Vom Hören als radikaler Wertschätzung des Menschen
Benediktsfest mit Erzbischof Dr. Bentz in der Abtei Königsmünster
Für den Theologen Johann Baptist Metz ist „die kürzeste Definition von Religion: Unterbrechung“. Den Alltagstrott unterbrechen durch religiöse Feste und Riten – das weitet den Blick und bestärkt den Menschen in seiner Würde als Ebenbild Gottes. In benediktinischen Klöstern ist so eine Unterbrechung das „Hochfest des Heimgangs des heiligen Benedikt“, wie es etwas umständlich genannt wird: der Todestag ihres Ordensvaters (bei christlichen Heiligen wird zumeist der Todestag gefeiert, ihr „dies natalis“, Geburtstag zum ewigen Leben), nach dessen Regel die Schwestern und Brüder des Benediktinerordens weltweit bis heute leben. Und da der 21. März oft in die Fastenzeit fällt, ist dieser Tag dann auch eine willkommene Unterbrechung der Fastenzeit.
Jahreshauptversammlung des Freundeskreises
In der Abtei Königsmünster ist es gute Tradition, den 21. März mit vielen Gästen zu begehen, vor allem mit dem „Freundeskreis Königsmünster e.V.“, der den Mönchen mit Rat und Tat, im Gebet und nicht zuletzt auch in materieller Hilfe zur Seite steht. Auch in diesem Jahr konnten die Mönche wieder viele Freundinnen und Freunde begrüßen, die zur Jahreshauptversammlung des Freundeskreises schon am Nachmittag angereist waren. Uli Hess, seit 2005 Vorsitzender dieses Kreises, begrüßte alle Anwesenden. Nach dem Gedenken an die verstorbenen Mitglieder wurden einige Zahlen und Fakten vorgestellt, die zu den Regularien jedes Vereins gehören: Mitglieder- und Spendenentwicklung, Finanzbericht, Entlastung des Vorstands. Anschließend stellten sich zwei Kandidaten vor, die zu einer Mitarbeit im Vorstand des Freundeskreises in den nächsten Jahren bereit sind: Dr. Marie-Luise Baumann aus Schmallenberg und Henryk Megier aus Olsberg. Beide sind dem Kloster seit langem bekannt und verbunden und wurden mit großer Mehrheit von den Anwesenden gewählt. Die beiden folgen nun Petra Hanses und Peter Schulte, die aus persönlichen Gründen ihre Vorstandstätigkeit nicht mehr fortsetzen können. Dem bisherigen und dem neuen Vorstand des Freundeskreises sei an dieser Stelle ausdrücklich für die Arbeit und das hohe Engagement gedankt! Nach den Regularien informierte Abt Cosmas über die Entwicklung der Gemeinschaft im vergangenen Jahr, die vor allem durch den Wechsel in der Leitung des Klosters geprägt war. Br. Alexander stellte die geplanten Renovierungen und Neuanschaffungen im liturgischen Bereich vor, die durch die diesjährigen vom Freundeskreis bereit gestellten Mittel ermöglicht werden, Br. Benjamin informierte zum Thema der bereits bekannten notwendigen Modernisierung der OASE, für die der Freundeskreis im vergangenen Jahr Mittel bereitgestellt hat, und über einige neue bzw. wiederbelebte Angebote und Formate, wie Abtei- und Tischgespräche, und P. Maurus berichtete vom weltweiten Auftrag der Missionsbenediktiner und von aktuellen Projekten der Partnerklöster in Afrika, Asien und auf Kuba. Zum Ende dankte Abt Cosmas ausdrücklich Uli Hess, der 17 Jahre lang das Amt des Ersten Vorsitzenden bekleidet hat und nun dieses Amt abgibt; die oder der neue Vorsitzende wird satzungsgemäß vom neuen Vorstand gewählt.
Festgottesdienst mit neuem Paderborner Erzbischof
Höhepunkt des Tages war der Festgottesdienst in der Abteikirche, zu dem der neue Erzbischof von Paderborn, Dr. Udo Markus Bentz, anreiste. Er ist am 10. März in sein Amt eingeführt worden, sodass es sozusagen sein „Antrittsbesuch“ in der Abtei war. In seiner sehr persönlich gehaltenen Predigt ging er auf den ersten Satz der Benediktsregel ein, der „wie eine Überschrift gelten kann für den, der Gott sucht: Höre, mein Sohn, auf die Weisung des Meisters, neige das Ohr deines Herzens!“ „Wie viel Respekt für mein Gegenüber ist in diesem Wort enthalten – das heißt: mit sensibler Aufmerksamkeit sich respektvoll dem anderen zuzuwenden.“ Das Hören falle uns nicht immer leicht – „ich höre und höre dennoch nicht“, führte Erzbischof Bentz aus und nahm sich selbst nicht davon aus: „Man selbst ist mit den Gedanken ganz woanders und erschrickt, wenn man plötzlich hört: Du hörst mir ja gar nicht zu!“ Auch im gesellschaftlichen Diskurs und in der Kirche herrsche oft eher die Grundhaltung vor, „möglichst zugespitzt meine eigene Position zu Gehör zu bringen, damit ich überhaupt gehört werde“. Man bekomme „leicht das Gefühl wie bei einem Gespräch, bei dem alle gleichzeitig sprechen, keiner aber dem anderen wirklich zuhört“. Und er fragt: „Ist es das, was uns so frustriert und weshalb wir nicht weiterkommen?“
Hören als radikale Wertschätzung des Menschen
Richtiges Hören meine aber, „meine Aufmerksamkeit von mir selbst weg auf den anderen hin zu lenken. Es ist eine radikale Wertschätzung des Menschen, mit dem ich jetzt gerade zu tun habe. Ihm das erste Wort zu überlassen, zeigt, dass ich ihn achte und respektiere.“ Und ein guter Zuhörer sei fähig, „auch das Unausgesprochene mitzuhören“, das, was „zwischen den Zeilen“ gesagt wird. Dazu gehöre auch die Fähigkeit zur Stille. Dem heiligen Benedikt gehe es darum, dieses aufmerksame Hören zu einer „Grundhaltung des gemeinsamen Lebens“ zu machen: „Die jungen Mönche sollen auf die Stimme der Älteren hören, die Älteren auf die Stimme der Jüngeren, gemeinsam auf die Stimme des Herrn – nur so gelingt das gemeinschaftliche Leben. Nur so werden eine Gemeinschaft und der Einzelne in ihr zu Gottsuchern.“
Zum Ende seiner Predigt, für die er spontanen Applaus aus der Gemeinde bekam, betonte Bentz seine eigene Bereitschaft zum Hören: „Das gilt aber in gleicher Weise für unser Erzbistum und für mich persönlich auf dem gemeinsamen Weg, der nun begonnen hat: Höre … und neige das Ohr deines Herzens! Das soll auch meine geistliche Haltung, mit der ich mich mit Ihnen auf den Weg machen möchte und um die ich immer wieder im Gebet bitten möchte.“ Der heilige Benedikt inspiriere uns dazu, diesen Weg gemeinsam zu gehen.
Nach der Eucharistiefeier ging das Fest bei einem gemeinsamen Abendessen im AbteiForum weiter, bei der die Gelegenheit bestand, mit dem Erzbischof ins Gespräch zu kommen. Bemerkenswert war, dass er sich dabei auch ganz wörtlich selbst auf den Weg machte, und gemeinsam mit Abt Cosmas von Tisch zu Tisch ging und so mit vielen der anwesenden Gäste und Mönche ins Gespräch kam. Die Gemeinschaft von Königsmünster dankt dem neuen Erzbischof ausdrücklich für sein Kommen, freut sich auf den weiteren Weg mit ihm und dem Erzbistum Paderborn und wünscht ihm Gottes Segen für seine Aufgabe!
Fotos: Andreas Weller