40 x Hoffnung (14/40 – Donnerstag der 2. Fastenwoche)

Alles beginnt mit der Sehnsucht… (Nelly Sachs) 

Benedikt sagt: Mit geistlicher Sehnsucht………….. erwarte er, der Mönch, die Nonne, der Christ, das heilige Osterfest. (RB49,7) Sehnsucht ist ein Aspekt von Hoffnung! 

Sehnsucht! Mit diesem Wort drücken wir etwas ganz Wesentliches von uns aus. In jedem von uns lebt eine Sehnsucht, ein leidenschaftliches Begehren nach etwas, ein Hungern und Dürsten nach Erfüllung, nach Lieben und geliebt werden. Eine Sehnsucht kann den Sehnsüchtigen so ergreifen, dass es ihn „siech“ , süchtig macht (Sehnsucht kommt von „siechen“, nicht von suchen).  Augustinus sagt von der Sehnsucht: „Sie gibt dem Herzen Tiefe,“ desiderium sinus cordis. Also wehe dem, der keine Sehnsucht hat. Für Ignatius ist die Sehnsucht so wichtig, dass er bei der Aufnahme eines Kandidaten die Frage gestellt haben will, ob er eine Sehnsucht, ein Verlangen (desiderium) verspürt, dem gekreuzigten Herrn mit allen Konsequenzen nachzufolgen. Wenn der Kandidat eingesteht, diese Sehnsucht nur wenig oder gar nicht in sich zu verspüren, so soll man ihn fragen, ob er wenigstens eine Sehnsucht nach der Sehnsucht in sich verspüre, Gott zu lieben und ihm nachzufolgen. Das sei dann schon genug. Der französische Psychotherapeut, Jaques Lacan, definiert aufgrund seiner Praxiserfahrung das Wesen des Menschen mit „désir“ – Sehnsucht. Wenn wir nun schauen, was für Sehnsüchte uns täglich umtreiben, müssen wir uns eingestehen, dass sie sich nicht immer direkt gleich auf so Erhabenes richten, wie das Osterfest. Manchmal sind es eher Alltagssehnsüchte, wie zum Beispiel Ausschlafen, ein gutes Essen, Zeit verbringen mit Freunden, eine Erkenntnis gewinnen in einem Problem, Urlaubssehnsüchte, Sehnsucht nach Nähe und Geborgenheit. Das ist alles nichts Schlechtes. Diese Wünsche gehören zu unserer Natur als Menschen. Und genau diese kleinen Sehnsüchte helfen uns auf dem Weg zu unserer großen Sehnsucht. Sie helfen uns paradoxerweise nicht, wenn wir sie uns immer wieder bis zur Sättigung oder im Übermaß erfüllen, sondern wenn wir ganz bewusst und aus freien Stücken um eines höheren Gutes willen einen Verzicht setzen. Damit nähren wir in uns eine größere Sehnsucht, verdichten sie durch den Verzicht und gelangen zu einer inneren Freude, die wir nicht machen können, sondern die der Heilige Geist schenkt. Denn es geht nicht um die Freude, besser zu sein als andere, oder stolz sein zu können auf unsere Leistung, sondern darum, Gott unsere Liebe zu zeigen. (offerat Deo) Wir nähren unsere Sehnsucht und wir leben mit ihr. Wir machen allerdings im Laufe des Klosterlebens oder des Lebens überhaupt die Erfahrung, dass sie ungestillt bleibt und wohl auch unstillbar ist. Nur Gott wird sie einmal wirklich stillen können, und in manchen Momenten des Glücks oder der Freude ahnen wir, was das heißen kann. Gefragt ist unsere Treue zu dieser unserer Sehnsucht. 

Christine Busta 

Treue zur Sehnsucht 

Ich glaube, dass jeder Mensch 

mit einer unerfüllten Sehnsucht  

von dieser Erde scheidet 

 

Aber ich glaube auch, 

dass die Treue zu dieser Sehnsucht 

die Erfüllung unseres Lebens ist.     

Sr. Francesca Redelberger OSB, geb. 1960, Profess 1986 in der Benediktinerinnenabtei St. Hildegard Eibingen, leitet dort den Gastbereich, engagiert sich sehr in der geistlichen Begleitung und Kursarbeit und ist in die Ausbildung der Noviziatsmitschwestern eingebunden.