Ich aber hoffe auf den Herrn 

Am Montag der vierten Fastenwoche erklingen als Eingangsgesang bei der Messe Verse aus Psalm 31:
„Ich aber hoffe auf den Herrn. Ich will jubeln und mich über deine Barmherzigkeit freuen; denn angesehen hast du meine Not.
Auf dich hoffe ich, Herr. Lass mich doch niemals scheitern; rette mich in deiner Barmherzigkeit.“ (Ps 31,7.8.2) 

Auch wenn der Psalm der Gattung nach ein individuelles Klagelied ist, finden sich Vertrauensäußerungen, die schließlich in einem Dankhymnus münden, wie dies in der Regel bei Klagepsalmen üblich ist. Trotz aller Not verharrt der Beter nicht in der Klage, sondern erinnert sich daran, was der Prophet Jesaja im Auftrag Jahwes verkündet hat: „Wer bei mir Zuflucht sucht, der wird das Land erben und meinen heiligen Berg besitzen.“ (Jes 57,13) Darum setzt der Psalmenbeter seine Hoffnung auf den Herrn. 

Auch der Apostel Paulus wird nicht müde, die Hoffnung zu thematisieren: „Die Hoffnung aber lässt nicht zugrunde gehen; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.“ (Röm 5,5) 

Das sind aufmunternde Worte, an die ich mich in Zeiten der Not gern erinnere. 

P. Nikolaus Nonn OSB, Superior der Cella St. Benedikt Hannover, Dozent für Gregorianik und Liturgik

Meine Hoffnung 

Auch in unserer Liturgie-Gruppe Team Spirit in St. Cyriakus in Bottrop ist aufgrund des Heiligen Jahres die Hoffnung der Rahmen, der unsere kirchlichen Aktivitäten umspannt.
Und auch in meinem Leben nimmt die Hoffnung auf ein Leben in der Nachfolge von Jesus großen Raum ein.
Hoffnung ist wie ein zarter Samen, der in den dunkelsten Zeiten meines Lebens Wurzeln schlägt.
Sie gibt mir die Kraft, weiterzumachen, wenn alles andere mich zum Aufgeben drängt.
In Momenten der Verzweiflung und Unsicherheit suchen wir alle oft nach einem Anker, einem sicheren Hafen, der uns Halt und Geborgenheit bietet.
Und wer kann uns diesen Ort besser anbieten als unsere Eltern?
Bei einer Beerdigung am letzten Wochenende hat uns der Pastor erzählt, wie er mit seinem Vater als Kind „Wer kommt in meine Arme?“ gespielt hat.
Beim Hochheben sagte ihm sein Vater „Jetzt kannst du bis nach Köln schauen…“
Diese anrührende Erinnerung gibt mir die Gewissheit, dass Sicherheit und Wärme in den Armen eines Vaters, ja gerade des himmlischen Vaters, gefunden werden können.
Gott öffnet durch seinen Sohn am Kreuz weit seine Arme, um uns das Vertrauen und den Trost zu geben, den wir brauchen.
Und in seinen Armen werden wir zwar nicht nach Köln sehen, aber er erwartet uns in seinem Himmel.
Dieses Vertrauen, das ich in Gott setze, ist mein Fels in der Brandung.
Es ist das Wissen um seine unerschütterliche Liebe, seine Weisheit und seine Fähigkeit, mich durch jede Herausforderung zu führen, das mir den Mut gibt, meine Ängste zu überwinden und neue Wege zu gehen, denn ich weiß, dass ich nicht allein bin.
Die Geborgenheit in den Armen unseres himmlischen Vaters schenkt mir einen Frieden, den nichts und niemand sonst bieten kann.
Hier erfahre ich die Ruhe, die ich brauche, um neue Kraft zu schöpfen.
Dadurch finde ich auch die Hoffnung für die Zukunft und am Ende meines Lebens das Wiedersehen mit den vorangegangenen Liebsten.
Möge diese Hoffnung, geboren aus dem Vertrauen und der Geborgenheit beim Vater, uns immer begleiten und uns die Kraft geben, jedes Hindernis zu überwinden.
Denn solange wir in seinen Armen ruhen, sind wir niemals verloren. 

Lars Meyer OblOSB, Oblate der Abtei Königsmünster

Bild: Bistum Osnabrück/Haarmann

Ich will den Kreuzstab gerne tragen  

Bei meinen Besuchen in den Dekanaten des Bistums Osnabrück treffe ich auf Menschen und Orte, die eine besondere Ausstrahlung haben. In besonderer Erinnerung ist mir der Wallfahrtsort Lage. 

Jeden Freitagabend versammeln sich junge und ältere Beter und Beterinnen zum Gottesdienst in der Wallfahrtskirche, um anschließend in einer Kreuztracht in den eigenen Anliegen oder auch stellvertretend zu beten und zu bitten.  

Besonders in der Fastenzeit kommen Pilger und Pilgerinnen aus Kirchengemeinden oder katholischen Verbänden der Region, aber auch Familien, Freundeskreise oder Nachbarschaften, wenn es in ihrem Umfeld ein schweres Unglück oder einen Todesfall gegeben hat. 

„Wir wollen jetzt am Kreuz den tragen, der unser Leben trägt“ – sagt mir ein junger Mann, dessen Freund bei einem Motorradunfall ums Leben kam. Seine Freunde und er nehmen das ca. 140 kg schwere Kreuz auf ihre Schultern und gehen schweigend den Weg um die Kirche. Mit ihnen gehe auch ich und es fällt mir die Kantate von Johann Sebastian Bach (BWV 56) ein: 

„Ich will den Kreuzstab gerne tragen,
Er kömmt von Gottes lieber Hand,
der führet mich nach meinen Plagen
zu Gott, in das gelobte Land.

Der Wallfahrtsort Lage ist für mich zu einem Hoffnungsort in meiner Diözese geworden. Die Kreuztracht steht dafür, dass man trotz seiner Ohnmacht und Trauer etwas tun kann.  

Das Kreuz zu tragen ist eine Tat des Glaubens, von der Überzeugung getragen, dass Jesus das Leid der Menschen mitträgt und uns mit sich ins Leben mitnimmt.  

Das Kreuz tragen ist Ausdruck unserer Hoffnung, dass Tod und Leid nicht das letzte Wort haben werden, sondern der Lebendige. 

Bischof Dominicus Meier OSB, 2001-2013 Abt in Königsmünster, seit 2015 Weihbischof im Erzbistum Paderborn, seit September 2024 Bischof des Bistums Osnabrück (Foto: Pentermann)

„Hoffnung – der kranke und sterbende Mensch als Lehrmeister“ 

Als Seelsorger im Krankenhaus habe ich es mit Menschen zu tun, die Krankheit erleben und die Sehnsucht nach Heilung verspüren. 

Aber auch mit Menschen, die tiefes Leid auszuhalten haben oder sich von der Idee verabschieden müssen, jemals wieder gesund zu werden und/oder damit konfrontiert werden, dass ihre Krankheit zum Versterben führen wird. Gerade solche Menschen erfahre ich immer wieder auch als meine Lehrmeister. Es gibt Menschen, die trotz großem Leid einen tiefen Frieden und eine Hoffnung bei aller medizinischen Hoffnungslosigkeit ausstrahlen und einen tiefen Glauben, dass am Ende immer das Leben wartet, diesseits oder jenseits. 

Diese wahrnehmbare innere Kraftquelle jener Menschen gründet oftmals in einer tiefen Beziehung zu Gott, der auch in ihrem konkreten Leid stützend und tröstend erfahren wird. Daran erkenne ich, dass Gott Gott ist und er immer eine Zukunftsperspektive eröffnet. Ich werde in solchen Begegnungen mit meiner eigenen Sterblichkeit konfrontiert und frage mich: 

Welche Hoffnung trägt mich auf meinen eigenen Tod hin? 

Das ist eine häufige Frage in der Klinik an mich und besonders jetzt in der Zeit auf Ostern hin. 

Br. Emmanuel Panchyrz OSB, Mönch der Abtei Königsmünster, Krankenseelsorger

Echtes Lachen und wahre Freude in schwierigen Zeiten 

Vor deinem Angesicht ist Freude in Fülle (Psalm 16,11) 

Lachen kann total ansteckend sein. In einer lustigen und heiteren Runde fängt einer an zu lachen und irgendwann machen die anderen mit. Aber die Fastenzeit verbinden viele Menschen eher nicht mit dem Lachen. Der Karneval ist schließlich vorbei. Da merke ich: Für mich gehören gerade echte Freude und das wahre Lachen zur Vorbereitung auf Ostern dazu. Nun gut, werden die denken, die mich kennen: Ich bin schließlich Kölner und feiere gerne Karneval, da ist es ja kein Wunder. Als Stimmtherapeut denke ich natürlich sofort darüber nach, was es eigentlich braucht, um ein echtes Lachen zu haben.   

„Muskel der Freude“ 

Dabei musste ich an Guillaume-Benjamin Duchenne denken, den französischen Psychologen des 19. Jahrhunderts, den „Meister des Lachens“ mit seinen ungewöhnlichen Studien. Ihm zu Ehren wird bis heute das echte Lachen als „Duchenne-Lachen“ bezeichnet.  Er erforschte den „Muskel der Freude“, der für das Lächeln zuständig ist. Die Mediziner nennen ihn heute Musculus zygomaticus major (Großer Jochbeinmuskel). Er entspringt am Jochbeinbogen und setzt dann am Mundwinkel an. So kann er die Mundwinkel nach oben und hinten ziehen. An diesem Muskel deuten wir bei unserem Gegenüber Freude und Wohlbefinden.  

Beim Lachen, Grinsen oder Schmunzeln wird diese Muskelgruppe nahezu von alleine angespannt und verleiht uns den typischen Gesichtsausdruck. Natürlich kann ich diesen Muskel auch willentlich ansteuern. Diese Ansteuerung ist aber häufig nicht so fein und differenziert, sodass im Zuschauer ein anderer Eindruck entsteht. Dann spricht man gerne von einem gekünstelten Lächeln.  

Echt oder gekünstelt 

Dafür scheint noch ein weiterer Muskel bedeutsam zu sein, der deshalb heute als der Gradmesser für die wirkliche Freude gilt, die auch von innen kommt. Das ist der äußere Teil des Augenringmuskels und bezeichnet damit das Gebiet oberhalb des Jochbeinmuskels und unterhalb unseres Auges. In diesem Bereich deuten wir die Unterschiede, denn der Augenringmuskel scheint sich schlechter allein willkürlich ohne ein freudiges Gefühl ansteuern zu lassen.  

Als im ich letzten Sommer für 14 Tage in der Abtei Mvimwa in Tansania sein durfte, bin ich vielen Menschen begegnet, die mich mit frohem Gesang begrüßt haben. Ich denke zum Beispiel an einen Abend, an dem uns P. Urbanus mit in die Pfarrgemeinde Kate genommen hat. Es ist ein Dorf, etwa eine halbe Autostunde von der Abtei entfernt, in der er als Pfarrer arbeitet. Die Fröhlichkeit dieser Menschen hat mich beeindruckt – schließlich sind die Lebenssituationen vieler Dorfbewohner aus unserer Sicht wirklich schwierig. Aber sie hatten offensichtlich genug Grund zu Freude und zum Lachen und nahmen uns mit Ihrer Musik und Ihrem Tanz hinein in ihre Freude.  

Gibt es dann ein vorösterliches Training für das Lachen und die Freude in diesen ja auch in Europa immer schwierigeren Zeiten? Zumindest lassen sich die beiden beteiligten Muskelgruppen durchaus trainieren und entspannen. Beispielsweise dadurch, dass man sie mit dem Finger in kreisenden Bewegungen massiert, dass man sie mit Wärme oder Kälte behandelt oder mit einer Creme und Gesichtsmaske einreibt.  

Lach doch mal!? 

Aber kommt wahre Freude nicht eher von innen? Und ein schönes Lächeln deshalb auch? Das finde ich auch eine spannende Frage. Das echte Lachen ist sicherlich mehr als nur ein optimales Spiel der Gesichtsmuskeln, gleichzeitig denke ich aber auch, dass bei angespannten Gesichtsmuskeln ein schönes und ansteckendes Lachen gar nicht gelingen kann – und auch die wahre Freude nicht wirklich durchkommt.  

Irgendwie scheinen meine afrikanischen Freunde es viel besser verstanden zu haben, ihre „Muskeln der Freude“ zu trainieren. Aber ich werde es mir in der Zeit vor Ostern vornehmen, damit die wahre Freude immer mehr durchbrechen kann… 

Br. Karl-Leo Heller OSB, Cella St. Benedikt Hannover, Atem-, Sprech- und Stimmlehrer 

In diesen turbulenten und unsicheren Zeiten sind es immer wieder Menschen, die mir Hoffnung schenken.
Das sind Menschen, die mich schon sehr lange verlässlich auf meinem Lebensweg begleiten, aber auch Menschen, denen ich eher flüchtig begegne und die dabei einen kleinen Lichtstrahl in meinem Alltag hinterlassen. 
Davon möchte ich erzählen:
Mitte Februar fand im Abteiladen Olsberg eine Stempel-Aktion zur Menschenwürde statt. Jede Besucherin und jeder Besucher bekam die Möglichkeit, WÜRDE UNANTASTBAR in ein kleines Holztäfelchen zu brennen. Diese Idee ist inspiriert von den Königsfiguren des Holzbildhauers Ralf Knoblauch. Seine Skulpturen erzählen den Betrachtenden von der je eigenen und unverlierbaren Königswürde. Die König*innen stehen für die Einzigartigkeit einer jeden Person, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Hautfarbe, Religion.
Die Stempel-Aktion fand starke Resonanz bei unseren Kunden/innen und so entwickelten sich bei der Gestaltung der Täfelchen gute und anregende Gespräche, in denen wir einander in unserer Zuversicht für Menschenwürde bestärkten.  

Was noch lange im Gedächtnis bleiben wird, sind Begegnungen dieser Art: 
Da entwickelte sich aus einer abwehrenden und distanzierten Haltung nach und nach ein spürbares Interesse und eine sehr große Offenheit für die Botschaft der Aktion Würdetäfelchen:
Menschenwürde unantastbar. 

Ich entdecke in meinem Leben immer wieder ganz erstaunt solche kleinen Lichtsignale Gottes, unzählige winzige Signale, die Licht in mein Leben bringen, die mich tragen, stärken und mir Mut und Zuversicht schenken. 

In meinem Lieblings-Taizé-Lied finden sich diese Gedanken wieder: 

 Meine Hoffnung und meine Freude,
meine Stärke, mein Licht:
Christus meine Zuversicht,
auf dich vertrau ich und fürcht mich nicht,
auf dich vertrau ich und fürcht mich nicht.   

Jacques Berthier 

Eines dieser kleinen Signale sind auch die Schneeglöckchen, die nun – wie in jedem Jahr – dem Winter unerschütterlich trotzen und in meinem kleinen Garten und auch an so vielen andere Orten ein untrügliches Zeichen für Wärme, Licht, Hoffnung und den nahenden Frühling setzen.   

Brigitte Frings, Leiterin des Abteiladens Olsberg

Kundschafter  

Da zogen sie los, die Kundschafter,
in das gelobte Land.
Sahen das Land, seine Bewohner,
kosteten von den übergroßen Früchten
und bringen davon mit für das Volk.  

Zurückgekehrt, erzählen sie
von dem Land,
in dem „Milch und Honig fließen“.  

Kundschafter sein – Aufgabe auch für uns? 

Kundschafter – 

  • den Mut haben, aufzubrechen,
    in ein unbekanntes Land zu gehen. 
  • offene Ohren haben,
    offene Augen und einen wachen Geist. 
  • die Früchte sehen und davon kosten. 

Kundschafter – 

  • den Mut haben, zurückzukehren,
    zurück zu den Menschen des Alltags. 
  • weitersagen, was wir erlebten,
    erzählen von Menschen und Früchten.  
  • und den Mut zur Wahrheit nicht aufgeben,
    auch wenn man uns nicht glaubt. 

Lasst uns Kundschafter sein. 

(Guido Hügen OSB) 

Das Bild von Christina Kulot (zu Num 13,1-14,39) ist entstanden zu meiner Priesterweihe und Primiz. In ihnen zeigt sich die Hoffnung, die mich erfüllt. Es lohnt sich, immer wieder aufzubrechen – denn immer Neues gibt es zu entdecken mit offenen Ohren, Augen und Herzen. Es gibt die Enttäuschung, dass andere es nicht wahrhaben wollen. Aber wie Josua und Kaleb will ich von der Hoffnung erzählen. Und gehen. Oder mit den Worten von Kurt Marti: 

Wo kämen wir hin
wenn alle sagten
wo kämen wir hin
und keiner ginge
um zu sehen
wohin wir kämen
wenn wir gingen.  

Und wenn wir gehen, erkennen wir vielleicht, dass wie im Bild von Christina Kulot das Kreuz nicht ausgelassen ist, das Leid nicht ausgeklammert wird – aber ein lichtvoller Weg entsteht mit reichen Früchten.  

Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen,
der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt.
(1 Petr 3,15) 

P. Guido Hügen OSB, Mönch der Abtei Königsmünster, Hochschulseelsorger und Supervisor

Was gibt mir Hoffnung? 

Der Unterschied zwischen der Unbeständigkeit des Menschen und der Treue Gottes gibt mir Hoffnung.  

Es gab eine Zeit, in der ich wegen der Unbeständigkeit des Menschen melancholisch war, weil ich keine vollkommene Umkehr und kein dauerhaftes Glück haben konnte.  

Aber in diesen Zeiten gibt mir der Charakter des Menschen Hoffnung, denn auch Unglück, Leid und Sünde sind nicht von Dauer.  

Durch diese Unbeständigkeit kann ich schwach sein, aber ich kann auch stark sein; ich kann Sünder sein, aber ich kann auch Kind Gottes sein; ich kann unglücklich sein, aber ich kann auch glücklich sein. 

Ich lasse mich nicht entmutigen, weil die Bosheit vergeht. 

Ich akzeptiere es einfach und warte darauf, dass es vorübergeht.  

In dieser unsicheren Wanderschaft ist die einzige Gewissheit der Herr.  

Wenn ich mich auf den treuen Herrn zubewege, gibt mir meine Unbeständigkeit eine andere Möglichkeit und eine andere Hoffnung. 

P. Aron Jang OSB, Mönch der Abtei Waegwan in Südkorea, ist Oberer der Gemeinschaft der Missionsbenediktiner auf Kuba.

 

Impuls zum Benediktsfest 2025 

Die Epoche, in der Benedikt von Nursia lebte, war eine große Zeitenwende. Frühere Ordnungen, die Halt und Orientierung boten, waren nur noch Erinnerung an ferne Tage von Sicherheit und Frieden, neue Strukturen für Ordnung und Stabilität waren nur in einzelnen und kleineren Bereichen greifbar, so auch in Benedikts Klostergründung, der er mit seiner Regel Ordnung und Struktur geben wollte.
Aus dem Erleben unserer eigenen Gegenwart wissen wir, was es heißt, in einer Zeitenwende zu leben, einer Zeit, die zwischen nicht-mehr und noch-nicht oszilliert. Das löst Verunsicherung, Ängste, Frustration, Gereiztheit, Polarisierungen aus.
In einer solchen Situation will Benedikt zu Beginn seiner Regel die Sehnsucht der Menschen wecken, wenn er die Frage aus Psalm 34,13 aufnimmt und ruft: „Wer ist der Mensch, der das Leben liebt und gute Tage zu sehen wünscht?“ (RB Prol 15).
In diesem Aufruf Benedikts klingt seine Hoffnung mit, die ihn durch die schweren Zeiten trägt, die Hoffnung, dass Christus gekommen ist, damit wir das Leben haben und es in Fülle haben (vgl. Jo 10,10). 

Der evangelische Theologe Heinz Zahrnt bringt die biblische Hoffnungs-Tradition so auf den Punkt: „Hoffnung als aktive Erwartung einer verheißenen, aber nicht garantierten Zukunft“.
Aktive Erwartung heißt, sich festzumachen an der Hoffnung, die Hoffnung zu leben wohlwissend, dass es keine Geling-Garantie gibt, dass ich Zukunft nicht machen kann. Dazu bedarf es des Vertrauens auf den, der uns Leben und Zukunft schenken will. Darum führt Benedikt im Kapitel „Werkzeuge der geistlichen Kunst“ auch folgendes „Werkzeug“ an: „Seine Hoffnung Gott anvertrauen“ (RB 4,41). Gott ist der Fels, an dem wir uns festmachen können. Er ist der Grund, der uns trägt und auf dem wir Leben wagen können.  

Am Ende seiner Regel konkretisiert Benedikt seine Hoffnung, indem er das Ziel benennt, zu dem uns der Aufruf zum Leben führen will: „Er (Christus) führe uns gemeinsam zum ewigen Leben“ (RB 71,12). Da klingt bei mir als Dortmunder gleich das Lied mit: „You’ll never walk alone“. Und genau das feiern wir heute gemeinsam als Mönchsgemeinschaft, mit dem Freundeskreis der Abtei, unseren Oblaten und Oblatinnen und all den Menschen, mit denen wir uns verbunden fühlen auf dem Weg unter der Führung des Evangeliums zum ewigen Leben. Das ist die Hoffnung, die uns trägt. 

Abt Cosmas Hoffmann OSB, Abt der Abtei Königsmünster

Alles beginnt mit der Sehnsucht… (Nelly Sachs) 

Benedikt sagt: Mit geistlicher Sehnsucht………….. erwarte er, der Mönch, die Nonne, der Christ, das heilige Osterfest. (RB49,7) Sehnsucht ist ein Aspekt von Hoffnung! 

Sehnsucht! Mit diesem Wort drücken wir etwas ganz Wesentliches von uns aus. In jedem von uns lebt eine Sehnsucht, ein leidenschaftliches Begehren nach etwas, ein Hungern und Dürsten nach Erfüllung, nach Lieben und geliebt werden. Eine Sehnsucht kann den Sehnsüchtigen so ergreifen, dass es ihn „siech“ , süchtig macht (Sehnsucht kommt von „siechen“, nicht von suchen).  Augustinus sagt von der Sehnsucht: „Sie gibt dem Herzen Tiefe,“ desiderium sinus cordis. Also wehe dem, der keine Sehnsucht hat. Für Ignatius ist die Sehnsucht so wichtig, dass er bei der Aufnahme eines Kandidaten die Frage gestellt haben will, ob er eine Sehnsucht, ein Verlangen (desiderium) verspürt, dem gekreuzigten Herrn mit allen Konsequenzen nachzufolgen. Wenn der Kandidat eingesteht, diese Sehnsucht nur wenig oder gar nicht in sich zu verspüren, so soll man ihn fragen, ob er wenigstens eine Sehnsucht nach der Sehnsucht in sich verspüre, Gott zu lieben und ihm nachzufolgen. Das sei dann schon genug. Der französische Psychotherapeut, Jaques Lacan, definiert aufgrund seiner Praxiserfahrung das Wesen des Menschen mit „désir“ – Sehnsucht. Wenn wir nun schauen, was für Sehnsüchte uns täglich umtreiben, müssen wir uns eingestehen, dass sie sich nicht immer direkt gleich auf so Erhabenes richten, wie das Osterfest. Manchmal sind es eher Alltagssehnsüchte, wie zum Beispiel Ausschlafen, ein gutes Essen, Zeit verbringen mit Freunden, eine Erkenntnis gewinnen in einem Problem, Urlaubssehnsüchte, Sehnsucht nach Nähe und Geborgenheit. Das ist alles nichts Schlechtes. Diese Wünsche gehören zu unserer Natur als Menschen. Und genau diese kleinen Sehnsüchte helfen uns auf dem Weg zu unserer großen Sehnsucht. Sie helfen uns paradoxerweise nicht, wenn wir sie uns immer wieder bis zur Sättigung oder im Übermaß erfüllen, sondern wenn wir ganz bewusst und aus freien Stücken um eines höheren Gutes willen einen Verzicht setzen. Damit nähren wir in uns eine größere Sehnsucht, verdichten sie durch den Verzicht und gelangen zu einer inneren Freude, die wir nicht machen können, sondern die der Heilige Geist schenkt. Denn es geht nicht um die Freude, besser zu sein als andere, oder stolz sein zu können auf unsere Leistung, sondern darum, Gott unsere Liebe zu zeigen. (offerat Deo) Wir nähren unsere Sehnsucht und wir leben mit ihr. Wir machen allerdings im Laufe des Klosterlebens oder des Lebens überhaupt die Erfahrung, dass sie ungestillt bleibt und wohl auch unstillbar ist. Nur Gott wird sie einmal wirklich stillen können, und in manchen Momenten des Glücks oder der Freude ahnen wir, was das heißen kann. Gefragt ist unsere Treue zu dieser unserer Sehnsucht. 

Christine Busta 

Treue zur Sehnsucht 

Ich glaube, dass jeder Mensch 

mit einer unerfüllten Sehnsucht  

von dieser Erde scheidet 

 

Aber ich glaube auch, 

dass die Treue zu dieser Sehnsucht 

die Erfüllung unseres Lebens ist.     

Sr. Francesca Redelberger OSB, geb. 1960, Profess 1986 in der Benediktinerinnenabtei St. Hildegard Eibingen, leitet dort den Gastbereich, engagiert sich sehr in der geistlichen Begleitung und Kursarbeit und ist in die Ausbildung der Noviziatsmitschwestern eingebunden.