von P. Reinald Rickert OSB

Meine lieben Brüder und Schwestern, die Sie über das Internet mit uns verbunden sind, meine lieben Brüder hier in der Abtei!

Am Osterfest geht es immer um Leben und Tod! Am Osterfest 2020 geht es in besonderer Weise um Leben und Tod, oder besser gesagt um Tod und Leben!

Es ist eine Folge der Globalisierung – und noch nie dagewesen -, dass eine Viruserkrankung, die sehr viele Todesopfer fordert, sich so rasant ausbreitet: Sie macht vor keinem Erdteil, vor keiner Nation halt. Sie unterscheidet nicht zwischen hochentwickelten und weniger entwickelten Ländern. Corona betrifft alle Menschen – ohne Ausnahme: Die Infizierten und die Nicht-Infizierten, die noch Lebenden und die schon Verstorbenen.

 

Der Münsteraner Fundamentaltheologe Johann Baptist Metz sprach schon vor Jahren davon, dass sich die Menschheit in einer allumfassenden „Koalition der Lebenden und der Toten“ befindet. Er stellt „eine Gleichheit aller Menschen unter Berücksichtigung der unterschiedlichsten Lebens- und Handlungsbedingungen“ fest. Metz sieht diese Gleichheit als Folge einer „rettenden Gottesgerechtigkeit“.

Und da sind wir wieder beim Thema „Ostern“.

„Es gibt kein Leid in der Welt, das uns nicht angeht.“ Diese elementare und solidarische Gleichheit aller Menschen zielt auf „die Anerkennung einer Autorität, die allen Menschen zugänglich und zumutbar ist, auf die Autorität der Leidenden, der ungerecht und unschuldig leidenden Opfer.“ Alle Leidenden haben uns etwas zu sagen, haben eine Botschaft auch ohne große Worte.

Wie hätte Jesus darauf reagiert? Wir wissen, dass er sich überwiegend in Gleichnissen, weniger in dogmatischen Sätzen äußerte. Im Johannesevangelium stoßen wir – kurz vor seiner eigenen Leidensgeschichte – auf ein Bildwort aus dem bäuerlichen Milieu seiner Zeit: „Amen, amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.“ (Joh. 12, 24) Jesus beschreibt einen biologischen Vorgang, der jedem seiner Zuhörer geläufig ist: Wenn nach der winterlichen Ruhepause die Natur sich regt und alles wieder sprießt und sprosst: Frühjahr, eine Zeit des beginnenden Lebens! Darauf kann man sich verlassen: Leben – Sterben – Leben — Leben – Tod – Geburt.

Genauso stellten sich die griechischen Philosophen den „Kosmos“ vor. Platon wusste um das lebendige Walten der Physis: Werden und Vergehen – Anwesen und Abwesen – Wachsen und Sterben. Für die Antike war der Mensch fester Bestandteil dieses Kosmos; auf Augenhöhe mit Flora und Fauna, in Harmonie mit Pflanzen und Tieren inklusive ihrer Vergänglichkeit. Kosmos konnte nur einen göttlichen Ursprung haben. Auch die intellektuellen Juden zur Zeit Jesu wussten darum.

Heute ist dies anscheinend alles unvorstellbar geworden. Schon lange haben sich die meisten modernen Menschen vom Kosmos emanzipiert, „befreit“ und sich in und mit einer mechanisch-technischen Weltanschauung eingerichtet.

 

Dass menschliches Sterben nicht nur ein biologischer Vorgang ist, weiß auch Jesus: „Wer an seinem Leben hängt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt gering achtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben.“ (Joh. 12, 25) Der Inhalt des christlichen Osterfestes bleibt paradox: Wir leben nicht unserem Tod entgegen, sondern wir sterben unserem Leben entgegen. Wir wechseln im Sterben unsere Lebensform, doch wir werden nicht zerstört.

Übrigens hat Pythagoras (570 – 510 v.Chr.) die Lehre der Unsterblichkeit der Seele aus Ägypten nach Hellas importiert. Denn in der Frömmigkeit der alten Griechen findet man nicht den geringsten Hinweis auf ein Fortleben der Seele nach dem Tod.

 

Die praktische Seelsorge beschränkt sich derzeit auf Beerdigungen direkt am Grab im engsten Familienkreis. Ich hatte also in den letzten Wochen viel Zeit zur Muße. Bei gutem Wetter sitze ich dann auf der runden Bank in unserem Garten, rauche eine Zigarre und beobachte den kleinen frühlingshaften Kosmos auf dem Klosterberg: Die eiweißreichen Kerne eines jeden Samenkorns verzehren sich zugunsten einer neuen Pflanze; alles sprießt und sprosst; „wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.“ Die verschiedenen Vogelarten liefern sich Revierkämpfe und zeigen Balzrituale. Bruder Isidors Mutterschafe führen ihre Lämmer aus. Ein Bild des Lebens! Keine Corona-Panik! Ein Gleichnis für den inneren und äußeren Frieden der Menschen.

Vielleicht brechen wir innerlich auf – wo wir an diesem Osterfest ja nicht weg können – und machen uns auf die Suche nach der verlorenen Harmonie und lernen wieder den Kosmos bewusst wahrzunehmen.

Tiere und Pflanzen machen uns vor identisch zu leben. Auf ihre Art hat Ute Latendorf die österliche Botschaft in einem Gedicht beschrieben:

 

Leben lernen

Von der Sonne lernen, zu wärmen,

von den Wolken lernen, leicht zu schweben.

Von dem Wind lernen, Anstöße zu geben,

Von den Vögeln lernen, Höhe zu gewinnen,

Von den Bäumen lernen, standhaft zu sein.

 

Von den Blumen das Leuchten lernen,

Von den Steinen das Bleiben lernen,

Von den Büschen im Frühling Erneuerung lernen,

Von den Blättern im Herbst das Fallenlassen lernen,

Vom Sturm die Leidenschaft lernen.

 

Vom Regen lernen, sich zu verströmen,

Von der Erde lernen, mütterlich zu sein.

Vom Mond lernen, sich zu verändern,

Von den Sternen lernen, einer von vielen zu sein,

Von den Jahreszeiten lernen, dass das Leben immer von Neuem beginnt.

Amen.

Kann man Ostern feiern mitten in der Coronakrise? Diese Frage ist in den letzten Wochen häufiger gestellt worden. Wie können Christen Ostern, ihr wichtigstes Gemeinschaftsfest, feiern, wenn keine öffentlichen Gottesdienste stattfinden und wenn davon abgeraten wird, die Familie zu besuchen oder zu verreisen? Wir sind uns des großen Privilegs bewusst, dass wir als Ordensgemeinschaft in diesen Zeiten immer noch miteinander beten können und dürfen, und haben doch die schmerzliche Erfahrung machen müssen, dass unsere Gäste, die gerade zu den großen Liturgien der Kar- und Ostertage aus ganz Deutschland anreisen, fehlen. Es ist ungewohnt, in einem leeren Kirchenschiff Gottesdienst zu feiern, „hinter verschlossenen Türen“, so ähnlich wie die Jünger am Ostermorgen. So haben wir uns möglichst bald dazu entschlossen, unsere Stundengebete per Audiolivestream und die großen Liturgien der Kar- und Ostertage per Videostream zu übertragen. So konnten viele Menschen sich über das Internet mit uns verbinden. Viele haben das tatsächlich getan; während der Osternacht waren durchschnittlich 400 Personen anwesend, wahrscheinlich sogar noch mehr, weil uns viele geschrieben haben, dass sie an der Liturgie mit ihrer ganzen Familie teilgenommen haben. Eine ganze Reihe von positiven Rückmeldungen haben wir erhalten – das hat uns tief bewegt und dafür sind wir dankbar.

Osterfeuer im Innenhof des Klosters

Das Osterfeuer haben wir im Innenhof unseres Klosters entzündet. An unserer Osterkerze, auf der viele bunte Schmetterlinge – Symboltier für die Auferstehung – nach oben fliegen, wurden die Osterkerzen aller Gemeinden aus Meschede und Bestwig, des Bergklosters in Bestwig und mehrerer Altenheime entzündet, die ab heute in den jeweiligen Kirchen brennen – ein bewegender Moment! In unserer Kirche, die heute und morgen von 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr und ab Dienstag von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr zum Gebet geöffnet ist, können Sie eine kleine Osterkerze für Ihr Zuhause erwerben und am Osterlicht vorne entzünden; ebenso können Sie sich geweihtes Wasser mitnehmen.

Osterkerzen aller Kirchen von Meschede und Bestwig

Nach dem Osterhochamt sind wir singend auf unseren Klosterfriedhof gezogen, um unseren verstorbenen Mitbrüdern das Licht der Osterkerze zu bringen. Als wir dort sangen, sind die Schafe auf der Wiese nebenan in unseren Gesang eingestimmt – was zu einem spontanen „Risus paschalis“, dem traditionellen Osterlachen, bei den Mönchen geführt hat.

Schafe und Mönche singen gemeinsam

Beim Mittagessen schließlich hat Bruder Cyprian aus der Abtei Ndanda in Tansania das Tischgebet in seiner Muttersprache Swahili gesungen. Er hält sich gerade zum Studium in Deutschland auf. So wurde mitten in den Reisebeschränkungen, die auch das Alltagsleben unserer Kongregation der Missionsbenediktiner betreffen, ein Stück Weltkirche erlebbar.

Wir wünschen Ihnen weiterhin erfüllende und hoffnungsfrohe Ostertage! Bleiben Sie gesund! Wir freuen uns, Sie möglichst bald, spätestens aber zum Osterfest 2021 wieder in der Abtei begrüßen zu dürfen.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Wohltäterinnen und Wohltäter unserer Gemeinschaft!

Ich rufe Ihnen ein frohes Der Herr ist auferstanden entgegen.
Ja, der Herr ist Sieger über Tod und Sünde. Er, der Auferstandene, befähigt uns zum Leben: Ich lebe und auch ihr sollt leben.
Kann es eine schönere Ermutigung und frohmachende Zuversicht geben?

Das Licht der Osterkerze erhellt die Dunkelheit der Nacht und auch das Dunkel der aktuellen Corona-Krise.
In diesen Tagen dürfen wir die Strahlen der Sonne genießen, das Aufblühen der Natur bewundern und nicht zuletzt viel Gutes erfahren.
Unsere Gemeinschaft dankt Ihnen für die positiven Rückmeldungen auf die Übertragungen der Gebetszeiten und Gottesdienste, ihre Zeichen der Solidarität durch finanzielle Unterstützung und freundschaftliche Verbundenheit.
All das schenkt Hoffnung und ermutigt, zuversichtlich nach vorne zu schauen.

Ein Wort von Alfons Gerhardt hat sich in diesen Tagen fest in mir eingeprägt: MITTEN IM KREUZ IST LEBEN!

Trotz Einschränkungen unterschiedlichster Art haben wir Grund zum Osterjubel. Die Frauen am leeren Grab sollten nicht mehr trauern und weinen, nein, der Engel hat sie gesandt: Geht, der Gekreuzigte lebt. Verkündet die Botschaft des Lebens!

Ich wünsche Ihnen, dass Sie sich an ihren Lebensorten des Lebens neu vergewissern und die Nähe des Auferstandenen spüren.
Unsere Gemeinschaft gedenkt Ihrer in der Feier der österlichen Liturgie und nimmt alle Ihre Anliegen mit hinein in unser Gebet.

Ostern – Auferstehung – vom Tod zum Leben!

Gott will das dunkle Gestern in ein helles Morgen verwandeln – zuletzt in den leuchtenden Morgen der Ewigkeit!

Frohe Ostergrüße

+ Aloysius Althaus OSB

 

DIe Osternacht gilt als Nacht der Nächte, als „wahrhaft selige Nacht, in der Christus die Ketten des Todes zerbrach und aus der Tiefe als Sieger emporstieg“, wie es im Exsultet, im Lob der Osterkerze, gesungen wird. In diesem Jahr wird sie in der Abtei Königsmünster um 21.00 Uhr gefeiert.

Ein besonderer Akzent in diesem Jahr ist es, dass an der Osterkerze unserer Abtei in einem besonderen Ritus die 16 Osterkerzen der Gemeinden unseres Pastoralen Raumes entzündet werden. Gerade weil in diesem Jahr die Osternacht in den Gemeinden nicht stattfinden kann, freuen wir uns, diesen Dienst für unsere Mitchristen tun zu können.Am Morgen des Karsamstags haben die Vertreter*innen der einzelnen Gemeinden die Osterkerzen an unserer Pforte abgegeben.

Zum feierlichen Gloria ca. um 21.55 Uhr werden sich die Glocken unserer Abteikirche mit den übrigen Glocken der Mescheder Kirchen zum gemeinsamen Läuten und zur Verkündigung der Auferstehung verbinden – ein starkes Hoffnungszeichen.

Die Lesungen dieser Nacht geben uns einen Überblick über die Geschichte Gottes mit seinem Volk: von der Schöpfung über die Befreiung Israels aus der Knechtschaft, die Propheten bis hin zur Neuschöpfung in der Auferweckung Jesu Christi. Folgende Lesungen werden in der Osternacht in der Abtei gelesen:

Gen 1,1-2,2
Ex 14,15-15,1
Jes 55,1-11
Ez 36,16-17a.18-28
Röm 6,3-11
Mt 28,1-10

Nach der neutestamentlichen Lesung aus dem Römerbrief wird das österliche Halleluja, der Ruf der Freude über unsere Erlösung, angekündigt und dreimal feierlich intoniert, jeweils etwas höher.

Eine weitere Besonderheit der Osternacht ist die Segnung des Wassers und die Tauferneuerung der Gemeinde. In der Osternacht wurden früher, teils noch bzw. auch wieder heute, neue Christen getauft und so in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen. Die Tauferneuerung erinnert uns an unsere Würde als Kinder Gottes und verbindet uns weltweit mit allen Christinnen und Christen.

Herzlich laden wir Sie zum persönlichen Gebet in unsere Abteikirche ein. Ostersonntag und Ostermontag ist unsere Kirche von 13.00 bis 17.00 Uhr geöffnet, ab Osterdienstag dann von 8.00 bis 17.00 Uhr. Hinten in der Kirche liegen Osterkerzen aus, die Sie erwerben und am Osterlicht in der Abteikirche entzünden können. Ebenso steht vorne ein Behälter mit Wasser, das in der Osternacht geweiht wird. Auch hiervon können Sie sich gerne etwas für Ihr Zuhause mitnehmen.

Weihwasser zum Mitnehmen

 

Osterlicht

 

 

Es folgten aber die Frauen nach, die mit ihm gekommen waren aus Galiläa, und sahen das Grab und wie sein Leib hineingelegt wurde. Sie kehrten aber um und bereiteten wohlriechende Öle und Salben. Und den Sabbat über ruhten sie nach dem Gesetz. (Lk 23,55.56)

Der Karsamstag ist ein stiller Tag, ohne liturgische Feier. So steht es in den liturgischen Hinweisen für die Kartage. Ich selbst habe die Stille dieses Tages immer sehr intensiv, aber auch als sehr bedrückend empfunden. Voller Gespanntheit und Vorfreude wartete ich auf die Nacht zum Ostersonntag, wenn das Glockengeläut zum Gloria diese Karsamstagsstille endlich durchbrach und das Evangelium von Jesu Auferstehung am Ostermorgen wie die ersten zarten Lichtstrahlen des Sonnenaufgangs nach einer langen und dunklen, einsam durchwachten Nacht die Seele erhellten.

In diesem Jahr ist alles anders. Denn ich habe das Gefühl, dass der Karsamstag in diesem Jahr unendlich viel länger dauert. Ich sehe die Bilder der Särge in den italienischen Kirchen, die Bilder der leeren Städte, Plätze und Kirchen. Karsamstagsstille… und das schon seit Wochen. Und ein Ende ist noch nicht absehbar. Wie mag es wohl den Frauen aus Galiläa damals gegangen sein? Das Bereiten der Salben und Öle für die Salbung des Leichnams ist ein letzter Dienst am Verstorbenen. Ausdruck eines liebevollen Abschiednehmens und Zeichen der unverlierbaren Würde des Menschen, selbst wenn er wie ein Verbrecher am Kreuz hingerichtet wurde. Und wieder kommen mir die Bilder aus Italien in den Sinn… Die Militärfahrzeuge, die die Särge der Corona-Toten nachts zu den Krematorien fahren. Für viele Menschen ist ein liebevoller Abschied ihrer verstorbenen Eltern, Großeltern oder Kinder gar nicht mehr möglich gewesen. Ich erlebe diese ganze Zeit der Corona-Pandemie als einen einzigen Karsamstag. Aber mit der Angespanntheit und auch der Hoffnung, dass irgendwann alle Kirchenglocken diese Karsamstagsstille durchbrechen, die Menschen sich irgendwann wieder in die Arme nehmen können und das Evangelium von der Auferstehung der Toten hineingesungen wird in die Ängstlichkeit dieser Tage. Und dass, wie es gerade in dieser Zeit des Frühlings spürbar wird, die österliche Sonne der Hoffnung das Dunkel einer langen, durchwachten Nacht vertreibt.

Br. Vincent Grunwald OSB

von P. Johannes Sauerwald OSB

 

Liebe Brüder hier in der Abteikirche,
liebe Schwestern und Brüder, die Sie vom Bildschirm aus mit uns die Karfreitagsliturgie feiern!

An diesem Karfreitag strahlt zwar draußen die Sonne, doch unsere Feier wird überschattet von Vorsichtsmaßnahmen, die mit der Covid-19 Pandemie zusammenhängen. Es ist sehr schade, dass Sie, die Kirchengemeinden und wir Mönche hier, dieses für unseren Glauben zentrale Fest nicht gemeinsam im Kirchenraum begehen können, so wie wir es gewohnt sind, und das gilt auch für Ostern, den Tag der Auferstehung. Das beeinträchtigt sehr wohl das unmittelbare Erleben.

Was bleibt dann von dem Kern eines starken Glaubensereignisses an diesem hohen Feiertag noch übrig, wenn wir in einer zugesperrten Kirche zusammenkommen und die anderen nur über das Internet dabei sein können?

Anders gefragt:  Was steht jetzt in dieser Stunde im Mittelpunkt der Karfreitagsliturgie? Es ist das Gedenken an Christi heilsames Leiden und Sterben und an seine Auferstehung. Gerade jetzt angesichts der bedrohlichen Lage sind wir darauf angewiesen, nach dem tragenden Grund unseres Glaubens und unserer Hoffnung zu fragen. Jesus sichert seinen Jüngern zu: „Wo zwei oder drei in meinen Namen beisammen sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Über die Zeiten hinweg kommt er zu uns, wir sind nicht passive Zuschauer, sondern werden in seine Gegenwart hineingeholt. Wir schauen auf ihn und werden so Zeugen all dessen, was mit ihm geschehen ist.

Denn soeben haben wir die Leidensgeschichte nach dem Johannesevangelium gehört, und wieder einmal läuft dann das dramatische Geschehen der letzten beiden Tage Jesu von Nazareth vor unserem inneren Auge ab. Es geht dabei um mehr als eine Erzählung des beklagenswerten Todes eines großen Menschen, der vor zwei Jahrtausenden zu Unrecht verurteilt und hingerichtet worden ist. Wir schauen auf den Durchbohrten, betrachten seinen letzten Weg, und versuchen zu verstehen, was sein letzter Gang für uns bedeutet. Wir schauen auch auf die beteiligten Personen: welche Rolle haben jene gespielt, die in die Passionsgeschichte verwickelt sind? Seine Mutter, seine Jüngerinnen und Jünger, seine Feinde und Gegner, die Mächtigen wie Pilatus und König Herodes, und die Vertreter des jüdischen Volkes, dann die namenlosen Randfiguren, die Soldaten und alle jene, die auch noch zufällig mit in diese Geschichte hineingeraten, etwa Simon aus Zyrene und die beiden Verbrecher, die links und rechts neben dem Unschuldigen am Kreuz aufgehängt werden.

An jedem einzelnen von ihnen wird deutlich, wie Menschen mit der Passion Jesu umgehen, wie sie darauf reagieren. Wir können an ihnen auf unsere eigenen Reaktionsweisen stoßen. Vielleicht gibt es jemanden unter ihnen, mit dem ich mich in irgendeiner Weise identifizieren kann?

Keine dieser Gestalten ist unwichtig, bedeutungslos. Nehmen wir nur die beiden Mitgekreuzigten. In den Evangelien werden sie Räuber, Verbrecher, Übeltäter genannt, wir sagen heute Kriminelle, vielleicht Terroristen. Es ist nicht von Belang, was sie verbrochen haben und warum sie rechtmäßig zum Tode verurteilt worden sind. Nur dass sie Jesus in der Stunde seines Sterbens räumlich am nächsten waren, sein Kreuz links und rechts flankierten, Jesus also in ihre Mitte kam. Das war natürlich kein Ehrenplatz. Ihn so zu positionieren hieß, ihn als Verbrecher einzustufen und verächtlich zu machen. Dorthin hat ihn seine Sendung, seine Berufung geführt, dort ist er gelandet mit seinem Einsatz für das Heil der Menschen. Nun erntet er Schimpf und Schande. Er wird zum Spielball seiner Gegner, zum Abscheu für die religiös Reinen mit ihren fixen Vorstellungen von Gott, die sie pflegen, um nicht wirklich an Gott glauben zu müssen. Auch die beiden Mitgekreuzigten reagieren auf diesen Menschen in ihrer Mitte, der allerdings aus ganz anderen Gründen als sie hingerichtet wird. Das Lukasevangelium lässt einen der zwei Kriminellen in die Verhöhnung der Schaulustigen um ihn herum einstimmen, der andere dagegen öffnet sich für die menschgewordene Liebe Gottes an seiner Seite und bittet um das ewige Leben. Es ist unbegreiflich, was da in dieser Begegnung passiert. Noch im Sterben wendet sich Jesus ihm zu, offenbart seine erbarmende Liebe zum Sünder, indem er ihm, allen Begleitumständen zum Trotz, verheißt, umgewandelt zu werden und bald im Paradies zu sein.

Diese Episode kennt das Johannesevangelium nicht, sondern erwähnt nur die Tatsache, dass Jesus zusammen mit zwei Verbrechern gekreuzigt worden ist. Das aber nicht der Vollständigkeit halber, quasi aus protokollarischen Gründen, sondern um ganz deutlich zu betonen, dass der Gekreuzigte in jene Zone gerät, wo menschliche Würde nicht mehr zählt. Diesen letzten Akt seines Lebens lässt Jesus nicht einfach stumpf und passiv über sich ergehen als sei er nur von äußeren Mächten aufgezwungen. Vielmehr lässt er sich unter die Verbrecher zählen, um in allem uns gleich zu sein, außer der Sünde. Er nimmt den letzten Platz bewusst an. Er nimmt ebenso die Folgen menschlichen Fehlverhaltens auf sich. Er erlebt an sich selbst, was es heißt, auf die unterste Stufe herabzufallen, ohne Solidarität schutzlos da zu stehen. Anscheinend gibt es keinen Unterschied zwischen ihm und den Sündern. Er ist es, der sich mit ihnen solidarisiert. Er nimmt an der Not ihrer Zweifel teil, an dem Gefühl, dass alles sinnlos zu sein scheint, wird im Ölberg von der Angst gepackt und muss durch das Dunkel der Gottesferne hindurch. “Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Weil Jesu alles loslässt, erreicht Gottes Gnade den tiefsten Punkt des Menschlichen, dringt in den Abgrund menschlichen Dunkels vor, um es dort in Jesus selbst zu heilen und in göttliches Licht zu verwandeln.

Das tiefste Dunkel aber ist der Tod. Deshalb ist es die Überzeugung der Kirche, dass Jesus in das Reich des Todes herabgestiegen ist, wie es das Apostolische Glaubensbekenntnis formuliert. Gott hat keine Erlösung von oben herab verordnet oder einen Schalter umgelegt, sondern aus der Tiefe und von innen her den in sich verschlossenen Menschen an seinem tiefsten Punkt aufgesucht. Wie sehr es Jesus verlangt hat, den Menschen aus seiner selbstgewählten Quarantäne zu befreien, sehen wir am Kreuz. Auch die Ängste, in denen Menschen gefangen sind angesichts der eigenen Verfehlungen oder leidvoller Schicksalsschläge, können das göttliche Wirken nicht aufhalten.

Liebe Schwestern und Brüder, wenn wir doch wirklich verstehen könnten, was uns in der Stunde der Krise und Angst entgegenkommt an göttlicher Langmut, an Milde, an lebensspendender Kraft! Wo uns doch nicht nur das Evangelium, sondern auch die Erfahrung vieler Menschen bezeugt, dass Gott ausgerechnet in der Stunde der Not den Abstand zu uns überwindet, und dort uns nahe kommt, wo wie es am wenigsten vermuten. Lasst uns daher das Kreuz verehren, auf den Durchbohrten schauen und uns aufschließen lassen für das österliche Leben.

Die Liturgie am Karfreitag gehört sicherlich zu den eindrücklichsten und ausdrucksstärksten im Kirchenjahr. Sie beginnt um 15.00 Uhr – zur Todesstunde Jesu – im Schweigen. Der Vorsteher der Liturgie liegt lang ausgestreckt auf dem Boden – in der Geste der prostratio. Wenn ein geliebter Mensch stirbt, ist das Schweigen oft die einzig angemessene Reaktion.

Nach diesem Moment des Schweigens wird im Wortgottesdienst versucht, das Unfassbare zu fassen mit Worten der biblischen Schriftsteller: im Leiden des Gottesknechtes, einer mysteriösen Gestalt des Jesajabuches (Jes 52,13-53,12), im Hebräerbrief, der von einem „mitfühlenden Hohenpriester“ spricht, der „durch Leiden Gehorsam gelernt hat“ (Hebr 4,14-16; 5,7-9), schließlich in der Passionsgeschichte nach Johannes, die den Tod Jesu als Erhöhung deutet (Joh 18,1-19,42).

In der anschließenden Kreuzverehrung wird das verhüllte Kreuz Jesu in die Kirche getragen und an drei Stationen enthüllt. Dazu wird der Liedvers gesungen: „Seht das Holz des Kreuzes, an dem das Heil der Welt gehangen. – Kommt, lasset uns anbeten.“ Jeder ist eingeladen, dem Leiden ins Gesicht zu schauen, aber in dem, der da hängt, auch mehr zu erkennen. Mit einer Kniebeuge (die Berührung bzw. der Kuss entfallen als Zeichen in Zeiten von Corona) wird das Kreuz verehrt.

In den „Großen Fürbitten“ wird unsere Welt ins Gebet genommen, unsere Welt, die gerade in diesen Tagen das Gebet so nötig hat: unsere Kirche, alle Glaubenden und Suchenden, alle, die fürs Gemeinwohl tätig sind. In diesem Jahr gibt es aus aktuellem Anlass eine besondere Fürbitte:

Lasst uns auch beten für alle Menschen,
die in diesen Wochen schwer erkrankt sind;
für alle, die in Angst leben und füreinander Sorge tragen;
für alle, die sich in Medizin und in Pflege um kranke Menschen kümmern;
für die Forschenden, die nach Schutz und Heilmitteln suchen,
und für alle, die Entscheidungen treffen müssen
und im Einsatz sind für die Gesellschaft,
aber auch für die vielen, die der Tod aus dem Leben gerissen hat.

Allmächtiger, ewiger Gott,
du bist uns Zuflucht und Stärke;
viele Generationen haben dich als mächtig erfahren,
als Helfer in allen Nöten.
Steh allen bei, die von dieser Krise betroffen sind,
und stärke in uns den Glauben,
dass du alle Menschen in deinen guten Händen hältst.
Die Verstorbenen aber nimm auf in dein Reich,
wo sie bei dir geborgen sind.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.

 

 

Inkarnation

Zusammengedrückt
zwischen
dem Sand
der Stundenuhr,

eingeklemmt
in die pausenlos
rollenden Räder
des Großen Wagens,

festgekrustet
im Salz,
das zurückblieb
vom Tränenstrom
weinender Mütter,

das Wort.

Als es handgreiflich wurde,
tropfte es
als Blut zur Erde.

Br. Andreas Hentschel OSB

von P. Erasmus Kulke OSB

„Freiheit, Freiheit – ist die einzige, die fehlt“. So, liebe Schwestern und Brüder, heißt es in einer bekannten Rockballade von Marius Müller-Westernhagen, die zu einer Art Hymne der Befreiung von der DDR-Diktatur und der deutschen Wiedervereinigung wurde. Freiheit, Freiheit ist ein grundlegendes Bedürfnis des Menschen, eine tiefe Sehnsucht in jedem von uns. Frei zu sein von inneren und äußeren Zwängen, frei zu sein von Sorgen und Ängsten, frei zu sein, das zu tun, was man will und was einem wichtig ist, frei zu sein, sich selbst zu verwirklichen, seinen eigenen Weg zu gehen und Glück, Erfüllung, Sinn und Frieden zu finden. Und es schmerzt uns oder wird gar unerträglich, wenn sie fehlt, die Freiheit.

Und sie fehlt uns in diesen Tagen und Wochen der Corona-Krise ganz deutlich. Wir sind zurzeit stark eingeschränkt.
Vieles ist gerade nicht möglich, nicht erlaubt. Durch staatliche Anordnungen verboten. Die sind zwar sinnvoll und
notwendig, aber trotzdem macht es uns das Leben mitunter schwer. Wir müssen Distanz zueinander wahren, auch wenn wir gerade jetzt das Bedürfnis nach Nähe verspüren. Und viele von uns sind in diesen Tagen sicher auch nicht frei von Sorgen und Ängsten.

Doch wie frei waren wir eigentlich vor Corona? Wie frei waren und sind wir in einer Welt, in der Werbung und Medien uns subtil manipulieren und einflüstern, was wir alles brauchen, um glücklich zu sein, um „jemand“ zu sein? Wie frei sind wir in einer Welt, in der die Wirtschaft in hohem und zunehmenden Maße die Politik und Gesetzgebung bestimmt, in der es immer mehr nur um Gewinnmaximierung geht und der einzelne Mensch zum Mittel zum Zweck degradiert wird, in der die Kluft zwischen reich und arm immer größer wird, in der die soziale Marktwirtschaft immer mehr zu einem unmenschlichen und gnadenlosen Kapitalismus verkommt. Wie frei sind wir in einer Welt, in der unsere Demokratien, die doch für unsere Freiheit sorgen, immer stärker gefährdet sind, weil rechtspopulistische Ideen und Gruppen immer mehr Gehör und Anhänger finden und unsere Gesellschaften immer stärker gespalten und zerrissen sind, in der ein friedliches Zusammenleben und geteilter Wohlstand bedroht werden,
weil es vielen Nationen anscheinend nur noch um die eigenen Interessen geht und aus dem Blick gerät, dass wir Menschen alle Teil ein weltweiten Schicksalsgemeinschaft sind, Schwestern und Brüder.

Vieles wird uns jetzt in dieser Krise deutlich und erfährt eine erste Korrektur. Wir besinnen uns wieder darauf, was wirklich wichtig ist im Leben. Solidarität, Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe nehmen wieder spürbar zu. Sind das nicht schon erste Schritte auf dem Weg zu mehr Freiheit? Und es gibt Stimmen, die sagen, die Krise muss noch ein wenig länger dauern, damit wir wirklich dauerhaft daraus lernen und unsere Welt sich dadurch nachhaltig zum Positiven verändert, auch wenn das für manche zynisch klingen mag. Doch warum rede ich die ganze Zeit von Freiheit? Weil mir dieses Thema aus den heutigen Lesungen sehr deutlich entgegenkommt. Und weil sie uns viel Ermutigendes dazu zu sagen haben.

Da ist das Volk Israel, das in Ägypten unterdrückt wird und versklavt ist. Doch Gott lässt sein Volk nicht im Stich. Er
offenbart sich dem Mose als der Ich bin da, der das Elend seines Volkes sieht und sein Leid kennt, der die Initiative
ergreift, um an der Seite der Israeliten gegen ihre Unterdrücker zu kämpfen und sie aus der Knechtschaft in die Freiheit zu führen. Direkt vor dem Aufbruch in die Freiheit stärkt sich das Volk nach göttlicher Anordnung mit einem gemeinsamen besonderen Mahl, dem Pessach- oder Paschamahl. Wir haben davon in der Lesung gehört. Das Pessachmahl ist also ein Mahl der Befreiung, in dem der Glaube, dass Gott all denen nahe ist, die in Unfreiheit leben und die leiden, lebendig wird.

Heute gedenken wir insbesondere des letzten Abendmahls, das Jesus mit seinen Jüngern gehalten hat. Hier hat Jesus, der Immanuel, der Gott mit uns, diesem Pessachmahl eine neue Bedeutung verliehen, indem er es mit seiner eigenen Lebenshingabe verbunden und uns als wertvolle Erinnerung daran hinterlassen hat. So erinnert uns dieses Mahl daran, wie unermesslich die Liebe Gottes ist, mit der er uns liebt, bedingungslos. Eine Liebe, die bis zum letzten geht, in der sich Gott in Jesus selbst ganz und gar hingibt. Es ist, wie das Exsultet in der Osternacht besingen wird, die „unbegreifliche Liebe des Vaters, die den Sohn dahingibt, um den Knecht zu erlösen“. Ja, Gott hat das Elend der Menschen, unser Elend gesehen. Wir sind verstrickt und gefangen in den Strukturen des Bösen, der Sünde. Wir leiden darunter und haben selbst Anteil daran. Eine Sünde verursacht die nächste. Eine Aktion zieht die nächste Re-aktion nach sich. Ein Teufelskreis. Durch seinen Tod am Kreuz, durch sein Opfer, hat Jesus uns daraus befreit. Er hat die Macht der Sünde für uns durchbrochen, indem er auf die Gewalt nicht mit Gegengewalt geantwortet hat, sondern sie aus Liebe scheinbar ohnmächtig erlitten hat.

Und wenn ich Gott seine maßlose Liebe zu mir glaube, und erkenne, was er am Kreuz für mich getan hat, – und das bringen wir in jeder Eucharistiefeier zum Ausdruck – dann wird mich das innerlich frei machen. Frei von Angst und Sorge, weil ich dann keine Angst mehr um mich selbst, mein kleines, oft so schnell gekränktes und eitles Ego haben muss. Denn dann weiß ich mich ja vollkommen umfangen und getragen von der Liebe Gottes, die alles Verstehen übersteigt. Dann stehe ich auch nicht mehr unter dem Zwang, mich selbst verwirklichen zu müssen, womöglich auf Kosten anderer, sondern dann wird es mir ein inneres Bedürfnis sein, auf diese Liebe mit meiner Liebe zu antworten, mich selbst in Liebe an Gott und die Menschen hinzugeben. Und gerade darin, indem ich mich selbst loslasse und hingebe, werde ich mich selbst finden, mich selbst verwirklichen, weil Gott uns als sein Ebenbild so angelegt hat, als Mitliebende, weil es unserer tiefsten Wahrheit entspricht. Und ich werde dabei Jesus ganz nahe sein, weil ich ihm dann nacheifere, in seinen Spuren gehe.

Er lebte ganz aus dieser Liebe Gottes. Er wusste sich in dieser Liebe ganz geborgen. Im Evangelium heißt es, dass Jesus „wusste, dass er von Gott gekommen war und zu Gott zurückkehrte.“ Und deswegen war er innerlich ganz frei und konnte alles loslassen. Deswegen konnte er zum Sklaven werden, indem er, der Meister und Herr, seinen Jüngern die Füße wusch. Und deswegen konnte er zuletzt auch sein Leben loslassen. Das Mahl der Liebe, das Jesus uns hinterlassen und in dem er seinen Tod vorweggenommen hat, und das Beispiel seines Dienstes an uns im Zeichen der Fußwaschung, will uns frei machen. Frei von allen inneren Zwängen, von aller Angst und Sorge, ja, selbst von der Angst vor dem Tod, und frei zum Dienen, frei mich selbst loszulassen. Wenn wir also ernsthaft glauben, was wir heute und in diesen Tagen feiern, oder zumindest es immer mehr glauben, dann wird es uns, dann
wird es die Welt verändern. Der heutige Tag und auch die nächsten Tage wollen uns in diesem Glauben stärken. Öffnen wir uns für diese Botschaft! Öffnen wir dafür nicht nur unseren Verstand, sondern auch unsere Herzen, damit dieser Glaube uns wirklich ganz durchdringen und erfüllen kann!

Und so möchte ich Ihnen am Schluss meiner Predigt die letzten Zeilen des Liedes „Freiheit“ von Marius Müller-Westernhagen mitgeben, die lauten: „Alle die von Freiheit träumen, sollen’s Feiern nicht versäumen, sollen tanzen auch auf Gräbern, Freiheit …“

Ja, Feiern und Tanzen, heute, am Gründonnerstag noch verhalten und Ostern dann aus ganzem, aus freiem Herzen!

Mit der „Messe vom Letzten Abendmahl“, die wir am Gründonnerstag um 17.30 Uhr in der Abtei Königsmünster feiern, beginnt das sog. Österliche Triduum, die drei Tage von Leiden, Tod und Auferstehung Jesu Christi. Diese drei Tage gelten im Grunde als ein einziger Tag, als eine liturgische Feier, in der jeder Tag ein eigenes Gepräge hat.

Der Gründonnerstag ist geprägt vom sog. Letzten Abendmahl, dem Abschiedsmahl Jesu mit seinen Jüngern am Vorabend seines Todes. Dieses Mahl ist der Ursprung unserer heutigen Eucharistiefeier. Im Eucharistischen Hochgebet werden an diesem Tag beim sog. Einsetzungsbericht, der Erzählung vom Letzten Abendmahl, die Worte „das ist heute“ eingefügt: Erinnerung wird lebendig. Das, was in jeder Eucharistiefeier geschieht, ist nicht bloß eine vergangene Erzählung, sondern hat Auswirkungen auf unser Leben heute.

Beim Gloria läuten alle Glocken und spielt die Orgel, bevor beide bis zum Gloria in der Osternacht verstummen. In diesem Jahr werden zum Gloria alle Glocken der Kirchen des Pastoralen Raumes Meschede-Bestwig läuten – ein schönes Zeichen der Verbundenheit der Menschen untereinander in Zeiten der Coronakrise. Das wird gegen 17.40 Uhr sein.

Die Fußwaschung, von der wir im Johannesevangelium hören und die als Zeichen der gegenseitigen Liebe normalerweise an zwölf Mitchristen vollzogen wird, entfällt wegen der Umstände in diesem Jahr.

Um den Charakter des Mahles zu betonen, wird zur Gabenbereitung der Hymnus „Ubi caritas est vera, Deus ibi est. – Wo die wahre Liebe ist, dort ist Gott.“ gesungen. Dieser Hymnus beschreibt in poetischen Worten, dass es Christi Liebe ist, die uns zur Feier des Liebesmahles immer wieder zusammenführt.

Nach der Kommunion wird ein Gesang vorgetragen, der das „Hohepriesterliche Gebet Jesu“ genannt wird und den Abschiedsreden aus Joh 13-17 entnommen ist: „Die Stunde ist gekommen; Vater, verherrliche deinen Sohn!“ Die Passion Jesu ist kein blindes Schicksal, sondern sie ist seine „Stunde“. Es gibt keinen liturgischen Auszug am Ende des Gottesdienstes, sondern eine schlichte Übertragung des Allerheiligsten in die Hauskapelle unseres Klosters. Der Altar und die ganze Kirche werden leergeräumt. Wir sind eingeladen, Jesus auf seinem letzten Weg im Gebet zu begleiten – und dabei an die vielen Passionsgeschichten von Menschen heute zu denken.