40 x Hoffnung (24/40 – Dienstag der 4. Fastenwoche)

Quelle der Hoffnung: Mein Name! 

Wenn man in ein Benediktinerkloster eintritt, bekommt man vom Abt einen neuen Namen und darf dafür Vorschläge machen. Ich war damals 19 Jahre alt, also blutjung. Deshalb habe ich den Namen Jeremias vorgeschlagen, in Erinnerung an diese Passage im ersten Kapitel des Buches Jeremia: „Ach, Herr und GOTT, ich kann doch nicht reden, ich bin ja noch so jung. Aber der HERR erwiderte mir: Sag nicht: Ich bin noch so jung. Wohin ich dich auch sende, dahin sollst du gehen, und was ich dir auftrage, das sollst du verkünden.“ 

Hebräisch habe ich leider nie richtig gelernt, aber mit dem Namen Jeremias habe ich mich natürlich schon beschäftigt. Die kraftvollste Übersetzung kommt von Franz Werfel, der einen ganzen Jeremias-Roman verfasst hat. Er übersetzt den Namen so: „Der Herr baut auf, wenn er zerstört.“ 

Wenn ich über diesen meinen Namen nachdenke, fallen mir immer wieder neue Dinge ein: die Erfahrung, ein bisschen banal, aber es will doch einmal wieder gesagt werden, dass persönliche Krisen einen Menschen stärken können oder doch tiefer werden lassen. Der Gedanke der „creative destruction“, der schöpferischen Zerstörung, der in der Wirtschaftstheorie eine Rolle spielt, dass es also nicht nur ein immer weiter, immer größer gibt, sondern dass auch der Rückbau oder auch Zusammenbruch eine kreative Dynamik auslösen kann. Für uns Benediktiner gibt es einen Leitsatz, der sich aus der Geschichte von Montecassino mit seiner Serie von Untergängen und Neuanfängen ableitet: succisa virescit! Der abgeschlagene Baum blüht wieder auf! Das ist das Schicksal vieler Klostergemeinschaften gewesen – und auch eine Quelle ihrer Hoffnung in traumatischen Zeiten.  

Zuletzt musste ich im Angesicht der gegenwärtigen Weltsituation an dieses Jeremias-Thema denken. Rational fällt es mir schwer, irgendetwas Positives an den Veränderungen der jüngsten Zeit zu finden: Kriege und Weltkriegsgefahr, Hegemonie der Fake-News, Unterminierung globaler und internationaler Institutionen, Xenophobie, Klimakrise. So vieles, auf das wir uns bisher verlassen konnten, gerät ins Wanken.  

Wie lebt man in Zeiten solcher Instabilität, oder besser: wie bewahrt man inmitten von alledem den Frieden seiner Seele? Ich versuche, im Wanken und Zerfallen die kleinen Spuren oder Chancen eines Aufbaus zu erkennen, die es auch geben muss: Rekonstruktion nach der Zerstörung, Umkehr oder Neubesinnung,… Am Schrecklichen, das vielerorts sichtbar ist, will das nichts beschönigen. Es ist eher ein Bekenntnis der Hoffnung: nach dem Karfreitag wird es wieder Ostern! 

Abt Jeremias Schröder OSB, Sant’Anselmo/Rom, Abtprimas der Benediktiner