Predigt am 5. Ostersonntag (28.04.2024)
Viola Kohlberger.
Eine junge Frau aus Augsburg, 32 Jahre alt.
Ewig engagiert bei den Pfadfinderinnen und Pfadfindern
und seit 2021 Kuratin,
sprich: Geistliche Leiterin des Diözesanverbandes dort.
Angestellt vom Bistum,
im Moment promoviert sie in Kirchengeschichte.
Gerade für die Anliegen der Jugend
engagierte sie sich beim „Synodalen Weg“.
Setzte sich kritisch auseinander
vor allem mit einigen Bischöfen und deren Verhalten.
Sie kandidiert zur Bundeskuratin,
eine Aufgabe, die ich selber von 2001 bis 2010 erfüllt habe.
Seit Wochen tourt sie durch Deutschland,
um sich den Diözesen und Gremien vorzustellen.
Am letzten Montag wurde ihre Kandidatur
vom Ständigen Rat der Bischofskonferenz abgelehnt.
Natürlich werden keine Informationen gegeben,
wer und überhaupt.
Keine Gründe benannt.
Doch schon der Vorgang an sich ist ein Skandal.
Darf ein Jugendverband nicht selber entscheiden,
wer in ihm Verantwortung übernimmt?
Wäre es nicht mindestens ein Ansatz von Transparenz,
die doch auch von den Bischöfen so groß geschrieben wird,
Gründe zu benennen?
Und dann höre ich die Lesung des heutigen Tages
aus der Apostelgeschichte.
Da hatte die Gemeinde in Jerusalem
Angst vor Saulus,
dem jetzt bekehrten Paulus.
Was steckt denn hinter und in ihm?
Kann man ihm vertrauen?
Ist er wirklich der Bekehrte?
Ist er nicht der Feind?
Will er nicht das, was wir nicht wollen?
Barnabas setzte sich für ihn ein.
Machte deutlich,
wie Paulus sich für das Evangelium einsetzt.
Bis sich auch die anderen „Brüder“
(Schwestern werden nicht genannt …) für Paulus einsetzten
und dann – so sagt es die Apostelgeschichte –
„die ganze Kirche in Judäa, Galiläa und Samarien
nun Frieden hatte.“
Wie schön wäre es,
wenn auch wir das heute sagen könnten …
Dass es nicht so ist,
nicht einmal in unserer deutschen Kirche,
ist traurig genug.
Was sind denn die Ängste,
die uns und die Entscheidungsträger erfüllen?
Ja, und ich frage mich noch mehr:
sind wir uns denn noch des Verbindenden
hinter allem bewusst?
„Ich bin der Weinstock.
Ihr seid die Rebzweige.“
Viele sind gern selber der Weinstock
und geben vor, was denn die Reben sollen.
Sie wissen ja,
wo es lang geht,
was unsere Kirche rettet,
was „dran“ ist.
Wer nimmt das nicht alles für sich in Anspruch.
Gerade auf sogenannten konservativen Seiten.
Verlieren wir dabei nicht zu oft
die frohe Botschaft Jesu aus dem Blick?
Viola Kohlberger darf nicht kandidieren.
Und wie viele schließen wir aus
– ob bei der Kommunion
oder von geistlichen Ämtern?
Wie viele schließen wir aus
wegen ihres Geschlechts,
ihrer sexuellen Orientierung?
Die Liste lässt sich fortsetzen …
Und es meint nicht nur „die Kirche“,
sondern jeden und jede von uns.
Auch mich.
Und das, obwohl das Evangelium heute
uns wieder einmal so deutlich macht,
dass wir doch gemeinsam Reben sind
am Weinstock Gottes?
Glauben bedeutet,
auf den zu vertrauen,
der sich selbst offenbart hat als der ICH BIN DER ICH BIN DA.
Der da ist für alle.
Für seine geliebten Kinder.
Und das muss Folgen haben,
soll es nicht bei einer versunkenen Innerlichkeit bleiben.
Unser Glaube soll Frucht bringen
wie die Reben am Weinstock.
Unser Glaube soll uns offen machen
für die Menschen um uns herum.
Er soll uns bereit machen,
auf sie zuzugehen,
zu helfen, zu unterstützen,
vielleicht einfach einmal einander zuzuhören.
Glauben heißt zu lieben,
wie Jesus geliebt hat und liebt.
Ohne Voraussetzungen.
Obwohl wir, wie ich es gestern las,
so „vollkommen unvollkommen“ sind.
Ob wir es nicht einfach einmal wieder versuchen
– gerade mit denen, die uns nicht so liegen …?
Ob nicht doch wieder etwas von der Geistkraft Gottes
in unserer Kirche lebendig wird,
wir nicht doch irgendwann den Streit sein lassen,
damit „Frieden“ wird?
Ein Text von Adalbert Ludwig Balling:
Ein bisschen Christ sein,
aber nur ein bisschen;
ein bisschen lieben,
aber nur ein bisschen;
ein bisschen Solidarität,
aber nur ein bisschen;
ein bisschen Mitleid,
aber nur ein bisschen.
Ein bisschen von allem,
aber ja kein bisschen zuviel!
Du Bisschen-Mensch!
Wehe,
würde Gott
dich nur bisschen-weise
lieben!