. Es ist eine Vorausschau auf die Ganzhingabe Gottes durch Jesus für die Welt, für jeden von uns. Das ist unglaublich! Wir feiern es immer wieder, als Wieder-Holung. In Umkehr und Aufbruch holen wir uns wieder in eine persönlich bejahende Gottesbeziehung. Die ist uns immer – besonders an den Nullpunkten unseres Lebens – von Gott her als Geschenk angeboten. Auch heute – und besonders an Ostern.